Train to Busan

Yeon Sang-ho machte ab 2011 durch zwei recht spezielle animierte Filme von sich reden, die beide versuchten, ernste, teils wahre Begebenheiten aufzuarbeiten. Seinen absoluten Durchbruch erfährt er gerade aber mit einem Zombie-Action-Film, der bereits im letzten Jahr auf dem Fantasy Filmfest ausschließlich auf Lob und Begeisterung gestoßen ist: Train to Busan.

Raus hier! Alle raus, schnell!

Story

Als Fondsmanager ist Seok-woo nicht der angesehendste Teil der Gesellschaft. Zudem ist er geschieden und findet kaum Zeit für seine Tochter. So auch an ihrem Geburtstag, and dem sie unbedingt zu ihrer Mutter nach Busan fahren möchte; notfalls auch alleine. Also reißt sich der Geschäftsmann zusammen und steigt mit ihr in den Hochgeschwindigkeitszug KTX. Quasi zeitgleich greift ein Zombievirus um sich und entvölkert rasch Stadt um Stadt. Auch im fahrenden Zug selbst grassieren bald die Infektionen, fleischhungrige Ungeheuer wildern zwischen den Sitzreihen und die Überlebenden sind ängstlich, überreizt und voller Misstrauen.

Kritik

Von einem neuen Kapitel des, mindestens aber frischem Wind in dem ausgelaugten Genre des Zombiefilmes ist immer wieder die Rede, wenn von Train to Busan gesprochen wird. Es ist mehr als fraglich, warum der südkoreanische Streifen so gehandelt wird.
Die Exposition zu Beginn ist fernab von originell, aber flutscht ohne schlimme Längen durch die ersten Szenen und Minuten. Sobald der Zug bestiegen und der erste Zombie fresslustig durch den Wagon gestolpert ist, wähnt man sich inszenatorisch und vor allem auch dank des Soundtracks in einem 90er-Jahre Actionfilm à la Con Air.  Und die ersten Minuten ist das eine durchaus erfrischende Erfahrung, denn lange ist es her, dass Derartiges gemacht und gesehen wurde. Das Ziel des Filmes ist klar: Rasanz, Atemlosigkeit, höchste Spannung.
Doch dann stauen sich die ungenießbaren Momente immer häufiger und lassen die Ziele in weite Ferne rücken. Inszenatorisch fehlte es nämlich entschieden an passenden Einfällen, um das besonde Setting des fahrenden Zuges interessant zu nutzen. Stattdessen wird viel geschrien und viel auf der Stelle getreten, während sich die Geschichte relativ höhepunktlos durch Standardsituationen hangelt. Das alles hätte Potential gehabt, wenn die Figuren nicht allesamt schrecklich eindimensional, unsympathisch, unglaubwürdig und dumm wären. Sind sie aber, und wie. Die Dialoge sind zum Augenverdrehen, manche Handlungen unbegreiflich kurzsichtig und bestimmte Reaktionen und Entwicklungen kaum nachvollziehbar. Und da man sich in Folge nicht um das Vater-Tochter-Gespann wie um die Nebenfiguren kümmert, fehlt es auch den Gefahrensituationen an Dringlichkeit.
Hinzu kommt, dass die Zombies ästhetisch und auch hinsichtlich ihrer Motorik zwar durchaus beachtenswert erdacht wurden, das Budget aber offensichtlich nicht reichte, die Konzepte auch zu einer adäquaten Darstellung zu bringen: Während das Make-Up vollkommen in Ordnung geht, sehen sowohl einzelne Zombies als auch Massen von Untoten in Bewegung hakelig und klar animiert aus – dass sich hierbei häufig Dinge in Zeitraffer zu bewegen scheinen, verbessert den Eindruck um keinen Deut.
Wenn das Ganze sich dann nicht zu schade ist, gängige Klimaxregeln zu ignorieren, immer kitschiger zu werden und die Sache weitestgehend ironiefrei abzuspulen, bieten die knapp zwei Stunden Zombieaction leider nicht das versprochene und gepriesene Adrenalinkino, sondern viel zu häufig Ärger und Langeweile. Letztlich findet hier keine originelle Perle aus Südkorea zu uns, sondern nur die asiatische Version einfältigen Hollywoodradaus.

Randbemerkung: Aufgrund eines Irrtums des Kinobetreibers wurde der Film nicht OmU, sondern in der teils körperliche Schmerzen bereitenden Synchronfassung gezeigt. Es mag sein, dass der Film im Original sehr anders, weniger plump und an vielen Ecken gelungener ist als die lieblose und blecherne eingedeutschte Version ausfällt.

Fazit

Eine schlimme Synchronisation, platte Figuren, einfallslose Action, kitschige Ausbrüche und sichtbare Budgetmängel führen leider dazu, dass Train to Busan nicht die herbeigesehnte Zombie-Action-Revolution ist und anstatt Nervenkitzel vielmehr Frust und Überdruss provoziert.

Yatterman

Takashi Miikes Anime-Adaption Yatterman war ein Japan ein Kassenschlager, wurde von der Kritik aber gemischt aufgenommen. Schaurige Produktionsgeschichten mit einem Regisseur, der von dieser Auftragsarbeit alles andere als angetan sein soll, kommen einem zu Ohren. Ob der Film vom dauerbeschäftigten Regisseur, ganz unabhängig von solchen Gerüchten, sehenswert ist, erfährt man… nun… hier! Rein in die Roboter!

Oh, mein kleiner Popo!

Story

Ist ein Kampf zu schwer, muss man in den Riesenroboter steigen. Dieses Prinzip, nicht erst seit Power Rangers populär (Ja, ja, die steigen nicht, die „beschwören“), ist auch die oberste Strategie von Gan Takada und seiner Freundin, dem heroischen Yatterman-Duo, welches zur Tarnung in der Spielzeugfabrik von Gans altem Herren arbeitet, wenn Not am Mann bzw. An der Welt ist, aber ohne zu zögern in die modischen Kostüme schlüpft.
Nun, da die oberschurkische Dorongo-Gang, halb Tokyioko (richtig gelesen) in Schutt und Asche gelegt hat, taucht ein Mädchen auf, das darauf drängt, vier geheimnisvolle Steine aufzuspüren, um ein mächtiges Schädelartefakt wieder zusammensetzen zu können.

Kritik

Dass all das von der ominösen Gestalt namens Yatterwoof erzählt wird, welche gerne auch selbst ins Geschehen eingreift, und die Bösewichte eine durchaus gleichgewichtige Rolle in der Geschichte einnehmen, sei mal nur am Rande erwähnt. Ok, letzteres verdient mehr Platz. Denn das Antagonisten-Trio hat nicht nur mehr Raum als das Helden-Pärchen, sondern besteht mit seinen zwei trotteligen Gehilfen und ihrer explosiv-ratlosen Anführerin auch noch aus Figuren, die wesentlich unterhaltsamer und lustiger geraten sind als die vermeintlichen Protagonisten. Und gerade dieses „vermeintlich“ ist eines von gleich mehreren Alleinstellungsmerkmalen von Yatterman, denn das Prinzip der multiperspektivischen Erzählung wird hier sehr erfolgreich ausgeführt und sorgt im eh schon heillosen Durcheinander für noch mehr Tempo. Ein weiteres, ungeheuer opulent in Szene gesetztes Distinktionsmerkmal ein nicht erzählerischer, sondern optischer Aufbau, der ziemlich genau einer Matrjoschka entspricht, deren Innereien willkürlich in- und auseinander gesteckt werden. Immer wieder zoomt die Kamera in ein Roboter-Cockpit, wo sich – in einer ganz eigenen Welt – plötzlich ganz eigene Dinge abspielen. Wie in einem antiken Roman haben die Geschehnisse dieser Sub-Abenteuer aber keinerlei Auswirkung auf die „historische Zeit“ draußen. Ist die Episode beendet, flutscht die Kamera rauschend wieder eine Ebene nach hinten, damit der Kampf reibungslos dort fortgesetzt wird, wo er für den Zuschauer vor vielen Minuten endete.
Durch die Kombination dieser Stilmittel sorgt vor allem der Beginn des Filmes für einen augenöffnenden Rausch, der seinesgleichen sucht, fällt man doch in einen ausufernden Kampf auf mehreren Ebenen, der die Stadt in Mitleidenschaft zieht, sich immerzu steigert und scheinbar nicht endet, bis auch der letzte Skeptiker den Gurt löst und sich einfach mitreißen lässt.
Vollzogen wird das ganze Kuddelmuddel in einer grellen Wellt des Absurden mit einer expressionistischen Detailfülle, die das Attribut ‚Selbstzweckhaft‘ noch einmal ganz neu beleuchtet. Die Verklebung von bewusst angepappten Special-Effects mit den bizarren Kostümen der Figuren, einem entsprechenden Schauspielstil, völlig überdrehtem Humor und einigen Purzelbäumen, gebiert etwas, das auf eine Weise überzogen ist, wie es noch bei keinem anderen Takashi-Miike-Film zu entdecken war. Und der Autor kennt sie fast alle, weshalb er sich bewusst ist, welche Schwere dieser Satz bei diesem Enfant terrible der Filmwelt bedeutet.
Von der Ästhetik erinnert dieses zusammengesponnene Universum erfreulich stark an den sehenswerten Anime Soul Eater, was durch eine nahezu identische Symbolik in den Bildern noch unterstrichen wird.

Der gigantische Anfang bedingt, dass im Anschluss erst einmal der Fuß vom Gas genommen wird. Zwar bleibt es auch im restlichen Verlauf einfallsreich, denn die Bilder werden sprichwörtlich geflutet mit einem Reichtum an Kleinigkeiten und Ideen, von denen eine bizarrer als die andere ist. Dass sich hier wirklich alles von der ersten bis zur letzten Minute vor dem Greenscreen abspielte und demzufolge nichts außer die Kostüme der Darsteller handgemacht sind, tut dem Spaß hier ausnahmsweise keinen Abbruch. Das massive Tempo mit dem Perspektivenspiel im Zehnsekundentakt bleibt nach dem fulminaten Einstieg aber unerreicht.
Noch kurz zum zu Beginn der Kritik angedeuteten Grund, weshalb alles, was mit der Geschichte zu tun hat, höchstens nebenbei erwähnt werden sollte. Diese ist nicht nur völlig gaga, sondern zusätzlich auch ziemlich konfus und durcheinander erzählt, weil andauernd etwas passiert, von dem nicht klar ist, ob es von Relevanz oder nur pinker Blödsinn ist. So wird das denkbar simple narrative Grundgerüst ziemlich bald erstaunlich unverständlich, weil man wirklich selten derart viele Dinge ohne Bedeutung in einem Film erlebt, die einen zugleich in einen audiovisuellen Zuckerschock versetzten. Manch einer mutmaßt, dass eine ausführliche Kenntnis der Anime-Vorlage vonnöten sei, um hier am Ball zu bleiben. Naheliegender ist es aber, dass dieser ausgelaufene Kinder-Schminkkasten in Filmform genau diese Rauschwirkung erzielen möchte – und somit augenzwinkernd mitteilt, dass die Story NATÜRLICH völlig irrelevant ist. Hier hauen sich Riesenroboter am laufenden Band eine rein, während schnweinsnäsige, kuschelige, stolpernde, kreischende Psychopathen den Wettlauf bestreiten, wer der Bunteste von ihnen ist. Das Ergebnis ist wahnwitziger Film, den dem Kinder zu einem gewissen Grad Spaß haben dürften, bis sie nach 10 Minuten ihren ersten epileptischen Anfall haben. Tatsächlich aber ist Yatterman eine Satire auf all die seelen- und inhaltslosen Fließbandproduktionen der Unterhaltungsindustrie für Kinder, die mit perfiden Knebelverträgen, fragwürdiger Moral und von sterbenden Affen geschriebenen Skripten seit Ewigkeiten das Vormittagsprogramm bestimmter Sender bevölkern… und von denen Japan natürlich ganz besonders stark betroffen ist.
Irgendwann aber ist die Luft raus, das Auge müde und das Ohr genervt. Da die Geschichte irgendwann verlorengeht und der ekstatische Anfang unerreicht bleibt, müssen allein skurrile Ideen Gründe fürs Dranbleiben zu liefern. Fakt ist, dass die Achterbahnfahrt mit ihren zwei Stunden schlicht zu lang geraten ist. Spätestens nach 80 Minuten erschöpft sich das Konzept, weil das Pulver zu früh verschossen wurde und selbst Zuckerwatte nach einer gewissen Menge Übelkeit hervorruft.

Fazit

Es mag eine Auftragsarbeit gewesen sein, dass Miike trotzdem enormen Spaß an Yatterman gehabt haben dürfte, daran lässt der Film eigentlich keinen Zweifel. Seinen Hang zum Wahnsinn hat der Auteur ja in fast jedem Film, am vehementesten vielleicht in Gozu, zum Ausdruck gebracht. Die völlige Entfesselung von eben diesem gibt es erstmalig in Yatterman zu sehen.
Mit zwei Stunden ist das stürmische Feuerwerk heillosen Quatschs aber einfach zu ausufernd geraten. Da die Geschichte nicht trägt und das einleitende Chaos nie übertroffen werden kann, stellen sich gegen Ende doch untrügerische Ermattungserscheinungen im zuvor noch höchst unterhaltsamen Chaos ein.

Invasion vom Mars (1986)

Der visionäre Regisseur William Cameron Menzies (Things to Come) drehte 1953 einen sehr modernen Sci-Fi-Jugend-Film. Dass ausgerechnet Tobe Hooper (The Texas Chain Saw Massacre, Poltergeist) sich 33 Jahre später am Höhepunkt seiner Karriere an einer Neuverfilmung versuchte, wirkte nur auf den ersten Blick sonderbar.

Well, maybe a penny will do it!

Story

Als David eines Nachts aus dem Fenster seines Kinderzimmers sieht, traut er seinen Augen nicht. Nicht weit entfernt landet ein UFO hinter einer Anhöhe. Natürlich schenkt der Geschichte des aufgebrachten Jungen niemand so richtig Glauben. Bereits am nächste morgen aber fällt sein Vater durch ausgesprochen merkwürdiges Verhalten auf.
Auch in der Schule agieren viele Menschen plötzlich auffallend. Sie sind emotionslos und führen Alltagstätigkeiten auf teils recht affektierte Weise aus. David entdeckt, dass ihnen ein Implantat in den Nacken gesetzt wurde, ihr Willen ist gebrochen von Aliens.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu handeln, während sein Umfeld unaufhaltsam von den Außerirdischen infiltriert wird.

Kritik

Wenn schon der Vorspann auditiv und grafisch mit einer hauchend-rauschenden Wucht die Credits in großem Bogen durch das Bild sausen lässt, dies weiße Streifen hinter sich herziehen, welche mehr an Spinnenweben als an Space-High-Speed erinnern, sodass die eigentlich mitzuteilenden Namen mit dieser Verzierung absolut gar nicht mehr lesbar sind, wird klar, dass Hoopers kulissen- und farbverliebter Stil hier wie die Faust aufs Auge passt. Hier wird all das, was seinen grandiosen Eaten Alive ausmachte, dafür genutzt, eine Jugendfantasie zu bebildern.
Erst einmal geht es um eine rissfreie Familienidylle der 80er vor kaum versteckter Kulisse, als hätte Spielberg persönlich Pate gestanden. Was er mit E.T. – Der Außerirdische zweifelsohne auch getan hat.
Prompt fällt die Hooper-typische Wunderlichkeit in den Film ein. Die Musik und auch die immer bewegte und ihre Objekte fast schon zärtlich umschmiegende Kamera bewahren zwar den Anschein von Vorstadtheimeligkeit und Familienfreuden, spooky Soundeffekte, schräge Figuren und andere beunruhigende Kleinigkeiten lassen nicht nur keinen Zweifel daran, dass etwas Fremdes eindringen wird, sondern kreieren vor allem einen rigorosen Kontrast.

Nach nachvollziehbaren Handlungen darf und soll man nicht suchen. Invasion vom Mars geht es im Grunde um den Effekt. Die Wirkung von Sonderbarem, Fremden, von unerwarteten Taten und überzogenen Entwicklungen, um Einstellungen, Sounds und Schreckeffekte. Im Gegensatz zu heutigen Filmen mit dieser Ausrichtung ist hier vor allem aber auch Seele anzutreffen. Vieles davon kennt man z.B. aus Eaten Alive, nur geschieht es hier eben im Schatten jugendfreundlicher Abenteuerfilme. Absolut sehenswert und ebenso eklig sind die Spezialeffekte. Das Getier vom Mars ist so herrlich widerlich deformiert, voller Zähne, Drüsen und Fleisch, dass man sich gar nicht daran sattsehen kann und mag. Insbesondere der Anführer mit seiner optischen Mischung aus Kobra, Gehirn und Klitoris kann einige Szenen für sich beanspruchen.
Neben den sorgfältig platzierten, dafür aber umso fantastischeren Effekten ist die Kamera zweifelsfrei das Highlight des Filmes. Verspielt und zügellos reiht sich eine ausgelassene Fahrt an die andere. Dass die Geschichte aus der Sicht eines Kindes erlebt wird, gewinnt hier eine ganz neue Bedeutung hinzu. Daniel Pearl, der auch schon Hoopers The Texas Chain Saw Massacre filmte, war hier am Werk und lieferte nach diesem Film nie wieder eine so markante Leistung ab.

Später gibt es einen schrägen Dreh, der den Horror erst einmal verschwinden lässt und Grundschüler David Gardener quasi zum Kommandeur der Armee werden lässt und eine ganz eigenartige Wandlung der Stimmung bedingt. Es ist schwer zu sagen – und wohl nur von jedem selbst zu entscheiden -, ob das dem Film gut tut, außer Frage steht hingegen, dass es auf eine merkwürdige Weise unterhaltsam, in dieser letzten Phase aber zu lange verharrt. Spätestens hier verliert der Film aber jede klare Zielgruppe. Für Kinder erst zu unheimlich und brutal, für Erwachsene zu kindlich und so richtet sich dieses wunderliche Produkt vorrangig an Liebhaber des Merkwürdigen und vieler Überraschungen, während Logik vom Drehbuch völlig bewusst gänzlich auf der Strecke gelassen wird. Anspielungen auf andere Perlen des Genres, allem voran natürlich Ed Woods Kreationen, bleiben natürlich nicht aus.

Zu lesen ist Hoopers Version von Invasion vom Mars ebenso wie Menzies Originalstoff am besten als die Fantasie eines Jungen, der sich abends im Bett ein Abenteuer mit sich als Helden ausmalt. Sich höchst eigenartig verhaltene Erwachsene, die alle ein großes Geheimnis zu teilen scheinen, während man als Kind doch eigentlich besser weiß, wo es lang geht, einem aber keiner Glauben schenken will. Im Alleingang Klettereien bestehen und geheime Nachforschungen anstellen. Und Mut. Jede Menge Mut, den all die Bewährungsproben einfordern. So wie wir Jungen eben sind, ausdauernde Kämpfernaturen, leidenschaftlich und ehrlich gesagt auch ziemlich drollig.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders schade, dass Kinderschauspieler Hunter Carson häufig etwas zu steif spielt und schlichtweg nicht sehr überzeugend spielt, während seine Stimme überraschender Weise sehr gut zum Geschehen passt.
Tatsächlich funktioniert der Film auch nur mit dieser Sichtweise, denn bei jeder anderen wäre das Drehbuch unannehmbar. Das weiß auch Hooper. Und vielleicht kann man Invasion vom Mars als größten Kritikpunkt vorwerfen, dass er wohl sorge hatte, das Publikum könne dies nicht verstehen, weshalb er ein Ende wählte, das die einzig vernünftige Lesart zu etwas werden lässt, das sich narrativ aufdrängt.

Fazit

Invasion vom Mars ist das Abenteuer eines Kindes, das sich nicht nur, aber überwiegend an Erwachsene richtet. Wer sein Faible für das Wunderliche und Fantastische nicht verloren hat, wer Film als Entdeckungsreise, Eskapismus und Wunderkiste begreifen kann, der wird sich in Tobe Hoopers Remake pudelwohl fühlen. Trotz einer Entwicklung, die dem letzten Akt der Geschichte den Charme abspricht, den sie bis dahin hatte, funktioniert der Film auch heute noch anstandslos, um kurz ein paar Schritte zurück in die eigene Kindheit zu machen.

Jurassic Park

Diese Woche kam nach langem hin und her und 7 Jahre nach dem Tode Michael Crichtons Jurassic World in die Kinos. Grund genug, noch einmal in Kürze die drei ersten Filme der legendären Reihe Revue passieren zu lassen.


And what are those?
Story

Ilsar Nublar ist der sprechende Name des tropischen Eilandes, auf dem Multimilliardär John Hammond mit kindlichem Eifer seine Idee eines extravaganten Themenparks mit paläontologischer Flora und Fauna verwirklicht.
Als es zu einem Unfall kommt, verlangen die Sponsoren jedoch ein Gutachten von unabhängigen Spezialisten bezüglich der Sicherheit des Parks.
Die Archäologen Dr. Alan Grant und Dr. Ellie Sattler werden zusammen mit dem zynischen Chaostheoretiker Dr. Ian Malcom auf die Insel geflogen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie realisieren, in was für eine Welt sie da dringen.
Während die Sponsoren hin und weg sind, haben die Forscher ihre Zweifel. Durchaus berechtigte Zweifel, wie sich bei der alles andere als planmäßig verlaufenden Tour durch den Dinopark herausstellt.

Kritik

Es raschelt und rumort im Dickicht, blickdichtes Gebüsch verwehrt jeden Blick, während die Geräusche etwas Großes erahnen lassen, das sich unaufhaltsam nähert. Was dann durch das Blätterwerk bricht, ist nicht die erwartete Urzeitechse, sondern ein am Transportseil baumelnder Container. Das ist zum einen ein Vorgeschmack auf die alles andere als unaufdringliche Symbolik des Filmes, zum anderen ist es aber auch das Versprechen, es nicht zu überstürzen.
Erst gibt es ein paar Appetizer, aber nur kurze Blicke auf Einzelnes. Nach mehr als 40 Minuten geht’s erst in den wahren Park und auch da bleibt es lange noch spannend, bis es die Fahrt so richtig beginnt. Die Action startet erst bei 01:06, also nach der Hälfte des ganzen Filmes. Von diesem langen Anlauf ist nichts lahm oder blöde, weil die Figuren kein reiner Selbstzweck sind, sondern das Drehbuch sie liebt schlichtweg. Wie der Park ist der Film ein sukzessives Erleben, ein Schauen während einer Rundfahrt, bei der man langsam durch die Stationen der Attraktion tuckert, sich für die Zeit, die es braucht, aber auf magische Weise aus der Zeit genommen fühlt. Jurassic Park ist eine von Spielbergs aufdringlichsten Regiearbeiten, bei der die Kamera sofort alles bezoomt und mit dramatischen Schwenks fokussiert wird. Und sie funktioniert tadellos auf diese Weise.

Die Charaktere funktionieren auf ähnliche Weise Es sind streng überzeichnete Personen, die in ausladenden Gesten den Alltag bestreiten und ständig, wie bei Spielberg in allen Filmen üblich, aufgerissenen Auges mit Schreckgesicht von unten in die Kamera stieren, um ihre ganz eigene Art von Charakterentwicklung zu durchleben. Dabei ist genaugenommen niemand von ihnen wirklich sympathisch, alle haben sie ihre nervigen Macken, im Zusammenspiel jedoch funktioniert das alles und ist am Ende sogar sehr charmant. Es sind eben schräge, überzogene und überzogen gespielte Vögel, die aber funktionieren und zusammen mit der – hier ja gut begründet – etwas gekünstelt aussehenden Welt und den kruden Handlungsverläufen ein ganz eigenes, sympathisches Universum kreieren, das genauso zirzensisch daherkommt, wie der titelgebende Park es ist.

Einer der ersten überaus markanten Höhepunkte des Filmes ist die Geburt eines Velociraptors. Anhand dessen lässt sich bestens aufzeigen, was Spielbergs Regie so gewinnend mach. In besagter Szene ist nicht der Schlüpfvorgang inszenatorisches Zentrum, sondern die Personen und ihre Handlungen, welche konsequent den Eigenarten der jeweiligen Figur treubleiben und sie festigen. Das ist schlicht viel interessanter als einem Ei über zwei Minuten hinweg beim Brechen zu beobachten, wie es in anderen Filmen passiert wäre. In den dabei stattfindenden Dialogen liegt so viel augenzwinkernd aufdringliche Metaphorik, wie sie ein Film braucht, der von Kindern wie von Erwachsenen bestaunt werden will. Und das ist im durchaus besten Sinne gemeint.

Damit der Park eine Panne hat und die Eskalation beginnen kann, muss eine Reihe durch und durch comichafter Zufälle durchlaufen werden und häufig ist diese schicksalsartige Verkettung von Ereignissen ausgesprochen dämlich konzipiert, unterhaltsam ist all das nichtsdestotrotz. Gerade diese Mischung aus familienfreundlichem Humor, mehrstufiger Action und schroffen, aber irgendwie doch liebenswerten Charakteren in einer ziemlich bunten Welt bewirkt diese einzigartige Atmosphäre des Filmes. Funktionieren kann das, weil alles fließend ineinander übergeht. Herzstück des Filmes ist die herrlich präzise definierte Action – ohne hyperaktive Wackelkamera, dafür mit durchdachten Einstellungen, wie man sie heute in den meisten Filmen, die auf Tempo setzen, sehnlichst vermisst.. Fast immer sind diese Sequenzen mehrteilig: Sie setzen sich meist aus drei parallelen, ineinandergreifenden Brandherden zusammen, wie der T-Rex, das zur Klippe rutschende Auto und das am Drahtseil baumelnde Forscherpaar.
Deshalb beinhaltet Jurassic Park zahlreiche Szenen, die aufgrund ihrer Auffälligkeit einfach für immer im Gedächtnis liegen und auch nach Jahrzehnten absolut unvergessen sind. Man denke nur an die ikonischen Gläser mit zitterndem Wasser, die das Herannahen des Dinoriesen ankündigen. Dass diese nicht auf einem Tisch, sondern auf der Ablage in einem Geländewagen stehen, welcher eben noch fuhr, weshalb sie dort gar nicht stehen dürften, ist nicht nur völlig egal, sondern irgendwie auch sehr sympathisch. Das mag verklärt und beschönigend klingen, im Rausch des Filmerlebnisses funktioniert es aber tatsächlich bis heute anstandslos.
In vielen Szenen dominiert undurchdringlicher, in Wogen herumwabernder Nebel als Stilmittel der Verdeckung – ein solches etwas plumpes Stilmittel, das spätestens seit den mittleren 90ern niemand mehr verwenden kann, ohne wie ein Trottel zu wirken, schafft bei Steven Spielbergs erfreulich altmodischer Regie Stimmung und macht Spaß.
Selbst der überdrehte Humor funktioniert auf seine auf das jüngere Publikum abzielende Weise. Manchmal geht es aber auch subtiler. Der Monolog des Wissenschaftlers, der sich über Unterhaltung auslässt die nicht real, sondern nur Illusion ist, in einem Film, der sich bewusst dadurch profilierte, die besten visuellen Effekte aller Zeiten zu haben, ist dabei nur einer von mehreren Momenten des Augenzwinkerns.

Jurassic Park ist ein Film vieler mustergütiger Spannungsbögen. Jeder Wechsel zwischen den Handlungssträngen führt zu einer Szene, die ihren eigenen kurzen, aber großen Moment der Aufregung hat, dem man sofort anmerkt, dass jede Menge Herzblut und Leidenschaft in ihm steckt. Generische Action gibt es in Spielbergs Dinopark nicht. Immer beginnt es besonnen, man ahnt die Figuren ins Unglück laufen, es folgt ein kurzer Moment heimtückischer Ruhe, der besagt, dass es anders kommen könnte, aber nicht kommt, das unvermeidliche Unglück tritt ein und es folgt die überaus knappe und überaus spektakuläre Flucht. Diese Struktur wirkt den ganzen Film über; wie im Park ist es ein Besuchen von vielen Ereignissen, die alle ihre eigene Idee haben und Geschichte erzählen. Auf Momente, auf die dieses Muster nicht angewendet werden kann, verzichtet der Film einfach. Deshalb fehlt auch der eigentlich übliche Epilog – die Helden verlassen die Insel, die Geschichte ist vorüber. Dass und ob er Park geschlossen wird, wie es den anderen Figuren ergeht, all das interessiert nicht, weil sich die Familie gefunden hat. Und das ist gut so, denn Jurassic Park zeigt schließlich mit Nachdruck, wie es in einer Welt, die nur ein Geschlecht hat, zugeht.

Fazit

Mit Jurassic Park schuf Steven Spielberg in enger Zusammenarbeit mit Michael Chrichton einen der unumstrittenen Kernfilme der 90er Jahre. Das Gefühl für und der Umgang mit Film, der für dieses Jahrzehnt typisch war, wird hier mit einer Show der Spezialeffekte auf den Punkt gebracht, die nie zur seelenlosen Pappattraktion wird.
Das etwas schablonenhafte Skript und einige kleinere Merkwürdigkeiten im Verlauf der Geschichte fallen kaum ins Gewicht, schließlich liefert Spielbergs Abenteuerfilm ein zirzensisches Vergnügen mit bis heute mitreißenden mehrstufigen Actionsequenzen im familientauglichen Gewand.
Die Nachfolger Vergessene Welt: Jurassic Park und Jurassic Park III konnten finanziell teilweise, qualitativ jedoch kaum an den Erfolg anschließen.

Das Leben des Budori Gusko

Japan-Filmfest Hamburg Special 8

Story

Gemeinsam mit seiner Schwester und den fleißigen Eltern lebt Budori ein glückliches Leben im Wald nahe eines kleinen Dorfes, wo er täglich und lernwillig die Schulbank drückt. Das beschauliche Leben ändert sich, als auf den Winter irgendwann kein richtiger Frühling mehr folgt und die Ernte über Jahre hinweg bestenfalls kümmerlich ausfällt. Nachdem Mutter und Vater verschwunden sind, erscheint ein unheimlicher Zauberer im Haus bei den hungernden Kindern und nimmt Budoris Schwester mit.
Da ihm nichts mehr bleibt, macht sich der junge Kater auf die Reise, um sein Glück zu finden. Er begegnet hilfsbereiten, aber auch wunderlichen Personen, wächst langsam heran, der ausbleibende Frühling bleibt aber eine stete Bedrohung in seinem Leben und der Welt.

Kritik

Schon in Nacht auf der galaktischen Bahnlinie sind die meisten Figuren in Gisaburō Sugiis Das Leben des Budori Gusko anthropomorphe Katzen. Bekanntheit hat der Regisseur nicht nur durch den genannten modernen Klassiker erlangt, sondern unter Freunden des anspruchsvollen Zeichentrickkinos auch dank dem ungemein lohnenden Sci-Fi-Anime Serial Experiments Lain. Auch in seiner zweiten Interpretation eines Miyazawa-Werkes (die Novelle stammt aus dem Jahr 1932) begegnet man sofort dem vertrautesten Stilmittel des Regisseurs – der Protagonist ist, wie auch seine ganze Familie und sämtliche Dorfbewohner – so unfassbar niedlich, dass man, gleich wie Hart das eigene Herz auch sein mag, gar nicht anders kann, als Sympathie und Mitleid für das selbstlose und durch und durch unschuldige Kerlchen aufzubauen. Denn natürlich ist nicht eine Katze die Hauptperson, sondern ein Mensch reinen Herzens, der lediglich die Gestalt einer Katze hat. Der so geweckte Beschützerinstinkt, ist aber ein hervorragendes Instrument, eine Bande zu der Figur aufzubauen. Dass es sich beim Protagonisten um ein Tier handelt, hat also durchaus seinen Sinn – und fällt ansonsten nicht weiter auf, denn schnell hat man sich an den, für westliche Augen, ungewöhnlichen Hauptcharakter gewöhnt und seine spitzohrige Präsenz als normal und unproblematisch akzeptiert.
Dass das gerade zu Beginn so reibungslos funktioniert, liegt einerseits an den wirklich prächtigen Zeichnungen, mit denen der Heimatwald lebendig wird und die sofort ein Gefühl von Sehnsucht und herzlicher Gemütlichkeit wachrufen. Genau wie die Charakterdesigns, evoziert der heimelige Forst mit seiner Detailfülle und den vielen entdeckungswerten Orten ein Gefühl von naturalistischer Märchenhaftigkeit, wobei die gewählten Perspektiven diese Stimmung gezielt verstärken. Wenn sich dann herausstellt, dass das hier erzählte Märchen ein sehr finsteres ist, wirkt die Schwere des Schicksals der Familie Gusko umso stärker. Der Zauber des Gehölzes macht nun Platz für eine Welt, die jenseits des Märchens existiert.
Die Odyssee, die Budori Gusko durchlebt, ist die eines Kindes, das durch Tücke und Missgunst von seiner immer nur passiven Unschuld zu einer selbstständigen Person heranwächst – erzogen nicht mehr nur im behüteten Heim der Eltern, sondern auch von einer Welt, in der der Kapitalismus mit Strenge regiert.
Allerorts spürt man den Versuch, ein Werk zu schaffen, dass die Strahlkraft und den freigeistigen Reichtum eines Studio Ghibli-Filmes besitzt.

Zudem tauchen Computeranimationen auf, die überhaupt nicht ins harmonische Bild der Zeichentrickwelt passen wollen und als hässlicher Fremdkörper die Atmosphäre verunstalten. Irgendwie passt dies, denn nach dem Austritt aus dem Wald der Kindheit strahlt Das Leben des Budori Gusko ein permanentes, aber kaum fassbares Unwohlsein aus. Die Geschichte läuft ab diesem Moment seltsam ziellos ab, Budori ist ein Charakter, der sich seinem ungnädigen Schicksal fortwährend hingibt, ohne merklich gegen es aufzubegehren. Stoisch lässt er Leid über sich ergehen und macht einfach dort weiter, wo der Wind ihn hinträgt. Durch die Fremdbestimmung der Hauptfigur wirken auch die bereisten Orte wie eine Aneinanderreihung von Zufällen. Die Geschichte, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt dabei unentwegt seltsam. Oftmals fesselt der Film weniger durch seinen etwas unmotivierten Verlauf, sondern durch die durchgehend schön gezeichneten Szenerien, in die es Budori verschlägt. Den Platz der anfangs herzigen Katzenwesen nehmen andere Gestalten ein, deren Äußeres mit Fortschreiten der Spieldauer immer alptraumhafter wird. Die Welt, in die man gemeinsam mit der Hauptfigur immer tiefer dringt, ist eine wunderliche, in der sich an Steampunk erinnernde Science-Fiction-Gerätschaften vor dem Hintergrund einer rückständigen Welt zeigen, in der Elend, Naivität Magie, bodenständige Wissenschaft und hungriger Kapitalismus eng beieinander existieren. Psychedelische Traumsequenzen bestärken die beunruhigende Stimmung des Filmes. Über allem liegt der Schatten des Magiers, der zu Beginn der Handlung Budoris Schwester mit sich nahm. Auch hier verwundert die eigenartig verstecke Motivation des Protagonisten – es wird an einigen Stellen klargemacht, dass er seine Schwester befreien will, doch aktiv dafür Eintreten sieht man ihn kein einziges Mal.
Die Krönung des sonderbaren, mulmigen Grundgefühls ist dann das Filmende selbst, das auf eine Weise bizarr einfach ist, aber auch viel Raum für Spekulation lässt.
So entlässt einen dieser eigentümliche Film auch mit dem seltsamen Gefühl, dass er seinen eigentlichen Kern erfolgreich verborgen halten konnte.
Ob das ganze Abenteuer nur der Traum eines sterbenden Kätzchens ist, ob die Geschichte eine Fabel darüber darstellt, dass sich gerade nicht in tatenloser Ergebenheit seinem Schicksal opfern sollte oder ob Gisaburō Sugiis hier tatsächlich einfach nur den sonderbaren Weg eines sehr einfachen Wesens in einer sehr komplizierten Welt zeigen wollte, auf solche Fragen gibt es keine eindeutigen Hinweise. Vielleicht bietet die Lektüre des Quellmaterials Aufschluss, vielleicht gibt es eine im Westen unbekannte Sage, die mit Unklarheiten aufräumen könnte.

Fazit

Trotz der – zum Glück seltenen – deplatzierten Computeranimationen ist Das Leben des Budori ein optisch weitestgehend herausragender Film, der viel von seiner besonderen Stimmung aus den wundervoll gezeichneten Szenerien zieht.
Die Pluralität von Botschaften, der eigentümliche Verlauf und die zugleich sehr schlichte als auch geheimnisvoll wirkende Geschichte sind etwas, das den Film interessant, aber auch ein wenig anstrengend macht.
Einen Blick ist der Film auf jeden Fall wert – doch wird er wohl einige seiner Zuschauer verschrecken. Und für Kinder ist der auf den ersten Blick putzige Animationsfilm sowieso eine Spur zu verstörend.

Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 3)

Auch Part drei der erstmaligen Veröffentlichung um die Erlebnisse des siebten Doctors von Pandastorm Pictures ist wieder eine reich befüllte Truhe. Nachdem Part 1 auf 4 DVDs geliefert wurde und sich der Mittelteil auf 5 Scheiben aufteilte, trumpft Part drei mit ganzen 7 bunt befüllten Silberlingen auf.

Get rid oft he deadwood, let the wasters go to the wall.

Story

Die gemeinsame Reise von Ace und dem Doctor neigt sich ihrem Ende zu, verliert deswegen aber nicht an Tempo. Das Gespann stolpert kreuz und quer in und durch die Pläne von König Artus‘ Rivalen, nautischen Fieslingen, Gespenstern aus der eigenen Biographie, Figuren aus diversen Mythologien und zu guter Letzt von einem seiner gefährlichsten Widersacher.

Kritik

Da die Turbulenzen des großartigen Achten Doktors mehr oder weniger willkürlich in drei Partitionen zergliedert wurden, um ihnen drei Veröffentlichungen zu gönnen, bietet der Abschluss des Finales erwartungsgemäß keine alles umgrabenden Überraschungen. Stattdessen heißt es: „Mehr vom Gleiche“, was bei der vergnüglichen End-80er-Produktion aber nichts Schlimmes heißt, wie man in den Rezensionen zu Volume 1 und Volume 2 honett nachlesen kann.
Die Symbiose zwischen Ace und dem Titelhelden vollzieht sich weiter, wenn auch nicht viel weiter, weil das Duo bereits sehr schön harmonierte und das getreue, wenn auch stets kindsköpfig bleibende Mode-Rockermädel sich nur noch graduell entwickeln kann.
Auch die Abenteuer bleiben gewohnt schillernd und darüber hinaus ihrer wegweisenden Konzeption treu, sich nicht mit 20 Minuten für eine Geschichte zu begnügen, sondern ihre narrativen Bögen über drei bis vier Episoden zu spannen, auch wenn letzteres häufiger mal bedeutet, dass es überflüssige Minuten gibt. Auch hier haben wir also ein paar Stories, die man als weniger gelungen bezeichnen muss und bei denen sich fortsetzt, was schon im Mittelpart der Veröffentlichungsreihe in Erscheinung trat: Einige Stränge scheinen anfangs viel tiefer und ansprechender als sie nach ihrer Auflösung tatsächlich sind. Aber auch die wenigen Ausflüge, die sich nach Lückenfüller anfühlen, haben ausnahmslos lohnende Momente und auch immer ein paar erinnerungswürdige Dialogzeilen im Gepäck – zudem es zuverlässig dann spritzig wird, wenn sich gerade das Gefühl einschleichen möchte, dass es den Geschehnissen etwas zu sehr an Bewegung mangelt.
Im Finale läuft es glücklicherweise andersherum, denn hier startet die Geschichte mau, wird nach einer viertel Stunde aber zu einem beeindruckenden, groß erzählten Abenteuer, das einen absolut würdigen Abschluss darstellt. Musikalisch hat das letzte Staffeldrittel auch die besten Ergebnisse vereint, die charmant-nervigen Ramschsounds sind nun seltener anzutreffen, die an die Szenarien angepassten Musikschnipsel deutlich atmosphärischer und durchachter. Immer noch sind die Folgen, die auf der Erde spielen, die schwächsten. Doch wenigstens macht sich das Finale – das eben auf der Erde spielt – genau hierauf einen Witz, der nicht sehr originell, immerhin aber vorhanden ist.
So lässt sich das paradoxe Fazit ziehen, dass sich die ein oder andere Verschleißerscheinung nicht verleugnen lässt, das Abenteuerpärchen sich auf der anderen Seite aber so geschickt ins Vertrauen des Zuschauers gemogelt hat, dass dieser sich bei der behäbigen Raum-Und-Zeit-Stolperei in wohlig-vertrauter Umgebung weiß. Es ist, um mal wieder einen hochgradig fragwürdigen Vergleich anzubringen, wie ein Besuch im Elternhaus, das man vor Urzeiten verlassen hat.

Die abschließende Rezension zur Veröffentlichungs-Trilogie aus dem Hause Pandastorm soll Platz dafür bieten, Lobendes zu Form und Drumherum zu sagen. Dass es den siebten Doctor nur als DVD- und nicht als BluRay-Veröffentlichung gibt, ist einerseits ein Rätsel, andererseits in Anbetracht des Ausgangsmaterials aber verschmerzbar. BBC hat bei der Restauration von Bild und Ton allgemein großartige Arbeit geleistet und ordentlich Staub von den alten Bänden geblasen – selbst die deutsche Synchronisation hat ein wenig Überarbeitung spendiert bekommen und Untertitel wurden neu übersetzt. Im dieser Box wirkt es vereinzelt so, als wäre das Bild in kurzen Momenten ein wenig körniger und verrauschter, doch hier mag der subjektive Eindruck des Autors täuschen. Hinzukommt, dass alle drei Veröffentlichungen mit allerlei Bonusinhalten anrücken und sämtlich ein liebevoll gestaltetes Booklet besitzen. In Version drei gibt es von zwei Geschichten (‚The Curse of Fenric‘ und ‚Battlefield‘) gar spezielle Filmversionen, die Handlung ohne Unterbrechung und mit längerer Laufzeit erzählen. Dass die drei Veröffentlichungen mit einem geschmackvollen Coverartwork daherkommen, ist die Sahne auf der Doktortorte.

Fazit

Die gewohnten Stärken werden auch hier noch einmal genutzt, um die Abenteuerfahrt von Doctor und Kompagnon zu einem (wie man weiß, recht offen daherkommenden) Ende zu bringen. Auch hier gibt es neben schwächeren Ausflügen Highlights der Staffel, die man als geneigter Fan nicht verpassen sollte. Und auch, wenn es hie und da zum Schluss an zündenden Ideen etwas mangelte, macht sich umgekehrt bemerkbar, dass man mit der handwerklichen Umsetzung von Episode zu Episode versierter im Umgang wurde.

Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 1)

Science-Fiction befand sich weltweit immer noch im Aufschwung. Weltweit? England war ein kleines Land am Meer, in dem es eine traditionsreiche Genre-Perle ungemein schwer hatte. Doctor Who sollte abgesetzt werden und hatte nur noch eine verschwindend geringe Chance: Den siebten Doktor.

Nachdem die immense Popularität der britischen Kult-Serie Doctor Who auch in Deutschland seit ihrer Reboot ungebrochen anhält, lässt es sich Pandastorm Pictures nicht nehmen, auch die vergangenen Doktoren dem deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. Den Anfang macht der siebte Doktor, dessen Abenteuer in zwei DVD-Boxen veröffentlich werden. Diese Besprechung widmet sich der ersten.
Nachdem die Neuauflage von 2005 hier nicht sonderlich gut ankam, konnte der Kinoausflug im Jahre 2013 umso mehr begeistern.

Everything is under control.

Story

Die Tardis wird von der Rani angegriffen und kann mehr schlecht als recht auf Lakertia bruchlanden. Durch die Heftigkeit der Erschütterung kommt der Doktor ums Leben und es folgt die Regeneration zum siebten Doktor. Nach der anfänglichen Phase der Desorientierung und Amnesie tut er sich wieder mit seiner Begleiterin Melanie zusammen, um den gefährlichen Plan seiner Jugendfreundin Rani zu durchkreuzen und im Anschluss wieder seinem Tagesgeschäft nachzugehen: Leuten zu jeder Zeit und an jedem Ort eine helfende Hand zu sein.

Kritik

Es steht wohl außer Frage, dass man sich bei dem Doktor der 80er noch mehr als beim Doktor der 2000er darauf einstellen muss, eine eindeutige Fernsehproduktion zu sehen, die zum Teil auf Jugendliche zugeschnitten ist, folgerichtig auch aussieht, wie eine Mischung aus einem NDR-Schwank und einer russischen Kinderserie und sich zudem auch noch einen Spaß aus ihrer günstigen Machart macht. Das ist es ja auch, was Doctor Who zu großen Teilen ausmacht.
Grobschlächtige Kostüme sind Zeuge bizarrer Modevorstellungen, die weibliche Begleitung sieht aus wie der gute Bibo von der Sesamstraße und ist viel zu oft am Kreischen, die Requisiten erwecken wie eigentlich das gesamte Szenenbild und auch das Schauspiel einen Anschein von Bühne. Dass Doctor Who im Grunde eine Kinderserie ist, kommt hier unentwegt zum Vorschein. Umso beachtlicher ist es, dass sich hinter diese Ebene gerade für die Zeit ein spannendes Konzept mit Anspruch, der sich eben auch klar an ein erwachsenes Publikum richtet, befindet, das auch hervorragend aufgeht. Sylvester McCoy als siebenter Doktor ist die wohl tollpatschigste, slapstickhafteste Reinkarnation des Timelords, doch sieht sich die Serie trotzdem nicht als reiner Klamauk, sondern nimmt ihre Figuren und deren Biographie ebenso ernst wie die behandelten Thematiken – und ist dabei dann bisweilen doch alles andere als kinderfreundlich.

Im Verlaufe der ersten Staffelhälfte fällt mehr und mehr auf, wie lässig die Science-Fiction-Serie eigentlich, den haarigen Produktionsbedingungen zum trotz, ist. Alles ist sehr heiter, nicht selten auch albern, aber doch nie ohne ironische Distanz. Eigentlich beobachtet man ein permanentes Augenzwinkern, das die Geschehnisse in ein bewusst naives Licht taucht, gute Dialoge liefert und das Ganze mit einer meist griffigen Musik unterlegt.
Dass man damals größere Ambitionen hegte und die Figur so sehr liebt, dass man mit gegebenen Mitteln und vorgegebenem Stil trotzdem mehr erzählen wollte, als man aufgrund von eben diesen Elementen eigentlich erwarten durfte, zeigt sich darin, dass sich Geschichten gerne über mehr, nämlich, bis zu 5. Folgen erstrecken, was in den 80ern für eine TV-Serie vor Twin Peaks als unerhört subversiv zu bezeichnen ist.
Dass jede fortzusetzende Folge damit endet, dass der schusselige Doktor und in manchen Fällen auch sein Companion in größter Lebensgefahr schweben, nur um in der Fortsetzung dann pfeifend aus er Gefahr zu tänzeln, als wäre nichts gewesen, ist angesichts dieser Umstände zu verschmerzen.
Bereits die zweite Geschichte ist eine Sammlung wunderbar kurioser Bestandteile und wohldosierten Unfugs. Eine Reihe hinreißend gestörter Figuren, ein total entrückter Doktor, ein ordnungsliebende Oberlippenbartträger in einem faschistoiden Mikrosystem, Kannibalen, Killerroboter und noch einiges mehr kreieren einen Budenzauber, der an kantenfreier Kurzweil nur schwer zu überbieten ist. Story Nummer 3 ist eine Zeitreise in die 50er Jahre mit allerlei Alien-Bonus, ein paar anerkennenswerten Einfällen und einem überraschendem Maß an kaltblütigen Morden mit Schusswaffen. Jede Geschichte im Einzelnen aufzuführen, brächte mehr Spannungsraub denn Zugewinn, so sei einfach gesagt, dass es unter der überschaubaren Anzahl an Geschichten keine Ausfälle gibt und selbst die schwächste Episode sehenswert ist. Die Episoden sind ausnahmslos einfallsreich und sehr rund erzählt und haben mit dem Mehrfach-Folgen-Format ihren idealen Erzählraum gefunden. Die Funktion der Begleitung ist in dieser Staffel, den Doktor nicht zu begleiten. Am Anfang der Hanldungen werden die beiden regelmäßig getrennt und erleben dann parallele Abenteuer., die sich alle paar Minuten mit Mini-Cliffhangern ablösen. Dieser episodische Charakter wirkt etwas aufgesetzt, stört aber nie und sorgt, wenn auch auf etwas einfache Weise, für konstante Spannung.
An der Geduld schabt die bis zu zweiminütige Vorschau am Ende einer jeden Episoden, zudem die nachfolgende nach dem ebenfalls recht behäbigen Vorspann auch mit einer Wiederholung der letzten Sekunden der Vorfolge einsteigt, sodass man gerade dann, wenn man mehrere Teile am Stück schaut, einiger Wiederholung ausgesetzt wird. Das ist grundsätzlich keine Katastrophe, da der Urzustand der Serie so beibehalten wird und all diese Para-Texte zum Seherlebnis dazugehören, eine optionale Abschaltbarkeit wäre dennoch eine zeitgemäße und rücksichtsvolle Maßnahme gewesen.

Fazit

Der tölpelhafte Doktor und seine naive Begleiterin geben ein komisches Gespann ab, das sich mit der Zeit erstaunlich nah ans Herz schleicht. Zusammen mit den knalligen Geschichten, ihren verschrobenen Bösewichten und vor allem anderen dem Umstand, dass die Geschichten so lange brauchen dürfen, wie sie eben brauchen, um erzählt zu werden, erweisen sich die Missionen von Doktor Nummer 7 als ein ordentliches Sehvergnügen, das manchmal ein wenig zu infantil geraten ist, dies aber mit viel Charme und der Liebe zu Überraschungen problemlos ausgleicht.
 

Ender’s Game

Orson Scott Cards Roman, der 1985 aus einer deutlich älteren Kurzgeschichte entstand und bisher vier (je nach Auffassung auch 5) Fortsetzungen nach sich zog und weitere folgen lassen wird, galt lange Zeit als unverfilmbar. Gavin Hood (Wolverine: Weg des Kriegers) nahm das Ruder an sich, das mehrmals schon fast von anderen bedient worden wäre.


No. The way you win matters.

Story

Der Angriff der Formics, fiese insektoide Unholde aus dem Weltraum, konnte vor einem halben Jahrhundert nur mit großen Anstrengungen und dem unverschämten Glück eines Einzigen, der im richtigen Augenblick die richtige Entscheidung traf, zurückgeschlagen werden.
Die Menschheit hat sich wieder aufgerappelt, die Furcht vor einem erneuten Invasionsversuch ist aber allgegenwärtig.
Die Streitkräfte rekrutieren und trainieren Kinder, um besondere strategische Talente so früh wie möglich zu erkennen und zu fördern. Auf diesem Weg will man einen außergewöhnlichen Flottenkommandanten finden, um der außerirdischen Bedrohung Herr zu werden.
Colonel Hyrum Graff meint im Jungen Ender Wiggin das erhoffte Potenzial zu erkennen und schickt ihn von der Rekrutenschule direkt eine Raumstation, wo die Besten der Besten gegen- und miteinander trainieren.

Kritik

Auch nach starker Verkrümmung der Geschichte, um sie zu einem standardisierten Drehbuch zu verbiegen, bleibt der ambitionierte und interessante Grundgedanke der Story erhalten, liefert der Film doch eine recht ungewohnte Sicht auf die Führung eines martialischen Sternenkrieges. Der Feind ist eigentlich völlig unbekannt. Seine Flottenstärke, seine Motive, seine Strategien. Einfach alles von ihm. Was man tut, fühlt sich genaugenommen nicht richtig an, da man nur die eigene Seite kennt und genaugenommen im Dunkeln stochert. Da aber der Mensch seine elementaren Handlungsmuster nie verlieren wird, wird er  zur vor Angst um sich beißenden Bestie, sobald er bedrohlich in die Ecke gedrängt wird.
Es bleibt unklar, wer und was gut und böse ist. Einfach deswegen, weil Gut und Böse in dieser einfachen Form nicht existieren.
Während die Moral angenehm diffus und – egal, wie man sich entscheidet –  unangenehm klebrig bleibt, trifft das auf viele Charaktere leider nicht zu. Während Ender und Fords störrischer Colonel Hyrum spannende Figuren sind, lassen sich alle anderen allesamt auf eine einzige maßgebliche Eigenschaft reduzieren, die darüber hinaus lediglich dafür da ist, die klare Bahn zu definieren, die Ender zu nehmen hat. Das in Verbindung mit ein paar irritierend nachlässig geschriebenen Dialogen führt dazu, dass einige Figuren fast schon zu Witzen verkommen. Das lächerliche Harter-Ausbilder-Klischee mit peinlich provokanten Schreiphrasen oder der dämliche Schulrowdy, der neben seiner kindlichen Aggressivität keinerlei Qualifikation hat, die sein Dasein in der Ausbildungsstätte rechtfertigt, sind da nur die schlimmsten Beispiele.
Etwas kurios sind außerdem einige Handlungen, die von Grund auf nicht nachvollziehbar sind – zum Beispiel wenn die Kinder zum ersten Mal in einem Raum ohne Schwerkraft trudeln und anfangen, aus purem Spaß am Experiment, die noch unbekannten Waffen aneinander auszuprobieren. Nach dem Motto: „Was mag wohl passiere, wenn ich mir diese Gabel ins Auge drücke?“.
Ja, was mag da wohl passieren. Gut so Jungs, und dann rettet ihr die Menschheit. Sicher, das soll verdeutlichen, wie ahnungslos und verspielt die Rasselbande ist. Aber mal ernsthaft, ist das der beste Weg, dies zu tun?
Im Laufe des Filmes mit anzusehen, wie der  schmächtige Ender nach und nach zur emotionsarmen, kühl kalkulierenden Kampfmaschine wird, die Gegner und Situationen automatisiert auf Schwachstellen abscannt, ist dann aber wieder durchaus ergreifend.
Das liegt vor allem daran, dass gelungen vermittelt wird, wie unbeholfen, unschuldig und hilflos die Kinder in ihrem Umfeld tatsächlich sind. Die Umstände zwingen sie, sich als Erwachsene zu fühlen und aufzuführen, was ihnen aber unmöglich gelingen kann. Die ungewöhnlich engen, graugelben Anzüge führen dazu, dass die völlig überforderten Nachwuchs-Helden unsicher und verloren wirken. Ganz wie ein normaler Teenager also.

Interessante Kameraperspektiven (Predator-Kameramann Donald M. McAlpine, immerhin 80 Jahre alt, läuft noch mal zu Hochtouren auf) und ein sphärisch-melancholischer Soundtrack schaffen es glücklicherweise häufig, auch eigentlich platten Szenen eine Ahnung von Bedeutsamkeit zu verleihen. Die Inszenierung ist hier definitiv dem sehr ungeschmeidigen Drehbuch überlegen. So gelingen dem Film Akzente, die er allein durch seine Geschichte kaum hätte setzen können. Wobei es zu kurz gegriffen wäre, es so zu sagen. Die Geschichte an sich ist dank der klugen Romanvorlage natürlich keine schlechte, wenn auch der Film sich viele eklatante Änderungen erlaubte, um den Stoff publikumsverträglich auf die Leinwand zu befördern.
Nur die Darstellung der Figuren ist der große Schwachpunkt, der den Film immer wieder zum bluten bringt.
Ab der zweiten Hälfte endet die klassische Ausbildungsphase und mit ihr die Dominanz der Stereotypen, Tausendsassa Sie Ben Kingsley taucht auf und der Film gewinnt gehörig an Faszination dazu.

Fazit

Man merkt Ender’s Game natürlich überall an, dass der Stoff auf Hollywoodtauglichkeit heruntergebrochen werden musste, doch bleibt die Story im Kern aufregend und ungewöhnlich genug. Plumpe Nebenfiguren und ebenso plumpe Dialogausfälle machen aber leider auch vieles kaputt. Trotzdem entwickelt der Sci-Fi-Film seinen ganz eigenen Sog und fasziniert durch die ungewohnte Betrachtungsweise der Geschehnisse in besonderem Maße.
Ender’s Game könnte der Auftakt zu einer sehr ambitionierten Serie sein, sofern das definitiv vorhandene Potenzial der erkannt und genutzt wird. Es bleibt also zu hoffen, dass sich das Studio trotz des mauen Einspielergebnisses zu diesem Wagnis entschließt.

Attack the Block

Joe Cornish war das, was gefühlt die Hälfte aller US-Bürger ist, Comedian. Neben unbedeutenden Rollen in Filmen, die ihn in Kontakt mit Nick Frost brachten, schrieb er Drehbücher fürs TV und brachte auch ein paar Belanglosigkeiten in Eigenregie auf die Mattscheibe.
Kein heller Stern also. Doch seine nächsten Projekte lauten Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn und Ant-Man, als Autor bzw. Co-Autor.
Und dazwischen? Dazwischen kam Attack the Blog, wo er sowohl für die Geschichte als auch für deren Umsetzung verantwortlich war.

This is too much madness to explain in one text!

Story

Ein sozialer Brennpunkt in London, wo Gang-Rivalitäten – meist wegen Drogen – nicht selten bis zu Schießereien hochkochen, wird Schauplatz einer kleinen Alieninvasion mittels Meteoritenschauer. Klein, weil eigentlich nur ein paar struppige Biester in der englischen Hauptstadt aufprallen. Klein, das denken sich auch Moses und seine Gang aus kleinkriminellen Jugendlichen, die prompt zur Treibjagd blasen – schließlich kann niemand einfach so in ihren Block eindringen und Unheil stiften. Aauch keine Außerirdischen.
Nicht nur ist die von den schwarzen Space-Hunden ausgehende Bedrohung weitaus größer, als kalkuliert, plötzlich tauchen auch noch die Polizei und der wütende Drogenzar des Viertels auf und alle wollen sie dem Fünfköpfigen Freundeskreis an den Kragen. Zusammen mit der sich unfreiwillig anschließenden Krankenschwester Sam flüchten sie zurück ins das Reich ihrer Sozialwohnungen, um einen Gegenangriff zu planen.

Kritik

Anfangs darf man skeptisch sein. Schon wieder irgendwelche animalischen Aliens, die keine Ziele haben, außer ihre Zähne in Fleisch zu tauchen. Schon wieder eine Gruppe von Leuten, die über sich hinauszuwachsen hat. Schon wieder  in irgendeinem englischen Ghetto.
Gut, ein „schon wieder“ zu viel, denn das Ghetto ist neu. Oder, um es etwas kategorischer auszudrücken, die Verbindung von Science-Fiction-Film und Milieustudie ist neu und ein ziemlich schräger Einfall dazu.
Damit schafft sich Attack the Block gleich jede Menge Probleme, die insbesondere für einen mit Produktionen dieser Größe recht unerfahrenen Mann wie Herrn Cornish kein Zuckerschlecken gewesen sein dürften. Allen voran: Wie gelingt es, dass die 15-jährigen Kinder unterster Schicht mit ihrer Attitüde und dem Hip-Hop-Humor nicht nerven, sondern im Gegenteil als taugliche Hauptfiguren funktionieren – ohne dabei an Authentizität einzubüßen?

Normalerweise ist die kleine Gang aus vorlauten Kindern in Horrorfilmen dafür geeignet, sich für den Schrecken der Exposition zu opfern und dann nie wieder erwähnt zu werden. Hier wird die Einleitung aber überlebt und man schlägt sich durch die ganze Geschichte. Und das auf eine ganz eigene Weise.
Tatsächlich meistert der Film diese Probleme sehr geschickt und beschert einen Culture-Clash der ultimativen Sorte, der der Invasionsthematik frischen Drive gibt.
Das beginnt schon damit, dass die Halbstarken ihr erstes Alien, das sie mit einer Silvesterrakete erlegt haben, stolz und randvoll mit empfundener Coolness einmal quer durch die Stadt schleifen, in erster Linie aber Fifa spielen wollen. Dass die Neuankömmlinge vielleicht gar nicht so böse sein könnten (oder aber zu böse), wird in keinem Augenblick erwägt. In Folge haben sie, als sie auf das erste Geschöpf mit wirklichem Biss stoßen, nur noch Verbarrikadieren im Sinn.
In Sachen Witz pendelt man irgendwo zwischen semi-authentischem Block-Geblubber und einer schillernden Ladung kultureller Anspielungen auf Film und Vorurteil. Manches davon geht ins Leere bzw. ist einfach etwas zu gewollt, im Schnitt macht Attack the Blog aber mächtig Laune.

Durch die neue Genrewürzung ist nicht nur das Verhalten der Figuren ungleich mit dem normaler Sci-Fi-Heroen, auch die Art, wie das Ganze gefilmt wurde, unterscheidet sich immens vom Durchschnitts-ET. Alles ist etwas kleiner, näher am Charakter und unaufgeregter, nicht aber weniger intensiv.

Nick Frost als für sein Wesen viel zu alter Verlierer mit schulterlangen, fettigen Haaren, ist eine nette Dreingabe mit mikroskopisch kurzer Screentime, die für den Film mehr Werbung denn Plotbereichung ist. Aber lieber wenige kurze Szenen mit Nick Frost als Marihuanagärtner als gar keine.
Gleiches mit dem menschlichen Bösewicht. Er wirkt in seinem ganzen Tun etwas müde konzipiert, funktioniert im Gesamtbild der Stimmung ganz gut, hat aber eigentlich überhaupt keine wirkliche Funktion, sondern ist nur ein fauler Versuch, ein zusätzliches Suspense-Element miteinzubauen.
Beim Design der außerirdischen Kreaturen orientiert man sich gerne an Bekanntem, dafür sind die eigenen Ideen ein bisschen halbgar geworden. Trotzdem muss man hier Loben, was auch in vielen anderen Bereichen des Filmes hervorzuheben ist: Lieber klein, wenig und dafür richtig, als groß, zu dick aufgetragen und am Ende zu sperrig, um mit der Dramaturgie vereinbar zu sein.

Fazit

Aber wenn nicht alle Einzelheiten frisch sind, das Gesamtpaket ist es umso mehr. Die Verschnürung der beiden einander doch sehr unähnlichen Genres sorgt für ein kurzweiliges Spektakel, das gut gefilmt und gut gespielt ist, launige Momente hat, frech daherkommt und zum Schluss seinen jugendlichen Nachwuchsgangstern einen Gefallen erweist, indem das Finale einfach schweinecool ist.

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang

Ein modernes Zeitreisedrama, das auf dem schon vielfältig adaptierten 67er-Kultroman mit gleichem Namen stammt, der vom bis heute tätigen Sci-Fi-Urgestein Yasutaka Tsutsui (Paprika) verfasst wurde. Inszeniert wurde das Zauberwerk von Mamoru Hosoda, der einerseits Projekte wie Digimon-Filme verwirklichte, andererseits aber auch schon als Regisseur für das Meisterwerk Das wandelnde Schloss vorgesehen war. Er heimste dreimal in Folge den Preis für den besten Anime ein beim Sitges Festival Internacional de Cinema Fantàstic de Catalunya – das erste Mal für Das Mädchen, das durch die Zeit sprang, welcher von einem vielfältigen wie namenhaftem Künstlerteam realisiert wurde.
Und dazu deutlich vielschichtiger ist als man beim ersten Hinschauen vermutet.

Time Waits For No One.

Story

Die 17-jährige Makoto ist ein ganz gewöhnliches Mädchen, das verspätet in den Unterricht platzt und mit ihren besten Freunden von Herzen gerne Baseball spielt. Außerordentlich an ihr ist lediglich die Menge an Missgeschicken, die sie durch ihr tapsiges Verhalten magnetisch anzuziehen scheint.
Eine entscheidende Wendung bekommt ihr Leben, als sie über ein walnussförmiges Objekt stolpert, das ihr die Fähigkeit verleiht, über eine begrenzte Distanz in der Zeit zurückzureisen. Etwas, das nicht durch Willensstärke, sondern durch Stürze beziehungsweise große Sprünge vonstattengeht. Ein Umstand, der ihr frühzeitig das Leben retten wird.
Nach und nach lernt sie, diese Funktion bewusst einzusetzen und für die Revidierung kleinerer Alltagsfehler zu nutzen. Alsbald muss sie feststellen, wie unberechenbar Kausalität ist und dass ein vermeintlich vermiedener Fehler nicht selten viel größeres Unglück nach sich zieht.

Kritik

Das Mädchen, das durch die Zeit sprang gibt sich eingangs unverkennbar als beschwingtes Jugenddrama, das mit warmem Humor eine fantastische Komponente einführt und ein ganz normales Mädchen dadurch kleine Abenteuer durchleben lässt, die eine klassische, aber ungezwungen dargebotene Moral mit sich bringen.

Das alles in minimal gewöhnungsbedürftigen, aber passenden Zeichnungen, flüssig animiert und mit genau der richtigen Menge an Details, um einen ganz eigenen Stil zu ergeben. Die Figuren sind schön geschrieben, die Musik setzt mit einer Mischung aus Eigenkompositionen und Bach genau die richtigen Akzente und alles hält ein angenehm unaufgeregtes Tempo, ohne sich jemals auch nur im Ansatz zu ziehen. Ein Frühlingsfilm. Und etwas, das gehörig durchgeschüttelt wird, wenn man es mit wachem und analytischem Blick zu wenden beginnt. Dann stellt sich heraus, dass die oberflächlich süße Geschichte von einer gar nicht so süßen Über-Story ummantelt ist.

Der Anime provoziert Sehgewohnheiten in starkem Maßen, tut dies aber derart geschickt, dass es dem Zuschauer womöglich gar nicht auffällt, er die Provokation übersieht und den ganzen Film über nicht drauf eingeht. Es ist überraschend, wie schnell man der trickreichen Inszenierung auf den Leim geht. Der Madhouse-Anime funktioniert nämlich wie ein Zaubertrick, der derart gut ist, dass man nicht nur nicht sieht, wie er funktioniert, sondern im besten Fall übersieht, dass er überhaupt funktioniert, weil die Ablenkung so außerordentlich geraten ist, dass man nicht nur die im Ärmel versteckten Karten, sondern gleich den ganzen Magier übersieht.
Was ist gemeint und woran liegt das?
Inszeniert und aufgezogen ist Das Mädchen, das durch die Zeit sprang wie ein klassischer Chick Flick. Eine tollpatschige, aber ungemein liebenswerte Schülerin bekommt ein kleines, ganz persönliches Geheimnis und nutzt es, um im Auftrag von Kurzweil und Herzschmerz ein wenig Chaos anzurichten. Harmlos, süß und kindgerecht. Das sagen die Bilder, das sagen die Dialoge und das sagt auch die Musik. Deshalb achtet der Zuschauer ganz automatisch auf bestimmte Dinge mehr und auf andere weniger. Wir sind so trainiert, dass wir in einem bestimmten Genre nur Bestimmtes erwarten und anderes wiederum einfach hinnehmen, ohne es zu großartig hinterfragen. Das schließlich ist die Aufgabe von Genreunterteilungen – die Erschaffung und Erfüllung von Erwartungshaltungen, sodass bestimmte Kost zu bestimmtem Appetit gereicht wird. Wenn diese Erwartungen durchbrochen werden und doch eine Überraschung hinter der ersten Ebene lauert, muss diese entsprechend in Szene gesetzt werden, damit ihre Wirkung nicht verpufft und der Zuschauer in ausreichendem Maße verblüfft ist, anstatt mit Fragezeichen und Schulterzucken zurückzubleiben. Schwebt die Variation im Gewöhnlichen hingegen nur unscheinbar am Rande vorbei, trickst sie unseren Aufmerksamkeitsfokus allzu schnell aus und wird von unserer Wahrnehmung ganz einfach aussortiert. Da der Film auch funktioniert, wenn man ihn lediglich als unbeschwerte Zeitreiseromanze betrachtet, ist das nicht schlimm. Wer den Film so sehen möchte, kann ihn so sehen, wird eine gute Zeit haben und kaum etwas vermissen. Das ist die phänomenale Leistung von Das Mädchen, das durch die Zeit sprang: Es ist mehr Filme als nur einer.

Wenn man sich öffnet und zwingt, einmal die Genregrenzen auszublenden, wenn man versucht, alle Details von ihrer Inszenierung unabhängig zu betrachten und den Film in möglichst großer Distanz zu schauen, dann wird es interessant. Plötzlich tauchen Fragen auf, die dem Ganzen eine unheimliche, sehr unangenehme Note verleihen und den leichtfüßigen Gang ins Stolpern bringen. Manche Dinge, die nur am Rande Erwähnung bekommen, entpuppen sich als zentrale Motivierungen und andere wiederum verwandeln sich von einer guten Fee in eine verbitterte Hexe. Plötzlich erlaubt Das Mädchen, das durch die Zeit sprang nicht nur viele Lesarten – es fordert sie sogar ein. Auf einmal spielt die Romanvorlage von Yasutaka Tsutsui eine entscheidende Rolle, da sie vielleicht mehr als bloße Vorlage war. Denn es ist sicherlich kein Zufall, dass die dort geschilderten Geschehnisse sich 20 Jahre früher ereignen als die im Film.
Bestimmte Personen erscheinen in anderem Licht und allen voran die Perspektivierung der ganzen 100 Minuten sollte gründlich in Frage gestellt werden. Ist der Film etwa nur so naiv-heiter, weil er von der naiv-heiteren Makoto erzählt wird, die gar nicht so recht versteht, was ihr widerfährt? Es ist auf jeden Fall kein schlechter Rat, die angebotene Fokalisierung grundlegend zu problematisieren und darüber hinaus nicht jedes Wort aus einem scheinbar vertrauenswürdigen Mund für bare Münze zu nehmen, sondern alles Angebotene gründlich auf Plausibilität abzuklopfen.
Dies sollen Hilfestellungen und vage Hinweise, keineswegs aber Erklärungen sein. Man muss selbst hinter die Kulissen gelangen und das Gesehene aus eigener Motivation mit eigenen Mitteln verstehen. Die Beschäftigung mit dem Stoff bereitet dann die größte Freude, wenn man sich ohne fremde Hilfe in seinen Irrgarten wagt. Und wer weiß, vielleicht wartet in seinem Herzen ja ein Mindfuck hoher Güte.

Fazit

Oberflächlich ein vergnüglicher Film über Mädchen, Mädchenprobleme und ein bisschen Fantastik. Und so funktioniert der Sci-Fi-Anime durchgehend und durchgehend gut. Daher wird er auch gerne als Kinderfilm begriffen und kann Kindern auch gefahrlos vorgesetzt werden. Gibt man sich aber Mühe, ein paar Vorhänge beiseite zu ziehen und das Gezeigte nicht nur hinzunehmen, sondern unablässig zu drehen und zu wenden, offenbart sich, dass der Würfel weit mehr als nur die einem zugewandte Seite besitzt.
Ein schönes, toll inszeniertes und clever aufgezogenes Spiel mit nicht nur doppeltem Boden, das gleich als mehrere Filme funktioniert. Selten hat sich hinter scheinbar ungefährlichem Charme eine solche Tragik aufgehalten.