Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 3)

Auch Part drei der erstmaligen Veröffentlichung um die Erlebnisse des siebten Doctors von Pandastorm Pictures ist wieder eine reich befüllte Truhe. Nachdem Part 1 auf 4 DVDs geliefert wurde und sich der Mittelteil auf 5 Scheiben aufteilte, trumpft Part drei mit ganzen 7 bunt befüllten Silberlingen auf.

Get rid oft he deadwood, let the wasters go to the wall.

Story

Die gemeinsame Reise von Ace und dem Doctor neigt sich ihrem Ende zu, verliert deswegen aber nicht an Tempo. Das Gespann stolpert kreuz und quer in und durch die Pläne von König Artus‘ Rivalen, nautischen Fieslingen, Gespenstern aus der eigenen Biographie, Figuren aus diversen Mythologien und zu guter Letzt von einem seiner gefährlichsten Widersacher.

Kritik

Da die Turbulenzen des großartigen Achten Doktors mehr oder weniger willkürlich in drei Partitionen zergliedert wurden, um ihnen drei Veröffentlichungen zu gönnen, bietet der Abschluss des Finales erwartungsgemäß keine alles umgrabenden Überraschungen. Stattdessen heißt es: „Mehr vom Gleiche“, was bei der vergnüglichen End-80er-Produktion aber nichts Schlimmes heißt, wie man in den Rezensionen zu Volume 1 und Volume 2 honett nachlesen kann.
Die Symbiose zwischen Ace und dem Titelhelden vollzieht sich weiter, wenn auch nicht viel weiter, weil das Duo bereits sehr schön harmonierte und das getreue, wenn auch stets kindsköpfig bleibende Mode-Rockermädel sich nur noch graduell entwickeln kann.
Auch die Abenteuer bleiben gewohnt schillernd und darüber hinaus ihrer wegweisenden Konzeption treu, sich nicht mit 20 Minuten für eine Geschichte zu begnügen, sondern ihre narrativen Bögen über drei bis vier Episoden zu spannen, auch wenn letzteres häufiger mal bedeutet, dass es überflüssige Minuten gibt. Auch hier haben wir also ein paar Stories, die man als weniger gelungen bezeichnen muss und bei denen sich fortsetzt, was schon im Mittelpart der Veröffentlichungsreihe in Erscheinung trat: Einige Stränge scheinen anfangs viel tiefer und ansprechender als sie nach ihrer Auflösung tatsächlich sind. Aber auch die wenigen Ausflüge, die sich nach Lückenfüller anfühlen, haben ausnahmslos lohnende Momente und auch immer ein paar erinnerungswürdige Dialogzeilen im Gepäck – zudem es zuverlässig dann spritzig wird, wenn sich gerade das Gefühl einschleichen möchte, dass es den Geschehnissen etwas zu sehr an Bewegung mangelt.
Im Finale läuft es glücklicherweise andersherum, denn hier startet die Geschichte mau, wird nach einer viertel Stunde aber zu einem beeindruckenden, groß erzählten Abenteuer, das einen absolut würdigen Abschluss darstellt. Musikalisch hat das letzte Staffeldrittel auch die besten Ergebnisse vereint, die charmant-nervigen Ramschsounds sind nun seltener anzutreffen, die an die Szenarien angepassten Musikschnipsel deutlich atmosphärischer und durchachter. Immer noch sind die Folgen, die auf der Erde spielen, die schwächsten. Doch wenigstens macht sich das Finale – das eben auf der Erde spielt – genau hierauf einen Witz, der nicht sehr originell, immerhin aber vorhanden ist.
So lässt sich das paradoxe Fazit ziehen, dass sich die ein oder andere Verschleißerscheinung nicht verleugnen lässt, das Abenteuerpärchen sich auf der anderen Seite aber so geschickt ins Vertrauen des Zuschauers gemogelt hat, dass dieser sich bei der behäbigen Raum-Und-Zeit-Stolperei in wohlig-vertrauter Umgebung weiß. Es ist, um mal wieder einen hochgradig fragwürdigen Vergleich anzubringen, wie ein Besuch im Elternhaus, das man vor Urzeiten verlassen hat.

Die abschließende Rezension zur Veröffentlichungs-Trilogie aus dem Hause Pandastorm soll Platz dafür bieten, Lobendes zu Form und Drumherum zu sagen. Dass es den siebten Doctor nur als DVD- und nicht als BluRay-Veröffentlichung gibt, ist einerseits ein Rätsel, andererseits in Anbetracht des Ausgangsmaterials aber verschmerzbar. BBC hat bei der Restauration von Bild und Ton allgemein großartige Arbeit geleistet und ordentlich Staub von den alten Bänden geblasen – selbst die deutsche Synchronisation hat ein wenig Überarbeitung spendiert bekommen und Untertitel wurden neu übersetzt. Im dieser Box wirkt es vereinzelt so, als wäre das Bild in kurzen Momenten ein wenig körniger und verrauschter, doch hier mag der subjektive Eindruck des Autors täuschen. Hinzukommt, dass alle drei Veröffentlichungen mit allerlei Bonusinhalten anrücken und sämtlich ein liebevoll gestaltetes Booklet besitzen. In Version drei gibt es von zwei Geschichten (‚The Curse of Fenric‘ und ‚Battlefield‘) gar spezielle Filmversionen, die Handlung ohne Unterbrechung und mit längerer Laufzeit erzählen. Dass die drei Veröffentlichungen mit einem geschmackvollen Coverartwork daherkommen, ist die Sahne auf der Doktortorte.

Fazit

Die gewohnten Stärken werden auch hier noch einmal genutzt, um die Abenteuerfahrt von Doctor und Kompagnon zu einem (wie man weiß, recht offen daherkommenden) Ende zu bringen. Auch hier gibt es neben schwächeren Ausflügen Highlights der Staffel, die man als geneigter Fan nicht verpassen sollte. Und auch, wenn es hie und da zum Schluss an zündenden Ideen etwas mangelte, macht sich umgekehrt bemerkbar, dass man mit der handwerklichen Umsetzung von Episode zu Episode versierter im Umgang wurde.

Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 2)

Das silberne Jubiläum setzt sich fort. Mit Volume 2 der Spätachtzigerausgabe von Doctor Who werden die Abenteuer des siebten Doktors fortgesetzt.

Because it’s 1988.
Ha. That makes sense.

Story

Mit der neuen Begleiterin Dorothy ‚Ace‘ McShane an seiner Seite, die sich entschieden eigensinniger und rebellischer als Melanie Bush gebiert, gehen die Abenteuer des Siebten Doktors weiter. Es gilt dafür zu sorgen, dass ein Kampf zwischen Daleks nicht die Erde als Opfer einfordert. Auf einem Planeten aus der Zukunft, wo einzig Fröhlichkeit die Erlaubnis darstellt, nicht vom bizarren Kandyman vernichtet zu werden, muss ebenso der Frieden hergestellt werden wie in der Gegenwart unseres Heimatplaneten, wo Cybermen und eine Dame aus ferner Vergangenheit sich um die zerstörerische Allmacht von flüssigem Metall prügeln. Und während die Reise in einem sinstren Zirkus endet, wird langsam deutlich, dass der Doktor etwas zu verbergen hat, das unter keinen Umständen ans Tageslicht gelangen darf.

Kritik

Der Beginn der 14 neuen Episoden mit Silvester McCoy als schnippischem Doctor beginnen mit einem komplexen, teils auch unnötig verworrenen Kriegsvierteiler, in dem Elemente verschiedener Genres miteinander verrührt werden. Das hat gerade zu Beginn, wo alles ungewohnt mysteriös ist, großen Charme, versagt jedoch bei der Auflösung, die es sich viel zu einfach macht und feststellt, dass man das Ganze auch in einer einzigen Folge hätte erzählen können.
Ähnlich verhält es sich mit der Ausstattung. Dass ein paar leidlich eingekleidete Soldaten als Armee herhalten, ist sympathisch, und die kubistischen Bauten, aus welchen sich frisch gelandete Raumschiffe transformieren, wirken gar beeindruckend, da sie in angemessener Fremdartigkeit dargestellt werden. In der Summe passen die vielen kleinen Sonderbarkeiten aber häufig nicht so recht zusammen, weshalb sich auch formal sagen lässt, was für den ganzen Vierteiler gilt: Im keinen Gelungen, gerade anfangs sehr faszinierend, im Auslauf dann aber auch ein wenig ermüdend.
Die zweite Folgentrilogie namens Die Macht der Fröhlichkeit wirkt anfangs etwas spröde, doch ein paar Minuten später zeichnet sich ab, dass hier eine clever erdachte Analogie auf das Tabu Depression vorliegt. Das Vermächtnis der Nemesis, ebenfalls ein Dreiteiler, erinnert wieder stark an den Einstieg dieser Staffelbox und wartet mit eigentümlichen Gegnern auf, die mit den anderen Bösewichtern des Doctor Who-Universums leider nicht so recht mithalten können. Als ordentliche Serie der 80er darf freilich auch eine weitere Geschichte nicht fehlen, in der das Dritte Reich thematisiert wird, indem spielerisch über dessen Gründe und Auswirkungen spekuliert wird. Das Ende mit Die Todesmanege auf Segonax ist dann aber Unterhaltung auf höchstem Niveau und sondert ohne Unterbrechung eine so merkwürdige, beklemmende Stimmung ab, dass die vier Episoden, die eine in sich schlüssige Story mit interessanten Figuren erzählen, wirklich fesseln.

Die Entscheidung, wann Außenszenen – wie beispielsweise Stadtstraßen – on Location und wann im Studio gedreht wurden, ist zwar nachvollziehbar, trotzdem hätte eine andere Wahl manchmal Gutes mit sich gebracht. Wenn Straßen aus Linoleum bestehen, sehen die Sets insbesondere dann sehr nach Theater aus, wenn die Kostüme und Requisiten es auch tun. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit produziert dies aber auch eine spezielle Stimmung, die durch originale Drehplätze nie erzeugt worden wäre, da die man grundsätzlich auf Spielereien wie Farbfilter verzichtete. Dann und wann bricht man aber auch in großem Maße aus und lässt noch weit häufiger als in den ersten Erlebnissen des siebenten Doktors so viel explodieren, dass der Spaß der Pyrotechniker sich auch 27 Jahre später noch spüren lässt.
Die Serie pfeift mit einem derart frechem Frohmut auf ihre begrenzten Mittel, deren Einschränkungen zum Trotz sie einfach die Geschichten erzählt, die ihr im Sinn liegen – ganz ohne Eingeständnisse. Manchmal überstürzt es das Selbstbewusstsein von der Autoren und man nimmt das ein oder andere Mal einen erzählerisch so faulen wie feigen Weg, um sich aus Sackgassen zu mogeln. Das sind Momente, in denen man sich als mündiger Zuschauer nicht ernstgenommen fühlt. Und diese Momente sind der Feind jeder Geschichte.
Obwohl das Erzählerische manchmal ähnlich behelfsmäßig zusammengeschustert ist wie die Kulissen und Kostüme, macht sie fast immer Spaß. Und da der Doktor mittlerweile zu Genüge eingeführt wurde, wird die Zeit dafür genutzt, ihn mit zwar nur sehr kleinen, aber allemal interessanten Zügen zu charakterisieren. Und so, wie manche Effekte dann doch unverhofft gut aussehen, haben auch alle Erzählungen ihre Glanzmomente, die das Gesamtpaket als etwas erscheinen lassen, das unterm Strich in erster Linie sympathisch ist. Denn wirklich übelnehmen kann man dem Zeitreisenden in der Form des betulichen Silvester McCoy sowieso nichts.
Für alle Geschichte gilt: Sie blühen am Schönsten, so lange sie noch verheimlichen, von was sie erzählen und wie das Erzählte zusammenhängt. Zu Beginn wird inmitten von ein paar nicht offenkundig zueinander gehörigen Erzählsträngen geworfen und damit beschäftigt, Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte zu suchen. Man entwirft eine Theorie, freut sich darauf, sie am Kommenden zu messen… und wird immer bestätigt, weil die Storys, sobald sie ein paar Hinweise darauf gegeben haben, was ihr Angelpunkt ist, spätestens ab ihrer dritten Episode nicht mehr überraschen, sondern nur noch pflichtbewusst zu ihrem absehbaren Ende spulen – und das manchmal einen Ticken zu langsam.

Fazit

Die zweite von drei Veröffentlichungen, die sich mit den Abenteuern der siebten Doktorreinkarnation beschäftigen, flacht in Sachen Geschichten teils etwas ab, kann dank im Rücken liegender Introduktion dafür aber auch etwas mehr in die Tiefe gehen.
Dank spritziger Dialoge und Silvester McCcoy, der als Doktor weiterhin ein sehr unterhaltsamer Gnom ist, bereiten auch die weiteren Abenteuer Freude.

Doctor Who – Staffel 8

Wir sind zurück für eine Stippvisite bei Doctor Who, der langlebigsten TV-Serie und dem wandlungsfähigsten Nomaden der Weltgeschichte und darüber hinaus der einzige Artikelanlass, bei dem der Schreiber dieser Zeilen in der Ich-Form rezensieren wird. Denn wenn jemand so wenig Ahnung von der Materie hat und so viele Dinge nicht weiß, ausließ und schlicht völlig verkennt und dem Rezensionsobjekt darüber hinaus eine Armada an Fans gegenübersteht, verkäme es zu einem Hohelied an die Albernheit, einen Artikel schreiben zu wollen, der von einem Hauch von Sachlichkeit getragen wird. Was hier zu lesen ist, das ist keine Kritik im eigentlichen Sinne, sondern ein Essay. Und Essays haben offensichtlich von Natur aus lange Einführungstexte. Warum auch nicht, man kann ja schreiben, was man will.
Dass jede Kritik im eigentlichen Sinne eh ein Essay ist, lasse ich hier außer Acht, um den Effekt des Ganzen nicht zu hintergehen.

Please, don’t even argue.

Story

Der Doctor – ignoriert man die Kriegs- und die Bio-Meta-Krisen-Variante – regeneriert zu seiner zwölften Form. Sie ist älter, gleichgültiger, zynischer, befremdlicher. Das merkt auch Clara Oswald, die für die vorherige Ausführung des Timelords weit mehr als nur platonische Gefolgschaft war und sich nun völlig neu positionieren muss, wenn sie weiterhin Reisender in der TARDIS sein möchte.
Unterdessen schmiedet eine alte Bekannte ihre ganz eigenen Pläne. Pläne, die mit etwas zusammenhängen, was man als das Paradies – das Leben nach dem Tod – bezeichnen könnte.

Kritik

Es hat sich einiges zugetragen und als erstes fällt auf, dass die Autoren sich erfolgreich Mühe gegeben haben, all dies nicht über Gebühr zu verkleinern oder gar zu verleugnen, sondern Geschehenes als tragendes Element für die große Story voraussetzen, die Geschichten dabei aber trotzdem auf eine Weise zu erzählen, dass sich Quereinsteiger nicht verloren- und alleingelassen fühlen. Dass dem so ist, dafür kann ich als Quer- und Wiedereinsteiger bürgen.
Das Problem beim 2005er-Neuanfang war seinerzeit ein so einfaches wie großes. Weder die Geschichten noch die Figuren überzeugten. Was blieb, war eine halbwegs gut funktionierende Beschwingtheit, britischer Akzent und etwas Charme, dem zwischen den zahllosen uninspirierten Minigeschichten aber irgendwann die Puste ausging.

Um von hinten anzufangen: Die Charaktere, das Herzstück einer jeden Serie mit fortlaufender Geschichte, sind nicht nur ein bisschen, sondern deutlich besser. Die Begleiterin nervt nicht, sondern ist ein resoluter Charakter mit ordentliche Profil und deutlich mehr Aufgaben als eben nur Begleiter zu sein, weil ein Doctor nun mal Begleiter hat. Das geht sogar so weit, dass sie einen ganzen Storystrang für sich beansprucht. Und das ist wiederum ein Problem, denn die Geschichte darüber, wie schwer das Herumgedoktore und ihre sich gerade entwickelnde Liebesbeziehung zu einem Kollegen aus dem Lehrerzimmer namens Danny Pink miteinander vereinbar sind, ist fad und jedes Mal ein ziemlicher Stopper für Geschwindigkeit, Fortschritt und Spaß.
Der (nunmehr zwölfte) Doctor selbst ist hingegen ein ziemliches Highlight – weil Peter Capaldi ein solches ist, mit dem wohl erstmalig ein Oscargewinner in die Haut des Timelords schlüpft. Dass es den Goldjungen 1995 für einen von ihm selbst gedrehten Kurzfilm gab, tut hier nichts zur Sache, denn ein formidabler Darsteller ist der Gentleman durch und durch. Die etwas ergraute Erscheinung in Verbindung mit der sprunghaften, aber nie (und das ist wirklich bemerkenswert) dümmlichen Mimik ist die perfekte Hülle für einen zeitreisenden Schlingel, der noch nie so sehr Alien war, wie in diesem Fall. Empathielos, Ich-Besessen und nie so recht durchschaubar präsentiert sich hier ein Doctor Who, bei dem der Zuschauer häufiger mal ins Stocken kommt und sich die Frage stellt, ob der gute Mann vielleicht überhaupt gar nicht so gut ist. Dass eine Serie so etwas wiederkehrend leisten kann, verdient Lob. Und das bekommt sie hier.
Die Figuren – den aggressionsfördernden Freund von Clara Oswald mal außen vor gelassen – sind also ansprechend und machen Spaß. Und die Geschichten selbst?
Nun, da ist der Tee schon nicht mehr ganz so klar, aber immer noch lecker. (An dieser Stelle fällt auf, dass das mit der Ich-Form nicht klappt. In Folge brauchte es einen Teevergleich, der ja zum Glück auch bestens der britischen Serie zu Gesicht steht.) Mal wird sich geschrumpft und ein Ausflug ins Innere eines vermeintlich gutmütigen Daleks unternommen, um Eine phantastische Reise von 1966 zu ehren, mal werden bedeutsame Persönlichkeiten aus der menschlichen Historie unter die Lupe genommen. Und so fort. Der Punkt ist aber, dass die Inszenierung einfach um Welten ausgereifter ist als noch vor 10 Jahren, und dies ist tatsächlich schon die halbe Miete, wenn man willig ist, sich von schönen Schauplätzen, einem gelungenen Schnitt und sensibler Musik ein wenig bezirzen zu lassen. Obschon die überwiegenden Stories im Kern sehr durchschnittlich sind, funktioniert das Konzept dennoch, weil die Charaktere einen so immensen Eigenwert besitzen und die Regie einfach so tut, als würde da eigentlich etwas ganz anderes, viel besseres erzählt werden. All das hebt den neuen Doctor Who weit über sein Alter Ego aus dem Jahre 2005 hinweg. Und dann gibt es da ja auch noch die Folgen, die eine Geschichte erzählen, welche es durch aus in sich hat.

Leider existieren aber auch sehr viele Momente, in denen es die Serie mit dem Evozieren von Dramatik und Bedeutungsschwere maßlos übertreibt. Plötzlich brechen die Dialoge ins Pathetische ab, die Musik fängt an zu seufzen und die Kamera wirft sich endlos schmachtend vor einer solchen Szene auf die Knie, während der Zuschauer (Ich!) sich bei so viel Theatralik auf den Arm genommen und übers Gesicht geleckt fühlt. Es ist nicht nur schade, es ist völlig unverständlich, wieso dies ab und an passiert, denn ansonsten haben die Regisseure, wie gesagt, ein wirklich gutes Händchen für den Umgang mit dem Stoff.

Fazit

Die 12 Folgen (zuzüglich des einstündigen Weihnachtsspecials), in der der 12. Doctor seinen Einstand hat, sind zeitgemäße, absolut gelungene Serienunterhaltung im 45-Minuten-Format, die seit dem Neustart aus dem Jahr 2005 enorm viel dazugelernt hat. Der charismatische und undurchsichtige Peter Capaldi ist die perfekte Besetzung und Clara Oswald eine starke Begleiterin – gemeinsam geben die beiden ein Gespann ab, das tadellos funktioniert und damit über eher mäßige Geschichten problemlos hinwegtröstet.
Die obligatorische und sich furchtbar überflüssig anfühlende Liebesnot von Clara hätte definitiv keinen eigenen, völlig inspirationslosen Part von so großem Gewicht verdient gehabt und die Augenblicke, in denen sich jäh alles in aufgesetzte Dramatik stürzt, trüben das Gesamtbild leider sehr.
Dennoch: Diese Reinkarnation ist eine gute, finde ich.

 

Doctor Who – Siebter Doktor (Volume 1)

Science-Fiction befand sich weltweit immer noch im Aufschwung. Weltweit? England war ein kleines Land am Meer, in dem es eine traditionsreiche Genre-Perle ungemein schwer hatte. Doctor Who sollte abgesetzt werden und hatte nur noch eine verschwindend geringe Chance: Den siebten Doktor.

Nachdem die immense Popularität der britischen Kult-Serie Doctor Who auch in Deutschland seit ihrer Reboot ungebrochen anhält, lässt es sich Pandastorm Pictures nicht nehmen, auch die vergangenen Doktoren dem deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. Den Anfang macht der siebte Doktor, dessen Abenteuer in zwei DVD-Boxen veröffentlich werden. Diese Besprechung widmet sich der ersten.
Nachdem die Neuauflage von 2005 hier nicht sonderlich gut ankam, konnte der Kinoausflug im Jahre 2013 umso mehr begeistern.

Everything is under control.

Story

Die Tardis wird von der Rani angegriffen und kann mehr schlecht als recht auf Lakertia bruchlanden. Durch die Heftigkeit der Erschütterung kommt der Doktor ums Leben und es folgt die Regeneration zum siebten Doktor. Nach der anfänglichen Phase der Desorientierung und Amnesie tut er sich wieder mit seiner Begleiterin Melanie zusammen, um den gefährlichen Plan seiner Jugendfreundin Rani zu durchkreuzen und im Anschluss wieder seinem Tagesgeschäft nachzugehen: Leuten zu jeder Zeit und an jedem Ort eine helfende Hand zu sein.

Kritik

Es steht wohl außer Frage, dass man sich bei dem Doktor der 80er noch mehr als beim Doktor der 2000er darauf einstellen muss, eine eindeutige Fernsehproduktion zu sehen, die zum Teil auf Jugendliche zugeschnitten ist, folgerichtig auch aussieht, wie eine Mischung aus einem NDR-Schwank und einer russischen Kinderserie und sich zudem auch noch einen Spaß aus ihrer günstigen Machart macht. Das ist es ja auch, was Doctor Who zu großen Teilen ausmacht.
Grobschlächtige Kostüme sind Zeuge bizarrer Modevorstellungen, die weibliche Begleitung sieht aus wie der gute Bibo von der Sesamstraße und ist viel zu oft am Kreischen, die Requisiten erwecken wie eigentlich das gesamte Szenenbild und auch das Schauspiel einen Anschein von Bühne. Dass Doctor Who im Grunde eine Kinderserie ist, kommt hier unentwegt zum Vorschein. Umso beachtlicher ist es, dass sich hinter diese Ebene gerade für die Zeit ein spannendes Konzept mit Anspruch, der sich eben auch klar an ein erwachsenes Publikum richtet, befindet, das auch hervorragend aufgeht. Sylvester McCoy als siebenter Doktor ist die wohl tollpatschigste, slapstickhafteste Reinkarnation des Timelords, doch sieht sich die Serie trotzdem nicht als reiner Klamauk, sondern nimmt ihre Figuren und deren Biographie ebenso ernst wie die behandelten Thematiken – und ist dabei dann bisweilen doch alles andere als kinderfreundlich.

Im Verlaufe der ersten Staffelhälfte fällt mehr und mehr auf, wie lässig die Science-Fiction-Serie eigentlich, den haarigen Produktionsbedingungen zum trotz, ist. Alles ist sehr heiter, nicht selten auch albern, aber doch nie ohne ironische Distanz. Eigentlich beobachtet man ein permanentes Augenzwinkern, das die Geschehnisse in ein bewusst naives Licht taucht, gute Dialoge liefert und das Ganze mit einer meist griffigen Musik unterlegt.
Dass man damals größere Ambitionen hegte und die Figur so sehr liebt, dass man mit gegebenen Mitteln und vorgegebenem Stil trotzdem mehr erzählen wollte, als man aufgrund von eben diesen Elementen eigentlich erwarten durfte, zeigt sich darin, dass sich Geschichten gerne über mehr, nämlich, bis zu 5. Folgen erstrecken, was in den 80ern für eine TV-Serie vor Twin Peaks als unerhört subversiv zu bezeichnen ist.
Dass jede fortzusetzende Folge damit endet, dass der schusselige Doktor und in manchen Fällen auch sein Companion in größter Lebensgefahr schweben, nur um in der Fortsetzung dann pfeifend aus er Gefahr zu tänzeln, als wäre nichts gewesen, ist angesichts dieser Umstände zu verschmerzen.
Bereits die zweite Geschichte ist eine Sammlung wunderbar kurioser Bestandteile und wohldosierten Unfugs. Eine Reihe hinreißend gestörter Figuren, ein total entrückter Doktor, ein ordnungsliebende Oberlippenbartträger in einem faschistoiden Mikrosystem, Kannibalen, Killerroboter und noch einiges mehr kreieren einen Budenzauber, der an kantenfreier Kurzweil nur schwer zu überbieten ist. Story Nummer 3 ist eine Zeitreise in die 50er Jahre mit allerlei Alien-Bonus, ein paar anerkennenswerten Einfällen und einem überraschendem Maß an kaltblütigen Morden mit Schusswaffen. Jede Geschichte im Einzelnen aufzuführen, brächte mehr Spannungsraub denn Zugewinn, so sei einfach gesagt, dass es unter der überschaubaren Anzahl an Geschichten keine Ausfälle gibt und selbst die schwächste Episode sehenswert ist. Die Episoden sind ausnahmslos einfallsreich und sehr rund erzählt und haben mit dem Mehrfach-Folgen-Format ihren idealen Erzählraum gefunden. Die Funktion der Begleitung ist in dieser Staffel, den Doktor nicht zu begleiten. Am Anfang der Hanldungen werden die beiden regelmäßig getrennt und erleben dann parallele Abenteuer., die sich alle paar Minuten mit Mini-Cliffhangern ablösen. Dieser episodische Charakter wirkt etwas aufgesetzt, stört aber nie und sorgt, wenn auch auf etwas einfache Weise, für konstante Spannung.
An der Geduld schabt die bis zu zweiminütige Vorschau am Ende einer jeden Episoden, zudem die nachfolgende nach dem ebenfalls recht behäbigen Vorspann auch mit einer Wiederholung der letzten Sekunden der Vorfolge einsteigt, sodass man gerade dann, wenn man mehrere Teile am Stück schaut, einiger Wiederholung ausgesetzt wird. Das ist grundsätzlich keine Katastrophe, da der Urzustand der Serie so beibehalten wird und all diese Para-Texte zum Seherlebnis dazugehören, eine optionale Abschaltbarkeit wäre dennoch eine zeitgemäße und rücksichtsvolle Maßnahme gewesen.

Fazit

Der tölpelhafte Doktor und seine naive Begleiterin geben ein komisches Gespann ab, das sich mit der Zeit erstaunlich nah ans Herz schleicht. Zusammen mit den knalligen Geschichten, ihren verschrobenen Bösewichten und vor allem anderen dem Umstand, dass die Geschichten so lange brauchen dürfen, wie sie eben brauchen, um erzählt zu werden, erweisen sich die Missionen von Doktor Nummer 7 als ein ordentliches Sehvergnügen, das manchmal ein wenig zu infantil geraten ist, dies aber mit viel Charme und der Liebe zu Überraschungen problemlos ausgleicht.
 

Paul – Ein Alien auf der Flucht

Paul – Ein Alien auf der Flucht (im Original kürzer und charmanter einfach nur Paul) ist zwar vom kindsköpfigen Komödien-Dou Simon Pegg und Nick Frost zusammengenäht, aber kein offizieller Teil der eigentlich inoffiziellen Blood-and-Ice-Cream-Trilogie.


What is this, nerd porn?

Story

Clive und Graeme sind Nerds aus dem Bilderbuch. Durch und durch Kind, dabei um die 40 herumschwirrend und gefangen in einer Parallelrealität, in der ein Autogramm von Anthony Daniels mehr wert ist als der Weltfrieden. Unsere Realität, könnte man sagen.
Die beiden Briten machen nach einem gelungenen Abstecher zur Comic-Con noch eine Art touristische Rundreise zu all den Plätzen, an denen UFO-Sichtungen sich häuften. Trotzdem trifft es sie nicht ganz vorbereitet, als sie plötzlich den hüfttiefen Außerirdischen namens Paul treffen, der kifft, trinkt, flucht und flieht. Letzteres tut er – wie könnte es anders sein – vor einer finsteren Regierungsbehörde namens FBI, die ihn wieder einfangen und gar nicht gut behandeln will.
Wie es sich für echte Nerds ziemt, greifen Clive und Graeme dem kleinen Kerl unter die grauen Arme, sobald sie den ersten Schock überwunden haben. Und wie es sich für ein echtes Road-Movie gehört, gabelt das Trio unterwegs noch Ruth auf, die Tochter eines fundamentalen Christen, die gerade ihre ganz eigenen Erfahrungen mit der gar nicht so christlichen Welt macht.

Kritik


Paul – Ein Alien auf der Flucht ist im Kern ein angenehmer, ungefährlicher Film, der sich gut nebenbei und zwischendurch einschieben lässt. Eine beschwingte Stimmung, harmlose Kalauer und die betuliche Chemie zwischen am animierten Grauling und seinen drei Reisebegleitern schaffen ein Seherlebnis, das man nicht unbedingt braucht, aber auch keinesfalls bereuen wird. Simon Pegg und Nick Frost liefern mit dem Drehbuch gewohnt gute Kost ab, die sich aus vielen spontan wirkenden Einfällen zusammensetzt und dabei auf leichtfüßige Weise die alte Geschichte von den beiden Verlierern erzählt, denen plötzlich, unerwartet und nicht ganz so angenehm wie erhofft, ein Lebenstraum erfüllt wird. Greg Mottola, der sich durch Filme wie Superbad und Adventureland in erster Linie als Indie-Komödien-Filmer einen Namen machte, verpackt das Ganze routiniert, aber erfreulich spritzig in einen inszenatorischen Rahmen.
Doch leider ist sich der Film nicht zu schade, hie und da ein paar zu plumpe und zotige Gags einzubauen. In die Kamera schreiende Gesichter von Autofahrern, die zu lange in die falsche Richtung geblickt und deswegen das witzige Hindernis übersehen haben, sind ebenso nervig wie die frivolen Witzeleien, die den gefährlich schmalen Grat zwischen ‚gelungen frech‘ und ‚albern platt‘ ein paar mal zu häufig überstolpern. An den Nerven zerren auch die übertrieben tölpelhaften Helfershelfer des windigen Oberagenten, aus dessen Jagd auf die Hauptpersonen sich der rote Faden der Story spinnt. In Summe ist alles im grünen Bereich, doch hätte der Film ohne Ausrutscher der Marke Holzhammer eine deutlich bessere Figur abgegeben. So aber erweckt er den Eindruck, sich immer mal wieder zwischen die Stühle zu setzen, wenn er bemüht ist, sämtliche Humor-Lager zu bedienen und dabei keines richtig zufriedenstellt.

Gelungen sind dafür sehr nette Anspielungen auf die Nerdkultur, Augenzwinkerei in Richtung Alien-Mythen und ein paar mehr oder wenige filigrane Bezüge zu einschlägigen Filmen und Serien. Insbesondere Star Wars-Fans bekommen eine reiche Palette an liebevollen Zitaten geliefert, die von adaptierten Dialogen bis hin zu aufgegriffener Kameraarbeit reicht.
Wirklich schön geschrieben ist die Figur des Paul, der mit seiner dominierenden Lässigkeit nie nervt, dessen Anzüglichkeit immer angemessen dreist wirkt und der an den richtigen Stellen notwendige Zerbrechlichkeit durchschimmern lässt. So mausert sich der hübsch animierte Knirps schnell zur Figur, der man das herzliche Kumpel-Dasein sofort abnimmt.
Bei einer Produktion, die sich selbst nicht für voll nimmt und in erster Linie nur Schabernack sein will, ist das keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Fazit

Wie erwartet, ist Paul – Ein Alien auf der Flucht keine komödiantische Großleistung, sondern eine Fingerübung der britischen Schelme Pegg und Frost. Dafür ist die Angelegenheit aber ein grundsolides und sehr sympathisches Road-Movie geworden, das dem Faible der Sci-Fi-Nerds mit großen Zitatereichtum gebührend Rechnung trägt, in Sachen Humor letztlich aber eine zu große Bandbreite abdecken möchte, was nicht immer gelingt.

Grabbers

Ein Jahr nach der erfolgreichen Sci-Fi-Horror-Komödie-Milieustudie (oder so) Attack the Block von Joe Cornish fallen die Außerirdischen schon wieder über ein paar Underdogs in Europa her. Das große Zerstören von Großem kommt aus der Mode.
Jon Wright, Regisseur von Grabbers, konnte mit seinem Debutfilm Tormented den nötigen Zaster für die Produktion zusammenkratzen – und macht damit offensichtlich exakt das, worauf er Lust hat.

It’s the quiet places where all the mad shit happens.
Story

Ein Komet, strahlend schön wie ein Engel, plumpst in schräger Linie ins Meer. Direkt vor den Augen eines deckschrubbenden Fischers. Ehe man sich versieht, ist ein struppiger Komparse namens Roy nach den Worten „Ja!“, „Warte mal!“ und „Neeeein!“ auch schon vom Bord verschwunden und der Rest der dreiköpfigen Crew folgt ihm eilig.
Aliens suchen die Erde heim. Genauer gesagt das irische Fischerdörfchen Erin Island, offizielles Hauptquartier der Schnapsdrosseln und des Schmuddelwetters.
Gerade jetzt haben O’Shea und Lisa ihren ersten gemeinsamen Tag auf Streife und können sich nicht natürlich überhaupt nicht ausstehen. Er ein Schluckspecht, sie ein Workaholic.
Nach und nach kommen sie zusammen mit den anderen windschiefen Figuren des Eilands der extraterrestrischen Wahrheit auf die Spur, während sich die glibbrige Bedrohung immer weiter ausdehnt und sich durstig am Blut der Einheimischen gütlich tut.
Als der Abend der Entscheidung naht, sind die Bewohner von Erin Island auf sich allein gestellt, weil ein Sturm alle Wege zum Festland abschneidet.
Es muss ein Rettungsplan her, der eines Iren würdig ist.

Kritik

Grundidee und Ausgangslage gewinnen keine Innovationspreise. Sei’s drum. Dafür sieht man dem Film bereits in den ersten Szenen an, dass hier mit viel Liebe zum Film und Filmemachen zu Werk gegangen wurde. Grabbers besticht mit schönen, aber unaufdringlichen Landschaftsaufnahmen der urigen Schauplätze in überraschend satten Bildern. Kaum eine Kameraeinstellung erweckt den Anschein von Beliebigkeit. Die Schauspieler passen in ihre Rollen und das Zusammenspiel zwischen ihnen funktioniert gut. Das Drehbuch gibt genug kleine und große Reibungspunkte, an denen die beiden sich zanken und kennenlernen können, um dann irgendwann für den großen Kampf gerüstet zu sein. Zu allem gibt es eine latent zynisch übertriebene Musikuntermalung, die das Gesamtbild abrundet. Grabbers langweilt in keiner Minute, weil man ganz fraglos mit großer Überzeugung an dem Film gearbeitet hat.
Lange gibt es von den Aliens nichts zu sehen, obwohl der Berg der Opfer stetig wächst. Gestorben wird eine ganze Weile auf typische Slasher-Manier. Der Verdammte schreit, zappelt und wird von etwas, das außerhalb des Bildes ist, zermatscht, gemampft oder verschleppt – letztendlich aber alles drei. Und wenn man ein solches Ungeheuer dann zu Gesicht bekommt, darf man positiv überrascht sein, weil es sich von üblichen Creature-Designs abhebt, ohne dabei gleich zu abgehoben zu wirken. Man hält sich einfach an die älteste Regel der Menschheit: Je mehr Tentakeln, desto toller. Ganz besonders erfreulich ist, dass gezeigt wird, wie sich Tentakeldinger eigentlich am effizientesten bewegen. So naheliegend! Und doch ist noch niemand zuvor drauf gekommen. Cudos an die geniale Person mit diesem Einfall.

Der Humor ist unaufdringlich und trocken. Über weite Strecken ist der Film genaugenommen so gemütlich wie die Mentalität des verschlafenen Nests, das nicht ahnt, was ihm schwant. Grabbers könnte sich problemlos über seine Figuren lustig machen, haben sie doch allesamt mehr als genug Fehler hierfür, vermeidet dies aber von Anfang an. Stattdessen behandelt der Film sie mit Respekt und erzählt sogar ihre Ausrutscher mit zurückhaltender Sensibilität.
Selbst das Sterben ist nicht bedrohlich sondern vielmehr – und das mag womöglich das falsche Wort sein – nett, als würden die Unglücklichen ihr eigenes Ableben auch mit einem Augenzwinkern sehen.
Mit fortlaufender Dauer nimmt der Humor etwas an Tempo auf und wird ein wenig vorlauter, bleibt aber trotzdem meilenweit entfernt von aufdringlicher Albernheit, wie man sie in vielen anderen Horror- und Sci-Fi-Komödien erdulden muss. Im Gegenteil, Grabbers legt gerne mal falsche Fährten, lässt Befürchtungen aufkommen, wie sich in wenigen Momenten ein vorhersehbarer Witz aufbauen könnte, und lässt der Szene dann an ganz anderer Stelle den Druck ab.
Abgesehen davon zollt man der provinziellen Mentalität Tribut. Dabei zuzusehen, wie unprofessionell und sorglos mit den brandgefährlichen und außerirdischen Proben umgegangen wird, ringt mehr als nur einmal ein Schmunzeln ab und trotz ihrer abgeschiedenen Lage sind die Bewohner eigentlich allesamt sehr ausgeglichen und zufrieden mit ihrem Leben.
Eigentlich können nur zwei Sachen die Schaufreude ein wenig und auch nur kurzzeitig drosseln: Die Erkenntnis, dass auf einer so großen europäischen Insel keine 50 Leute zu wohnen scheinen. Und eine sich deutlich zu abnhängig an Genreklischees lehnende Hürde am Schluss, die beweist, dass alle Horrorfilm-Figuren letzten Endes doch eine ähnliche IQ-Stufe haben.
Das gesamte letzte Drittel ist dann eigentlich schon fast Finale. Und zwar eines, das sich sehen lassen kann. Evan Goldbergs und Seth Rogens kommende Apokalypsen-Party This is The End hat da eine gar nicht so niedrige Hürde zu nehmen.

Fazit

Ein durch und durch sympathisches und bodenständiges Plädoyer für Gelassenheit, das sich tarnt als Monsterfilmchen über blutsaugende, mit Tentakeln versehene Weltraumviecher.
Grabbers führt anschaulich vor, dass viele gute kleine Ideen besser sind als nur eine große und ist damit optimale Abendunterhaltung, ob alleine oder in der Gruppe.
Unbeschwert, very british und eine Ode an den Suff.

Man darf gespannt sein auf Jon Wrights dritten Film, der den vielsagenden Titel Our Robot Overlords tragen wird.

Misfits – Staffel 2

Die unmaskierten Punk-Heroen aus der Unterschicht Werthams bekamen nach ihrem ansprechenden ersten Auftritt im Folgejahr 2010 7 weitere Episoden spendiert. Dabei werden etablierte Stärken ausgespielt und frühere Schwächen vermieden. Zum zweiten Mal tritt das eingespielte Team in ganzer Stärke in der nicht nur besten, sondern auch letzten guten Staffel der britischen Erfolgsserie auf.


Can we please stop killing our probation workers?

Story

Der mysteriöse Fremde, der im Finale von Staffel 1 auf dem Drahtesel herangerauscht kam, um überhandnehmender Tugend Einhalt zu gebieten, folgt den Freunden – man kann sie mittlerweile wohl so nennen – auf Schritt und Tritt. Was seine Gründe und Absichten sind, ist jedoch ebenso wenig bekannt, wie seine Identität. Auch über eventuelle Fähigkeiten des Maskierten herrscht Unklarheit.
Anfangs trägt er dazu bei, dass Nathan aus seinem – wie seit dem Finale der letzten Episoden gewiss ist: unnötigen – Grab geborgen wird, aber auch sonst ist er häufig zu Stelle, wenn eine Situation droht, ihren kritischen Punkt zu überschreiten.
Zwischenzeitlich kreuzen sich die Wege der „Bewährungs-Fünf“ immer wieder mit Menschen, die ebenfalls Opfer des spendablen Gewitters und mit besonderen Kräften versehen wurden. Und wie es nun einmal so ist, stellen sich die wenigsten von ihnen als redliche Zeitgenossen heraus. Wie unsere Helden, so haben auch sie mit den Gefahren und Verlockungen der frisch gewonnen Möglichkeiten zu kämpfen. Und das regelmäßig auf Kosten anderer.

Kritik

Wie schon bei der 1. Staffel gibt auch hier Folge 1 galant den Ton an, der konstant während der 7 Episoden gehalten wird. Der Beginn kommt mit einer mehrschichtigen Ladung Eskalation daher und entwickelt sich mit zarten Übergängen zu einer nett geschriebenen Horrorepisode. Generell ist das Tempo in Staffel 2 kräftig angezogen worden und auch die manchmal etwas unbeholfenen Stellen der Vorgängerstaffel sind hier fast gänzlich vermieden worden.
Es macht nun noch mehr Spaß, die unverbrauchten Gesichter der Jungschauspieler zu sehen und auch die Handlung legt ein paar Schippen drauf. Selbst an den Dialogen merkt man, dass sich Schreiber und Darsteller mittlerweile auf sicherem Grund bewegen. Die Gespräche sind pointiert und wirken immer noch sehr natürlich, ohne den unterhaltsamen, selbstironischen Charme der augenzwinkernden Milieubeobachtung vermissen zu lassen.
Die Action stimmt weiterhin und auch in Sachen Dramatik gibt es kaum etwas zu beklagen. Das alte Problem, dass an jeder Litfaßsäule die vom Unwetter Modifizierten nur darauf warten, dass unsere Helden vorbeikommen, ist nicht vom Tisch. Doch immerhin wird diese erzählerische Krücke nicht mehr ganz so oft eingesetzt und somit ist die Glaubwürdigkeit der ganzen Kiste automatisch ein paar Level höher anzusiedeln.
Die etablierten Gesichter werden sinnvoll aufgegriffen, ihre Geschichten nachvollziehbar erweitert und ihre Motivationen mit passenden Motiven und zusätzlicher Tiefe ein wenig transparenter gemacht, ohne dass die Protagonisten dadurch zu durchschaubar werden. Auch einige Neuzugänge kommen hinzu– von denen manche länger und andere, ganz bestimmte Gesellen in guter Running-Gag-Tradition eher kürzer präsent sind – und fügen sich sofort in das illustre Grüppchen ein. Das wirkt selten gekünstelt, zieht sich aber auch nicht unnötig in die Länge. Misfits überzeugt weiterhin mit guter Dialogregie und spannend geschriebenen Charakteren.
Was die einzelnen Geschichten angeht, da wird man hingegen nicht immer einer Meinung sein. Die Zufälle stauen sich zwar nicht mehr ganz so aufdringlich, sind aber immer noch ziemlich sehr häufig Dreh- und Angelpunkt für die meisten entscheidenden Vorgänge. Aber nennen wir es Schicksals-Moment und nehmen die Sache als gegeben hin. Es wurde hat an den richtigen Baustellen gearbeitet und das ungewöhnliche Sci-Fi-Drama schafft es, den Überraschungserfolg von Staffel 1 im weiteren Verlauf nicht verpuffen zu lassen. Die Macher waren spürbar mit Herzblut am Werk und waren darauf bedacht, ihr Baby nicht dem schnellen Rubel zu opfern. Dass Season 2 sich gegenüber dem starken Vorgänger tatsächlich noch steigern konnte, ist bemerkenswert, da sie bereits ein knappes Jahr später über die britischen TV-Bildschirme flimmerte.

Mit „Der Maskenball?“ gibt es die erste Durchhängerfolge, die nicht wirklich schlecht ist, in eine so überdurchschnittlich spannende Staffel eingebettet aber trotzdem auffällig negativ hervorsticht.
Doch der Ausgleich folgt auf dem Fuße. Mit einer Superkraft namens Laktogenese wird auf ziemlich originelle Art zur Sprache gebracht, was längst überfällig war; und das noch abgedrehter und rücksichtsloser als in den bisherigen Ausschweifungen unseres Antiheldentrupps. Denn plötzlich und sehr unerwartet scheint er auf sein ganz eigenes Kryptonit gestoßen zu sein.

Fazit

Unaufdringlich emotionale Momente, einige zum Brüllen komische Szenen und clevere Figurenzeichnung. Staffel 2 setzt dort an, wo Staffel 1 endete, baut die Stärken der TV-Serie gekonnt aus und lässt die anfangs schon geringen Schwächen noch etwas schrumpfen.
Leider endet der Höhenflug der originellen Superheldenrüpel an dieser Stelle. Staffel 3 zeigt zum hundertsten Mal auf, dass es gescheiter ist, am Höhepunkt aufzuhören, bevor man diesen mit mangelnder Inspiration zu Tode reitet.
Und ein meist sehr zuverlässiges Indiz dafür ist, dass die bisherigen Stammregisseure ihren Platz für Nachfolger freimachen und Hauptdarsteller der Serie, mit der sie bekannt wurden, den Rücken kehren.

Misfits – Staffel 1

Spätestens nach X-Men und Spiderman war klar, dass der Anfang des neuen Jahrtausends in cineastischer Hinsicht ohne Zweifel den Superhelden gehört. Insbesondere Marvel schickte Mal um Mal die Comicrecken auf die Leinwand, bis die Angelegenheit in diesem Jahr mit Marvel’s The Avengers ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Heroes war eines der Experimente, die Prototypen der Gesellschaft mit übermenschlichen Fähigkeiten bestückte und damit in Serie ging. Die vorgebliche Normalität der Figuren wich aber recht bald dem typischen Heldeneifer und zudem zerfaserte die Serie immer weiter, bis von den anfänglichen Qualitäten nur noch wenig vorzufinden war.
2009 betrat Misfits die Bildfläche, griff die Prämisse von Heroes auf und strengt sich seither an, die Fehler des Serienvorreiters zu vermeiden und dabei rotzfrech auszusehen.


You’re dumping me with a line from Spiderman?

Story

Nathan, Curtis, Alisha, Kelly und Gary vereinen all die Eigenschaften, die ältere Generationen  seit jeher der Jugend zum Vorwurf machen. Es sind rücksichtslose, asoziale, straffällige Halbstarke, die jeder für sich ohne Perspektive sind.
Als sie einander zum ersten Mal im fiktiven Londoner Stadtteil Wertham begegnen, tragen sie orangefarbene Overalls und sind dazu verdonnert, Sozialstunden unter der Aufsicht ihres Bewährungshelfers Tony abzuleisten.
Plötzlich verhängen ausgesprochen seltsame Gewitterwolken den Himmel und im nächsten Augenblick stürzen Hagelkörner in Melonengröße auf London nieder. Auf ihrer Flucht werden die Jugendlichem vom Blitz getroffen und verfügen seitdem über eigenartige Fähigkeiten. Kelly wird zur Telepathin, Curtis kann die Zeit beeinflussen, der sowieso von niemandem wahrgenommene Außenseiter Simon erhält die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, und Alisha verdammt jeden, der sie berührt, zur sexuellen Willenslosigkeit. Nathan hingegen scheint ohne besondere Fähigkeit. Und Gary hat womöglich eine, kann sie aber nicht einsetzen, weil er direkt nach dem Sturm vom plötzlich rasenden Bewährungshelfer hingerichtet wird. Denn nicht nur sie, sondern auch andere Bürger Londons sind seit dem Wetterphänomen verändert. In Notwehr töten die Fünf ihren Bewährungshelfer und müssen die Tat nicht nur vertuschen und mit deren Folgen leben, sondern zusätzlich lernen, ihre eigenen Kräfte irgendwie zu beherrschen und sich vor denen anderer in Acht nehmen.

Kritik

Da ist er also, der Gegenentwurf zu den strahlenden Helden im Elastananzug, der wie das verhaltensauffällige Kind von Chronicle und Heroes wirkt. Und die Idee, ein paar Vertretern der No-Future-Generation klassische Superkräfte zu verleihen, geht erstaunlich gut auf.
Manche Serien fangen spitze an und sinken ins Unerträgliche ab, manche starten unerträglich und werden spitze. Misfits versucht nicht, dem Zuschauer etwas vorzuspielen und schlägt von Minute 1 einen Ton an, der dem die restlichen Episoden treu bleiben werden.
Die Kombination aus hoffnungslos asozialen Jugendlichen und dem Sci-Fi-Einschlag durch Superkräfte schafft eine ganz spezielle Atmosphäre, die von der tristen Farbgebung und den grauen Spielorten noch untermauert wird. Der Serie glückt eine schwere Gratwanderung, indem die Hürde genommen wird, den Zuschauer für die Charaktere zu interessieren, obwohl ein jeder von ihnen mehr als nur eine unsympathische Eigenschaft parat hat. Selbst Figuren, die auf den ersten Blick vollkommen unerträglich wirken, lassen einen spätestens nach zwei Folgen nicht mehr zur Gänze kalt. Die vollkommene Normalität der Protagonisten bringt nämlich auch nachvollziehbare und vertraute Probleme mit sich, die ihr Handeln vielleicht nicht legitimieren, aber immerhin verständlich machen.
Nicht nur die Charaktere sind auf ihre Weise beschränkt, auch der Handlungsort und die Tragweise der Geschehnisse sind es. Das Wirken der völlig überforderten Jugendlichen beschränkt sich nämlich auf einen kleinen Kreis. Kein übermächtiger Widersacher ist zu bezwingen, keine Präsidenten, Cheerleader oder Galaxien harren ihrer Rettung. Stattdessen spielt die Serie zu großen Teilen am aufgezwungenen Arbeitsplatz der Kleinkriminellen, in winzigen Wohnungen oder an dreckigen Flussufern, während die Protagonisten mit ihren eigenen Alltagsdämonen zu kämpfen haben und dabei regelmäßig Feigheit dem Edelmut vorziehen. Das Wetter ist schlecht, die Darsteller ungeschminkt und das Mundwerk der Figuren ausgesprochen lose.
Trotzdem kommt das vom Genre gepachtete Motto „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.“ auch hier zum Tragen, nur eben in viel kleinerem Maße, als es zu erwarten wäre. Die Superkräfte selbst sind in der ersten Staffel ein Element, das gar nicht entscheidend ist. Sie spielen nur am Rande eine Rolle, während die unfreiwilligen Helden, die unter ihren Kräften mehr leiden als von ihnen zu profitieren, ihre normalen Probleme meist mit normalen Mitteln lösen.
Zwar ist in erster Linie die durch ihr gemeinsames Geheimnis aneinandergebundene Gruppe die Hauptperson, eine klare Leitfigur existiert aber trotzdem. Der vom Gewitter scheinbar übersehene Nathan ist es, dem nicht nur die meiste Screentime gewährt wird, sondern zudem auch ein tragisches Familienverhältnis und das mit Abstand größte Schandmaul der Serie. Obwohl es seine primäre Eigenschaft zu sein scheint, anderen Leuten mit seiner Dreistigkeit auf den Geist zu gehen, bindet man sich dank einiger starker Charaktermomente schnell und gerne an ihn. Die sehr charismatische Darstellung von Robert Sheehan hat hieran fraglos den wichtigsten Anteil.

Dem Anspruch an sich selbst, größtmögliche Authentizität an den Tag zu legen, wird die Serie hinsichtlich Figuren und Spielorten also gerecht. Erzählerisch wird leider nicht ganz so geschickt vorgegangen.
Die Zufälle stapeln sich einfach zu hoch. Insbesondere beim ersten großen Zeitsprung, der in bester Und täglich grüßt das Murmeltier-Manier stattfindet, wird dies überdeutlich. Dass die Protagonisten schon lange vor ihrem bewussten Zusammentreffen Ort und Zeit miteinander geteilt haben, ist narrativ zwar handgerecht, aber alles andere als glaubwürdig. Erschwerend kommt hinzu, dass so gut wie jede Figur, zu der unsere Antihelden Kontakt haben oder zuvor Kontakt hatten, ebenfalls vom Gewitter beeinflusst wurde – so unwahrscheinlich das auch scheinen mag. Deswegen läuft Misfits ein ums andere Mal in Gefahr, in ein typisches Monster-of-the-Week-Schema zu verfallen, bei dem alle Merkwürdigkeiten bequem durch das anfängliche Unwetter gerechtfertigt werden. Das ist schade, denn dadurch ist die Serie bei weitem nicht so einzigartig, rotzig und rebellisch, wie sie gerne wäre. Es gilt zu akzeptieren, dass es vorerst nicht um Erklärungen geht, sondern einzig um die Figuren und deren Weisen und Möglichkeiten, mit der veränderten Welt umzugehen und diese schließlich in Beziehung zu ihren eigenen Veränderungen zu setzen.
Aus diesem Grund tut es der ersten Staffel gut, dass sie nur aus 6 und nicht aus 25 Episoden besteht, sodass Abnutzungserscheinungen überwiegend ausbleiben.

Schon in Folge 1 wird klar, dass der Ab 18-Flatschen nicht grundlos auf den DVD-Hüllen klebt. Sowohl die teils doch sehr derbe Wortwahl der Protagonisten als auch der axtschwingende Bewährungshelfer sind definitiv nicht jugendfrei.
Überhaupt werden die sozialen Randexistenzen geschickt dafür genutzt, Witze abseits der Norm zu platzieren. Diese funktionieren zwar nicht immer, wirken in diesem Umfeld aber sehr natürlich und sorgen zusammen mit der ziemlich guten Musikauswahl (siehe Trailer) für die einmalige Stimmung der Serie.
Die Synchro funktioniert trotz Ausrutscher ganz anständig, ist – wie bei fast allen britischen Serien – aber dem O-Ton nicht ebenbürtig.

Fazit

Experiment geglückt. Misfits zwingt verantwortungslosen Mittzwanzigern Superkräfte auf und beobachtet, was passiert. Von der skurrilen Ausgangssituation mit der Gewitterwolke bis zum vorbildhaften Charakterdesign ist alles bestens. Die ärgerlich hohe Anzahl der Zufälle sorgt leider dafür, dass die britische Sci-Fi-Serie unterm Strich doch nicht so speziell ist, wie sie sich gibt. Doch die Weichen sind gestellt und mit den nächsten Staffeln geht das Spektakel erst so richtig los.

Doctor Who – Staffel 1

Der Doktor ist zurück! Mittlerweile in der neunten Reinkarnation und der sage und schreibe siebenundzwanzigsten Serienstaffel. 16 Jahre lang lag die erfolgreichste Sci-Fi-Serie der Welt auf Eis und wurde in anderen Medien fortgeführt, bis es 2005 endlich im klassischen Format weiterging. Moderner ist die Serie natürlich geworden, viel hat sich getan. Doch trägt sie das Herz immer noch am rechten Fleck.

Stand back, boys. Surf’s up!

Story

Zwar ist der Doktor wieder da, doch warum er in neuem Körper auftritt, bleibt unbeantwortet. Ist aber auch nicht so wichtig, denn schließlich – nun ja, der Doktor eben.
Als er ins graue London der Gegenwart reist, um ein paar beunruhigend lebendigen Schaufensterpuppen und ihrem wabernden Meister das Handwerk zu legen, flieht ihm Rose Tyler über den Weg. Und weil der Doktor eine Schwäche für Menschlein hat, macht er die neunzehnjährige Blondine auch gleich zu seiner neuen Gefährtin. Gemeinsam rauschen sie durch Raum und  Zeit und tauchen zufällig immer dort und dann auf, wo und wenn sich schwerwiegendes Unheil zusammenbraut.
Zwischendurch hat Rose ein paar Beziehungsprobleme in ihrem alten Leben zu lösen, der Doktor trifft auf eine verhasste Nemesis und ein paar verkleidungsfreudige Aliens sorgen immer mal wieder dafür, dass die Welt im Allgemeinen und London im Speziellen vor dem Untergang bewahrt werden muss.

Kritik

Allem voran muss sich der Rezensent an dieser Stelle als Frevler outen. Seine Dr. Who-Kenntnis war bis zu dieser Staffel tatsächlich nur rudimentär vorhanden. Manch einer mag nun anmerken, dass ihm damit automatisch die Kompetenz fehle, eine Sci-Fi-Seite zu leiten. Und vielleicht stimmt das. Aber es wird emsig daran gearbeitet, diesem Zustand abzuhelfen.
Sollten dem Schreiber die gewitztesten Anspielungen und Running Gags daher entgangen sein, so möge er in den Kommentaren mit der Härte eines Dalek gerügt werden.

Zuallererst muss gesagt werden, dass der Doktor bereits in der ersten Folge einen gelungen Auftritt hinlegt und ein paar sehr kernige Charakterzüge von Christopher Eccleston spendiert bekommt. Das enorme Grinsen, die abstehenden Ohren und der immer etwas abgewetzte Aufzug verpassen der Figur eine aufregende Mischung aus Kindlichkeit, Getriebenheit und verdrängter Melancholie. Besonders dann, wenn seine nicht ganz so edlen und teils überraschend impulsiv auftretenden Attribute sich bemerkbar machen, wird der Doktor zu einer ziemich spannenden Gestalt.
Selbiges lässt sich über seine Gefährtin Rose leider nicht sagen. Das mag zum Teil am begrenzten Talent von Billie Piper liegen, vor allem aber ist der blonde Sidekick einfach viel zu uninteressant. Ihre jugendliche Spontaneität soll vermutlich süß und sympathisch sein, während ihre einfach gestrickte Mutter und der bodenständige Freund die nötige Portion Familientragik und Entscheidungsdrama einbringen sollen. Bis auf wenige Momente wirkt beides aber immer etwas etwas befremdlich und aufgesetzt.
Captain Jack Harkness sorgt da in den letzten 5 Folgen für deutlich mehr Pepp und Dynamik und schafft Erwartungen an weitere Auftritte und natürlich sein Torchwood-Spin-off.
Wie das Gespann in der zum Wahrzeichen gewordenen Notrufzelle durch Raum und Zeit trudelt, um in guter alter Akte X-Manier immer dort aufzutauchen, wo gerade die Welt, das Universum oder sonst irgendwas aus den Fugen gerät, ist meist recht nett und spaßig anzusehen. Durchhänger existieren zwar, werden vom Charme der Serie aber in fast allen Fällen abgefedert. Einzig eine zwar klassische, aber auch viel zu triviale Geistergeschichte und ausgerechnet die erste wirkliche Doppelfolge haben fühlbare Längen. Bei den zahlreichen Ausflügen ins All kann Dr. Who hingegen seine Muskeln spielen lassen. Unterschiedliche Planeten gibt es aus Budgetgründen zwar nicht zu bestaunen, doch auch die diversen Raumstationen und ihre fremdartigen Bewohner machen in ihrer großen Vielfalt Spaß und überraschen immer wieder mit vergnüglichen Details.
Dass die Serie aus ihrem trashigen Look kein Geheimnis macht ihn mit Vorliebe selbstironisch betont, ist allseits bekannt. Besonders gelungen sind Referenzen an die eigene Vergangenheit, die auch mit entsprechend antiquierter Optik gewürdigt werden. Trotzdem, oder gerade deswegen, wäre in einigen Szenen mehr Handgemachtes und weniger Computertrickserei angenehm gewesen. Auf der anderen Seite hat die Serie ein paar toll designte Kreaturen zu bieten, wie z.B. die Leiterin der Gamestation im Staffelfinale.

Es bleibt ein unentschlossener Eindruck. Gerade die Hauptgegner dieses Neustarts entpuppen sich als schwach und zu unergiebig, um über drei Episoden hinweg zu unterhalten. Auch ansonsten strotzt keiner der Miniplots vor Einfallsreichtum. Sie verlaufen meist nach bekanntem Muster und werden zu selten durch Variationen aufgelockert.
Aber irgendwie kann man Dr. Who auch eine kleine Absolution erteilen, nach hunderten von Folgen nicht mehr die allerfrischesten Ideen in der Hinterhand zu haben. Außerdem stimmt das Gesamtbild: Die Serie trabt leichtfüßig entlang ihrer Linie und krümelt dabei schelmisch mit ihren harmlosen Späßchen. In einem Rutsch geguckt, ist sie deswegen nicht sehr bekömmlich, schaut man die Folgen mit einem gewissen Abstand zueinander, funktioniert das Konzept aber überwiegend gut.
Der Humor sitzt meistens und hat vor allem eine eigene Note, ernüchtert ab und an aber auch mit zu platten Gags der Marke Körpergeräusch.
Neben dem ambivalenten Charakter des Doktors ist es aber gerade dieser beschwingte Grundton, der die Serie so angenehm und sympathisch macht. Trotz einiger mittelschwerer Mängel kehrt man daher immer wieder gerne in die TARDIS zurück und fängt sogar an, sich nach einer Weile ein bisschen heimisch in diesem großen kleinen blauen Kasten zu fühlen.
Bis zum nächsten Doktor in Staffel 28.

Fazit

BBC hat den Doktor wiederbelebt und der Doktor macht Spaß. Zwar macht die britische Erfolgsserie nicht alles gut, versprüht aber so viel Esprit, dass man ihr Schönheitsfehler und auch allzu generische Erzählmuster gerne verzeiht.

Primeval – Rückkehr der Urzeitmonster – Staffel 2

Die Britten von Impossible Pictures schicken ihre erste eigene Serie abseits der Wissensvermittlung in die zweite Runde.  Keine Selbstverständlichkeit, aber ITV und Pro 7, für die direkt produziert wurde, zeigten sich mit dem Quotenschnitt zufrieden.
Weiter geht’s also mit Bewährtem. Diesmal sogar mit einer Folge mehr als noch in Staffel 1.

– Wo laufen wir hin?
– Ich bin dir nur nachgerannt!

Story

Immer noch klaffen Zeitlöcher auf, immer noch hasten Eigenbrötler Cutter und sein Flickwerk-Team umher, um alles, was aus ihnen purzelt, wieder zurückzustopfen und immer noch wundert sich keiner, dass das Anomalien-Phänomen außerhalb Londons kein Thema zu sein scheint.
Zwar erhält die Einheit nun eine flotte Zentrale und auch ein Anomalien-Detektor wird entwickelt, eigentlich geht es aber so unkoordiniert und planlos zu wie eh und je.
Außerdem muss sich Cutter nach dem letzten Staffelfinale damit abfinden, dass er sich in einer veränderten Gegenwart befindet.
Chef Lester bekommen einen an Mr. Bean erinnernden Adjutanten zur Seite gestellt und unser Einsatzteam wird von einem vertrauten Gesicht um einen Pressesprecher respektive Vertuschungsgehilfen bereichert, während ein paar verdächtige Gestalten die täglichen Operationen der Dinojäger zu überwachen scheinen.
Selbstverständlich sorgt Wildfang Helen weiterhin für gruppeninternen Zündstoff und hat überall da ihre Griffel im Spiel, wo es konspirativ zugeht.

Kritik

Wie die Story, so der Rest: Eigentlich ist alles beim Alten geblieben. Dabei fällt der Anfang interessanter aus, als die gesamte erste Staffel es jemals war. Endlich wird die Dinosuppe um ein paar Zeitreiseparadoxien angereichert, endlich ist der Grundstein gelegt, die ganze Thematik angemessen interessant auszuschmücken. Leider bleibt es bei diesem Ansatz und der akzeptable Einstieg entpuppt sich für Staffel 2 als leeres Versprechen.
Außerdem wird in der Wiedereinstiegsfolge auch gleichzeitig der bisherige Zenit an Ärgerlichkeit erreicht. Die Figuren verhalten sich in einem so unfassbarem Maße irrational, dass man es dem Drehbuch beinahe übelnimmt, dass das Zeitriss-Getier nicht schon vor Beginn der ersten Staffel den Trupp überrumpelt und die moderne Welt unterjocht hat. Am Ende der Episode nimmt das himmelschreiend Dumme mit einer abstrusen Selbstverständlichkeit überhand, während die eh schon magere Eigenlogik der Serie sich zeitgleich selbst durch den Mixer jagt. Hier kann einem nur der Gedanke kommen, dass man nicht nur den Zuschauer, sondern auch sich selbst veräppeln wollte, ist Primeval doch bereits in Folge 1 eine Karikatur seiner selbst. Eigentlich will man dem flachen Unterhaltungskonzept so viel Selbstreflexivität gar nicht zutrauen, doch eine andere Möglichkeit kann es schlichtweg nicht geben. Ohne noch weiter ins Detail gehen zu wollen: Das muss man schon gesehen haben, um es zu glauben.

Ansonsten bleibt Primeval seiner Linie treu: Da schalten Raptoren systematisch Überwachungskameras durch Zubeißen aus, Zeitreisepazifist Cutter verpönt Schusswaffen, bevorzugt aber die Axt und neuerdings werden die Bestien auch gerne mit Karate bearbeitet.
Man schämt sich nicht, längst zum Klischee gewordene Standardsituationen mit indolenter Regelmäßigkeit heraufzubeschwören. Es ist kaum zählbar, wie oft ein Charakter auf der Flucht im letzten Augenblick unter einem langsam sinkenden Tor hindurch rutscht inmitten der lebensbedrohlichen Gefahr die Gruppe verlässt, um sich sorgenfrei am ungeschützten Getränkeautomaten zu bedienen.
Weitere Figuren werden meist eingeführt, um die begriffsstutzigen Protagonisten besser dastehen zu lassen. Wenn in Folge 5 beispielsweise ein kleines Mädchen seinem Hund ohne mit der Wimper zu zucken durch eine Anomalie nachläuft, das Ganze mit „cool“ quittiert und weiter der Töle sucht, ist das fraglos außerordentlich.
Solche Situationen sind bei Primeval Staffel 2 an der Tagesordnung. Werden dem Team aus der Ferne panische Warnungen zugerufen, bleibt es natürlich erst einmal stehen und unterhält sich darüber, wie schlecht doch die Akustik sei. Dass eine gewisse Caroline quasi permanent alleine in Abbys Wohnung rumlungern kann, obwohl sie gar keinen Schlüssel besitzen dürfte, wird ebenso hingenommen wie die spontane Heilung eines verstauchten Knöchels.
Ganz zu schweigen von den Logiklücken in der großen Serienphilosophie. Primeval scheint sich auf der verbreiteten Meinung, Unstimmigkeiten wären bei Zeitreisegeschichten generell unvermeidlich, auszuruhen. So ist es sicherlich nachvollziehbar, dass man aus Furcht vor deterministischen Konsequenzen den Viechern aus der Vergangenheit ihren Hals nicht umdrehen will. Dass man sich hingegen nicht scheut, sie bewusstlos in ihrer Zeit auf einem Felsen zu platzieren, mutet in dieser Beziehung  aber reichlich inkonsequent an. Auch die Problematik, dass die Ereignisse der Vergangenheit alleine dadurch geändert werden, dass ständig Geschöpfe für ein Weilchen ihren Platz in Raum und Zeit verlassen, bleibt unausgesprochen. Es wäre nicht weiter schlimm, wenn sich die Serie durch hanebüchene Erklärungsversuche aus der Affäre ziehen wollen würde. Dass sie sich um derartige Detailfragen aber gar nicht erst kümmert, zeugt hingegen von großer Ideenarmut. Oder der Annahme eines denkfaulen Publikums.
Überhaupt wird die „Wir töten nichts!“-Devise von Folge zu Folge neu ausgelegt und bei Bedarf einfach ignoriert. Da wird dann auch mal unnötigerweise zum Maschinengewehr gegriffen, wenn Impossible Pictures der Meinung ist, ein bisschen Action wäre guter Quotendünger.

Zwischendurch lockern private Scherereien den Heldenalltag auf, ohne jemals notwendig zu wirken. Besonders die Beziehung zwischen Abby und dem hippen Nerd Conner, der seine Verwandlung zum Haarmodel zwischenzeitlich abgeschlossen hat, wird von der Sci-Fi-Serie fortwährend ungeschickt in Szene gesetzt. Eins der vielen Beispiele in Primeval, die von gutem Willen zeugen, während die passenden Ideen zur Verwirklichung ausgeblieben sind.

Unterm Strich klingt das alles aber deutlich schlimmer, als es tatsächlich ist. Trotz und sicher auch wegen der unzähligen Fehltritte ist das Treiben durchaus nett anzusehen. Ein harmloses Intermezzo als Alternative zu schlechtem Wetter, das man sofort wieder vergessen hat, ebenso wenig aber ernstlich bereut.
Der größte Gewinn gegenüber Staffel 1 ist fraglos die Tatsache, dass langweilige Momente nun meistens vermieden werden. Das Tempo funktioniert etwas besser, die Schauspieler wirken in ihren Rollen heimischer und einen Deut interessanter ist die Angelegenheit auch geworden. Die musikalische Untermalung ist belanglos, leistet sich aber immerhin keine wirklich peinlichen Ausrutscher mehr und auch die Urzeitschlingel sehen einen Tick besser aus, obwohl wenn man sich manchmal immer noch in einer The Asylum-Produktion wähnt. Immer dann, wenn die animierten Kreaturen sich zu schnell bewegen, kränkelt auch die Qualität der Effekte. Auf der anderen Seite lassen sich diesbezüglich aber ebenso ein paar positive Ausschläge verzeichnen.
Leider verscheucht man auch hier Potential, indem man jeden banalen Gang um die Ecke, jeden Blick über die Schulter mit furchtbar viel Pathos in Szene setzt. Im Umkehrschluss wird so das gefährliche Zukunftsraubtier nicht interessanter als der Besuch einer Frittenbude.
Was die Serie aus dem kritischen Bereich holt, sind die mittelmäßigen, aber trotzdem charismatischen britischen Gesichter. Und weil die Faustregel mit dem blinden Huhn und seinem Körnerglück auch auf Serien anwendbar ist, existieren ebenfalls Episoden mit kleinen Lichtblicken. Die vorletzte Folge zum Beispiel weiß mit ein paar netten inszenatorischen Ideen zu gefallen, die verloren geglaubtes Interesse wieder ins Leben rufen können.
Die finale Episode ist dann in mancher Hinsicht besser als alle vorherigen Geschichten und in vielerlei Hinsicht noch alberner.

Fazit

Grundsätzlich hat sich wenig geändert. Einiges ist besser geworden, das meiste geblieben und in ein paar Punkten schafft es Staffel 2 sogar, den Vorgänger zu unterbieten.
Wer über dramaturgische Schwächen hinwegsehen und über alle anderen Schwächen lachen kann, findet hier aber vielleicht sein Guilty Pleasure.
Absichtlich funktionierender Witz und eine deutlich bodenständigere Selbstwahrnehmung, das ist mein Wunsch für Staffel 3. Dann klappt’s auch mit dem Durchschnitt.