Galaxina

So richtig prominent ist William Sachs‘ Galaxina höchstens für eine Sache – dafür, dass die Protagonistin Dorothy Stratten, die hier mit zarten 20 Jahren einen sexualisierten Androiden verkörpert, ein Jahr zuvor zum Playmate des Jahres gekürt wurde und noch im selben Jahr, in dem Galaxina gedreht wurde, von einem Zuhälter und ihrem ehemaligen Ehemann aus Eifersucht niedergeschossen wurde, bevor er sich selbst richtete. Sieht man vom post mortem veröffentlichten They all Laughed ab, ist die Sci-Fi-Parodie das letzte richtige Zeugnis des jungen Sexsymbols gewesen – welches zuvor primär durch zwei einzelne Auftritte in den Serien Buck Rogers und Fantasy Island Schauspielerfahrung sammeln konnte.

Robot woman like clock: pretty face, pretty hands, pretty movement, but hard to regulate when she get out of order.

Story

Die Infinity ist ein Patrouillenschiff der menschlichen Weltraumpolizei. An Bord: eine Handvoll gelangweilter Typen und der hochmoderne und so weibliche wie aufreizende Androide Galaxina, der für die Steuerung des Schiffes verantwortlich ist.
Im Anschluss an einen turbulenten Tag bekommt die Infinty die Mission, zum weit entfernten Altair 1 zu reisen, wo Gerüchten zufolge der sagenumwobene Blaue Stern gesichtet sein soll. Das Problem: Die Gegend ist eine üble und die Reise dorthin dauert 56 Jahre.

Kritik

Galaxina tut – wie jede Parodie – gut daran, sich nicht zu stark auf die Verballhornung bekannter Klischees oder direkter Vorbildwerke zu fokussieren, sondern erst einmal eine eigene Geschichte erzählen zu wollen; mit Augenzwinkern, mit Seitenhieben auf die großen Science-Fiction-Trends, aber mit dem Wunsch nach erzählerischer Selbstständigkeit. Das richtige Vorgehen, um kein Scary Movie zu sein – auch, wenn natürlich klar ist, dass der Film gerne eine Art Barbarella wäre, was er – ebenso klar – für keine Sekunde ist.
Aber auch sonst ist der Film alles andere als anstrengend, vielmehr gestaltet er sich wie eine recht durchschnittliche Folge einer Serie. Ohne große Höhepunkte, ohne große Schauwerte, gemächlich, unaufgeregt und seltsam vertraut. Ja, Galaxina gibt sich derart unaufgeregt, das man schnell das Gefühl hat, schon einige betuliche Abenteuer mit der Crew erlebt zu haben. Auch mag es daran liegen, dass die Erzählung des Filmes ziemlich zerfahren präsentiert wird. Es passiert hier eine Kleinigkeit, dann da, alle speisen sie lustig, dann passiert wieder etwas, von dem man irrigerweise annimmt, es hätte Folgen und zwischendurch verliebt sich einer aus der Crew – natürlich – in den sexy Roboter. Die Seiten hiebe auf SF-Stereotypen sind bestenfalls charmant, in der Regel aber ebenso unaufgeregt und gemütlich wie der ganze Rest. Ähnlich verhält es sich auf dem generellen komödiantischen Sektor: Der Humor ist locker und unbeschwert, aber auch seicht – nicht unangenehm, aber auch nicht auffällig. Nur sehr vereinzelnd sorgen kuriose Spitzen für einprägsame Szenen.
Und so tuckert Galaxina für eine gute Stunde dahin, während sich der Film als Feierabendwunder entpuppt. Bis es auf einen Planeten gibt, wo sich nicht nur das niedrige Budgets der Produktion deutlich hervortut, sondern auch die zu offensichtlichen Anstrengungen, zumindest gen Ende noch etwas Spannung und Geschichte bieten zu wollen. Hätte man diese Ambitionen nur unterdrückt. Galaxina hüpft endlose Minuten über Screens, während ein völlig überdrehter Rotfilter das Bild gründlich verhunzt, teils sehr lieblose Puppen sollen als Aliens eine ideenarme Space-Cantina-Kopie bevölkern und nun ist sie doch da, die Selbstzweckhaftigkeit der Zitate. Ein sinnleerer Spock-Klon mit Ohren, die nach unten deuten und ein lieblos gebastelter Facehugger-Lappen, der gar nichts tut, stehen im optischen  Zentrum, ehe Galaxina ohne viel Federlesens auf den Oberbösewicht trifft (immerhin: in dem faden Schlafzimmer einer Herberge, bewusst unspektakulärer lässt sich derartiges kaum in Szene setzen). Hier agiert sie plötzlich, als hätte sie nicht einen Streifzug durch rotes Licht und einen unangenehmen Barbesuch hinter sich, sondern eine komplette Heldenreise, denn auf einmal ist der vormals noch unselbstständige Roboter eine vorlaute, listige Gaunerin und Meisterin der Manipulation. Gerade dieses Treffen ist in seiner antiklimatischen Ausgestaltung überraschend witzig und zudem der Höhepunkt eines vorher kurz etablierten Running-Gags – welcher auch der einzig nennenswerte Witz des gesamten Filmes ist.
Leider läuft die Geschichte nun noch 25 Minuten lang fort und beginnt dann einschläfernd Langeweileproblem auszubrüten.

Fazit

Dass Galaxina nur langsam in Fahrt kommt, ist nicht das Problem des Filmes, sondern sorgt, im Gegenteil, für eine nette Leichtfüßigkeit. Im letzten Drittel vergaloppiert sich der Film dafür plötzlich in episodischen Belanglosigkeiten, trifft immer seltener den richtigen Ton und verzettelt sich gehörig mit seinen Figuren. In Sachen Humor hat Galaxina nicht allzu viel zu bieten – und lässt sich genaugenommen auf einen pfiffigen Running-Gag reduzieren.

Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Der Große Japaner – Dainipponjin

Der Comedian Hitoshi Matsumoto hat gut 5 Jahre an seinem ersten Film gearbeitet. Der Große Japaner – Dainipponjin ist oberflächlich betrachtet eine Verballhornung japanischer Monsterfilme, sogenannter Tokusatsu-Sendungen, geworden, was bereits in seinen zahlreichen Sendungen sein Markenzeichen war. Wird man mit dem Film konfrontiert, präsentiert er sich schnell als einer der seltsamsten und keineswegs genießbarsten Filme des letzten Jahrzehnts.

Brustwarzen sind wichtig. Ja…

Story

Das Tolle an Regenschirmen ist, sie werden nur groß, wenn man sie braucht. Seegras ist aus ähnlichen Gründen ganz wunderbar. Fahrräder mag er eher weniger. Mit der achtjährigen Tochter läuft es dafür nicht so rund. Sie lebt bei ihrer Mutter, einmal im Monat gehen Masaru Daisato und sie ins Kino. Der schwermütige Tropf, der hier tagein tagaus von einem Kamerateam begleitet wird, ist in seinem Alltag ein ganz normaler Japaner. Zugleich ist er aber auch der Letzte einer langen Reihe von Menschen, die durch direkte Starkstromeinwirkung zu Hünen mutieren, um Japan wann immer es nötig ist vor haushohen Ungeheuern zu beschützen.
Doch brach die Heldenverehrung lange ab. Japan hat die Begeisterung für seinen kühnen Nationalhelden längst verloren und empfindet den Retter eher als Störenfried und Plage. Immerhin ist er ein Beschützer sechster Generation. Nun ist sein Leben armselig, sein Gehalt mickrig, die Einschaltquoten nicht nennenswert.

Kritik

20 Minuten lang sieht man Masaru Daisato atonal, verunsichert, etwas schusselig reden, gefilmt von einer amteuerhaft geführten Handkamera, inteviewt von einem nie zu sehenden Fragensteller, der nicht durchblicken lässt, ob seine Fragen gut überlegt oder unvorbereitet und ahnungslos improvisiert sind. Das Gespräch ist banal, seine Antworten sind laff.
Dann beginnt der erste Kampf gegen ein Ringmonster mit schütterem Haar und Seitenscheitel, das wie ein irre gewordener Wal klingt und wo es nur kann laicht. Vom Design her sind die Monstrositäten äußerst gelungen. Die riesigen Hybriden aus abstrakten Organismen mit menschlichen Gliedern und überproportional großen Köpfen, wie sie auf den Schultern eines jeden Bürgers nicht auffielen, sind zugleich bemitleidenswert und derart unästhetisch und vulgär, dass automatisch Unwohlsein auslösen. Dass die Animationen der Riesen fast schon laienhaft ausfallen, passt dafür erstaunlich gut ins Bild. Die Kämpfe sind bewusst träge, die absurde Bewaffnung unseres Hauptdarstellerhühnen in Form einer kurzen Eisenstange herrlich unangemessen – und seine knappe purpurne Unterhose genauso unangenehm wie jede anderfe Art von Körperlichkeit in Dainipponjin.

Der Humor ist sehr leise, ergibt sich nur aus der absonderlichen Situation und nicht aus direktem Witz. Der Film ist zum Glück diszipliniert genug, nicht albern zu werden und das zerbrechliche Gleichgewicht zwischen lakonischer Tristesse und bizarrer Parallelwelt zu gefährden.
Doch dabei ist es eigentlich nur selten wirklich komisch, mit fortschreitender Laufzeit, in der wir den einsamen, in sich gekehrten Melancholiker begleiten, erhält der Film erst eine Aura der Bedrohlichkeit, die sich im Hintergrund immer spürbarer auftut und wird dann plötzlich einfach nur noch leer und trostlos.

Das Problem des Filmes: Dainipponjin – Der große Japaner setzt sich zusammen aus sehr vielen ruhigen Interviewpassagen, die nur dann und wann von den skurrilen Monstermissionen abgelöst werden. Die einzelnen Geschehnisse sind vom Prinzip her groß, hängen aber in keiner Weise zusammen. Sobald klar ist, dass die Geschichte genaugenommen nur eine lose Kette unzusammenhängender Ereignisse darstellt, ist es schwer, den Film mit großer Aufmerksamkeit weiterzuverfolgen, da die Einzelheiten nicht interessant genug sind und im Kontext des Gesamten keine nennenswerten Verknüpfungen zueinander aufbauen.
Der Mockumentary-Stil entschuldigt in gewissem Maße zwar die sehr lieblos geführte Kamera, ganz vergessen machen kann er sie aber nicht.
Trotzdem lässt sich eine sonderbare Art der Anziehung nicht bestreiten. Es gibt witzige Momente, die davor bewahren, Langeweile entstehen zu lassen. Aber das ist nicht der ausschlaggebende Punkt. Bemerkenswert sind vielmehr die weitaus zahlreicheren Szenen, die höchst irritierend sind, ohne dabei wirklich verstörend zu werken. Sie sind einfach nur seltsam. Und sonst nichts. Irgendwo in der Schnittmenge aus Scham, Mitleid und peinlicher Berührtheit spielt sich der Film ab.
Das klingt eigenartig und das ist eigenartig. Dainipponjin baut eine ungeheuer eigene Atmosphäre auf, die definitiv keinen Spaß macht, aber fraglos was für sich hat und behaupten kann, höchst eigen zu sein.. Ob das genügt, sich auf den Film einzulassen, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Die letzten 15 Minute sind dann urplötzlich ein Feuerwerk des Einfallsreichtums, wunderbar absurd, überdreht und spritzig. Dadurch entsteht ein Kontrast zum restlichen Film, der so enorm ist, dass es das Gesamtwerk fast schon rund macht. Doch das soll und kann nicht verheimlichen, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Satire nicht saftig genug ist, die Komödie nicht ausreichend witzig, die Tragödie zu zerfahren und nicht zuletzt auch das Spiel von Hitoshi Matsumoto nicht ausdrucksstark genug.

Fazit

Japans Comedian Hitoshi Matsumoto in Personalunion als Regisseur, Autor, Produzent und Hauptdarsteller schafft mit seinem Regiedebut etwas einzigartig Spleeniges, das dennoch nicht zwangsläufig sehenswert ist, da über Dainiponjin bei besten Willen nicht gesagt werden kann, dass er Spaß macht. Die Tokusatsu-Filme werden durch die orientierungslose Dramatik in gewisser Weise zwar treffend aufs Korn genommen, das Bemerkenswerteste an diesem Kuriosum ist aber zweifelsohne seine kaum zu beschreibende Atmosphäre, die sich aus merkwürdig anstößig anmutenden Schlichtheiten selbst gebärt.

Turbo Kid

Der so großartige wie großartig benannte Kurzfilm T for Turbo schlug verdient Wellen. Und so strickten die Macher prompt einen abendfüllenden Spielfilm aus dem Stoff.

For Christ’s sake! Will you just the fuck up and let’s fight!

Story

1997, Endzeit. Die Welt ist Wüste. Ein raffgieriger Baron tyrannisiert die wenigen Überlebenden, Wasser ist knapp. In dieser Zeit lebt ein Teenager, der davon träumt ein Superheld zu sein. Als eines Tages plötzlich das seltsam aufgedrehte Mädchen Apple in seinem Leben auftaucht, schließt er zum ersten Mal seit langem Freundschaft.
Als der Tyrann Zeus und seine Handlager Apple entführen, kann der junge Held sich nur behaupten, weil er einen Anzug mit mächtigen Kräften findet.

Fazit

Turbo Kid ist ein Film, der eine Verbeugung vor den 80er-Jahre-Science-Fiction-Filmen sein möchte, welche sich die 90er – also die Zeit zwischen damals und heute – als eine Zukunft gelöster Sozialstrukturen, entwurzelter Sicherheiten, jeder Menge pervertierten Anarchismus und von totaler Desertifikation verschlungener Architektur vorstellten. Diese Vorstellung wiederum adaptierten unzählige vornehmlich italienische Filmemacher im Anschluss an den Erfolg von Mad Max, um eben diesen Film mit Etwas vom immer noch zu wenig beachteten A Boy and his Dog zu mixen. Turbo Kid will all dem huldigen, zugleich Ehrerbietung und Persiflage sein, Liebevoll und spöttisch zurückschauend, ironisch distanziert und zugleich originell. Eine Mischung aus Scott Pilgrim vs. The World, Mad Max: Fury Road, Kung Fury und, seien wir ehrlich, mindestens 22 weiteren listbaren Namen.
Darüber hinaus spielt ein radelnder Teenager die Hauptrolle, was aber keineswegs ausschließen soll, dass Turbo Kid ein Splatterfilm ist. Weil das alles ganz schön viel ist, gibt es gleich 3 Regisseure – allesamt blutjung, allesamt unerfahren. Kann das gut gehen? Nein. Tut es aber. Jedenfalls so halb.
Zwar merkt man immer mal wieder, dass hier eben Amateure am Werk sind und die Inszenierung dann und wann ein bisschen ratlos wirkt und offensichtliche Schnittfehler sich die Klinke in die Hand geben, doch hält sich dies nicht nur in absolut vertretbaren Grenzen, sondern wird vor allem von einer immensen Liebe zum Detail wettgemacht. Dass die Macher ihre Endzeitfilme gesehen haben, merkt man ihrem Werk an seinen zahlreichen Reminiszenzen in jeder Szene an. Bei all dem darf auch nicht vergessen werden, dass hier eine kleine Gruppe von Leuten etwas für Fans gemacht hat. Gerade für solch ein semiprofessionelles Kleinstprojekt (als Vergleichsgröße könnte vielleicht Six-String Samurai fungieren) ist die Angelegenheit sehr rund geworden.
Die 80er werden mit all ihren poppig-obszönen Geschmacklosigkeiten portraitiert, ohne dass der Film zu überladen oder selbstzweckhaft wirkte. Er ist schelmisch-verspielt, während er vom Rubik’s Cube bis hin zum knöcheltiefen Disco-Soundtrack in den Relikten dieser Vergangenheit wühlt, dabei aber nie boshaft oder völlig selbstvergessen.
Der durch Knie- und Ellenbogenschützer wie einen Helm gegen die Umwelt gewappnete Held wird ebenfalls lächerlich dargestellt. Genau wie die vielen auf BMX-Rädern für Kinder stattfindenden Verfolgungsjagden schafft es Turbo Kid auch im Ganzen, das notwendige Verhältnis zwischen Ernst und Augenzwinkern zu wahren.

Das Drumherum stimmt also. Die Geschichte kommt zügig voran, die Figuren machen miteinander Sinn, die ganze Struktur macht Spaß. Im Detail hapert es dafür an gleich mehreren Punkten. Manchmal ist Turbo Kid bei seiner Gratwanderung zwischen spitzbübischem Humor und Albernheit wahnsinnig sympathisch, dann aber auch einfallslos, weil einer von vier Witzen dann doch zu unoriginell und vorhersehbar ist. Während Munro Chambers als Held wider Willen den nerdig-verträumten Heranwachsenden glaubwürdig und charmant verkörpert, neigt seine Partnerin Apple mit ihrer grenzdebilen, aufgesetzt wahnsinnigen Art schnell zum Nerven – auch wenn der Charakter dieses Verhalten in Maßen rechtfertigt. So liebeswürdig, wie sie trotzdem sein soll, ist sie nicht – was hauptsächlich die Schuld von Darstellerin Laurence Leboeuf ist, die deutlich mehr als nur eine Spur zu viel an Overacting in den Film bringt.
Punkten kann dafür der unverkennbar an Dennis Hopper angelegte Bösewicht, der der facettenreichen Stimme Michael Ironsides (Total Recall, Starship Troopers) und dem ausgewogenen Spiel aus Wahnsinn, Kalkül und Brutalität einen Ödlandherrscher zum Niederknien abgibt. Dass Er wie auch viele andere des Ensembles – und damit ganz im Gegensatz zu den Strippenziehern – kein unbeschriebenes Blatt ist, tut dem Film in Form von ein wenig Professionalität mehr als gut.
Doch leider erschöpft sich die Grundidee irgendwann. Der Plot ist in einem halben Satz gesagt, die Charakterentwicklung ist so knapp wie vorhersehbar und trotz erkennbarer Bemühungen ist auf Dauer leider nicht für große Abwechslung gesorgt. Langeweile macht sich keine breit, das Gefühl von Frische, das Turbo Kid in seinen ersten Zügen noch abgibt, ermattet nach der Hälfte aber zusehends.

Bezeichnenderweise hat Turbo Kid seine stärksten Augenblicke in den Szenen, wo sich der stets einfallsreiche Splatter auf dem Synthesizerteppich abspielt, Körper in rote Wolken zerplatzen, Kunstblutfontänen sprudeln und anorganische Dinge organische Dinge durchbohren. Etwas pointierter formuliert: Es ist immer dann am besten, wenn jemand stirbt. Ob das gegen den Film oder gegen den Geschmack des Rezensenten oder gegen alles andere oder gegen alles zusammen spricht, soll jeder für sich eruieren.

Fazit

Was in 5 Minuten begeistern kann, kann in 18-facher Länge schnell ermüden. So schlimm ist es nicht, doch wie zu erwarten, transportiert Turbo Kid nicht die Energie des zugrundeliegenden Kurzfilmes. Sehenswert ist diese Hommage an Kindheitsfantasien aber allemal, zumal die eigentümliche Mischung aus anachronistischem Schabernack, 80er-Soundtrack, Fun-Splatter und Comig-of-Age-Story alles andere als alltäglich ist.

The Adventures of Bellring Girls Heart Across the 6th Dimension

Japan-Filmfest Hamburg 2015 Special 6

Andalusian Style

Story

Êigentlich will die aufstrebende Idol-Popband namens Bellring Girls Heart nur brav ihre Auftritte absolvieren. Als ihr liebenswerter Manager Butch jedoch von der Alienkönigin Remone in die 6. Dimension entführt wird, von wo aus die machtgierige Tyrannin sich der Erde bemächtigen will (und zwar mit einem interessanten Nachbau eben jener), können die aufgeweckten Mädels nicht einfach tatenlos rumsitzen.

Kritik

Manchen Filmen wird selbst eine Rezension von tausenden Wörtern nicht gerecht. Bei The Adventures of Bellring Girls Heart Across the 6th Dimension hingegen würde es fast schon genügen, den Titel für sich sprechen zu lassen.
Weil dies der Angelegenheit gegenüber dann aber doch nicht ganz fair wäre, soll an dieser Stelle der Versuch gestartet werden, dem Leser nahezubringen, wieso ein gutes Drehbuch, ein halbwegs dickes Budget und talentierte Darsteller keine unentbehrlichen Notwendigkeiten sind, um einen guten Film zu produzieren.
Es reichen stattdessen auch eine Idol-Group mit Mut zur Selbstzersetzung, ein paar weitere Darsteller, deren Schamgrenze nicht überdurchschnittlich niedrig angesetzt ist und die Dreistigkeit, in wenig mehr als einer Stunde Zeit alles unterzubringen, was einer Gruppe drogenaffiner Kreativer an Unvernünftigkeiten in den Sinn kommt.
So verbinden sich ewig lange Songs mit herrlich schiefem Gesang und von einer unbeholfenen Performance der Idol-Sängerinnen in Schulmädchenuniform in einem kargen Kämmerlein mit abgedrehten Invasionsfantasien, denen man liebevoll aus den simpelsten Alltagsgegenständen und etwas Kleber ein wundervoll albernes Gesicht verlieh . The Adventures of Bellring Girls Heart Across the 6th Dimension zelebriert das Dilettantische, feiert die Liebe zur idealistischen, auf alle fremden Urteile pfeifenden Billigproduktion und wirft dem Zuschauer massenweise in voller Absicht „schlecht“ gebastelte Kostüme und Requisiten vor die Augen. In Verbindung mit dem schrillen Humor und den abgedrehten Charakteren, die sich auch nicht zu schade sind, völlig sinnlos zu agieren, entsteht ein knallbuntes Schaulaufen wirrer und noch wirrerer Ideen, die sich spätestens dann zu sich selbst ins Quadrat setzen, wenn die draufgängerischen Mädels jeweils eine Handvoll Aliendrogen (als Platzhalter bedient sich der Film Jelly Beans) schlucken und damit das Tor zur 6. Dimension öffnen, die mit Modellbauten, Spielzeugfiguren und kreischend grellen Kinderzimmereffekten den gesamten Film sprengt und eine flotte Irrfahrt sondergleichen einleitet, die in ihren schillerndsten Momenten den besten Tripfilmen in nichts nachsteht.
So ist der Film eine ganze Weile ein herber Schwank, der lustig und unbeschwert bestens zu unterhalten weiß und viele losgelöste Lacher zu verantworten hat, weil seine gespielte Naivität am laufenden Band Kurioses produziert und man sich ganz nebenbei auch noch mit kolibrihaftem Augenzwinkern über sein eigenes Medium lustig macht, indem man eine ganze Handvoll selbstreflexiver Ebenen betanzt.
Nach dieser Verkettung von wahnsinnigen Höhepunkten werden Tempo und Verrücktheitsgrad gedrosselt, um gut 15 Minuten auf Sparflamme weiterzumachen. In dieser Zeit breitet sich Ermüdung wie eine Krankheit aus und die kurze Laufzeit wird tatsächlich von einer subjektiv empfundenen Länge verunreinigt. Wenn der Film dann endlich wieder fast zu alter Form zurückkehrt, um ins Finale zu purzeln, lässt sich dieser Eindruck nicht zur Gänze vertreiben.

Fazit

The Adventures of Bellring Girls Heart Across the 6th Dimension ist ein mit Heiterkeit behangener, von Anspielungen beschwipster Schalk, filmgewordene Selbstironie, die mit unzähligen verrückten Einfällen brilliert und durch die intendiert ärmliche Ausstattung eine außergewöhnliche Wachsmalstiftewelt auf die Leinwand kritzelt.
Wenn die knallbunte in der zweiten Hälfte für eine Weile verschossen scheint, macht sich eine Leere breit, die auch eine anschließende Wiederauferstehung der Tugenden nicht ganz vertreiben kann.

Space Station 76

Jack Plotnick hat in seinem Leben ausgiebige Erfahrung als Darsteller in allerhand renommierten Serien gesammelt. So nimmt es nicht wunder, dass sein erster eigener Langfilm Space Station 76, zu dem er auch das Drehbuch beisteuerte, nicht nur eine Verbeugung vor den Siebzigern, sondern auch eine vor dem Erzählformat Serie selbst ist.

I’ve always been amazed that asteroids can fly in groups for millions of years and never touch each other or connect.

Story

Jessica Marlowe ist eine aufgeweckte Aufsteigerin, die als Co-Chefin an Bord der Raumstation 76 beordert wird. Die aufgeweckte Dame stößt dort aber nicht auf das erwartete professionelle Team, sondern auf einen festgefahrenen Mikrokosmos sich aneinander reibender Charaktere, die ihre zwischenmenschlichen Alltagsprobleme nicht zu bezwingen wissen und sich allesamt in ihre ganz persönlichen Ersatzbefriedigungen flüchtete, die sich auf der großen Skala zwischen Autoaggression und Valiumabhängigkeit ansiedeln.

Kritik

Space Station 76 wirkt – beinahe – gänzlich so, als sei es aus einem längst verstrichenen Jahrzehnt gepurzelt. Mit Charakteren und Ideen aus den 80ern, mit Mode aus den 70ern – und mit Effekten und einem Satiververständnis aus den 90ern. Letzteres dient dazu, sich über die 70er zu belustigen.

Bereits der Titel schein t an die Namen vertrauter wie ergrauter Science-Fiction-Serien angelehnt und die Geschichte geht im Gleichschritt, ist doch auch sie inszeniert und erzählt wie eine Episode einer jener Serien; und das bis hin zum Schluss, der einfach die anschließende Folge erwarten lässt.
Dass man sich mitten im All befindet, spielt quasi keine Rolle (sieht man davon ab, dass die Isolation natürlich als für sich selbst sprechendes Motiv herhalten darf), denn für die Story relevante Entdeckungen außerhalb der Raumstation gibt es nicht zu machen. Die gesamte Handlung spielt sich in Fluren und Räumen ab, wo die Crewmitglieder mit-, gegen- und übereinander in bester Soap-Tradition schnattern, wettern, flöten und intrigieren. Erklärbar ist es vermutlich mit dem zugrundeliegenden Bühnenstück, das naturgemäß kammerspielartiger als ein Film daherkommt und für die vorliegende Adaption stilistisch auch nicht großartig abgeändert wurde.
Man braucht eine Weile, bis man in diese sonderbare Art von Universum geschlüpft ist und dort Orientierung gefunden hat. Nachdem man sich aber mit dem ungewöhnlichen Interieur, der vor sich hin groovenden Gitarrenmusik und der alles andere als üblichen Geschichte angefreundet hat, erfreuen schön ausdifferenzierte Charaktere und eine konsistente Ironie. Unterhaltsam ist der Film auch dann, wenn bei weitem nicht alle Witze zünden, zumal diese sowieso mehr zum Schmunzeln denn zum Lachen verleiten, und auch sonst nicht jede Szene mit Gold aufzuwiegen ist. Der Grundcharme der Idee und ihrer Umsetzung besitzt sein ganz eigenes Gewicht und Volumen.
Die anfangs noch befremdliche Kombination ist nach einer Weile in Fleisch und Blut übergegangen, in ihrer eisernen Konsequenz bewundernswert und Basis für eine völlig ungewohnte Art der Komödienerfahrung. Denn die Witze beziehen sich nicht auf die Optik und nicht direkt und herablassend auf die Kuriositäten und Verirrungen der 60er. All das ist vollkommen selbstzweckhafte Grundfläche, aber nicht Ziel des Humors. Dadurch wirkt das komplette Setting wie eine merkwürdige Mischung aus Ernst und Nicht-Ernst.
Und dann sind da ab und an diese dramatischen, nur für ein paar kurze Sekunden gänzlich vom Augenzwinkern entmantelte Szenen, die einen merkwürdigen, aber auch reizvollen Bruch hervorrufen, der Space Station 76, so geringfügig sie auch auftreten, eine besondere Note verleihen.

Im Zentrum steht aber unangefochten der ganz normale Alltagswahnsinn ein paar neurotischer Durchschnittsamerikaner. Dass man sich dabei in einer Zukunft befindet, die der übereifrigen Fantasie des Jahres 1976 entsprungen ist, ist genaugenommen absolut nebensächlich.
Zusätzlich funktioniert der Film aber auch auf eine feine Art als Lehrstück dafür, dass der Mensch weit mehr als anthropomorph denkt, er denkt egopomorph. Er erblick überall nur ein Spiegelbild seiner Erfahrungen, kann mit seinen Erwartungen nicht über den ganz persönlichen, furchtbar engen Horizont hinauskommen und führt damit unbeabsichtigt einen Zaubertrick auf, dessen Pointe darstellt, dass, nach Abzug des mystischen Rauches, sich ein jeder selbst als kleingeistiger Egoist enttarnt. Dazu passt auch, dass Sachen, die wir, stolz vor Edelmut, für unsere Nachfahren schaffen, von diesen womöglich gar nicht gemocht und gebraucht werden, weil diese völlig anders ausgerichtete Menschen sein könnten – der Film liefert ein passendes Beispiel hierfür.
Erfreulich ist, dass das niedrig budgetierte Projekt es sich nicht nehmen lässt, nicht nur motivisch den ein oder anderen Klassiker anzupreisen, sondern auch das Genre-Idol wie Keir Dullea kurz mal vor die Kameralinse schickt, um die Liebe zum Stoff zu unterstreichen.

Fazit

Der Film ergibt ein erfrischend unverbrauchtes Gesamtbild, das völlig unaufgeregt und auf das Filmformat pfeifend seinen Blick einmal durch die Folge einer 70er-Jahre-Telelovela schweifen lässt und dann unbeschwert wieder davontänzelt.
Ein kleiner Scherz, mehr nicht. Und so fühlt sich Space Station 76 auch an, mit all seinen Vor- wie Nachteilen.

Paul – Ein Alien auf der Flucht

Paul – Ein Alien auf der Flucht (im Original kürzer und charmanter einfach nur Paul) ist zwar vom kindsköpfigen Komödien-Dou Simon Pegg und Nick Frost zusammengenäht, aber kein offizieller Teil der eigentlich inoffiziellen Blood-and-Ice-Cream-Trilogie.


What is this, nerd porn?

Story

Clive und Graeme sind Nerds aus dem Bilderbuch. Durch und durch Kind, dabei um die 40 herumschwirrend und gefangen in einer Parallelrealität, in der ein Autogramm von Anthony Daniels mehr wert ist als der Weltfrieden. Unsere Realität, könnte man sagen.
Die beiden Briten machen nach einem gelungenen Abstecher zur Comic-Con noch eine Art touristische Rundreise zu all den Plätzen, an denen UFO-Sichtungen sich häuften. Trotzdem trifft es sie nicht ganz vorbereitet, als sie plötzlich den hüfttiefen Außerirdischen namens Paul treffen, der kifft, trinkt, flucht und flieht. Letzteres tut er – wie könnte es anders sein – vor einer finsteren Regierungsbehörde namens FBI, die ihn wieder einfangen und gar nicht gut behandeln will.
Wie es sich für echte Nerds ziemt, greifen Clive und Graeme dem kleinen Kerl unter die grauen Arme, sobald sie den ersten Schock überwunden haben. Und wie es sich für ein echtes Road-Movie gehört, gabelt das Trio unterwegs noch Ruth auf, die Tochter eines fundamentalen Christen, die gerade ihre ganz eigenen Erfahrungen mit der gar nicht so christlichen Welt macht.

Kritik


Paul – Ein Alien auf der Flucht ist im Kern ein angenehmer, ungefährlicher Film, der sich gut nebenbei und zwischendurch einschieben lässt. Eine beschwingte Stimmung, harmlose Kalauer und die betuliche Chemie zwischen am animierten Grauling und seinen drei Reisebegleitern schaffen ein Seherlebnis, das man nicht unbedingt braucht, aber auch keinesfalls bereuen wird. Simon Pegg und Nick Frost liefern mit dem Drehbuch gewohnt gute Kost ab, die sich aus vielen spontan wirkenden Einfällen zusammensetzt und dabei auf leichtfüßige Weise die alte Geschichte von den beiden Verlierern erzählt, denen plötzlich, unerwartet und nicht ganz so angenehm wie erhofft, ein Lebenstraum erfüllt wird. Greg Mottola, der sich durch Filme wie Superbad und Adventureland in erster Linie als Indie-Komödien-Filmer einen Namen machte, verpackt das Ganze routiniert, aber erfreulich spritzig in einen inszenatorischen Rahmen.
Doch leider ist sich der Film nicht zu schade, hie und da ein paar zu plumpe und zotige Gags einzubauen. In die Kamera schreiende Gesichter von Autofahrern, die zu lange in die falsche Richtung geblickt und deswegen das witzige Hindernis übersehen haben, sind ebenso nervig wie die frivolen Witzeleien, die den gefährlich schmalen Grat zwischen ‚gelungen frech‘ und ‚albern platt‘ ein paar mal zu häufig überstolpern. An den Nerven zerren auch die übertrieben tölpelhaften Helfershelfer des windigen Oberagenten, aus dessen Jagd auf die Hauptpersonen sich der rote Faden der Story spinnt. In Summe ist alles im grünen Bereich, doch hätte der Film ohne Ausrutscher der Marke Holzhammer eine deutlich bessere Figur abgegeben. So aber erweckt er den Eindruck, sich immer mal wieder zwischen die Stühle zu setzen, wenn er bemüht ist, sämtliche Humor-Lager zu bedienen und dabei keines richtig zufriedenstellt.

Gelungen sind dafür sehr nette Anspielungen auf die Nerdkultur, Augenzwinkerei in Richtung Alien-Mythen und ein paar mehr oder wenige filigrane Bezüge zu einschlägigen Filmen und Serien. Insbesondere Star Wars-Fans bekommen eine reiche Palette an liebevollen Zitaten geliefert, die von adaptierten Dialogen bis hin zu aufgegriffener Kameraarbeit reicht.
Wirklich schön geschrieben ist die Figur des Paul, der mit seiner dominierenden Lässigkeit nie nervt, dessen Anzüglichkeit immer angemessen dreist wirkt und der an den richtigen Stellen notwendige Zerbrechlichkeit durchschimmern lässt. So mausert sich der hübsch animierte Knirps schnell zur Figur, der man das herzliche Kumpel-Dasein sofort abnimmt.
Bei einer Produktion, die sich selbst nicht für voll nimmt und in erster Linie nur Schabernack sein will, ist das keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Fazit

Wie erwartet, ist Paul – Ein Alien auf der Flucht keine komödiantische Großleistung, sondern eine Fingerübung der britischen Schelme Pegg und Frost. Dafür ist die Angelegenheit aber ein grundsolides und sehr sympathisches Road-Movie geworden, das dem Faible der Sci-Fi-Nerds mit großen Zitatereichtum gebührend Rechnung trägt, in Sachen Humor letztlich aber eine zu große Bandbreite abdecken möchte, was nicht immer gelingt.