Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Die Avengers – Die mächtigsten Helden der Welt – Staffel 1

Das Marvel Cinematic Universe züchtete mit seinem unvergleichlichen Erfolg auch wieder eine ganz neue Generation von Zeichentrickserien heran, die altgediente Helden auf neue Mission schicken. Die von Disney XD produzierte Avengers-Serie, welche 2010 startete und bis heute läuft, gehört zu den besten.

Prepare your monstrous head for my wrath!

Story

Da sich Nick Furys Organisation S.H.I.E.L.D. immer häufiger als falsche Wahl herausstellt, wenn die Erde mal wieder schnell und in kompakter Gruppe gerettet werden muss, schließen sich Iron Man, Hulk, Thor, Henry Pym und Wasp zu der Avengers-Formatoin zusammen, die als unabhängige Stoßtruppe gegen die mächtigsten Feinde antritt. Trotz persönlicher Tragödien im Hintergrund und ebenso persönlicher Rebereien innerhalb des Teams, gesellen sich mit der Zeit auch Captain America, Black Panther und schließlich Hawk Eye hinzu.
Während die aus den vier Gefängnissen ausgebrochenen Superschurken wieder eingefangen werden müssen, scheint sich die Schlinge die Erde stetig fester zu ziehen. So effizient die Einsätze der Avengers auch sein mögen, die Antagonisten, die im Hintergrund ihr Fäden ziehen, sind so zahlreich wie uneinschätzbar.

Kritik

Alle Figuren erhalten ihre standesgemäße Einführungsepisode, die zugleich auch geschickt die Weichen für den Staffelplot legt, wichtige Konflikte etabliert und nach und nach mehr Fenster zur Hauptstory öffnet, ohne dabei je gezwungen zu wirken. Schön ist, dass die einzelnen Geschichten dabei manchmal auch einen eigenen, in sich schlüssigen Zeichenstil besitzen. Bereits früh offenbaren sich all die Gründe The Avengers: Earth’s mightiest Heroes, zu schauen. In jeder Folge steckt Wissen und Herzblut, die Storys sind nett arrangiert, wirken immer relevant und niemals dumm. Die Action ist einfallsreich und logisch aufgebaut, es droht nie die Übersicht verlorenzugehen und ebenso wenig verkommen die Scharmützel zur blinden Materialschlacht. Die charismatischen Recken haben stets einen (meist) flotten Spruch auf den Lippen, der überraschend häufig die Erhoffte Wirkung hat, sind ihrer Superkräfte zum Trotz fehl- und auch mal verletzbar, und können alle ihre eigene Nützlichkeit für sich verbuchen. Einen kleinen Bonuspunkt erhält die Serie, weil sie gerade in Zeiten allgegenwärtiger Mythosmodernisierung den Mut beweist, Kostüme mit klassischen 60er-Flair mit einzubringen.
Warum aber ausgerechnet Playboy Tony Stark nun als Anführer fungiert, ist allein durch die Serie nur am Rande verständlich. Er ist der einzige extrovertierte, risikobereite und zugleich steinreiche Dandy der Truppe, der felsenfest mit der Gegenwart verwurzelt ist – aber auch einer der defizitärste Vertreter, körperlich wie moralisch. Natürlich ist es gerade all das, was ihn für diese Rolle prädestiniert, aus der bloßen Geschichte heraus wird diese unangefochtene Leitungsbefugnis aber nicht plausibel.

Es ist immer was los, ständig gibt es mehr als nur einen Brandherd zu bekämpfen und trotz des nie versiegenden Flusses an Superschurkenmassen, wirkt der Hauptteil der zahlreichen Gegenspieler, die mit Vorliebe selbst in Gruppen auftreten, immer stimmig in das Geschehen eingebunden. Fast alle der kleinen und größeren Geschichten machen für sich und auch im Zusammenhang Sinn, denn die Geschehnisse scheinen sich fast immer mit ein wenig angestrengter Logik herleiten lassen, wodurch The Avengers’s: Earths mightiest Heroes nie zu einer bloßen und endlosen Schießbuden-Fahrt verkommt, bei der sich jedes Mal nur umgefärbte Pappfiguren umkippen lassen. Die TV-Adaptiopn hat Respekt vor den Bildern, die Stan Lee und Jack Kirby einst gestalteten, und lässt ihren Visionen ihr Grundgefühl erhalten bleiben. Das Kernstück der Serie ist somit auch die vorbildliche Balance zwischen Charakterentwicklung, Gruppendynamik und Actionanteil, die fast immer mustergütig umgesetzt wird. Auch sollte man sich von der Zeichentrickpräsentation nicht täuschen lassen, die Serie ist nämlich keineswegs nur für Kinderhaugen. Häufig sind die Storys recht komplex miteinander verwoben und man scheut sich auch nicht, sprachlich mal etwas anspruchsvoller zu werden. Aus irgendeinem Grund hat allerdings jede Episode ihre kleine Kalauer-Sekunde, in der es für den Augenblick einer Szene kurz dümmlich-albern wird. Daran hat man sich zwar schnell gewöhnt, befremdlich bleibt diese Gepflogenheit aber bis zum Schluss. Trotzdem: Natürlich ist dies in erster Linie eine Serie für Heranwachsende, so viel Spaß sie auch den Mündigen bereitet. Und so wird sie bewertet.

Dass es trotzdem auch schwächere Episoden gibt, steht bei der satten Anzahl von 26 Folgen trotzdem außer Frage. Doch selbst das formelhafte ‚459′ oder die Ideenarmut bei ‚Widow’s Sting‘ ist immer noch recht unterhaltsam, zudem die fehlende Substanz bei 20 Minuten Nettospielzeit weniger schadet als bei 50 und selbst hier wenigstens ein paar frische Oneliner für ausreichende Unterhaltung sorgen. Zudem ist diese Art von Episode klar in der Unterzahl, während die ansprechend geschriebenen Geschichten, die stets mit ein paar cleveren Einfällen garniert sind, eindeutig die Regel darstellen. Wenn dann Folgen wie ‚The Man who Stole Tomorrow‘ direkt an solche relativen Durchhänger anschließen, um Überlegungen aufzuwerfen, die vollends klarmachen, dass diese Zeichentrickserie nicht ausschließlich für Teenager produziert wurde, ist man rasch wieder mitten im begeisternden Sog von The Avengers: The Mightiest Heroes.
Die Dichte der qualitativ nachlässigeren Folgen nimmt gegen Ende dann leider merklich zu. Geduld und Toleranz des Zuschauers drohen in den finalen Abenteuern erstmalig ein wenig einzubrechen, da sich schließlich doch so etwas wie Ermüdung einstellt und das Konzept durch eine strukturelle Wiederholung angegriffen wird. Vorrangig mag das daran liegen, dass man sich etwas zu bemüht um einen finalen Konflikt bemühte, der möglichst groß und einmalig daherkommen soll, was beides aber nicht so recht aufgehen mag. Stattdessen wird ausgerechnet am Ende doch noch etwas zu konstruiert und überworfen. Der wirklich schlimmste Aspekt der Serie ist allerdings der Vorspann, der bereits beim ersten Mal enorm nervig auffällt und mit seinem geschmetterten Pathos-Lied so ekelhaft wirkt, wie kaum ein Intro der letzten Jahre. Zum Glück ist so etwas überspringbar.
Ein weiterer Schwachpunkt der Serie ist dort zu finden, wo er auch in Joss Whedons Realfilm-Adaption liegt. Da der Fokus auf den Rächer-Charakterköpfen liegt (und auch hier nicht immer von absolutem Gleichgewicht gesprochen werden kann), kommen die Schurken zu kurz und wirken im Vergleich zu den Protagonisten häufig eindimensional. Das wird durch ihre schiere Masse etwas ausgeglichen, doch wären weniger und dafür ebenbürtigere und vor allem mehrschichtigere Gegenspieler wünschenswert gewesen. Dafür führt der vorhandene Kompromiss zu einem sehr illustren Katalog schräger Vögel aus dem ganzen Marvel-Inventar.

Fazit

Allem voran bereitet die neue Marvel-Zeichentrickshow einen Mordsspaß. Sämtliche 26 Folgen sind enorm kurzweilig, die Balance zwischen Anspruch und Jugendtauglichkeit ist stets gelungen und ein jeder, der die perfekte kurzweilige Begleitung zum sonst so heldenfreien Mittagsmahl sucht, dürfte endlich gefunden haben, wonach er sich sehnte.
The Avenger’s: Earths mightiest Heroes ist in jedem Sinne hochwertige Zeichentrickserie, die fesselnde Unterhaltung auf den Bildschirm zaubert und dabei hervorragend die Möglichkeiten- und den Facettenreichtum des Marveluniversums illustriert.

The Return of the First Avenger

Das unzusammenhängende Daumenkino vor dem Marvellogo, das Sprechblasen, bleiche Helden und eine Milliarde Geschwindigkeitslinien vorbeiflattern lässt, ist nun schon seit deutlich mehr als 10 Jahren der allen vertraute Einband für ganz besondere Geschichten. Captain America – The First Avenger war 2011 ein Tiefpunkt dieser Geschichten, ein ziemlicher Schnarcher – zusammen mit Iron Man 2. Marvel gelang es aber, sich schnell zu fangen, die Avengers retteten die Welt und verpassten dem Riesen-Franchise wieder frischen Atem.
Nach Iron Man 3 ist Captain America 2 – The Return oft he First Avenger an der Reihe und gibt auch für sich Entwarnung.

This isn’t the age of spies. This is not even the age of heroes. This is the age of miracles… and there’s nothing more horrifying than a miracle.

Story

Steve Rogers hat es den HYDRA-Nazis gezeigt, verbrachte einige Jahrzehnte im großen Eis und schlug gemeinsam mit den Avengers Thalos‘ Schergen zurück.
In der Zwischenzeit hat er sich den Gepflogenheiten der Gegenwart schrittweise angenähert, findet seine Erfüllung insgeheim aber weiterhin in dem Befolgen von Befehlen – in diesem Fall von S.H.I.E.L.D.
Ein Umstand, der sich ändert, als nicht nur ein mysteriöser Antagonist auftaucht, sondern auch die internen Strukturen der S.H.I.E.L.D.-Organisation ganz offensichtlich von Innen heraus verdorben sind. Plötzlich befindet sich Rogers, alias Captain America im Fadenkreuz der Helden-Agenten und muss auf eigene Faust gegen sämtliche Fronten ermitteln. Zur Seite steht ihm nur Natascha Romanoff als Black Widow.

Kritik

Der Anfang lässt sich Zeit und gewährt Wiederholungen zugunsten von Quereinsteigern leider einer tieferen Charakterarbeit gegenüber den Vorzug. Die Witze sind noch ein wenig gezwungen und auch einige Seltsamkeiten, wie die Tatsache, dass Nick Fury offensichtlich nicht in Besitz eines Handys ist, stören das Gesamtbild zwar, doch bereitet auch das Anlaufnehmen durchaus schon eine gewisse Freude, die nur durch die zu hastigen Schnitte kleinen Abbruch findet.
Dann wird es mit einem Schlag sehr wild und dramatisch, wenn die Geschichte endlich richtig loslegt.

Im Gefolge hat die Spionage- und Geheimagentenstory ein paar wirklich beeindruckende Actionsequenzen, die teilweise hochgradig konstruiert und daher ebenso absurd und damit umso temporeicher ausfallen. Doch zur Geschichte, denn The Return of the First Avenger gelingt hier ein kleines Wunder. Einerseits geht man – endlich – weg von der omnipräsenten, mit jedem Film anwachsenden Zerstörung, um die fadenscheinig eine schablonenartige Heldengenese entsteht, und widmet sich, wenn man so möchte, einem ganz anderen Genre. Neben dem ansehnlichen Actionpart ist die Suche nach dem Winter Soldier eine elektrisierende Schnitzeljagd geworden, während dieser Recherche und Kombinationsgabe die beiden Helden durch die Vereinigten Staaten führen. Dies ist der im Durchschnitt wohl ruhigste Film des neuen Marveluniversums, wodurch einiges an Abwechslung entsteht – ein nur scheinbares Paradoxon, das sich Hollywood früher oder später zwangsläufig aneignen muss, um in der werdenden Filmlandschaft weiterhin Erfolge zu verzeichnen. Andererseits vollbringt man das Kunststück, eine halbwegs geerdete Geschichte um Überwachung und Doppelagenten an den richtigen Passagen mit ordentlich Comic-Wind in Fahrt zu bringen, ohne die eine oder andere Ebene wie einen Fremdkörper wirken zu lassen. Das entlastet nicht nur übersättigte Sehgewohnheiten, die auf eine x-te Wiederholung des Heldensage-Schemas gefasst waren, es bringt vor allem das ganze Genre der Comicverfilmungen auf ein neues erzählerisches Niveau, wo weit mehr möglich ist als in den niederen Gefilden der Ein-Mann-Gegen-Den-Superschurken-Penrose-Treppe.
Schade, dass im letzten Akt dann doch auf klassische Kampffinale-Mittel gesetzt wird, anstatt die mutige Linie weiterzuverfolgen. Das funktioniert auf bewährte Weise gut, wirkt aber gerade im Vergleich zum vorwärtsgerichteten Teil der Geschichte ein wenig inkonsequent.

Fazit

Nach dem müden Trip durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs hieven Joe und Anthony Russo den Marvel-Patrioten in die bessere Hälfte dieses Universums. Trotz der angestrengten Dialoge, die den klaren Tiefpunkt des Filmes graben, besticht das Gesamtkunstwerk durch große Stimmigkeit – nicht trotz, sondern wegen ungewöhnlicher Genreeinflüsse im Heldenuniversum.

Arrow – Staffel 1

Der große Erfolg von Marvels ‚Cinematic Universe‘ war ein Ruf, dem bereits viele Leinwandhelden aus deutlich kleinerem Hause folgten. Während Chronicle, Misfits und Konsorten auf der Superhelden-Welle ritten, gelang Comic-Riese DC nie so recht der Aufsprung. Batman ausgenommen, bleiben nur klägliche Versuche wie Green Lantern. Erfolgreich war DC nur mit kleinen Marken wie R.E.D. und Watchmen.
Das soll sich nach dem Abdanken des Nolan-Batman ändern. Nicht nur mit Man of Steel und dem Justice League-Film, sondern auch mit der TV-Serie Arrow, die aktuell im deutschen Fernsehen anläuft.


You know I would never willingly be a part of anything like this.

Story

Oliver Queen ist ein Playboy, wie er im Buche steht. Arrogant, dekadent und ohne respektlos gegenüber allem und jedem. Während er auf der Yacht seines Vaters gerade seine Freundin mit deren Schwester betrügt, bringt ein Sturm das Schiff zum Kentern. Oliver kann sich auf eine scheinbar menschenleere Insel retten.
Fünf Jahre später kann er ein Schiff auf sich aufmerksam machen und in die Heimatstadt Starling City zurückkehren. Der Totgeglaubte gibt sich nicht bloß ungewohnt introvertiert, sondern ist zudem ein perfekter Kämpfer mit Faust, Fuß, Pfeil und Bogen geworden. Seine Mutter teilt sicht mittlerweile mit einem ehemaligen Arbeitskollegen des verblichenen Vaters das elterliche Bett und Olivers damalige Partnerin Laurel hält nur wenig von dessen Rückkehr, schließlich betrog Oliver sie mit ihrer Schwester und brachte ihr anschließend den Tod.
Kurz vor seinem Ableben auf hoher See händigte Olivers Vater Robert seinem Sohn eine Liste aus, auf der die Namen aller stehen, die zusammen mit ihm Unglück über Starling City brachten. Und damit hat der ehemals sinnentleer vor sich hinfeiernde Snob plötzlich eine Mission.
Als Oliver sich ein grünes Kostüm schneidert und als maskierter Arrow anfängt, die Liste seines Vaters abzuarbeiten, stellt er fest, dass seine eigene Mutter bis zum Hals in den zwielichtigen Machenschaften steckt, die er zu beenden trachtet.
Darüber hinaus wird er von der Polizei wegen Selbstjustiz gejagt, insbesondere von Detective Quentin Lance, der Vater von Laurel und ihrer verstorbenen Schwester. Laurel selbst bandelt zwischenzeitlich mit Olivers bestem Freund Tommy an, mit dem Oliver einen Nachtclub aufzieht, um seine Operationen zu tarnen. Nach Außen hin muss Oliver weiterhin den hedonistischen Lebemann spielen, während er die Unterwelt Starling Cities in grünem Kostüm aufmischt und einer großen Verschwörung auf die Schliche kommt.

Kritik

Ein junger Geldsack, der seine eigene Moralität entdeckt und mit Geschick und Technikeinsatz inkognito als Maskenträger die Straßen seiner Heimatstadt reinwäscht. Klingt, als hätte man das schon zwei oder gar dreimal irgendwo gesehen. Und das ist eigentlich auch eine schöne Meta-Synopsis von Arrow. Nach einem vielversprechenden Anfang rutscht die Serie schnell in die generischen Gewohnheiten einer durchschnittlichen Crime-Serie ab. Der Held hat austauschbare Probleme, die halbherzig ausformuliert werden und für das große Ganze völlig irrelevant sind. Zwischendurch sucht er sich ein Ziel und bringt es nach 45 Minuten auf die ein oder andere Weise zur Strecke. Das war’s. Das Ende von Staffel 1 möchte gerne rasant und spannend sein, ist aber weiterhin nur Mittelmaß und steht im Schatten der wirklich gelungenen ersten paar Episoden. Das Finale ist gerüstet mit dem guten alten Zeitbombe-hat-Digitalem-Countdown-Spannungstrick, mit dem man bekanntlich gar nichts falsch machen kann.
Der Punkt ist aber, dass Arrow trotzdem die meiste Zeit über gut zu gucken ist und selten richtig ärgert oder langweilt. Einige Plots sind hochwertiger und weniger löchrig als andere und einige Gespräche, Eingeständnisse und Erkenntnissvorgänge weniger doof und pathetisch als andere. Wenn es dann aber darum geht, Juwelendiebe ins Netz zu bekommen, haben die Plots trotzdem reinrassiges A-Team-Niveau erreicht.
Was die Serie interessant und in gewisser Weise auch merkwürdig macht, ist ihre Hauptfigur. Oliver Queen aka The Hood/Die Kapuze ist ein menschlicher Held mit scheinbar übermenschlichen Kampffertigkeiten. Bemerkenswert ist, dass die ihn verfolgende Polizei durchaus Recht hat. Er ist moralisch keineswegs überlegen, sondern fällt Urteile über Einzelpersonen nach seinem eigenen und selten vollständig nachvollziehbarem Kodex. Er tötet, weil es ihm an Anderem fehlt. Sein Sinn ist es, die Rechnungen eines Mannes zu begleichen, von dem er genaugenommen gar nicht weiß, warum er das tat und ob seine Motive rechtens waren.
Er ist charmant und schlagfertig – jedenfalls möchte die Serie das gerne vermitteln. Jemand, der durch intellektuelle oder gar ethische Überlegenheit punktet, das ist er jedoch nicht. Stattdessen vergleicht er seine Zielpersonen, oder besser Opfer, mit Krebsgeschwüren, die es zu entfernen gilt, um die Stadt zu revitalisieren. Oder zumindest nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Die Bösewichte haben die Stärke des Geldes auf ihrer Seite, der Held die Stärke des Körpers, nicht etwa die der Ethik. Die Ambivalenz seines Charakters ist dabei nur folgerichtig, denn der Junge, der auf der Insel zum Mann heranreifte, war kein guter Mensch. Er konnte dort stärker werden, aber nicht besser. Zudem die Regeln, nach denen er dort zu spielen hatte, um am Leben zu bleiben, ebenfalls keine sauberen waren.
Ob die Macher der Serie, die bezeichnenderweise mehr Krimiserien- als Comicerfahrung haben, das auch im Blick hatten, ist jedoch anzuzweifeln. Denn Arrow versucht den Möchtegern-Helden immer wieder als noblen Rächer mit weißer Weste zu rehabilitieren, indem sie ihn die Ausübung von Selbstjustiz aufs Schärfste zu verurteilen lässt. Nur dass ihn dies in Anbetracht seiner Taten und Motive mehr scheinheilig denn rechtschaffen dastehen lässt. Da Stephen Amell den bogenschießenden Jungspund darüber hinaus als kühlen, unnahbaren Burschen mit starren Gesichtszügen spielt, ist der Protagonist in erster Linie eines: Unsympathisch. Und das war dann ganz gewiss nicht die Absicht der Seriengründer, die hier definitiv ein Prime-Time-Produkt vor Augen hatten.
Dazu kommt, dass in fast jeder Folge unsauber gearbeitet wurde und abstruse Logikfehler, die sich ohne viel Aufwand hätten vermeiden lassen, der dargestellten Welt ihre Glaubwürdigkeit entreißen. In Arrow ist es keine Seltenheit, dass Polizisten am Feierabend enorm wichtige Beweisstücke auf ihren Schreibtischen liegenlassen und jeder Dahergelaufene ins Dezernat spazieren und ungestraft alles einsacken kann. Oder dass der neunmalkluge Held nicht zu wissen scheint, dass es nicht zur Ausbildung eines IT-Spezialisten gehört, die Herkunft von Pfeilspitzen herauszubekommen. Und dass der markierte Bogenschütze nie enttarnt wird, obwohl er lediglich eine Kapuze und manchmal ein wenig Makeup trägt, ist noch einen deutlichen Grad bemerkenswerter als bei z.B. bei DC-Kollege Batman, mit dem er sich außerdem auch noch die Popularität seines Playboy-Gesichts teilt. Nur dass Mr. Arrow sich zehnmal auffälliger verhält als die Fledermaus und in seinem Aufzug ständig vor Verwandten und Bekannten rumturnt.
Dass Figuren beizeiten völlig verquere Entscheidungen treffen und selten dumme Dinge sagen, ist ein Muster der Serie, das immer wieder anzutreffen ist.
Tatsächlich werden die Serie und ihr Protagonist Oliver Queen mit fortschreitender Laufzeit nicht komplexer, sondern weitaus flacher als sie Anfangs noch versprechen. Je mehr man über die Hintergründe in Erfahrung bringt, desto uninteressanter wird die Angelegenheit. Am Ende bleibt als einzig interessanter Aspekt die aufgesetzt wirkende Dichotomie zwischen Comicheld und Selbstjustizfanatiker bestehen. Alle Nebenplots sind blanker Durchschnitt, alle Figuren viel zu statisch. Einzige Ausnahme ist der manische Polizisten-Vater Quentin, dem Paul Blackthorne eine rauchige Noir-Bitterkeit verleiht. Nur leider wird die geschriebene Figur dem sympathischen Schauspiel niemals gerecht.
Später kriegt der Schütze Sidekicks an zur Seite gestellt, die nie mehr als klassische Sidekick-Aufgaben erfüllen. Meist sind sie moralische Instanz oder Stichwortgeber. In erster Linie scheinen sie aber dafür da zu sein, damit die Hauptfigur jemanden hat, mit dem sie Gespräche führen kann, weil die 45 Minuten sonst nicht gefüllt würden.

Fazit

Arrow hätte eine bemerkenswerte Serie werden können, wenn die Geschichte nicht über 23, sondern über 9 Folgen erzählt worden wäre. So gibt’s zwischen dem spannenden Anfang und dem lapidaren Ende viel, viel, viel Leerlauf und uninteressantes Füllmaterial.
Was bleibt, ist gediegene Sonntagnachmittag-Unterhaltung. Eine Crime-Serie, die so tut, als wäre sie ein Comic. Und ein Comicheld, der mit seiner Mischung aus weißem Ritter und gefährlichem Lokalpatriotismus eine ziemlich irritierende Mischung darstellt, von der dank des einschläfernden Spiels Stephen Amells aber nichts übrig bleibt.

Und wieso die Serie hier eine Kritik bekommt, obwohl ein bogenschießender CSI-Verschnitt mit Sci-Fi rein gar nichts am Hut hat? Nun, zum einen wegen dem Technikschnickschnack, der von Gut und Böse ins Feld geführt wird, zum anderen weil sie später unter Garantie ins Justice-League-Universum integriert wird.
Vor allem aber, weil in Staffel 2 Flash auftauchen und die Serie so ihre Sci-Fi-Präfix verleihen wird.

Kick-Ass 2

Mark Millar schuf Wanted. Aus Wanted wurde ein Film und der Film war gut. Mark Millar schuf Kick-Ass. Aus Kick-Ass wurde ein Film und der Film war gut.
Nun, Regisseur und Autor von Kick-Ass war Matthew Vaughn, der schon Film wie Der Sternenwanderer, Harry Brown, Layer Cake und X-Men: Erste Entscheidung veredelte. Regisseur und Autor von Kick-Ass 2 ist Jeff Wadlow – und das ist das Problem.

I try to have fun. Otherwise, what’s the point?

Story

Dave Lizewski aka Kick-Ass wollte das Kostüm eigentlich an den Nagel hängen. So ein rein ziviles Leben ist aber langweilig und wenn man einmal Superhelden-Luft geschnuppert hat, Adrenalin schmecken lernte und omnipräsentes Medienphänomen war, dann erst recht.
Folglich will Dave wieder in das grüne Polyesterkostüm schlüpfen. Er weiß aber auch, dass er alleine es nicht mal mit einem lausigen Taschendieb aufnehmen kann. Hit-Girl muss zurückkehren.
Doch Mindy denkt nicht dran, die lila Perücke aus dem Schrank zu nehmen, und bemüht sich redlich, ein normales Teenager-Leben mit all den wundervollen Problemen aufzubauen.
Da kommt es fast gelegen, dass  Chris D’Amico, der im ersten Teil als Red Mist schon Stunk machte, den Tod des Vaters rächen will und seinen Rachefeldzug gegen die persönliche Nemesis Kick-Ass ausbaut..
Jeder von beiden scharrt ein Rudel überengagierter Schläger um sich, um als Helden- bzw. Schurkentruppe das Gesicht der Stadt zu verändern.

Kritik

Kurz innehalten, um den ersten Kick-Ass zu rekapitulieren. Der erste Teil brachte frischen Wind durch unkonventionell aufbereitete Selbstironie auf das Superhelden-Genre in die überbevölkerte Welt der kostümierten Wundermänner. Dabei nahm der Film sich selbst und seine Figuren durchwegs ernst. Das Absurde erhielt eine tragische Note und wurde ungemütlich direkt und realistisch. Ein Film, der nicht nur inszenatorisch durch perfektes Timing bestach, sondern auch historisch: Inmitten abgehobener Geschichten über abgehobene Capeträger holte Kick-Ass ein ganzes Subgenre wieder auf den Boden zurück.  Der ganz spezielle Coup war aber Nicolas Cage, der mit Big Daddy und seinem grässlichen Porno-Schnurbart eine seiner schönsten Rollen hatte.

Wie es unter Sequels Brauch ist, versucht auch Kick-Ass 2 alles, um den Vorgänger gleichzeitig zu reproduzieren und ihn zu überbieten. Und wieder einmal kentert das Vorhaben. Dabei standen die Sterne anfangs noch ganz gut. Die Comic-Vorlage hatte tatsächlich ebenfalls Fortsetzungen, an denen man sich bedienen konnte, die alte Crew konnte zusammengerottet werden und was in Teil 1 Nicolas Cage (Ghost Rider: Spirit of Vengeance) war, sollte nun Jim Carrey werden.
Nur leider bringt all das nichts, wenn auch die Vorlage schon qualitativ nicht mit dem Original mithalten kann, der Knalleffekt des ersten Mals fehlt und Jim-Carreys Colonel Stars and Stripes aller Sinn und Tiefe fehlt. Darüber hinaus – und das ist vielleicht das Traurigste – wurden die klugen ironischen Spitzen durch platte und einfallslose Kalauer ersetzt. Offenbar hatte man den Plan, all die Makel auszugleichen, indem man einfach den Gewaltschraube ordentlich anzieht, doch führt auch das nur dazu, dass Kick-Ass 2 neben planlos und peinlich zusätzlich noch geschmacklos wurde. Dass die minderjährige Mindy als Hit Girl reuelos Menschen richtete, war eingangs geschicktes Stilmittel, um den Zuschauer zu irritieren und dazu zu zwingen, sich moralischen Zweifeln zu stellen. Nun ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit nur noch vorgeschoben, um das Mädchen als fleischgewordene Misantropie möglichst brachial in Szene zu setzen.
Die Handlanger des Bösen sind ebenso abgegriffen und völlig arm an Eigenschaften, die über unerträglichen Klamauk und rassistische Klischees hinausgehen.
Ein paar gelungene Ideen sind dabei, ein paar Schmunzler ebenso, aber diese Minderheit steht in einer großen Pfütze aus fader Einfallslosigkeit und bekommen nasse Füße.
Am unerträglichsten sind aber die nervigen Dialoge. Selten viel so oft die Frage „Wie war das noch mal?“, damit jemand für den Zuschauer die Lage erklären kann. Und selten waren Schlagabtausche uninspirierter und höhepunktärmer als hier.

Übers Schauspiel kann man sich kaum beklagen Aaron Taylor-Johnsons gibt den namensgebenden Anzugträger so tapsig und verdreht wie noch in Teil 1. Hit Girl darf mehr zeigen und kommt als Charakter damit schlechter weg, weil die kunstvolle Vereinigung von Zerbrechlichkeit und Stahleshärte hier durch strikte Trennung abgelöst wird und die Figur damit ihre spannende Ambivalenz  einbüßt. Werbefigur Jim Carrey, der sichtbar Spaß hat und am Ende für Aufsehen sorgte, weil er sich wegen des Gewaltgrads (und vermutlich fehlender Qualität) vom Film lossagte, schafft es auch mit seinem ambitioniertem Spiel nicht, die lahme Figur seines Colonels im Ansatz interessant zu machen, so furchtbar ist das Script geraten.
Der definitive Tiefpunkt des Filmes ist ein Kotz- und Fäkalballett in der Schule, aber auch Späße über Vergewaltigungsversuche und Tetrismusik zu Polizistenmorden sind pietätlos ohne im Ansatz witzig zu sein. Wo das Original noch durch kesse Provokation aber dem Herz am rechten Fleck punktete, ist Kick-Ass 2 an vielen Stellen bloß noch erbärmlich.
Es ist schon zum Weinen, wie sehr sich der Film in fast jeder Szene darum bemüht, den Stil des Vorgängers zu erreichen und in jeder Szene tief fällt. Der vormals geniale Musikeinsatz ist nun kaum mehr als beliebige Begleitung zu beliebigen Szenen. Selbiges trifft auch auf die Kämpfe zu, die in Matthew Vaughns Umsetzung so wunderbar direkt inszeniert waren, dass sie gleichzeitig der Schalk im Nacken und die Faust im Magen waren. Jetzt regiert Austauschbarkeit.
Die Ursprungsprämisse, die Superhelden so aussehen zu lassen, als agierten sie in der echten Welt, wird ebenso verraten, weil die Welt von Kick-Ass 2 nun unverkennbar eine Comicwelt ist. Polizisten, die nicht mal mit einem Verkehrsdelikt gewachsen wären, eine Heerschar an Comic Reliefs und quietschige Sidekicks rauben dem Szenario die für das Konzept so wichtige Authentizität.

Fazit

Wenig vom wertvollen Geist des ersten Teils steckt noch in Kick-Ass 2. Stattdessen bietet der Film plumpe Unterhaltung mit niederem Humor, unmotivierten Charaktermomenten und sonderbaren Handlungsverläufen. Wegen fehlender Intensität geht das Geschehen nie nahe und die vormals markanten Figuren und Situationen weichen blasser Beliebigkeit.
Kick-Ass 2 ist musterhaftes Beispiel dafür, wovon Helden sich in Acht nehmen müssen: Sich den Erfolg zu Kopf steigen zu lassen und durch Übermut selbst zu erniedrigen.

Ghost Rider: Spirit of Vengeance

Erinnert sich jemand an Ghost Rider? Wenn nein, dann Gratulation. Der Schmarrn ist nicht nur die schlechteste Marvelverfilmung aller Zeiten, sondern vielleicht auch der schlechteste Film mit Herrn Cage. Und das ist wirklich eine Leistung, wenn man sich in einem schwachen Moment mal die filmische Biographie des Herren mit Vorliebe für manische Rollen anschaut.
Der Vorteil: Für den zweiten Teil herrschte keinerlei Erwartungsdruck. Und siehe da, es funktioniert.

Um, I know that it’s a little awkward.

Story

Ein junge wird vom Teufel gejagt und entführt. Der perfide Plan des nicht minder perfiden Finsternisfürsten: Durch eine seltene Empfänglichkeit des Knirpses will er in dessen Körper als neue Inkarnation auf der Erde wandeln, um mit alter Stärke seine, nun ja, teuflischen Pläne umzusetzen. Moreau, eine Art Priester in ziemlich cool, ersucht Johnny Blaze alias Ghost Rider um Hilfe. Dieser ist allerdings vollständig damit ausgelastet, seine Kräfte und damit auch sich selbst vor dem Rest der Welt zu verstecken. Erst als Moreau  ihm die Rückerlangung seiner Seele in Aussicht stellt, lässt sich der ehemalige Stuntfahrer überreden, würde er so doch auch sein feuriges Alter Ego los.
Gemeinsam mit der Mutter des Jungen macht sich der mürrische Blaze auf die Suche nach Teufel und Teufelsbraten. Unterwegs macht ihnen nicht nur eine Horde von finsteren Schurken das Leben schwer, die im Auftrag des Höllenherren arbeiten, sondern auch der Ghost Rider, der von Blaze kaum noch unter Kontrolle zu halten ist, sich ständig an die Oberfläche drängelt und wenig mehr als Rache im Sinn hat.

Kritik

Eine knappe Vorstellung von Ort, Figuren und dem Stand der Dinge und nach gerade mal 13 Minuten hinterlässt der Ghost Rider seine rauchende Feuerspur im Asphalt.
Einer der vielen Fehler des ersten Teils, die bisher immer noch niemand alle zählen konnte, war der offensichtliche Umstand, dass man dem in die Jahre gekommenen Cage sein Dasein als heißblutiger Motorrad-Stuntman um keinen Preis der Welt abnehmen wollte, konnte und durfte.
In der Fortsetzung sieht es so aus, als wäre sehr viel Zeit ins Land gegangen und Johnny Blaze hält nicht aus Berufsgründen an seinem Teufelsofen fest, sondern weil in seinem verfluchten nichts anderes zum Festhalten übrig geblieben ist. Ein wenig wie Cage selbst, der sich mit steigendem Alter krampfhaft mehr und mehr Actionrollen zumutet und in jedem Film ein anderes schlechtsitzendes Toupet trägt und sein jüngeres Ich damit auf vermutlich ungewollte Weise tragisch durch den Kakao zieht.
Señor Cage hat bei alledem sichtlich Spaß und sitzt viel erträglicher und lockerer im Sattel als im Debakel, das der erste Ghost Rider war. Vermutlich deshalb, weil er dank halbiertem Budget und verschwundenen Erwartungen nicht mehr an der kurzen Leine gehalten wird und einfach machen kann, was er will und am besten kann. Das heißt nicht, dass er hier auch nur annähernd an seine guten Filme anknüpft, doch Cage ist nun mal Cage. Und hier und da darf er so richtig ausbrechen und seinen patentierten Wahnsinn rauslassen, der ihn so unvergleichlich macht – im Gegensatz zu allen anderen Overacting-Kandidaten.
Das in Verbindung mit dem Dämon, der aus ihm auszubrechen versucht, macht den Film an kurzen Stellen sogar richtig interessant.
Dass die Kämpfe zu peinlich kitschigen Heavy Metal-Riffs stattfinden, gehört ebenso zum guten Ton wie das Verpuffen  in mittelmäßigen Feuereffekten der armen Irren, die sich dem grimmen Unterweltbiker in den Weg stellen. Generell bewegt sich die Kamera bei Auseinandersetzungen um ein vielfaches schneller und häufiger als die mehr oder weniger agilen Kämpfenden selbst es tun.
Aber, und hier überholt der Film seinen Vorgänger im ersten Gang, der gebotene Trash ist niemals langweilig. Ghost Rider: Spirit of Vengeance ist, wie der Titel ja schon hinreichend versichert, allerfeinste B-Ware der hirnlosen Sorte.
Als netten Zusatz gibt es sogar ein paar akzeptable Erklärungen, ein bisschen religiöse Unterfütterung, Abwechslung in Sachen Tempo, Handlungsort und Stimmung, jede Menge stilisierte optische Spielereien und, ich glaube, es wurde noch nicht erwähnt, eine wohltuende Prise Cage-Manie. Über zehn, zwanzig Ungereimtheiten stolpert man natürlich, unterm Strich aber stellt der Film eine überdeutliche Steigerung zum schmerzhaft schlechten ersten Teil dar

Fazit

Tatsächlich kann der zweite Ritt des Ghost Riders Freude bereiten. Cage wirkt nicht mehr so traurig deplatziert wie im Vorgängerfilm, sondern hat sichtlich Freude an der Darstellung des gebrochenen Antihelden mit okkultem Anhängsel. Tempo und Geschichte sorgen für Kurzweil, sofern man mit der richtigen Einstellung an den Film geht, der sich selbst ebenso wenig ernstnimmt, wie der Zuschauer dies tun sollte. Für einen geselligen Abend durchaus tauglich, zudem man auch nicht viel verpasst, wenn man mal 20 Minuten aufs Klo verschwindet oder ungeplant an Stierkämpfen teilnimmt.

The Dark Knight Rises

Vier Jahre ist es her, dass The Dark Knight Erwartungen über den Haufen warf, Kinos mit Besuchern schwemmte und Heath Ledger posthum den Oscar für seine unerträglich intensive Verkörperung des Fröhlichen einbrachte. Jener zweite Teil und dessen tragische Produktionsgeschichte ließen die allgemeine Achtung vor dem Vorgänger Batman Begins über Gebühr steigen und den Zuschauer mit schier unerfüllbaren Forderungen an das Trilogie-Finale zurück.


Story

Das Böse ist besiegt. Vor acht Jahren legte der Der Dunkle Ritter nicht nur dem Joker, sondern auch Staatsanwalt Harvey Dent aka Two Face das Handwerk. Die Stadt war gerettet, doch der Preis, den Batman zu entrichten hatte, ist kein geringer gewesen. Die Öffentlichkeit verurteilt den Helden aufs Schärfste für seine Tat, Dent zu richten, von dessen wahrer Natur die Bürger Gothams nie erfahren durften. Batman ist ein Geächteter und seither nie wieder in Erscheinung getreten. Bruce Wayne, seines Lebenssinnes beraubt, verwahrlost und halb verkrüppelt, ist gleichfalls von der Bildfläche verschwunden und allenfalls noch für den Klatsch der Oberschicht gut. Zusammen mit Batman verkümmerten auch der Millionär und Wayne Enterprises.
Erst die forsche Diebin Selina Kyle kann ihn aus seiner Lethargie reißen. Doch Comic-Logik im Allgemeinen und DC-Kausalität im Speziellen haben es an sich, dass ein solcher Weckruf selten nur an Gutes gekoppelt ist.
Der agile Langfinger arbeitet für eine undurchsichtige Vereinigung und diese wiederum scheint in direktem Zusammenhang mit Bane zu stehen. Und dieser Bane entpuppt sich alsbald nicht nur als Batmans mächtigster Widersacher, sondern auch als die bisher ärgste Bedrohung für Gotham City.
Gespenster aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umzirkeln den Verstoßenen und seine Stadt.

Kritik

Wie einem zweite Teil der Größe eines The Dark Knight das Wasser reichen?
Die schnörkellose Antwort: Gar nicht und stattdessen den Plan weiterverfolgen.
Erst mit The Dark Knight Rises wird ersichtlich, wie sehr Nolans Batman-Interpretation als Trilogie angelegt ist. Nach dem zwar ungewohnt düsteren, im Gesamten aber klassischen Superheldenstart aus dem Jahre 2005 kam mit Teil zwei der große Höhepunkt der Saga. Nach allen Regeln der Filmkunst wurde der etablierte Held mit dem einzigen ernstzunehmenden Feind seiner fest verankerten Moral konfrontiert und siegte um Haaresbreite.
Was folgt, ist die übersättigte Welt nach dem Hauptgang. Das Böse ist gebannt, ein Held wirkt plötzlich unbequem und irrational. Es offenbart sich das verstörende Bild einer Comic-Utopie. Was geschieht mit dem Helden und seinem Schützling, wenn das Dunkle vertrieben ist, wenn der Triumph im Rücken liegt? Gotham City suhlt sich in Dekadenz und hat eigentlich auch allen Grund dazu.

The Dark Knight Rises ist kein zweiter und erst recht kein wahrhaftiger Hauptteil. Es handelt sich um den Epilog einer dreiteiligen Erzählung – und als solcher funktioniert er bestens. Sicher, faktisch steht mehr auf dem Spiel als noch im zweiten Akt, trotzdem backt der Film kleinere Brötchen, weil er näher an den Figuren ist, verschwitzter, erbitterter und weit emotionaler daherkommt.
Bane ist hierfür möglicherweise nicht der optimale, durchaus aber ein tauglicher Antagonist. Seine Undurchsichtigkeit und die gewisse Nähe, die er zu Batman hat, machen ihn zu einem Charakter, der nicht ambivalenter, aber entschieden mysteriöser als der räudige Joker wirkt. Tom Hardy nimmt den Platz hinter der Maske mit der notwendigen Intensität ein und macht aus dem Ungeheuer einen martialischen Spiritualisten. Er weiß seine wuchtige Physis so einschüchternd einzusetzen, dass die verborgene Mimik nicht eine Sekunde vermisst wird. Seine Stimme scheint vor bitterböser Süffisanz immer kurz vor dem Überschäumen; ein geschickt platzierter Gegenpol zum bewährt trockenen Humor der Serie. Diesbezüglich eine warnende Randnotiz: Im Englischen ist Bane durch seinen Maulkorb (trotz Nachjustierung in der Postproduktion) ungemein schwer zu verstehen.
Schon immer wurde nicht bloß die Figur Batman, sondern auch dessen Leinwandabenteuer primär durch die Art seiner Schurken bestimmt: Mit dem Joker ging die Manie, mit Bane kommt der Ingrimm.

Auch der Rest des Casts weiß wieder mal zu überzeugen. Christian Bale spielt die gealterte Fledermaus mit Würde, Gary Oldman bleibt seiner liebenswerten Auslegung von James Gordon treu, Joseph Gordon-Levitt gibt den Feuereifer-Polizisten angenehm zurückhaltend und Michael Caine stellt wiederholt unter Beweis, dass er der heimliche Star der Reihe ist. Keinen Klagegrund gibt auch Frau Hathaway in ihrem Catwoman-Kostüm. Obwohl ihr Charakter etwas unterbeleuchtet bleibt, fügt er sich nahtlos ins geerdete Szenario ein. Dennoch ist fraglich, ob der Film diese Figur gebraucht hätte, denn zur tatsächlichen Geschichte trägt sie kaum Wesentliches bei. Bedenkt man, dass insbesondere in der zweiten Hälfte so manches Ereignis trotz der 164 Minuten Laufzeit etwas gehetzt wirkt, wäre die Einsparung der Katzendame vielleicht kein schlechter Schachzug gewesen.
Überhaupt wirkt das Werk dramaturgisch im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger nicht mehr ganz so rund und geschliffen. Die Ereignisse gehen nicht immer elegant logisch auseinander hervor, sondern wirken an wenigen Stellen etwas unsauber aneinandergereiht. Zum einen fällt dies aber kaum ins Gewicht, zum anderen steht der leicht fahrige Aufbau der Krise des Protagonisten gar nicht schlecht zu Gesicht. Im Gegenzug ist der Streifen nicht mehr so schwer beladen wie der wirkmächtige Vorgänger und zieht die Daumenschrauben zwar weniger hurtig, dafür aber umso fester an. Außerdem wird den zwischenmenschlichen Beziehungen mehr Platz zugestanden. Von emotionaler Warte aus bewertet, ist dieser Batman-Film ganz sicher der stärkste.
Auch technisch gibt es erwartungsgemäß nichts zu beklagen. Hans Zimmer hat sich wund komponiert und Gotham ist trotz erhöhter Helligkeit immer noch Battys finstere Fledermaushöhle. Einzig die Faustkämpfe wirken wegen des steifen Anzugs nach wie vor ein bisschen schwerfällig, was gerade beim direkten Gekloppe mit Bane kaum zu verbergen ist.

Fazit

The Dark Knight Rises mag kein perfekter Film sein, ist aber ein verdammt noch mal würdiger Abschluss. Alte Bekannte, viel Gefühl, tiefe Einblicke und eimerweise Herzblut. Christopher Nolans Vision ist zu Ende erzählt und jede weitere Ergänzung wäre in dieser 3-Akte-Konzeption ganz einfach überflüssig.
Es bleibt abzuwarten, wie Warner Bros. das Franchise in Zukunft behandelt, wenn der Meister nicht mehr als Regisseur zur Verfügung steht.
Hiermit bietet 2012 jedenfalls das perfekte Comic-Kontrastprogramm zum keineswegs schlechteren, aber grundverschiedenen The Avengers.

The Avengers

Die letzten Jahre waren in vielerlei Hinsicht die Jahre von Marvel. Zahlreiche Helden des Comicuniversums wurden auf die große Leinwand übersetzt und die meisten Adaptionen erwiesen sich als kurzweiliges Späßchen. Spätestens seit dem ersten Iron Man ist außerdem klar, dass Marvel auf etwas Großes zusteuert. Die wichtigsten Helden sollen zusammengeführt werden und als The Avengers einen eigenen Ensemble-Film bekommen.
Und der stets nur stiefmütterlich behandelte Joss Whedon darf als Regisseur und Drehbuchschreiber das Ruder übernehmen.

Story

Der Tesserakt, ein Würfel in babyblau, der in Thor und Captain America schon kleine Auftritte hatte, befindet sich im Besitz von S.H.I.E.L.D., jedenfalls zu Beginn. Loki, der nach seiner Pleite in Thor nichts von seinen Weltherrschaftsambitionen eingebüßt hat, teleportiert sich flugs in das streng geheime Labor, bemächtigt sich des kosmischen Artefakts und macht die S.H.I.E.L.D.-Basis samt Umland dem Erdboden gleich. Nick Fury, der nur knapp mit dem Leben davonkommt, trommelt nun die Helden zusammen, deren Vereinigung von Marvel in fünf Einzelfilmen vorbereitet wurde. Erwartungsgemäß sind diese sich anfänglich nicht grün, raufen sich angesichts des übermächtigen Feindes jedoch zusammen. Loki ist nämlich nicht alleine, sondern hat eine gewaltige Armee im Rücken, die er dank Tesserakt und einem weiteren Schurken des Marvel-Universums Richtung Erde aussendet. Punkt. Aus. Ende.
Würfel weg, die Rächer hinterher – das ist der Plot, der The Avengers über 142 Minuten trägt.

Kritik

Trotz vermeintlich mauer Story triumphiert das Herzensprojekt von Marvel Studios auf sämtlichen Ebenen. Die letzten Jahre der Kinowelt waren sicher von erwartungsvoller Vorfreude, aber auch von Zweifeln geprägt. Wie in Gottes Namen soll ein Film funktionieren, in dem vier Charakterköpfe von solchem Format aufeinandertreffen, ohne dass man sich permanent gegenseitig die Show stiehlt? Wo soll Platz für Story, Entwicklungen und Überraschungen sein, wenn man die übermenschlichen Querköpfe erst finden, dann überzeugen, dann zusammenbringen und ihnen schließlich auch noch genügend Raum lassen muss für die unausweichlichen Kabbeleien und Gruppenkonflikte?
Whedon hat das einzig Richtige getan, als er Zak Penns Entwurf 2007 in Drehbuchform brachte. The Avengers konnte nicht dieselbe Struktur wie ein ordinärer Superheldenfilm haben, er muss nach anderen Regeln funktionieren.

Wenig überraschend also, dass der Tesserakt kaum mehr als ein MacGuffin ist. Als potentielle Quelle endloser Energie, interdimensionaler Portalöffner und Objekt finsterer Begierden taugt der Würfel in erster Linie dazu, Nick Fury endlich einen handfesten Grund zu liefern, die Avengers-Initiative aus der Taufe zu haben.
So unwesentlich wie die ausschlaggebende Schulhofrauferei in Der Gott des Gemetzels für diesen ist, so wenig trägt die Jagd auf den Tesserakt zum Gelingen von The Avengers bei. Beiden Filmen, so verschieden sie auf den ersten Blick auch sein mögen, dient die Story nur als Initialzündung für einen großen Gruppenkonflikt, der im Verlauf immer mehr Energie anstaut, um diese am Ende mit großem Radau freizusetzen.
Sobald die Helden erstmals einen Raum teilen, offenbart sich das Kernelement des Filmes. Die Exzentrik aller Mitglieder des ungleichen Grüppchens ist Auslöser diverser kleiner wie großer Konflikte, die meist mit pointierten Dialogen anfangen und mit ideenreichen Handgreiflichkeiten entschieden werden. Dabei strotz das Drehbuch vor zynischen One-Linern und ein bissiger Schlagabtausch folgt dem anderen. Die Hauptfiguren foppen und necken einander, dass es eine helle Freude ist. Jede Absonderlichkeit, jede Schwäche wird unter Garantie das Ziel einer schnippischen Provokation. Damit verhalten sich die Weltenretter zwar häufig wie ein paar zänkische Kinder und nicht wie die letzte Hoffnung der Menschheit, aber gerade dies macht ja den Reiz aus.
Bemerkenswert ist dabei, dass es Whedon nicht nur gelingt, jedem der vier Haupthelden nahezu gleichviel Raum zu bieten, sondern dass er es zudem auch noch meistert, die wichtigen Figuren hinter Nick Fury – namentlich Hawkeye, Black Widdow und Phil Coulson – denen bisher immer nur ein paar Auftritte am Rande zugekommen sind, mit beinahe ebenso viel Aufmerksamkeit zu beschenken. Die vormals eher gesichtslosen Sidekicks des einäugigen S.H.I.E.L.D-Agenten erfahren so eine erstaunliche Aufwertung und wachsen dem Zuschauer fast ebenso rasch ans Herz wie die Heroen aus Reihe eins.
Wirklich jeder erhält seine notwendigen Charaktermomente. Captain America, dessen Kinoauftritt 2011 eher bescheiden ausfiel, funktioniert in der Gruppe viel problemloser als in der Rolle des patriotischen Einzelkämpfers. Auch der Hulk fügt sich so homogen in das Geschehen ein, dass man die beiden gescheiterten Versuche, dem Wutmonster ein eigenes Franchise zu spendieren, binnen Sekunden vergessen hat. Zu verdanken ist dies Mark Ruffalo, der dem Hulk nicht nur glaubhaft seine Gesichtszüge leiht, sondern auch in menschlicher Form als getriebener Wissenschaftler überzeugt, die Tragik, die die Figur in sich trägt, brillant rüberbringt und damit seine Vorgänger Eric Bana und Edward Norton mehr als würdig beerbt.

Trotzdem lässt sich nicht verleugnen, dass Iron Man der eigentliche Star des Filmes ist. Aus dem Munde des narzisstischen Playboys kommen nicht nur die markigsten Spitzfindigkeiten, der Eisenmann ist zudem auch derjenige, der die Story in fast allen Punkten vorantreibt, während seine Mitstreiter manchmal ein wenig wie bessere Handlanger daherkommen.
Doch dieses Merkmal als Manko zu anzurechnen, wäre ein wenig zu streng, passt das Verhalten doch bestens zur Figur des Iron Man und  fügt es sich zudem reibungslos in den Verlauf der Story ein. Außerdem ist es ausgerechnet Hulk, auf dessen Konto die Lacher gehen, die nach dem Kinobesuch am hartnäckigsten in Erinnerung bleiben.
Die einzig wirkliche Kritik kann daher auch nur an Streithahn Loki geübt werden. Schon in Thor waren seine Ambitionen nur auf blanken, niederen Neid zurückzuführen, weswegen die Figur trotz ihres Potenzials wenig mehr war als ein missgünstiger kleiner Bruder, der in kindlicher Rage versucht, seinen verletzten Stolz zu flicken. Seither hat sich daran wenig geändert. Immer noch wirkt Loki mehr eingeschnappt denn wirklich boshaft und bedrohlich. Im Alleinkampf gegen den Donnergott mag dieses Hauptattribut seinen Zweck erfüllt haben, wenn sich jedoch die Helden aus verschiedenen Zeiten und Welten vereinen und ihre Macht damit potenzieren, wirkt der störrische wie kurzsichtige Neidhammel mit seiner aufbrausenden Art doch ein klein wenig unwürdig. Nur die Andeutung, dass im Hintergrund eine ganz andere, weit beunruhigendere Macht die Fäden zieht, verhindert, dass dieses Ungleichgewicht zu stark ins Auge sticht.
Doch auch diese Schwäche verkommt zur Nichtigkeit, geht unter in dem Spaß, den dieser Film bereitet. The Avengers birgt derart viele Unterhaltungswerte, dass man sich kaum dagegen wehren kann, einfach mitgerissen zu werden.

Wirklich trüben kann den Genuss höchstens die oktroyierte 3D-Fassung, die man schwerlich umgehen kann, wenn man den Film dieser Tage im Kino genießen möchte. Dass der Effekt selbst vernachlässigbar ausfällt, ist so absehbar gewesen wie verkraftbar. Die Tatsache, dass das das Bild durch die Brille so dunkel wird, dass man ununterbrochen das Gefühl hat, man würde einen normalen Film durch eine Sonnenbrille betrachten, schmälert die Qualität hingegen merklich. Die ganze Präsentation büßt einen beachtlichen Teil ihrer optischen Attraktivität ein, was insbesondere dann auffällt, wenn man sich kurzzeitig entschließt, die Brille abzusetzen und bestürzt wahrnimmt, wie der Film eigentlich aussehen sollte.

Fazit

Das gewagte Projekt ist rundum gelungen; nicht trotz, sondern wegen der Vernachlässigung von Story und Prolog. Der Fokus liegt eindeutig auf den Figuren und den Wechselwirkungen zwischen ihnen. Eigentlicher Held des Filmes ist die hervorragende Gruppendynamik, in die letztlich mehr Feinarbeit geflossen sein dürfte als in die Geschichte von beinahe jedem anderen Blockbuster vergangener Jahre. Den Vorwurf, es handele sich lediglich um effektreiches Eventkino, das mit dem Schaulaufen etlicher Stars lockt, muss sich der Film folglich auch nicht gefallen lassen.
Dass sich eine Sichtung nur dann vollständig auszahlt, wenn man Kenntnis der vorangegangenen Einzelfilme besitzt, bedarf vermutlich keiner Erwähnung – ohne das Wissen um die vielen Eigenheiten der einzelnen Charaktere zündet nur die Hälfte der Witze und erschließt sich nur die Hälfte der Beweggründe, die die vielen Figuren auf ihre jeweilige Art agieren lassen.
The Avengers ist wie eine enorme Torte, die mit viel Liebe zu Detail geschaffen wurde, fantastisch aussieht und am Ende explodiert. Hat man sie zur Gänze verschlungen, hat man höchstwahrscheinlich Diabetes, ist aber so satt und glücklich, wie schon lange nicht mehr.

Eine latente Sorge entsteht hingegen, wenn man an die unvermeidliche Fortsetzung denkt. Der Rezensent jedenfalls kann sich nicht vorstellen, wie ein Nachfolger es schaffen soll, das von The Avengers gesetzte Niveau irgendwie zu erreichen, geschweige denn zu überbieten. Spätestens nach der finalen Schlacht, in der ganz Manhatten einer pompösen Zerstörungsorgie zum Opfer fällt, lässt sich die Frage nach einer möglichen Steigerung eigentlich nur mit verstörtem Schulterzucken beantworten.
Die einzig denkbare Lösung wäre, dass Joss Whedon erneut das Kommando und die Narrenfreiheit erhält, seine Vision umzusetzen. Der langjährige Außenseiter Hollywoods, der sich spätestens mit Firefly seine Sporen mehr als verdient hat, hatte endlich die längst überfällige Möglichkeit, allen auf die Nase zu binden, was in ihm steckt.
Harren wir also der Dinge, die da kommen werden, denn womöglich wird schon Iron Man 3 die Weichen legen.