The First Avenger: Civil War

Captain America schwingt zum dritten Mal seinen Schild auf einem Solo-Abenteuer. Nur dass dieses eigentlich gar keines ist, sondern sich The First Avenger: Civil War genaugenommen wie ein etwas kleineres Abenteuer der Avengers gebärdet.
Aber handelt es sich bei dem zweiten Marvel-Film (und dritten Film überhaupt) der Brüder Anthony Russo und Joe Russo wirklich um den besten Film des Marvel Cinematic Universe, wie vielerorts beschworen wird?

Sometimes I wanna punch you in your perfect teeth.

Story

Bei einem Avenger-Einsatz in Lagos gegen den Söldner Crossbone kommt es zu Kollateralschäden, wieder einmal. Angesichts der Todesopfer, die die Einsätze der Heldentruppe bisher gefordert haben, fordern die Vereinten Nationen mit der Unterzeichnung des Sokovia Accords, dass die Avengers nicht mehr länger als Privatorganisation operieren dürfen, sondern nur noch auf Geheiß der UN aktiviert werden dürfen.
Während Tony Stark mit dieser Meinung konform geht, sieht Steve Rogers die Unabhängigkeit der Avengers gefährdet und stimmt gegen die Anordnung. Die Einheit der Helden ist gespalten. Black Widow und War Machine stehen Iron Man bei und auch der geheimnisvolle Black Panther ergänzt ihre Reihen, weil der Winter Soldier den Vater des Prinzen des afrikanischen Staates Wakanda getötet hat. Der Winter Soldier selbst stärkt zusammen mit Falcon, Hawkey, Scarlet Witch und Ant-Man den Rücken von Captain America.
Unterdessen scheint ein Unbekannter im Hintergrund seinen ganz eigenen Plan auszuhecken.

Kritik

Bereits im unerwartet tollen The Return of the First Avenger konnte man nicht anders, als zu konstatieren, dass die Russo-Brüder ganz ohne Zweifel eine Art Magierteam sein müssen. Wie sonst kann man aus dem Nichts kommen und mal eben das ganze, um sich selbst kreisende Superhelden-Szenario in ein völlig neues Genre, den Agentenfilm, versetzen und dabei auch noch brillieren?
Auch in The First Avenger: Civil War beweisen die Regisseure, dass sie das Salz liefern können, das dem Marvel-Universum so langsam auzugehen drohte.
So leistet der Film sinnvolle Reflexionen und gelangt mit ihnen auch zu klugen und notwendigen Schlüssen, die unabdingbar sind, damit das Heldenuniversum auch weiterhin auf Dauer als Erwachsenenunterhaltung ernst genommen werden kann. So gut die Sache in der Regel auch sein mag, für die derartige Übermenschen eintreten, ihre Gegenreaktion auf das Handeln eines wie auch immer gearteten Antagonisten muss so nachdrücklich ausfallen wie dessen aggressive Initiativhandlung. Im Umkehrschluss muss auch das Kontern der Helden Opfer fordern. Die in den bisherigen Filmen eingestürzten Stadtteile, die fehlgeleiteten Raketen, Hulk-Fäuste und Mjölnirflüge töteten Unbeteiligte. In gewisser Weise verändert dieses Eingeständnis nicht nur die Helden und ihr Selbstbild, sondern auch die Filme und das Bild, das der Zuschauer von ihnen haben wird und sollte. Der Film ist außerdem auch mutig genug, den wunderlichen Fakt zur Sprache zu bringen, dass böse Übermächte nicht viel früher oder viel später, sondern quasi stets zeitgleich mit den Geburten der Protagonisten den Schauplatz der Erde betraten. Die Erklärungsnot, in der so gut wie jede Heroenreise gerät, zu benennen, zeugt von Selbstbewusstsein, auch wenn das Drehbuch sie natürlich nicht ausschalten kann. Das alles klappt deshalb so gut, weil die Schreiberfähigkeiten von Autor Christoph Markus mit jedem Film zu wachsen scheinen. The First Avenger: Civil War ist ein für sein Genre stark dialoglastiger Streifen, der in dieser Position aber zu keinem Zeitpunkt spröde oder unbeholfen wirkt. Man traut sich nicht nur, den Film Film politisch und gesprächig zu machen, man kann es auch.

Wo es dann hingegen schwächelt, das ist die eigene Prämisse. Dass Tony Stark zum kontrollbesessenen Egomanen mutiert, ist auf dem Papier wenig überraschend, genaugenommen eigentlich nicht einmal eine wirkliche Entwicklung. In der Praxis funktioniert dies aber nicht ganz so gut und selbstverständlich, denn seine Gründe sind fadenscheinig und noch viel fadenscheiniger erklärt. Dass er und sein Team sich nun gegen die andere Hälfte des Kämpferensembles stellen, führt dazu, dass die ganze Avengers-Truppe sich aufführt wie eine verzankte Horde dickköpfiger Kinder. Auch die zentrale Schlacht am Leipziger Flughafen wirkt, kleinlich ausgedrückt, wie eine aufgeplusterte Schulhofschlägerei. Eigentlich sind sie ja alle Freunde, eigentlich meinen sie es gar nicht so. Dass man sich dann und wann trotzdem Hangarteile an den Kopf schleudert oder eine Boing auf den besten Freund stürzen lässt, wirkt in der Rückichts- und Gedankenlosigkeit so unbegründet und albern, dass es der gesamten Marvelmannschaft prospektiv Zurechnungsfähigkeit, Charakterstärke und Konsistenz abspricht. Und das ist insbesondere deshalb eine bedauernswerte Fehlentwicklung, weil die Figuren ja gerade aufgrund ihrer charakterlichen Stärke so attraktiv sind.
Verstärkt tritt dies dann im Finale hervor, wo Iron Man und Captain America wie die Tiere aufeinander losgehen, obwohl sie nicht nur eigentlich keinerlei zulässige Gründe dafür haben, sondern vor allem auch genau wissen, dass dies von ihrem eigentlichen Feind geplant wurde und sie damit zu seinen Erfüllungsgehilfen werden. Spätestens hier muss man dem Drehbuch, das im Kleinen so ambitioniert daherkommt, eine schmerzhafte Nachlässigkeit attestieren, die mit etwas mehr Feinarbeit zumindest entschieden verringert hätte werden können.
Das Falcon immer noch aussieht wie jemand, der sich zu Fasching als Blade verkleidet fällt angesichts dessen ebenso wenig ins Gewicht wie Kuriositäten wie tickende Handgranaten.

Eine andere große Wende, die mit dem Film vorgenommen wird, ist die Eingliederung von Ant-Man und Spiderman in das stetig anwachsende Team. Mit diesen beiden wird die Welt mit einem Schlag deutlich klamaukiger, was aller Wahrscheinlichkeit viel am zukünftigen Grundton der Filmereihe ändern wird. Ob das gut oder schlecht ist, wird die Zukunft zeigen. (Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erdenhelden mit dem chaotischen Trupp der Guardians of the Galaxy harmoniert, steigt dadurch natürlich deutlich)
Die Action ist im Prinzip gelungen, da sich stets und erfolgreich um Kreativität und abwechselnde Schauwerte bemüht wird. Nur leider ist so gut wie jede Auseinandersetzung ein wenig zu hastig geschnitten und ein wenig zu nah am Geschehen gefilmt. Die Übersicht geht hierbei nicht verloren, doch vermisst man inszenatorische Ruhe, um das, was da geschiecht, und was im Grunde genommen toll ist, auch wirklich wahrnehmen zu können.

Story

The First Avenger: Civil War ist ein guter Film, der große Dinge in Bewegung setzt und die immer größer werdende Herausforderung meistert, (fast) alle Charaktere des Avenger-Universums zu vereinen, ohne dass der Film zerfällt, aus allen Nähten platzt oder Figuren untergehen. Auch dank der gut geschriebenen und inszenierten Dialoge funktioniert dies.
Dafür krankt das Universum erstmals deutlich an seinen Figuren, die von der Geschichte gezwungen werden, ungewohnt ignorant, kurzsichtig und nur allzu oft auch sehr dumm zu handeln. Das Drehbuch schafft es nicht, die notwendigen Schritte zu machen, solche Handlungsextreme hinreichend zu plausibilisieren, weshalb nach den zweieinhalb Stunden guter Unterhaltung trotzdem ein Nachgeschmack des Bedauerns bleibt.

The Return of the First Avenger

Das unzusammenhängende Daumenkino vor dem Marvellogo, das Sprechblasen, bleiche Helden und eine Milliarde Geschwindigkeitslinien vorbeiflattern lässt, ist nun schon seit deutlich mehr als 10 Jahren der allen vertraute Einband für ganz besondere Geschichten. Captain America – The First Avenger war 2011 ein Tiefpunkt dieser Geschichten, ein ziemlicher Schnarcher – zusammen mit Iron Man 2. Marvel gelang es aber, sich schnell zu fangen, die Avengers retteten die Welt und verpassten dem Riesen-Franchise wieder frischen Atem.
Nach Iron Man 3 ist Captain America 2 – The Return oft he First Avenger an der Reihe und gibt auch für sich Entwarnung.

This isn’t the age of spies. This is not even the age of heroes. This is the age of miracles… and there’s nothing more horrifying than a miracle.

Story

Steve Rogers hat es den HYDRA-Nazis gezeigt, verbrachte einige Jahrzehnte im großen Eis und schlug gemeinsam mit den Avengers Thalos‘ Schergen zurück.
In der Zwischenzeit hat er sich den Gepflogenheiten der Gegenwart schrittweise angenähert, findet seine Erfüllung insgeheim aber weiterhin in dem Befolgen von Befehlen – in diesem Fall von S.H.I.E.L.D.
Ein Umstand, der sich ändert, als nicht nur ein mysteriöser Antagonist auftaucht, sondern auch die internen Strukturen der S.H.I.E.L.D.-Organisation ganz offensichtlich von Innen heraus verdorben sind. Plötzlich befindet sich Rogers, alias Captain America im Fadenkreuz der Helden-Agenten und muss auf eigene Faust gegen sämtliche Fronten ermitteln. Zur Seite steht ihm nur Natascha Romanoff als Black Widow.

Kritik

Der Anfang lässt sich Zeit und gewährt Wiederholungen zugunsten von Quereinsteigern leider einer tieferen Charakterarbeit gegenüber den Vorzug. Die Witze sind noch ein wenig gezwungen und auch einige Seltsamkeiten, wie die Tatsache, dass Nick Fury offensichtlich nicht in Besitz eines Handys ist, stören das Gesamtbild zwar, doch bereitet auch das Anlaufnehmen durchaus schon eine gewisse Freude, die nur durch die zu hastigen Schnitte kleinen Abbruch findet.
Dann wird es mit einem Schlag sehr wild und dramatisch, wenn die Geschichte endlich richtig loslegt.

Im Gefolge hat die Spionage- und Geheimagentenstory ein paar wirklich beeindruckende Actionsequenzen, die teilweise hochgradig konstruiert und daher ebenso absurd und damit umso temporeicher ausfallen. Doch zur Geschichte, denn The Return of the First Avenger gelingt hier ein kleines Wunder. Einerseits geht man – endlich – weg von der omnipräsenten, mit jedem Film anwachsenden Zerstörung, um die fadenscheinig eine schablonenartige Heldengenese entsteht, und widmet sich, wenn man so möchte, einem ganz anderen Genre. Neben dem ansehnlichen Actionpart ist die Suche nach dem Winter Soldier eine elektrisierende Schnitzeljagd geworden, während dieser Recherche und Kombinationsgabe die beiden Helden durch die Vereinigten Staaten führen. Dies ist der im Durchschnitt wohl ruhigste Film des neuen Marveluniversums, wodurch einiges an Abwechslung entsteht – ein nur scheinbares Paradoxon, das sich Hollywood früher oder später zwangsläufig aneignen muss, um in der werdenden Filmlandschaft weiterhin Erfolge zu verzeichnen. Andererseits vollbringt man das Kunststück, eine halbwegs geerdete Geschichte um Überwachung und Doppelagenten an den richtigen Passagen mit ordentlich Comic-Wind in Fahrt zu bringen, ohne die eine oder andere Ebene wie einen Fremdkörper wirken zu lassen. Das entlastet nicht nur übersättigte Sehgewohnheiten, die auf eine x-te Wiederholung des Heldensage-Schemas gefasst waren, es bringt vor allem das ganze Genre der Comicverfilmungen auf ein neues erzählerisches Niveau, wo weit mehr möglich ist als in den niederen Gefilden der Ein-Mann-Gegen-Den-Superschurken-Penrose-Treppe.
Schade, dass im letzten Akt dann doch auf klassische Kampffinale-Mittel gesetzt wird, anstatt die mutige Linie weiterzuverfolgen. Das funktioniert auf bewährte Weise gut, wirkt aber gerade im Vergleich zum vorwärtsgerichteten Teil der Geschichte ein wenig inkonsequent.

Fazit

Nach dem müden Trip durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs hieven Joe und Anthony Russo den Marvel-Patrioten in die bessere Hälfte dieses Universums. Trotz der angestrengten Dialoge, die den klaren Tiefpunkt des Filmes graben, besticht das Gesamtkunstwerk durch große Stimmigkeit – nicht trotz, sondern wegen ungewöhnlicher Genreeinflüsse im Heldenuniversum.