Sense8

Seien wir ehrlich, Matrix war toll, die Fortsetzungen nur ein Schatten. Speed Racer kennt heute schon kein Mensch mehr, Cloud Atlas soff (unverdient) an den Kassen ab und Jupiter Ascending war das Verzweifelte Aufbäumen von zwei Künstlern, die sich plötzlich nichts mehr trauten. Und nun eine ganze Serie von ihnen. Auf Netflix. Wieder mit

This is what life is. Fear, rage, desire… love.

Story

Acht grundverschiedene Personen, die verschiedenen Kulturen, Kontinenten und Philosophien zugehörig sind, verbindet scheinbar nur ihr Alter. Plötzlich aber sind sie auch emotional, mental und kognitiv miteinander verbunden. Ein Busfahrer aus Narobi, ein Kleinkrimineller aus Deutschland, eine Kickboxerin und Tochter eines mächtigen Geschäftsmannes aus Seoul, eine transsexuelle Bloggerin mit Hackertalenten, eine Indierin vor ihrer arrangierten Hochzeit, eine mit dem Leben hadernde Djane aus Island, ein rechtschaffender Polizist aus Chicago und ein mexikanischer Soap-Star, der seine Homosexualität verbergen muss, teilen plötzlich die gemachten Erfahrungen, was nützliche, aber auch befremdliche Situationen bedingt.
Was sie bald zusätzlich verbindet, ist ihre Unwissenheit, was es damit auf sich hat, aber auch die Skepsis und Angst gegenüber allen, die etwas von diesem unheimlichen Phänomen zu wissen scheinen.

Fazit

Diesen Eindruck macht Sense8: Eine Serie, die sich Zeit für ihre Figuren nimmt, die großen Wert auf Charakteraufbau legt und Großes entstehen lassen möchte, das aus komplexen Verflechtungen von glaubhaft Kleinem erwächst. Bereits in seinem Konzept präsentiert sich Sense8 als kleiner Anachronismus in der schnelllebigen Serienwelt von heute. Und natürlich ist Netzflix Prduzent und Ausstrahlungsort in einem, um sich mit einer weiteren Serie zu profilieren, die sich nicht pro Folge, sondern pro Staffel beweisen muss und bleischwere Namen auf handwerklicher Seite aufweist: Nicht nur die Wachowskis, die sich seit Matrix auch finanzielle Riesendebakel wie Jupiter Ascending leisten können und immer noch mit Samthandschuhen getätschelt werden, sondern auch J. Michael Straczynski – der Schöpfer von Babylon 5 (und zuletzt Drehbuchschreiber von World War Z) – sitzen am Steuer.
Und in der Tat, es ist richtiggehend wohltuend, dabei zuzusehen, wie die Geschichte sich nicht Schlag auf Schlag, sondern in dynamischer Langsamkeit entfaltet. Zwar sind die einzelnen Geschichten für sich genommen nicht immer übermäßig interessant, durch den ständigen Wechsel zwischen den Erzählsträngen, federt die Serie ihre Schwache jedoch perfekt ab. Das ist die eine, aber ausschlaggebende Stärke von Sense8, der Sog des Verschiedenen, die Macht der Kompilation, letztlich die Faszination eines Puzzles im engeren Sinne. Denn nach und nach gesellen sich die einzelnen Stränge zueinander, berühren sich anfänglich nur dann und wann einmal sachte, ehe sie sich selbst straffen und dazu ansetzen, ein Knoten zu werde. Eine erzählerische Offenbarung darf und wird niemand erwarten. Was die Serie ausmacht, ist ihr eigener, sehr selbstbewusster Erzählton.

Ungewöhnlich für eine Netflixproduktion dieses Kalibers ist, dass keines der zahlreichen Gesichter ein bekanntes ist. Vor allem in einer Zeit, in der jede neue Serie sich mit dem Konterfrei von mindestens eine Tripple-A-Sternchen schmückt, sind die unbekannten Schauspieler eine kleine Wohltat, denn dadurch wirken auch die Charaktere frischer und man selbst begegnet ihnen vorbehaltloser. Das ist aber auch notwendig, weil man sich offenbar zu der Vorsichtsmaßnahme gezwungen sah, allen übertrieben markante Eigenschaften zu verleihen, damit bloß keine Diskussion über deren Existenzberechtigung entstehen kann.
Das Leben desjenigen, der einen pathetischen Job hat, ist auch pathetisch, das Leben jener, die ein vergleichsweise langweiliges Leben haben, ist auch langweilig. Und das Leben derjenigen, die eine potenziell interessante Geschichte haben, wird zu selten gezeigt. Das sorgt zugegebenermaßen nicht nur für einen gewissen Ärger, sondern auch für eine gewisse Abwechslung.

Immer dann, wenn die Geschichte kurz in einer Kurve Geschwindigkeit dazugewinnt, macht Sense8 aber auch gerne klar, wieso seine Darstellerschar zuvor nicht bekannt war, denn ein großes Talent ist an keinem der Beteiligten verloren gegangen. Wobei man fairerweise festhalten muss, dass es oftmals definitiv an der Führung der Schauspieler und nicht an ihrem Handwerk liegt, dass manche Szenen urplötzlich so lächerlich wirken, dass man kaum noch annehmen kann, es handele sich hier nicht um eine Komödie. Es sind jene Momente, in denen auf einmal Michael Bay-artige Kameraarbeit in Verbindung mit Zeitlupen und Bombastgepauke auftanzen. Wenn sich dann auch noch jemand wie ein Wrestler in Rage das Shirt von der durchtrainierten Tattoo-Brust reißt, animalisch grunzt und ein grotesk überinszenierter Faustkampf startet, hat das einen eigenartigen, gar nicht so uninteressanten Effekt, wenn man dies mir der ansonsten so behäbigen Inszenierung kontrastiert. Dass sich die Regie unter anderem mit den Wachowski-Stammmitarbeitern Tom Tykwer und James McTeigue (V wie Vendetta, Ninja Assassin) geteilt wurde, lässt sich an diesen plötzlichen Stilbrüche vielleicht erklären, eigentlich sind sie aber zu rabiat, um nicht zum Konzept zu gehören.

Konflikte verlaufen stets immer nach der gleichen, kaum variierten Rezeptur ab. Einer der Acht, der von Natur aus friedlich ist, gerät in eine scheinbar ausweglose Bedrohungssituation, wo dann schließlich ein anderer der Acht eingreift, um der Bedrohung die Hölle heiß zu machen. Verpackt ist das stets in bemerkenswerte Choreographien, deren Brutalitätsgehalt von Folge zu Folge zunimmt, im Kern ist dies aber jedes Mal dieselbe Peripetie, wodurch Spannung nur durch die Action, nicht aber wirklich durch die Handlung entsteht. In gewisser Weise macht das natürlich Sinn, den zwei der Hauptpersonen eifern fast schon wahnhaft zwei 80er-Jahre-Actionhelden nach, die schließlich ihre Probleme auf die gleiche Weise gelöst haben. Daran, dass die Wege, die die Drehbücher nehmen, nicht sonderlich fabelhaft sind, ändert aber auch das nichts. Von der irritierenden Message, dass der richtige Grad an Gewaltbereitschaft auch die einzig richtige Lösung für selbst herbeigeführte Probleme ist, einmal ganz abgesehen.

Als erstes fällt übrigens eine Entscheidung auf, die in den Augen vieler amerikanischer Zuschauer sicher nachvollziehbar erscheint, in ihrem skurrilen Effekt aber bis zum Ende der Staffel regelmäßig für Verwirrung sorgt: Die Handlung spielt an vielen, über den gesamten Globus verteilten Orten. Doch gleich ob Indien oder Deutschland, gesprochen wird stets in englischer Sprache. Nur dass man in Deutschland eben mit einem deutschen, in Indien mit einen indischen Akzent die Sprache markiert. Nur dann und wann, wenn es für die Handlung nicht relevant scheint, dringen trotzdem Brocken der jeweiligen regionalen Sprache in die Tonspur, geäußert von irgendeinem Statisten im Hintergrund.
Wie authentisch es gewirkt hätte, wie mutig es gewesen wäre, hier Konsequenz zu zeigen und eine Serie in verschiedenen Sprachen zu drehen, die nur über Untertitel geschaut, lässt sich vor allem dann vorstellen, wenn man den faulen Kompromiss sieht, den die Wachowski-Geschwister mit Sense8 eingegangen sind. Denn als großes Alleinstellungsmerkmal ist ja gerade der globale, mundane Aspekt inszeniert.
Trotzdem fühlt man sich nie betrogen und immer unterhalten, wobei gerade der erste Punkt in gegenwärtiger Zeit leider als dritte große Wohltat der Serie hervorzuheben ist. Die Geschichte bleibt ihre Tempo treu und obwohl sie bisweilen – vor allem aufgrund einer bestimmten Figur – immer mal wieder an Lost erinnert, bleibt sie interessant und spannend. So muss man Sense8 zum Ende hin etwas widerwillig attestieren, dass sie trotz nicht zu geringfügiger Fehler eine magnetische Wirkung ausübt, wie sie Serien heute viel zu oft abgeht.

Fazit

Die Ungleichheit einiger Figuren, immer wieder wunderliche Ausreißer in der Inszenierung und formale Fehlentscheidung, deren Unnötigkeit teils zum Himmel schreit, und nicht zuletzt unglaubwürdige Charakterwege machen es in der Theorie schwer, Sense8 zu mögen. Erstaunlicherweise ist es in der Praxis aber gar nicht so schwer, mit der Serie warm zu werden. Denn das Wachowski-Projekt hat etwas, das man wenig sachlich wohl als „Herz“ bezeichnen und das sich etwas präziser als Effekt einer ambitionierten Erzählweise erfahren lässt. Primär liegt das einfach nur am hohen Abwechslungsreichtum, der naturgemäß eintritt, wenn sich acht über die ganze Welt verstreute Protagonisten ständig abwechseln. Man mag naserümpfend abwinkend murren können, dass es die Serie sich damit natürlich ganz schön leicht macht – daran, dass der Plan aufgeht, ändert das aber nichts.
Und schließlich ist diese dreiste Art des Beugen von Normen ja genau das, wofür die Matrix-Eltern einst die weltweite Achtung aller Filmaschauenden ernteten.

The Ninja War of Torakage

Japan Filmfest Hamburg Special 10

Well, our time is up for now.

Story

Sechs Jahre ist es her, dass Torakage sich von seinen Pflichten als Ninja entbinden ließ, um gemeinsam mit seiner Geliebten und dem gemeinsamen Sohn ein bescheidenes Leben in Abgeschiedenheit zu führen.
Nach einer Weigerung, in die Tätigkeit seiner Vergangenheit zurückzukehren, entführt seine vorherige Herrin den Sohn des Paares. Gemeinsam müssen sie sich auf den Weg machen, in Dreitagesfrist eine legendäre Schriftrolle aus einem gut bewachten Schloss zu entwenden.
Zusammen mit einer zweiten, ergänzenden Rolle soll sie den Weg zu einem unermesslich wertvollen Schatz weisen.

Kritik

Was für eine Stauung von Lärm und Unsinn. Nach den ersten Minuten unterbricht ein – vermeintlich – portugiesischer Erzähler das Geschehen und weiht den Zuschauer darüber ein, wieso seine Geschichte im Speziellen und Ninjas im Allgemeinen eine interessante Angelegenheit sind. Es scheint, als hätte Regisseur und Autor Yoshihiro Nishimura all das zusammengekehrt, was er in den zahllosen Arbeiten im Filmgeschäft – wenn auch meist in der zweiten Reihe – erlebt und mitgenommen hat.
Das bedeutet: Ausnahmslos Satirisches, Gutes wie weniger Gutes.
Von letzterem wird der Film zu Anfang immer mal wieder heimgesucht. Zwar sind dank der hohen Gagdichte auch hier bereits schon einige gelungene Witze zu verzeichnen, doch finden sich auch immer mal wieder Kalauer, die so dumm und plump sind, dass sie einfach keinen Spaß machen. Das geht so weit, dass man sich als Zuschauer dann und wann in solchen Momenten ängstlich die Frage stellt, ob es überhaupt noch einen erkennbaren Unterschied zu gängigen Spoof Movies vorhanden ist. Einzig die Tatsache, dass der Film überraschend professionell inszeniert ist, eben immer mal wieder auch zündende Gags vorhanden sind und zudem einige Schauwerte geboten lassen, lassen einen die Frage verneinen. Darüber hinaus spielt die Filmmusik, die ein einziges Ennio-Morricone-Zitat ist, sich in ihrer penetranten Weise schnell tot und fängt an, zu nerven.
Doch The Ninja War of Torakage hat eine Eigenschaft, die beim Geschichtenerzählen als sehr erstrebenswert angesehen wird. Immer weiter steigert sich der Film, immer schneller und enger werden die Kreise um den eigenen Stil, bis er sich irgendwann so sehr in sich selbst hineingesteigert hat, dass bei all dem dichten Wahnsinn und der wahnwitzigen Aneinanderreihung von Ideen und Absurditäten gar kein Platz mehr bleibt für dumme Witze oder auch nur ansatzweise langweilige Passagen. Selbst der Soundtrack verliert seine aufdringliche Wirkung und passt sich besser ans Geschehen an. Das ist dann eine Wandlung, die sich gewaschen hat, denn ein solches Urteil über einen Film abzugeben, ist alles andere als selbstverständlich. Dass sich The Ninja War of Torakage aber immerfort zu steigern versteht und dies auch bis zur allerletzten Sekunde mühelos fortsetzt, ist schon eine erstaunliche Leistung. Die Karikatur von Fantasy- und Samurai-Filmen ist eine einzige überdrehte Achterbahnfahrt mit zig irrwitzigen Schrauben, Loopings und Gruseltunnels, bei denen lediglich einige computergenerierte Effekte die Laune zu trüben vermögen. Abrupt einsetzende Musicalszenen (praktiziert von körperlosen Klonköpfen!), Scherenschnitt-Montagen und Erzählmonologen des japanischen Portugiesen-Ninjas lassen all das aber vergessen. Trotzdem ist dieses Potpourri in seinem Wahnsinn nie strapaziös, sondern vorrangig sehr, sehr unterhaltsam. Es sei denn natürlich, man kann mit japanischem Humor ganz und gar nichts anfangen.

Fazit

The Ninja War of Torakage ist ein Meta-Film mit absolut abstruser Geschichte und mehr als nur einem blödelnden Schalk im Nacken. Gerade im ersten Drittel steckt noch viel Selbstzweckhaftes und Dümmliches in der Geschichte, doch mit der Zeit wird der Film auf wundersame Weise reifer, wilder und witziger, sodass am Schluss ein eindeutig positives Gefühl zurückbleibt.
Beinahe hofft man, dass die augenzwinkernd mit einer herrlichen Szene angekündigte Fortsetzung tatsächlich realisiert würde – auch wenn man weiß, dass der Spaß hier wohl kaum noch einmal neu aufgekocht werden könnte, ohne seinen würzigen Geschmack zu verlieren.

 

Das Leben des Budori Gusko

Japan-Filmfest Hamburg Special 8

Story

Gemeinsam mit seiner Schwester und den fleißigen Eltern lebt Budori ein glückliches Leben im Wald nahe eines kleinen Dorfes, wo er täglich und lernwillig die Schulbank drückt. Das beschauliche Leben ändert sich, als auf den Winter irgendwann kein richtiger Frühling mehr folgt und die Ernte über Jahre hinweg bestenfalls kümmerlich ausfällt. Nachdem Mutter und Vater verschwunden sind, erscheint ein unheimlicher Zauberer im Haus bei den hungernden Kindern und nimmt Budoris Schwester mit.
Da ihm nichts mehr bleibt, macht sich der junge Kater auf die Reise, um sein Glück zu finden. Er begegnet hilfsbereiten, aber auch wunderlichen Personen, wächst langsam heran, der ausbleibende Frühling bleibt aber eine stete Bedrohung in seinem Leben und der Welt.

Kritik

Schon in Nacht auf der galaktischen Bahnlinie sind die meisten Figuren in Gisaburō Sugiis Das Leben des Budori Gusko anthropomorphe Katzen. Bekanntheit hat der Regisseur nicht nur durch den genannten modernen Klassiker erlangt, sondern unter Freunden des anspruchsvollen Zeichentrickkinos auch dank dem ungemein lohnenden Sci-Fi-Anime Serial Experiments Lain. Auch in seiner zweiten Interpretation eines Miyazawa-Werkes (die Novelle stammt aus dem Jahr 1932) begegnet man sofort dem vertrautesten Stilmittel des Regisseurs – der Protagonist ist, wie auch seine ganze Familie und sämtliche Dorfbewohner – so unfassbar niedlich, dass man, gleich wie Hart das eigene Herz auch sein mag, gar nicht anders kann, als Sympathie und Mitleid für das selbstlose und durch und durch unschuldige Kerlchen aufzubauen. Denn natürlich ist nicht eine Katze die Hauptperson, sondern ein Mensch reinen Herzens, der lediglich die Gestalt einer Katze hat. Der so geweckte Beschützerinstinkt, ist aber ein hervorragendes Instrument, eine Bande zu der Figur aufzubauen. Dass es sich beim Protagonisten um ein Tier handelt, hat also durchaus seinen Sinn – und fällt ansonsten nicht weiter auf, denn schnell hat man sich an den, für westliche Augen, ungewöhnlichen Hauptcharakter gewöhnt und seine spitzohrige Präsenz als normal und unproblematisch akzeptiert.
Dass das gerade zu Beginn so reibungslos funktioniert, liegt einerseits an den wirklich prächtigen Zeichnungen, mit denen der Heimatwald lebendig wird und die sofort ein Gefühl von Sehnsucht und herzlicher Gemütlichkeit wachrufen. Genau wie die Charakterdesigns, evoziert der heimelige Forst mit seiner Detailfülle und den vielen entdeckungswerten Orten ein Gefühl von naturalistischer Märchenhaftigkeit, wobei die gewählten Perspektiven diese Stimmung gezielt verstärken. Wenn sich dann herausstellt, dass das hier erzählte Märchen ein sehr finsteres ist, wirkt die Schwere des Schicksals der Familie Gusko umso stärker. Der Zauber des Gehölzes macht nun Platz für eine Welt, die jenseits des Märchens existiert.
Die Odyssee, die Budori Gusko durchlebt, ist die eines Kindes, das durch Tücke und Missgunst von seiner immer nur passiven Unschuld zu einer selbstständigen Person heranwächst – erzogen nicht mehr nur im behüteten Heim der Eltern, sondern auch von einer Welt, in der der Kapitalismus mit Strenge regiert.
Allerorts spürt man den Versuch, ein Werk zu schaffen, dass die Strahlkraft und den freigeistigen Reichtum eines Studio Ghibli-Filmes besitzt.

Zudem tauchen Computeranimationen auf, die überhaupt nicht ins harmonische Bild der Zeichentrickwelt passen wollen und als hässlicher Fremdkörper die Atmosphäre verunstalten. Irgendwie passt dies, denn nach dem Austritt aus dem Wald der Kindheit strahlt Das Leben des Budori Gusko ein permanentes, aber kaum fassbares Unwohlsein aus. Die Geschichte läuft ab diesem Moment seltsam ziellos ab, Budori ist ein Charakter, der sich seinem ungnädigen Schicksal fortwährend hingibt, ohne merklich gegen es aufzubegehren. Stoisch lässt er Leid über sich ergehen und macht einfach dort weiter, wo der Wind ihn hinträgt. Durch die Fremdbestimmung der Hauptfigur wirken auch die bereisten Orte wie eine Aneinanderreihung von Zufällen. Die Geschichte, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt dabei unentwegt seltsam. Oftmals fesselt der Film weniger durch seinen etwas unmotivierten Verlauf, sondern durch die durchgehend schön gezeichneten Szenerien, in die es Budori verschlägt. Den Platz der anfangs herzigen Katzenwesen nehmen andere Gestalten ein, deren Äußeres mit Fortschreiten der Spieldauer immer alptraumhafter wird. Die Welt, in die man gemeinsam mit der Hauptfigur immer tiefer dringt, ist eine wunderliche, in der sich an Steampunk erinnernde Science-Fiction-Gerätschaften vor dem Hintergrund einer rückständigen Welt zeigen, in der Elend, Naivität Magie, bodenständige Wissenschaft und hungriger Kapitalismus eng beieinander existieren. Psychedelische Traumsequenzen bestärken die beunruhigende Stimmung des Filmes. Über allem liegt der Schatten des Magiers, der zu Beginn der Handlung Budoris Schwester mit sich nahm. Auch hier verwundert die eigenartig verstecke Motivation des Protagonisten – es wird an einigen Stellen klargemacht, dass er seine Schwester befreien will, doch aktiv dafür Eintreten sieht man ihn kein einziges Mal.
Die Krönung des sonderbaren, mulmigen Grundgefühls ist dann das Filmende selbst, das auf eine Weise bizarr einfach ist, aber auch viel Raum für Spekulation lässt.
So entlässt einen dieser eigentümliche Film auch mit dem seltsamen Gefühl, dass er seinen eigentlichen Kern erfolgreich verborgen halten konnte.
Ob das ganze Abenteuer nur der Traum eines sterbenden Kätzchens ist, ob die Geschichte eine Fabel darüber darstellt, dass sich gerade nicht in tatenloser Ergebenheit seinem Schicksal opfern sollte oder ob Gisaburō Sugiis hier tatsächlich einfach nur den sonderbaren Weg eines sehr einfachen Wesens in einer sehr komplizierten Welt zeigen wollte, auf solche Fragen gibt es keine eindeutigen Hinweise. Vielleicht bietet die Lektüre des Quellmaterials Aufschluss, vielleicht gibt es eine im Westen unbekannte Sage, die mit Unklarheiten aufräumen könnte.

Fazit

Trotz der – zum Glück seltenen – deplatzierten Computeranimationen ist Das Leben des Budori ein optisch weitestgehend herausragender Film, der viel von seiner besonderen Stimmung aus den wundervoll gezeichneten Szenerien zieht.
Die Pluralität von Botschaften, der eigentümliche Verlauf und die zugleich sehr schlichte als auch geheimnisvoll wirkende Geschichte sind etwas, das den Film interessant, aber auch ein wenig anstrengend macht.
Einen Blick ist der Film auf jeden Fall wert – doch wird er wohl einige seiner Zuschauer verschrecken. Und für Kinder ist der auf den ersten Blick putzige Animationsfilm sowieso eine Spur zu verstörend.

Patema Inverted

Japan-Filmfest Hamburg Special 7

Story

Patema lebt seit ihrer Geburt zusammen mit einer kleinen Gesellschaft in einem gut ausgebauten Höhlensystem. Trotz wiederholter Verbote entwischt sie immer wieder den befestigten Räumlichkeiten, um die Geheimnisse der ferneren Stollen zu ergründen.
Bei einem ihrer Ausflüge begegnet sie jedoch einem Fledermausmenschen – eine Kreatur, die sie bisher für ein Ammenmärchen zum Erschrecken von Kindern gehalten hat. Auf ihrer Flucht stürzt sie in die Tiefe und überlebt nur durch einen Glücksfall.
Als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht, stellt sie fest, dass der Grund der Schlucht zugleich auch Übergang in die Stadt Aida ist. Noch erschreckender als die Tatsache, dass diese unter freiem Himmel gebaut wurde, ist aber die Tatsache, dass Oben plötzlich Unten ist. Wortwörtlich.

Kritik
Die Schöne Farbgebung der reichhaltigen, mit Kleinigkeiten vollgestopften Bilder ist das erste, was an Patema Inverted ins Auge sticht. Die Liebe zur glaubhaften Umwelt, denn eine glaubhafte Umwelt ist das Thema des Filmes. Die Detailverliebtheit lässt zu Anfang verständlich werden, wieso Patema so versessen darauf ist, die Umgebung zu erkunden, und fesselt auch für den weiteren Verlauf das Auge an das Bild, das mit sehenswerten Bestandteilen wahrlich nicht geizt. Der Film profitiert hiervon in gesteigertem Maße immer dann, wenn die Perspektive sich um 180° Grad dreht, weil die Fokalisierung von Patema auf Age wechselt oder umgekehrt. In diesen Momenten fühlt sich der Film besonders interessant an und dieses Stilmittel wird überlegt eingesetzt. Auch die variable, teils klassische Musik fügt sich gut ins Gesamtbild ein und sorgt dafür, dass Patema Inverted ganz besonders im Kino eine Sinnesfreude ist:
Die Empathie mit den beiden Figuren glückt zudem. In ihren Zweifeln und Handlungen sind die Teenager nachvollziehbar, werden aber nicht zu trocken dargestellt, sondern dienen immer mal wieder als Vehikel für harmlose Späße, die den Zuschauer daran erinnern, dass er einen Anime schaut. Die neugierige Protagonistin ist nicht, wie so oft, zu naiv unbedarft, sondern in ihrem Wissensdurst sehr gut nachvollziehbar. Die Nebencharaktere haben es leider nicht so gut. Während die unterirdische Bevölkerung, der Patema entstammt, gesichtslos bleibt, womit sehr viel Potenzial verschenkt wird, sind die relevanten Personen aus Aiga sämtlich platte Abziehbilder der Marke Willenloser Lakai in Jin-Roh-Rüstung oder diabolischer Fanatiker. Gerade das Konzept der Welten und die angedeutete Historie hätten viele Ansatzpunkte zur Verfügung stellen können, um vielschichtige Charaktere mit nachvollziehbaren Motivationen zu kreieren. Dass die Führungsriege Aigas aus stupiden Despoten ohne einen Funken verstand besteht, ist jammerschade, denn so verliert der zentrale Handlungsort des Filmes nie seinen Status als Entwurf einer eindimensionalen Konzeptwelt. Was den Film hier häufig rettet, ist der Mut, auch in ernsteren Szenen immer mal wieder ein wenig Humor zu erlauben und die Geschichte somit aufzulockern, was dem Film gut zu Gesicht steht.
Die großen anfänglichen Fragen im Film sind nicht, warum die Welt ist, wie sie ist, und wie das funktionieren kann, sondern wie die Figuren sich damit arrangieren. Antworten auf diese bekommt man trotzdem und das sogar recht früh. Gerade an diesem Punkt, der zentralen Prämisse von Patema Inverted, wurde nicht ausreichend weit gedacht, denn die Art und Weise, wie die Umdrehung der Schwerkraft funktioniert und wie sich die verschiedenen, parallel existierenden Gesellschaften erhalten können, ist, folgt man der vom Film vorgeschlagenen Logik, schlicht nicht möglich. Tatsächlich ist Gravitation in diesem Film eine völlig willkürlich funktionierende Kraft, die nicht im Sinne einer Gesetzmäßigkeit wirkt, sondern immer dann, wenn der Film es eben braucht, um richtig auszusehen. Gerade ein so zentraler Sachverhalt hätte es verdient gehabt, dass man seiner Schlüssigkeit ein wenig mehr Aufmerksamkeit schenkt. So aber muss man darauf schließen, dass die phantastische Ausgangssituation nur dafür da ist, hübsch aussehende Sequenzen und eine fabelhafte Prämisse anzubieten.
Das alles reicht Dank schöner Ideen in der Umsetzung, den sympathischen Hauptfiguren und dem Spaß, die Welt schrittweise mit ihnen zu entdecken, in genügendem Maße. Mit einem durchdachteren Kern wäre jedoch noch viel mehr möglich gewesen.

Fazit

Liebenswerte Figuren führen durch die toll in Szene gesetzte Welt von Patema Inverted, deren Logik aber nur auf der Behauptungsebene funktioniert. Denkt man nicht über die physikalischen Unmöglichkeiten nach und stört man sich auch nicht an den Holzschnittartigen Nebenfiguren, ist der SciFi-Anime aber gute Unterhaltung mit einem zusätzlich netten Kniff durch die vertikalen Perspektivwechsel.

Thor – The Dark Kingdom

Des Donnergottes Einkehr in die neuste Kinowelt von Marvel vor ein paar Jahren machte den Anschein, genau das zu sein, was es war: Eine Notwendigkeit, um das Team der Rächer auf die richtige Anzahl zu bekommen. Eine Fingerübung mit Steinen aus dem Baukasten für Level-1-Heldengeschichten.
Doch mit Marvel und seinen omnipräsenten Vorzeigerecken ging es stetig bergauf. Und Captain America durfte mit The Return of the First Avenger schließlich erst unter Beweis stellen, wie gesund ein zweiter Anlauf sich auswirken kann.

This is so unlike you, brother. So… clandestine. Are you sure you wouldn’t rather punch your way out?

Story

Loki ist in Schach, Thanos weiterhin nur ein Gespenst im Hintergrund. Was heuer droht, ist die Vergangenheit in Form vom verfluchten Malekith, der Jahrtausende Zeit hatte, seinen Unmut anzustauen und nun mit seinen Dunkelelfen aus Svartalfheim aufbricht, um den einst ersehnten Äther in seinen Besitz und mit ihm die Schöpfung um ihr Licht zu bringen.
Thor kann das nicht gutheißen, auch deshalb, weil Jane Foster, der er zugetan wie eh und je ist, den Äther zu Teilen unfreiwillig in sich aufnimmt und das Unglück damit erst lostritt. Als jene bei einem Sturmangriff die Mutter Thors töten, bleibt für ihn nur noch Angriff als Option offen – entgegen den Plänen seines alten Herren Zeus.
Dem Göttersohn bleibt nichts anderes übrig, als den Inhaftierten Loki aus seinem Gefängnis zu befreien und gegen die Dunkelelfen in die Schlacht zu ziehen.

Kritik

Thor – The Dark Kingdom wurde einhellig positiv bei Kritik und Publikum aufgenommen. Es wurde gesagt, was man im Anschluss auch über The Return of the First Avenger zu hören bekam: Die Startschwierigkeiten seien überwunden, das Feuer von The Avengers auch in diesem Film deutlich am Nachlodern, die Story ideenreicher, und so fort.
Dabei ist Thor – The Dark Kingdom beileibe keine schlechte Fortsetzung. Der Science-Fiction-Actionfilm ist ein Sequel in aller erwartbaren Adäquatheit, macht er doch genau da weiter, wo Thor aufgehört hat, ohne dass das in der Zwischenzeit stattgefunden habende Gruppenabenteuer ignoriert wird. Der Humor wirkt tatsächlich etwas leichtfüßig, aber das liegt daran, dass die Figuren etabliert sind und man auf bereits Geschehenem aufbauen kann. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Handlung nicht ganz so holprig und die Figuren nicht allzu grob daherkommen. Trotzdem aber ist die Handlung holprig, trotzdem sind die Figuren – beides nahezu holzschnittartig. Gerade im Vergleich zum ersten Iron Man, zum bereits doppelt erwähnten zweiten Captain America und insbesondere zu Marvel’s The Avengers und jüngst auch dem nicht minder formidablen Guardians of the Galaxy fällt auf, dass der Göttersohn einfach nicht so gut als Solist funktioniert wie der Rest des Ensembles. In der Gruppe hat er einen herrlich schroffen Sidekick-Charakter und passt sich anstandslos an, für sich genommen fehlt es dem Thronanwärter Asgards einfach an Profil. Das ist nicht allein der Figur geschuldet, sondern auch dem Marvel Cinematic Universe, das sich nach den anfänglichen Bemühung, mit zeitgemäßem Realismus aufzuwarten auf die Seite der modernen Zyniker schlug, und nun nach und nach der Fantasy Einlass gewähren musste. Damit so etwas klappt, braucht es schon einen Spezialisten wie Joss Whedon. Alan Taylor ist zwar noch deutlich serienerprobter als sein von der Comicwelt verehrter Kollege, doch bewegte er sich bis dato halt entweder in realitätstreuen (Deadwood, Six feet under, Die Sopranos) oder in rein fantastischen Gefilden (Game of Thrones – wofür er dann im Anschluss wohl auch den Regieposten hierfür überantwortet bekam). Das Kunststück der Gratwanderung gelingt Taylor nicht immer gut.
Die Kampfsportler, die in ihren Ritterrüstungen die Füße durch die Feindesmassen kreisen lassen und dabei doch etwas unagil wirken, sind zuweilen befremdlich, ein gewisser Trash-Charakter ist aber auch nur schwer zu meiden, wenn man in ein mittelalterliches Setting Laserwaffen steckt. Doch immerhin geht es hier ja auch um einen Halbgott mir Cape, der mit seinem fliegenden Hammer für Gerechtigkeit sorgt und in einer Parallelwelt Raumschiffkapitän ist. Man ist bemüht, Fantasy und Science-Fiction zu gleichen Teilen Einzug halten zu lassen, doch besteht im modifizierten Götterreich ein merkliches Ungleichgewicht. Alles wirkt wie eine Kompromissentscheidung, alles irgendwie unentschlossen.
Passend dazu ist das alles ganz albern aufgezogen und Humor, der immer ein wenig, aber nie zu sehr aufgesetzt wirkt. Immerhin gibt es ein paar ordentliche Raumschiffe.

Thor – The Dark Kingdom, um auch hier keinen fernliegenden Vergleich vermissen zu lassen, erinnert manchmal ein wenig an Der Hobbit. Auch dort war der Humor ein großes Problem, die Gruppendynamik aber passabel. Thor und Loki funktionieren gut zusammen, nicht zwingend aufgrund des Drehbuchs (an dem immerhin 5 Personen beteiligt waren) oder der Regie, aber doch dank der achtbaren Leistung Chris Hemsworths und Tom Hiddlestons. Loki und Thor als – kurzzeitig – Wiedervereinte Schulter an Schulter kämpfen zu sehen verursacht einfach ein gewisses Maß an Zufriedenheit, während Natalie Portman als bemüht aufmüpfige Love-Interest, die aber ausschließlich im Hintergrund agiert, fast vollkommen zum MacGuffin degradiert wird.

Fazit

Soloauftritt Nummer zwei wirkt aufgeweckter als der erste Versuch vor drei Jahren. Alles ist ein wenig größer, alle ein wenig eingespielter aufeinander – es ist die typische Fortsetzung. Sie scheitert nicht wie Iron Man 2, lässt die Gelegenheit, alles deutlich besser zu machen, aber ebenso ungenutzt. Thor – The Dark Kingdom ist schlichtweg ein passabler Film, den man aber nicht zwingend gesehen haben muss, um sich im Marveluniversum zurechtzufinden oder glücklich zu sterben.

Death Trance

Irgendwann scheint jeder Stuntkoordinator und Stuntman genug davon zu haben, immer nur so aussehen zu müssen, als wäre er jemand anderes. In Folge hört diese Berufsgruppe häufig die Stunde dafür läuten, höchstselbst als Regisseur tätig zu werden. So auch Yuji Shimomura, der mit Death Trance so tut, als wäre es die Fortsetzung von Versus. Das ist Unfug. Schlecht macht das den Film nicht.

He must be stopped at any cost.

Story

Seit Urzeiten lagert ein Sarg im Tougan-Tempel und wird von den dortigen Mönchen bewacht. Als der geheimnisvolle Grave die Anlage stürmt und die Relique dem Tempeloberhaupt einfach unter der Nase weg klaut, erreicht er prompt Legendenstatus. Unbezwingbar und ein Monster, zumindest aber groß wie eines soll er sein. Während sein Ruf eine Eigendynamik annimmt, schleift der Dieb den Sarg quer durch das unbenannte Land einem fernen Ziel entgegen. Ein kleines Mädchen trabt der klobigen Beute dabei unablässig hinterher.
Es heißt, wer den Sarg öffne, dem würde jeder geäußerte Wunsch erfüllt. Somit wird Grave nicht nur von einem reichlich schlecht vorbereiteten Novizen der beraubten Tougan-Stätte verfolgt, sondern auch anderen Parteien haben ein Auge auf das mystische Relikt geworfen haben. Und im zu durchquerenden Wald soll ein gewaltiges Ungetüm hausen, dessen Begegnung noch kein Mensch überlebt hat.

Kritik

Death Trance gibt vor, eine Art Fortsetzung von Versus zu sein und beruht auch auf der entsprechenden Mangavorlage. Zu verstehen ist der Film auch ohne Kenntnis des inoffiziellen Vorgängers, mit der er sowieso absolut gar nichts zu tun hat, weswegen die Betitelung „Versus II“ auch eher marketingtechnische Gründe haben dürfte. ‚Verstehen‘ ist hier aber vielleicht eh der falsche Ausdruck. Weder die Motive aller Figuren werden klar, noch erfährt man erschöpfend, wer oder was diese Figuren eigentlich sind. Sie handeln inkonsequent und oftmals recht merkwürdig und sind ganz grundsätzlich ziemlich verwirrte Gesellen. Verkürzt gesagt: Unterm Strich sind doch alles Tölpel und das Werk zieht seiner eigenen Mythenbildung damit eine lange Nase.

Ja, nicht einmal die Geschichte selbst ist kohärent und entweder nonexistent oder reichlich doppelbödig, vermutlich aber ersteres mit der steifen Hoffnung, wie letzteres zu wirken. Viele Details werden gar nicht erst geklärt und der Twist am Ende ist nicht bloß latent wunderlich, sondern bringt Figuren wie Zuschauer zudem um das erhoffte Finale, von dem man sich eigentlich viel Zunder und Radau versprach.
Doch das soll nicht abschrecken, denn Death Trance ist so unterhaltsam, dass man die meisten dieser Problemchen, gar nicht bemerkt. Und wenn man es doch spitzkriegt, ist es einem aus demselben Grund bestenfalls einfach egal.
Ebenso scheitern muss eine konkrete Genrezuordnung. Irgendwie hat sich der Film zwischen Martial Arts, Fantasy, Persiflage auf beide Genres, Anime-Hommage, Komödie, Horror, Trash und Endzeit gelümmelt und ist doch einfach sitzengeblieben.

Die Kämpfe sind sichtlich gelernt und nicht gekonnt. Die Choreographien gehen so weit, wie die Fähigkeiten der Akteure es erlauben. Und das ist nicht übermäßig weit. Aber es genügt, um das Auge nicht zu langweiligen. Die willkürliche Kombination von Schwertern und Schusswaffen aller Epochen sorgt für ausreichend Abwechslung. Und die ist auch nötig, denn das Gekloppe findet alle paar Minuten statt und ist sowieso nur im absoluten Ausnahmefall irgendwie vom Plot abhängig. Meistens stürzen aus dem Nichts Kämpfergruppen auf den Sargdieb und treten nach maximal 5 Sekunden kreischend zu E-Gitarren die unkoordinierte Flucht an, um dann Stück um Stück vom Reisenden erlegt zu werden. Sobald jemand ein Schwert berührt, pöbelt der Metalsoundtrack Dir en Grey los. Manchmal klappt das, passt sehr gut und macht Spaß, manchmal wirkt das Stilmittel aber auch billig und störend. Mit etwas mehr Einsatz hätte man von Samurai Fiction die tolle Idee abkupfern können, die Kämpfe als Tanz zum Soundtrack zu inszenieren. So ist es dann leider doch „nur“ Gezoffe  zu Geschrammel angereichert mit viel zu lauten Soundeffekten.
Geboten werden freche Ideen, eine Schubkarre mit skurrilen Momenten und ganz, ganz viel Comicstimmung. Allerdings auch viele kleine, dafür aber billige Scherzchen. Daz ein paar überraschend schöne Landschaftsaufnahmen und Perspektiven und ansonsten fühlbarer Spaß der Macher. Dass der Hauptpart des Filmes wie so viele Low Budget-Produktionen in einem Wald abläuft, stört kaum. Vor allem der wohlig hohe Fantasyanteil, der durch jede Menge bunte Mythologie ständig erweitert wird, lässt das Geschehen stets frisch daherkommen.
Nicht selten ist der Film auch einfach nur wunderbarer Quatsch, wenn wie aus dem Nichts Angreifer inmitten eines dichten Waldes auf Motorrädern anbrausen, Stop-Motion-Puppen aufkreuzen oder mal eben im Eifer des Gefechts eine Bazooka gebastelt wird.

Wer aufpasst, der stößt zudem auf allerhand liebevoll eingebettete Filmzitate. Offensichtliche wie zum Beispiel Django durch den sargziehenden Protagonisten/Antagonisten oder subtilere kleine Verbeugungen vor Kurosawa. Einmal gibt es gar ein Objekt, welches unverkennbar nach der verdammten Tardis aussieht! Auch wenn die Absichtlichkeit dieser Referenz in Zweifel gezogen werden sollte.

Fazit

Eine verwirrende Mischung aus Trash und professionellen Ansätzen, die mit viel Schminke,  Haarspray, Maskenbildnermatsch und Liebe zum Detail überzogen wurden. Ein Forst-Ragnarök-Road-Movie zum Grinsen, das im Geiste an Stormriders erinnert, welcher seinerzeit ja immerhin die Titanic in den Kinos zum Kentern brachte.

Pacific Rim

Eigentlich sollte ein halbes Jahrzehnt nach dem Comicspaß Hellboy – Die goldene Armee das zweite Wolverine-Spin-Off von Guillermo del Toro inszeniert werden. Doch da ihm das alles zu viel Zeit in Anspruch nahm, beförderte er sich selbst von der Liste der Kandidaten und drehte stattdessen das Monster-gegen-Roboter-Spektakel Pacific Rim.


Where is my GODDAMN shoe?

Story

Bereits Ende 2013 klafft ein Dimensionstor im Pazifik auf, das in immer höherem Takt riesige Bestien ausspuckt, die direkt auf unsere Großstädte zuhalten, um sie dem Erdboden gleichzumachen. Kaijūs werden sie getauft. Als alle Waffen versagen, legen die Völker der Erde ihre Streitigkeiten bei und erschaffen in Gemeinschaftsarbeit die sogenannten Jaeger – humanoide Kampfroboter, die ihren echsenartigen Gegnern in Kraft und Größe in nichts nachstehen. Gesteuert werden diese von zwei Piloten, die mental erst miteinander und zu zweit dann mit dem Korpus des Jaegers verschmelzen. Menschen können etwas Fantastisches bekämpfen, weil sie selbst etwas Fantastisches geleistet haben: Die Aufweichung der Grenze zwischen Mensch und Maschine.
Raleigh und Diego sind Brüder und die weltweit fähigsten Jaeger-Piloten.
Doch eines Tages unterliegen sie einem der Ungetüme und Raleighs Bruder stirbt, während er selbst noch mit ihm verbunden ist. Da die Kampfmaschinen der immer größer werdenden Bedrohung der immer größer werdenden Kaijūs nicht gewachsen sind, wendet die Menschheit die Strategie an, die sie schon immer wählte, wenn sie einem Problem nicht gewachsen war: Sie baut eine große Mauer.
Das Jaeger-Projekt wirde eingestampft und wirkt fortan nun nur noch als selbstständige Widerstandsbewegung.
Als die Dämme brechen, wird 4 Jahre später Raleigh wieder ins Boot geholt, der seit dem miterlebten Tod seines Bruders keine Roboterkapsel mehr betreten hat.
Zusammen mit einem kleinen Team und den verbliebenen Jaegern bildet er die letzte Bastion der Menschheit.

Kritik

Ziemlich viel Storytext für einen Monsterfilm. Auch wenn die Geschichte nicht die innovativste ist, hat Pacific Rim aber auch überraschend viel Substanz für sein traditionell handlungsarmes Subgenre. Alles beginnt mit einem großartig zynischen Prolog mit großartigen Bildern, die ganz nebenbei die Großartigkeit der Promotionstrategie unterstreichen: Die allgegenwärtige Befürchtung, bereits alles durch die Trailer gesehen zu haben, erweist sich als nichtig. Was es zu sehen gab, stammt überwiegend aus den ersten Minuten, bevor der Film richtig startet.

Die Bilder strotzen vor liebevollen Details, die Dialoge sind schnittig und gewitzt, wenn auch manchmal nicht ganz von Redundanz befreit. Dafür werden sie von durchweg sympathischen, teils herrlich schrulligen Figuren verzapft – exemplarisch seien die verschrobenen Wissenschaftler Dr. Hermann und Dr. Newton genannt, zwischen denen eine feurige Nerd-Rivalität besteht, die sie dazu treibt, einander ständig wie streitlustige Kinder zu triezen. Klingt abgegriffen, funktioniert aber. Wer an comichafter Überzeichnung alle toppt, ist Ron-Hellboy-Perlman als Kaijū-Organhändler mit Metallschuhwerk und Klappmesser.

Nach etwa 20 Sekunden hat man jede Bay’sche Transformers-Variation bereits meilenweit hinter sich gelassen, weil man etwas schuf, dass die infantil-patriotische Spielzeugverfilmung niemals war und sein wird: Überlegtes Kino mit Seele.
Während Bay und auch die meisten Monsterfilme meist im Makrokosmos verharren, wodurch die Prügeleien der Kolosse folgenfrei bleiben, verschmelzen nicht nur auf Handlungs-, sondern auch auf Filmebene die einzelnen Menschen mit den gigantischen Schlägern. Das Resultat eines jeden verfehlten Schlags und jeden als Waffe zweckentfremdeten Objekts ist klar spür- und sichtbar. Das reicht von herabstürzenden Robotergliedern, die zwischen Menschen aufprallen, bis hin zur Problematik, was mit den Exkrementen der haushohen Tiefseealiens geschieht. Hier ist das Giganten-Konzept nicht nur eine Ausrede, um spektakuläre Materialschlachten zu filmen und das Auge zu beschwipsen, sondern tatsächlich durchdachte Idee mit ernstzunehmender Mythologie und berechtigtem Authentizitätsanspruch. Die Folge: Pacific Rim reduziert sich selbst nicht zur herzlosen Materialschlacht, bei der große Explosionen zählen, einem die Handelnden aber gleichgültig sind, sondern schafft von Anbeginn an warme Besorgnis um seine Figuren – ganz einfach deshalb, weil sie von der Geschichte ernstgenommen werden und in der Inszenierung nicht hinter Blechkameraden, Godzilla-Sippe untergehen.
Und das macht den Unterschied aus zwischen einem zweistündigen Spezialeffekt und einem guten Film.
Das alles soll nicht heißen, Pacific Rim wäre frei von Bombast, Schauwerten und knalliger Zerstörungsfreude, im Gegenteil: Die Kämpfe in Ozeanen und Häuserschluchten sehen ausnahmslos atemberaubend aus. Die Animationen sind mustergütig, die Ausführung berauschend und die Kreaturendesigns ehrfurchtgebietend. Die treibende Musik vervollkommnet die mitreißenden Bilder und ein preisverdächtigen Schnitt sorgt für die notwendige Rasanz. Auch, wenn das Treiben bisweilen etwas unübersichtlich wirkt. Zum Glück verharrt der Monsterfilm nie zu lange in seinen Schlachtenbildern, sodass sie auch beim finalen Schlag noch aufregend und frisch sind.
Dass der Film trotzdem eine gewöhnliche Geschichte mit ebenso gewöhnliche Struktur erzählt, verhindert zwar, dass er zum endgültigen Ausnahmestreifen wird, doch entscheidend ist wie so oft das „wie“. Dass das Drehbuch gelungen ist, der Plot aber ein paar ärgerliche Knicke hat, kommt außerdem hinzu, kann am hohen Unterhaltungsfaktor aber de facto nichts ändern.

Fazit

Guillermo, Schutzpatron des Fantastischen, gibt uns den Glauben an Ungetüme zurück. Und daran, dass Opulenz – speziell in der Science-Fiction – nicht gleichbedeuten sein muss mit hirnlosem Schund. Moderne Monsterfilme müssen sein wie Pacific Rim – und man kann nur hoffen, dass das geplante Sequel seinen Weg zur Produktion findet, denn mit ein wenig Mut lässt sich der Faden um die Mythologie der Kaijūs hervorragenden weiterspannen – vielleicht sogar direkt bis in ihre Heimatwelt hinein.

Wer noch die Gelegenheit dazu hat: Unbedingt im Kino erleben.

Farscape – The Peacekeeper Wars

Wie bei Serien üblich, die etwas auf sich halten, endete die vierte Staffel Farscape mit einem Ungeheuer von einem Cliffhanger. Und wie viele Serien, die etwas auf sich halten, wurde Farscape, Auge in Auge mit diesem Ungeheuer, einfach abgesetzt.
Wirklich gute Dinge macht aus, dass sie beharrliche Fans haben. Nach langen und heftigen Protesten gab der Sci-Fi Channel nach und bestellte drei weitere Stunden Farsacape. Eine Gnadenfrist, um Anhänger zu beglücken und – vielleicht – der Serie noch eine Chance zu geben, wenn die Zahlen stimmen.
Ersteres gelang.

Prepare for Starburst, people.

Story

Wir erinnern uns. Ein ziemlich kräftiges Schiff mit ziemlich hässlichen Faltaliens machte Johns Heiratsantrag einen frostigen Strich durch die Rechnung. Das Paar wurde kristallisiert, zersprang in Tausende von Splitter und versank im Meer. Ein typischer Crichton. Außerdem tobt der Krieg zwischen Scarrans und Peacekeepern, nur damit der Sieger sich den – laut Plan noch menschen- und nicht würfelförmigen – Erdenpiloten schnappen und ihm endlich die allmächtige Wurmlochtechnologie entreißen kann.
Nachdem das Unglück mit den geborstenen Protagonisten bereinigt wurde, trifft man auf die eigentlichen Bewohner des Wasserplaneten: Eidolons, fortschrittliche, auffällig bängliche Wesen, bei denen die Hochzeit zwischen den nun offiziell Verlobten endlich zelebriert werden soll, bevor der nächste Zwischenfall von galaktischer Dringlichkeit wieder aller Leben bedroht.
Doch seit der Kristallisierung und Rekonstruktion von Aeryn ist die herangewachsende Leibesfrucht einfach fort. Und das ist beileibe nicht das einzige Problem, das auf die Crew von Moya und eine Schiffsladung Ehemaliger wartet.

Kritik

Liebes Farscape, danke Für 4184 Minuten voller Irrsinn und Schönheit. Ach du Wunder dramaturgischer Schreibarbeit. Selbst die olle Kamelle der gescheiterten Hochzeit funktioniert als Running Gag noch wie beim ersten Mal. Und nein, man lächelt nicht nur, man ist auch jedes Mal aufs Neue berührt. Immer noch.
Auch Staffel Nummer 5, die eigentlich eine Miniserie ist, die eigentlich ein langer Film ist, der auf zwei Fernsehfilme aufgesplittet wurde, holt die vertrauten Zutaten wieder in den fast noch vertrauten Topf und braut etwas daraus, das schmeckt, als wäre es das Frischeste und Beste, was man seit über einem Zyklus (Für Uneingeweihte, die sowieso nicht bis hierhin lesen durften: 4,8 Zyklen sind etwa fünf Jahre) gefrühstückt hat.

The violent path to peace.

The Peacekeeper Wars als Name zu wählen ist eine eigentlich überdeutliche Anssage. Die Ereignisse spielen sich vor dem Hintergrund eines gewaltigen interstellaren Krieges ab. Dementsprechend laut ist die Serie, die in den meisten Regionen ihres Hauptkorpus so grazil und entschleunigt daherkam. Das stille, betuliche, behutsame Vorgehen ist nicht vollkommen verbannt, das fehlt doch zu sehr, um den Glanzstunden der genialen Science-Fiction-Serie wirklich zur Gänze ein durch und durch würdiges Denkmal zu setzen. Es ist, wie gesagt, nicht alles wüst, es gibt die etwas stilleren und dringend notwendigen Momente, wo sich Figuren, Geschichte und Zuschauer entspannen dürfen, doch werden sie sehr oft von sehr langen Kämpfen unterbrochen. Aber das ist wohl ein Eingeständnis, das unvermeidbar war, da die Essenz von 22 Folgen in die Länge von zwei Filmen gebracht werden musste.
Ausstattungstechnisch bleibt sich Farscape bis zum Ende treu, einzig am Anfang findet sich eine für die Serie ungewöhnliche, aber liebevoll animierte Szene. Ansonsten wirkt Problempartei 1, als wäre sie einem Power Rangers-Film entsprungen und Problempartei 2, als würde sie von einer Messe für Regenjacken kommen. Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Das ist gut so, das gehört so. Es klingt blöd, aber dies ist essenzieller Bestandteil der empfindlichen Farscape-Zusammensetzung.

It’s kind of a twisted story.

Einer der Höhepunkte ist ein spektakulärer Ausbruch mitsamt einer Rückbefruchtung, doch Höhepunkte bei einem dreistündigen Finale aufzuzählen, ist in einer Besprechung eigentlich der eindeutig falsche Weg. Und obwohl es laut ist und obwohl viel passiert, stehen die die Tugenden der gloriosen Sci-Fi-Serie wie Monolithen unverrückbar im Zentrum von allem. Witzig ist es, melancholisch ist es, spannend ist es und selbst im gröbsten Getümmel entwickeln sich die Figuren ein kleines Stücken weiter. Und das für viele vielleicht wichtigste geschieht auch. Man gibt sich redlich Mühe, die großen Fragen zu beantworten. Aber auch so manche kleine bekommen endlich ihre Auflösung. Fragen, von denen man womöglich schon vergessen hatte, dass sie existieren.
Da darf es auch nicht fehlen, dass viele wichtige Gesichter noch einmal vor die Kamera geschoben werden. Der coolste Doktor des ganzen verdammten Universums ist ebenso mit von der Partie wie so mancher Überraschungsgast. Und viele springen auf gewohnt unorthodoxe Weise aus der Jubiläumstorte.

Everybody hang the frell on!

Die Glocke läutet. Die letzte Runde für die Crew der Moya. Ein letztes Mal wird Vertrauen getestet, werden Rechnungen beglichen, wird Wahnsinn zelebriert, Liebe gelebt, Freundschaft gepflegt und erneuert. Es wird gelacht, geweint und geschwiegen. Vor allem wird gefeuert.
Es wird Abschied genommen, weil einige sterben müssen und weil alle ihren Weg gegangen sind, weil für manche einfach kein Platz mehr gewesen ist oder das blaue Ganzkörper-Make-Up die Gesundheit angriff und, vor allem, weil die wunderbaren Irren des Farscape-Universums nach diesem finalen Ritt nur noch in Comicform weiter wildern durften.
Dich, Moya, mit deinen wuseligen, bis in den Tod treuen DRDs werden wir nicht vergessen.
Abschied zu nehmen galt auch es von einer Priesterin, einem Magier, einem schmierigen Ex-Captain der Peacekeeper und vielen weiteren, die alle auf ihre Weise vom Zuschauer liebgewonnen wurden. Genaugenommen war diese Erkenntnis bei fast sämtlichen Figuren erst einmal eine Überraschung, weil Farscape seine Recken stets so einzuführen wusste, dass man ihnen überwiegend Befremdlichkeit entgegenbrachte, ehe man sie später und ohne es zu merken in sein Herz aufnahm.
Nun geht auch der Rest.

Zwar hoffte man lange Zeit noch auf Moyas Rückkehr auf die große Leinwand und ein Kinofilm wurde zumindest auch in Betracht gezogen. Doch obwohl der Sci-Fi-Channel für die zwei Tage lang alleine die Sportsender vor sich hatte, reichten die Zuschauer trotzdem nicht, dieses finanzielle Wagnis zu rechtfertigen. Im Hause des Senders hat man nämlich hohe Erwartungen an seine Miniserien.
Aus rein monetären Gesichtspunkten sicherlich auch eine gute Entscheidung. Denn wer nicht tapfer Folge für Folge mitgefiebert hat, der kann bei einem Experiment wie Farscape nun einmal nicht mal eben quer einsteigen. So viel auf die Serie auch zutreffen mag, Kompromissbereitschaft gehört sicher nicht zu den ersten Dingen, die einem bei einer Rückbetrachung in den Sinn kommen.

Fazit

Ein toller Fanservice, der die offene Sendung innerhalb seiner zeitlichen Möglichkeiten abrundet und zu einem Ende bringt. Ein Ende, das all die positiven, aber auch die weniger guten Aspekte von Farscape neu und gleichzeitig das letzte Mal zum Erstrahlen bringt.
Ein wenig zu unruhig, nicht jederzeit so taktsicher wie in den goldenen Jugendjahren, aber ein absolut würdiger Abschied.

Farscape – Staffel 4

Nicht nur die Biographie von Moya und Crew, auch die Serie hatte qualitative Hochs und Tiefs und natürlich am Ende nicht so viele Zuschauer erreicht, wie gefordert war, um die Geschichte mit der fünfen Staffel nach Plan zu beenden. In Deutschland ist Season 4 nicht einmal veröffentlicht worden, weshalb bis heute auch keine synchronisierte Version existiert. Dies ist auch der Grund, weshalb der hübsche Stil der Coverartworks hier nicht fortgeführt wird. Doch wie immer lohnt sich ein Abstecher auf den sensiblen Leviathan, denn auch das letzte Viertel hat einiges zu bieten.
Vielleicht lag der Misserfolg am folgenden Trailer, mit dem sich die Serie wahrhaftig einen Bärendienst erwiesen hat.

I know you can see me. The bad guys always see me. Cause my plans suck. People die. It’s always a mess.

Story

Moya ist fort, Chrichton sitzt ohne Treibstoff auf einem Weltraumfriedhof für Leviathan-Schiffe fest
und wartet, wartet, wartet. Seine einzige Gesellschaft ist ein Schiff, das sich auf den interstellaren Totenacker begeben hat, um gemeinsam mit seinem greisen Pilot den Tod zu empfangen.
Als Chiana und Rygel völlig unerwartet auftauchen, sind sie alleine. Die treue Moya ist verschwunden und mit ihr die restliche Besatzung. Chrichton wünscht sich derweil nichts sehnlicher, als bei der schwangeren Aeryn zu sein.
Die erhoffte Wiedervereinigung wird nicht nur spät, sondern auch unter überraschenden Umständen stattfinden.
Und wie gewohnt geht nach und nach alles noch viel schiefer als man fürchtet. Drogen spielen eine Rolle, ein Crewmitglied erhält eine außergewöhnliche Gabe zu einem außergewöhnlichen Preis, weite Reisen stehen bevor und Gut wie Böse, Freund wie Feind sind schwieriger zu trennen als je zuvor.

Kritik

Staffel 4 beginnt so, wie Staffel 3 endete: Bizarr. In Folge 1 ist nicht nur ein Aufeinandertreffen von Peter Pan, Robinson Crusoe und klingonischen Invasoren zu bewundern, sondern auch das erste rein computeranimierte Wesen. Ein Bruch mit der Tradition, der später, z.B. in Folge 14, leider Wiederholung finden wird.
Außerdem präsentiert die erste Episode jedem, der in Staffel 2 darüber gemeckert hat, dass die Zitationsdichte abnimmt, genug Filmreferenzen für zwei vollständige Serien. Vergiss, was dir in der letzten Staffel durch den Kopf ging, Fan – die Luft ist noch lange nicht raus.
Auch sonst kriegt Farscape vorerst genau das, was der Science-Fiction-Serie noch fehlte: Eine Frau, die an der Decke gehen kann.

Die ausgetüftelten, wendungsreichen Storyfolgen sind dramatisch wie eh und je, während die inhaltlich eher schwächeren Einzelabenteuer ganz auf den anarchistischen Humor der Science-Fiction-Serie setzen und so trotz narrativer Flaute im Regelfall erfolgreich für Kurzweil sorgen.
Die Serie bleibt der in Staffel 3 eingeschlagenen Spur treu, der Rahmenhandlung den Vortritt gegenüber Minigeschichten zu lassen. Der Grund hierfür mag in der Tatsache zu finden sein, dass der Stoff für bedeutsame versiegelte Plots einfach aufgebraucht ist. Folge 4 gibt ein gutes Beispiel dafür – eine kollektive Magenverstimmung dient als Aufhänger für eine durch und durch generische Geschichte. Sogar eine Schrumpf-Folge hat es nun ins Programm geschafft.
Aber natürlich haben die Schreiberlinge nicht ihr Erfolgsrezept vergessen – je schwächer die Geschichte, desto großartiger der Humor, weshalb auch die banalste Kurzerzählung durch Komik zum sehenswerten Exkurs wird. Es wird sich also weiterhin, wenn auch nicht ganz so inflationär wie bisher, auf fremde Dinge verlassen, die in Moyas heimelige Sphäre dringen und die Crew auf die eine oder andere Weise beeinflussen. Das ist nach wie vor verzeihbar, weil eine Geschichte, die von einer Handvoll Personen auf einem kleinen Schiff handelt, sich einfach nicht anders vorantreiben kann. Bei jeder anderen Serie wäre es trotzdem enervierend, immer wieder dasselbe Spiel in anderen Farben zu sehen. Farscape schafft es aber irgendwie, jedes Mal wie das erste sein zu lassen. Immer noch wirkt die Reaktion der Figuren auf den irgendwie gearteten Eindringlich frisch und natürlich, intensiv und smart.
Das geht bis zu einer riesigen Spinne, die die promineste Charaktereigenschaft einer jeden Figur stiehlt. Normalerweise hochgradig plemplem, im Farscape-Universum aber quasi Alltag.
Trotzdem merkt man deutlich, dass die Quelle der Monster-of-the-Week-Episoden langsam am Versiegen ist, denn auch eindeutige Füllerfolgen haben ihren Platz in der Staffel; etwas, das insbesondere Season 2 schlicht nicht nötig hatte.
Wie immer ist Farscape  nicht nur mit allerhand klug platzierten Zitaten und Filmanspielungen gespickt, sondern bietet in beinahe jeder Folge selbst äußerst zitierwürdige Linien. Was sich hingegen nur schwer zitieren lässt, ist das phänomenale Timing der Dialoge, das seit jeher Markenzeichen der Serie war. Ansonsten protzt man fortwährend mit meisterhaft geschriebenen Diskussionen und Witzen, die Stück um Stück in Schwarze treffen. Dazu gehören auch weiterhin die Schlagabtausche zwischen Crichton und dem auf Moya inhaftierten Scorpio, bei dem es die Serie auch in der vierten Runde immer noch schafft, einen Großteil seiner Persönlichkeit im Zwielicht zu lassen.
Die Farscape-Magie, das unvergleichliche Flair der Serie, das unikale Taktgefühl, all das ist also noch enthalten, wenn auch sich ein leicht fader Nachgeschmack einschleicht. Erwähnte Füllerfolgen, erzählerische Redundanzen und eigenartige Geschehnisse, deren Gründe teils im Verborgenen bleiben.
Irgendwann muss sich die Serie die Frage gefallen lassen, wieso plötzlich diese seltsamen neuen Figuren in die Gruppe mit ihrer perfekten Dynamik gepresst werden. Eine Saft-Alchemistin, deren Aussehen zwar in bester Farscape-Tradition steht, deren Herkunft aber zum einen nie so ganz klar wird und die zum anderen selten mehr als eine faltige Deus ex machina für jede zweite Folge darstellt. Auch mit der hohen Fluktuation der weiblichen Gäste auf Moya tut sich die Serie keinen Gefallen. Möglicherweise hätten die Elemente in Staffel 5 ihren Sinn erhalten – aber Staffel 5 hat es nun mal nie gegeben.
Ab der Mitte hält man voller Kraft aufs Finale zu, strandet an einem markanten Ort (Chrichton-Darsteller Ben Browder darf hier beweisen, welch eindringliche Erzählstimme er besitzt) – und erlebt trotzdem den ärgsten Tiefpunkt seit Staffel 1, weil Tempo und Rhythmusgefühl während des eigentlich aufreibendsten Abenteuers unseres Erdmenschen plötzlich ins Stocken geraten.
Hat man das Tief überwunden, fängt sich die Story allerdings und rüstet sich in bester Manier für den Abschied.
Wieder einmal fährt die Serie alle nur denkbaren Geschütze auf, um ein dramatisches, die vorherigen Ereignisse ganz in den Schatten stellendes Ende zu zelebrieren.

Sagen wir einer außergewöhnlichen Science-Fiction-Serie Dank, die geschafft hat, was man eigentlich nicht schaffen darf. Sympathie für Leute in Kostümen, die in jeder anderen Serie lachhaft wären. Sympathie für grausame Egomanen, Helium furzenden Puppen, gedungene Verräter, Mörder und den reinen Irrsinn. Sympathie für das Besondere. Etwas, das nur sehr wenige Serien von sich behaupten können.
Umso bedauerlicher, dass die Serie nicht nach Plan beendet werden konnte. Fürchtete man nach der (nichtsdestotrotz tollen) dritten Staffel noch, Farscape könnte den Zenit überstiegen haben, zeigt das letzte Viertel dieser Staffel, wie viel Potenzial tatsächlich noch in dem Konzept schlummert. Ein Jammer, dass die geplante Endigung niemals realisiert wurde, in Anbetracht der kleineren Schwächen in der Staffelmitte vielleicht aber auch ein Segen.
Doch sagen wir genau deshalb Dank für den Umstand aus, dass mit der Miniserie Peacekeeper Wars dafür ein dreistündiges Mammutwerk entstehen durfte, das die Serie mit der angemessenen Würde verabschiedet und die noch bestehenden Fragen befriedigend schließt.

Fazit

Noch nicht ganz, aber fast zu Ende. Die letzte Staffel von Farscape ist nicht der Serienhöhepunkt, aber fügt sich nahtlos in den außerordentlich hochwertigen Schnitt der Serie ein. Neben jeder Menge sympathischen Unfug und großen Charaktermomenten gelingt es die Serie auch zum vierten Mal, eine mitreißende Geschichte zu erzählen und zu beweisen, dass großartige Science-Fiction alles andere als scheu und bieder zu sein hat, um erfolgreich zu sein.

Farscape – Staffel 3

Staffel 3 bewegt sich weg von den kleinen Folgen mit Einzelgeschichten und konzentriert sich noch viel stärker als in Staffel 1 und 2 auf die dicke rote Kordel, die sich als Geschichte durch die Serie zieht. Die erste Änderung kündigt sich direkt am Anfang an und dürfte bei jedem Fan Genugtuung verursachen: Endlich ein Vorspann, der der Serie auch gerecht wird und ihren Ton hervorragend trifft.


Yotz!

Story

Crichtons alter Begleiter Harvey stellt sich als nicht lösch-, wohl aber kontrollierbar heraus und wandelt sich somit von einer unberechenbaren Gefahr zu einem unberechenbaren Berater. Das in fast jeder Hinsicht ungleiche Paar Chiana und D’Argo muss eine schwere Probe bestehen, Sohnemann Jothee sorgt für Zündstoff und die gefrorenen Mitbringsel aus dem letzten Staffelfinale springen nach und nach aus ihren Kapseln.
Als John geklont wird und die Peacekeeper unseren Helden gefährlich nahekommen, sieht die Mannschaft sich gezwungen, getrennt zu reisen. Aufgeteilt auf Moya und Talyn scheiden sich die Wege unserer Protagonisten, vielleicht für immer. Währenddessen wird Tod gegen Leben getauscht, anderes Leben verdoppelt und Crais endgültig zur tragischen Figur.

Kritik

Die formidable Staffel 2 hat die Latte nicht nur enorm hoch gelegt, auch das volle Fantasy-ABC ist mittlerweile einmal durchkonjugiert. Unter anderem liegen diverse Körperfresser-Varianten, Kannibalen, Zeitreisen und sogar eine Bodyswitch-Folge hinter den Helden. Es steht zurecht die Frage im Raum, was nach alledem bitteschön noch kommen soll. Und anfangs scheint es so, als sei bei Farscape tatsächlich ein klein wenig die Luft entwichen. Zwar wird mehr fortlaufende Story geboten und die Einzelfolgen rücken in Konsequenz in den Hintergrund –  aber der allgemeine Spannungsbogen ist dennoch nicht mehr so straff, wie noch zuvor. Ein wenig wirkt es so, als habe man in Staffel 1 und 2 die Weichen gelegt und wäre sich nun unsicher, wohin die Reise eigentlich gehen soll.
Dies ist natürlich nicht die Verkündung, dass Farscape nach der Hälfte nicht mehr attraktiv sei, sondern nur, dass Staffel 2 so gut ist, dass es ganz natürlich ist, dass die Fortsetzung auf hohem Niveau abknickt.
Das wirkliche Hauptproblem ist, dass man den Fan ein paar Mal zu oft genasführt hat. Es gab zu viele faule Cliffhanger, welche die Dramatik ein wenig ihrer Glaubwürdigkeit  – und damit ihrer Wirkung – beraubt haben. Das klingt verhängnisvoller, als es tatsächlich ist. Schließlich ist Farscape immer noch Farscape und wer bis zu diesen Punkt gekommen ist, hat nicht nur ein dickes Fell, sondern außerdem eine bewegte Freundschaft mit sämtlichen Figuren der grandiosen Sci-Fi-Serie geschlossen.
Ohne damit zu viel zu verraten: Der größte Fehler der Staffel entspringt einer Idee, die trotz ihrem genial-dämlichen Konzept dazu führt, dass man als Zuschauer früh mit dem möglichen Ableben eines Protagonisten rechnet – und zusätzlich von Beginn an weiß, dass die Konsequenzen sich selbst aufheben.
Natürlich gibt es immer noch fantastische Einzelepisoden und auch die Rahmenhandlung ist trotz leicht abgeflachter Spannungskurve alles andere als uninteressant. Coole Mad Max-Anleihen mit alten Bekannten sind ebenso integriert wie eine haarsträubende Hangover-Episode, bei der Stil und Inhalt miteinander korrespondieren und ganz Nebenbei ein paar interessante Fragen bezüglich erzählerischer Perspektiven aufgewühlt werden,  während man aus dem Handgelenk ein paar einzigartige Slapstick-Einlagen schüttelt. Das muss man erst mal nachmachen. Und dass die Serie sich auch in hochdramatischen Sequenzen nie zu schade ist, einen aufsässigen Witz dreist zum Besten zu geben, lässt kleine Temposchwierigkeiten schnell vergessen werden.

Farscape bleibt immerhin auch in Runde drei dem wunderbaren Erfolgskonzept treu, die kaputtesten, und ausgeflipptesten Ideen erst rücksichtslos auszuformulieren, sie dann hartnäckig als Standard zu etablieren und sie dem Zuschauer schließlich so lange um die Ohren zu schleudern, bis er sie als Normalzustand akzeptiert und beobachten kann, wie die außerordentlichsten Triebe aus ihnen keimen.
All den abgedrehten Absurditäten zum Trotz nimmt dieser mit Puppen und Wahnsinnigen bestückte Space-Kompost sich selbst in jeder Minute ernst und vollbringt das Kunststück, auch vom Zuschauer in den richtigen Momenten auf den richtigen Ebenen ernstgenommen zu werden. Nie wird vergessen, dass jede Ausgelassenheit, jeder unbekümmerte Jux in die vielschichtige Tragik der Geschichte eingelassen ist. Und das ist einfach das Besondere an Farscape und macht die Serie zu einem wirklich einzigartigen Kunstwerk.

Die Serie wird auch größer. Mehr überzeugende Handlungsorte, mehr von dem aufregend finsteren Design. Schiffe und Planeten sehen gleichsam düster und gut aus. Alles wird einen Deut epischer, während das Private gewahrt bleibt – großteils zumindest, denn einen bisschen unpersönlicher ist der ganze Umzug schon, da das typische Moya-Kammerspiel zurückweichen muss, damit die Serie sich nicht in Wiederholungen verliert. Aber wirklich nur ein bisschen.
Die schweren, mächtigen Momente, die durch die Kursänderung hervorgerufen werden, fängt die Kamera mit  angemessener Dramatik ein und wenn es drauf ankommt, steht die kleine, immer schon leicht trashige Serie den großen Kinoproduktionen in nichts nach. Das eindringliche Aufeinandertreffen in Folge 20 beispielsweise wirkt durch und durch erhaben. Jede Einstellung sitzt, jeder Blick hat seine Berechtigung und die Musik ist sich trotz ihrer charakteristisch charmanten Zweitklassigkeit in jeder Note absolut sicher. Angenehm ist, dass trotz der erzählerischen Breite und den weitrechenden Konsequenzen der Ereignisse von Staffel 3 nie emotional, pathetisch oder kitschig, nie peinlich wird. Auch die großen Schritte erfolgen zumeist im Stillen.

Fazit

Wenn der gute John eingepfercht mit dem Bösen in einem winzigen Flieger durch ein Wurmloch braust und sinniert „Yes, this is a real kodak moment.“ fasst das nicht nur die Situation, sondern gleich die ganze Serie mit köstlicher Farscape-Eleganz zusammen.
Auch wenn Staffel 2 stets der Höhepunkt der Serie bleiben wird, so muss sich auch der Rest in keiner Sekunde verstecken.
Viel Charakterarbeit, Witz, Spannung, Dramatik und Wahnsinn bilden auch nach drei Staffeln ein unwiderstehliches Gebräu, das ziemlich komisch riecht und absolut süchtig macht.