Der Höllentrip

Ken Russel. Vertreter radikaler Subjektivitgät, Schöpfer unsterblicher Filme wie Die Teufel und Tommy , verwirrten Irrlichtern wie Der Biss der Schlangenfrau, späterer Undergroundfilme ohne alle Mittel und eben Filmen wie diesem hier: Altered States bzw. im Deutschen ungleich plumper Der Höllentrip – mal gefeiert, mal verpönt, mal weitestgehend vergessen. Ken Russel.


I feel like I’m being harpooned by some raging monk in the act of receiving god.

Story

Eddie Jessup ist ein Vollblutwissenschaftler, der mit wenig beachteten und verpönten Methoden versucht, die menschliche Wahrnehmung und das Erinnerungsvermögen über natürliche Grenzen hinaus auszuweiten. Seine These lautet, dass in jedem Gehirn auch die Erinnerungen aller vorherigen Evolutionsstufen vorhanden und theoretisch abrufbar sind.
Er trennt sich von seiner Frau Blair und experimentiert mit einer von mexikanischen Eingeborenen aus Pilzen gebrauten Substanz, welche direkt das Gehirn beeinflusst und Eddie nicht nur unvergleichliche Visionen beschert, sondern auch körperliche Wandlungen zu bedingen scheint.

Kritik

Altered States beginnt mit dem Zuschauerblick auf ein Bullauge. Dahinter befindet sich, durch das Glas leicht verzerrt, umschlossen von Wasser ein Mann, der seinerseits durch das Glasfenster zurückschaut. Die Kamera fährt langsam zurück und nach und nach erkennen wir, die Zuschauer, dass wir nur auf einen winzigen, tonnengleichen Tank geblickt haben – scheinbar gar nicht ausreichend groß, um einen ausgewachsenen Männerkörper zu beherbergen. Der Weg des Filmblicks wird nach hinten fortgesetzt, hindurch durch eine Scheibe, vor der ein Mann sitzt, der wiederum selbst durch diese Scheibe in das dahinter liegende Bullauge blickt. Wie häufig in Filmen inszeniert auch Altered States sich als Film – als Guckkasten, der einen Blick erlaubt auf eine hermetisch abgeriegelte, eigenlogische Welt. In diesem Fall ist dies besonders interessant, denn es handelt sich schließlich um eine Geschichte, deren Erzählinstanz eine interne Fokalisierung zu haben scheint. Wir sehen die Visionen, die sich im Kopf eines Mannes abspielen, als scheinbar diegetische Realität. Es passt, dass der Tank, in dem Eddie erstmals gezeigt wird, ein Isolationstank ist. Wir sind in seinem Kopf, er ist in einem Tank, dieser ist in einem verschlossenen Raum. Und darüber hinaus ist auch der „Zuschauer“ in seinem ganz eigenen abgeriegelten Zimmer.
Die geschilderte Eingangssequenz ist kein Einzelfall – immer wieder positioniert sich die Kamera vor Menschen, die ihrerseits in voyeuristischer Position sind, vor Fensterfronten, einseitig transparenten Spiegelwänden, in offenen Türen, hinter Gefängnisgittern oder vor Monitoren. Die Thematisierung des Blicks in Ken Russels Science-Fiction-Drama ist einer der fruchtbarsten Ausgangspunkte für eine ergiebige Sichtung des Filmes.
Und das gilt nicht nur für das rein visuelle Beobachten, sondern auch die akustische Teilhabe an fremdem Wahrnehmungsräumen.
Und dann gibt es auch noch Szenen, in denen diese Motive aufgegriffen und verändert und gebrochen werden. Altered States ist ein motivisch reicher Film über Beobachtung und ganz besonders über die Faszination und den Rausch der Selbstbeobachtung. Und damit eine Liebeserklärung an die unerforschbare Komplexität des Menschlichen.

Der von William Hurt in seiner ersten Filmrolle dargestellte Protagonist ist ein von der Arbeit besessener, von einer Art verkleidetem religiösem Wahn angetriebener Soziopath mit der Passion eines Pioniers, der ausnahmsweise nicht in-, sondern eher extrovertiert ist und tatsächlich mit einer tiefen Überzeugung infiziert ist, die er so flamboyant vorträgt, dass sie fast schon ansteckend wirkt. Dass die Hauptfigur stets droht, von ihrer Leidenschaft versengt zu werden, dabei aber immer glaubwürdig und sympathisch bleibt, ist eine weitere große Leistung des Filmes,
der auf der Tonseite ein Horrorfilm ist und in seinen halluzinatorischen Exkursen an die intensiven Passagen der frühen Alejandro-Jodorowsky-Filme erinnert, die ja thematisch gar nicht so weit entfernt von Atered States angesiedelt sind.

Wie inspiriert Regisseur Russel gewesen sein mag, lässt sich aus den euphorischen und pointierten Dialogen herauslesen. Aber wohl auch an der Tatsache, dass sich der Autor der Romanvorlage ausdrücklich vor deren Filmversion distanzierte.
Und bei genauerer Betrachtung haben Ken-Russel-Filme sowieso immer schon etwas visionenhaftes in sich. Dieser aber hat eine Sonderstellung inne – so gut wie sein Schreckensportrait Die Teufel ist Altered States natürlich nicht, seine etwas ins Schlingern geratene Karriere wurde durch den Film aber wieder in die Spur gesetzt.

So beeindruckend das Miterzählte und indirekt Erzählte ist, so ordinär fällt aber doch die tatsächliche histoire, die tatsächliche, an der Oberfläche sich abspielende Geschichte aus – gerade im letzten Drittel.
Und bei all den Beobachtungsgeräten auf so vielen Ebenen ist es faul und besonders auffällig, dass man auf ein „neutrales Auge“ wie eine dokumentierende Überwachungskamera an Orten verzichtet, wo sie unverzichtbar wäre. Auch wenn man es sich hinsichtlich der Thematik des Filmes aber auch schönreden kann, dass fast schon zwingend folgerichtig ist, dass es sie nicht gibt.
Wenn wir schon beim Herummäkeln an der Narration sind: Der ganze Storyast mit der Heirat mit Emily, der enormen Unausgeglichenheit der Beziehung, der Trennung und dem Wiedertreffen wirkt unnötig zerfasert und scheint einzig dafür da zu sein, dem Film eine klarere nach außen erkennbare Struktur zu verleihen. Und dann ist da auch noch dieses abrupte, nur mit viel Nachsicht aufgehende Ende, ohne dass der Film paradoxerweise weniger unvollständig wirken würde.
Über die Sogwirkung, die Altered States entwickelt und mit der er einen nahezu in seine unangenehme Welt hineinreißt, haben diese kleineren Unstimmigkeiten aber keine schädigende Wirkung. Die Welt mit ihren irgendwie unheilvollen Farben, mit ihrer lockenden Musik, die ebenso wie der Ton eine Oscarnominierung erhielt, und der ruckhaft vonstatten gehenden Entwicklung ist nämlich mindestens einen Abstecher wert.

Fazit

Ken Russels Altered States ist ein epiphanischer Kurzausflug, dessen surreale Ausläufe sich mit unangenehmer Beharrlichkeit um den Zuschauer schlingen. Letzterer ist zugleich selbst Teil der Abhandlung, als die man den Film begreifen kann. Dass Altered States noch besser sein könnte, ist natürlich eine Kritik, die fast immer anzubringen ist – und die trotzdem ausgesprochen sein will, denn so ganz ohne Fehler ist der Film keinesfalls.

The Lazarus Effect

The Lazarus Effect ist der erste Langspielfilm des jungen New Yorker Filmemachers David Gelb, für dessen zentrale Figur er Olivia Wilde verpflichten konnte. Das Ergebnis ist Wissenschafts-Horror mit metaphysischer Behauptungsebene zwischen Lucy und Flatliners.

If we are going to be asking the questions, we have to be ready for the answers.

Story

Das Forscherpaar Zoe und Frank forscht mit einer Handvoll nerdiger Wissenschaftler an einem Serum, dass es ermöglichen soll, einen verstorbenen Körper für einen kurzen Moment wieder zu reanimieren. In der Medizin soll dies für einen erweiterten Handlungsrahmen bei brenzligen Situationen auf dem OP-Tisch sorgen.
Und tatsächlich verlaufen die Experimente noch viel besser als erwartet. Ein toter Hund kann nicht nur kurzzeitig, sondern dauerhaft wiederbelebt werden.
Genau diese Erfolge sorgen für eine sofortige Übernahme der Einrichtung, die den Ausschluss der jungen Wissenschaftler von ihrem eigenen Projekt bedeuten wird – etwas, das man natürlich nicht auf sich sitzen lassen kann. Bei einem Einbruch in ihr eigenes Labor, kommt Zoe bei einem Unfall ums Leben, woraufhin Frank und sein Team sie mittels des Serums prompt wieder zurückholen. Doch Zoe scheint nicht mehr ganz dieselbe zu sein wie vor ihrem Ableben.

Kritik

The Lazarus Effect beginnt auf vertraute Weise als Wissenschaftsthriller, dessen Münden in einen Pandemiefilm sich bereits in der ersten Szene unverkennbar anzukündigen scheint. Da ist es erfrischend, dass der Film sich nicht so entwickelt, wie es eingangs wirkt, sondern einen etwas weniger ausgeprägten Trampelpfad einschlägt. Ungewöhnlich sind die kleinen Spitzen klassischen Horrors, die, immer in nur knapp unterdrückter Form, in die Welt brechen. Für sich genommen sind diese Szenen zwar nur mäßig wirkungsvoll, da sie alle auf vertraute Formeln zurückgreifen und diese quasi gar nicht abwandeln, im Kontext sorgt diese kleine Bereicherung aber für ein gelungenes Gefühl des Unbehagens, das dem Zuschauer schon früh im Nacken zu klemmen beginnt.
Mit fortschreitender Laufzeit fallen diese Schema-F-Horrorelemente jedoch immer stärker ins Gewicht und irgendwann ist der Punkt erreicht, wo offenbar wird, dass The Lazarus Effect einfach zu wenig Selbstbewusstsein hat, um den Charakter- und Wissenschaftspart für ausreichend tragfähig zu halten, weshalb immer wieder kleine Schocksequenzen als zusätzliche Stütze eingebaut werden. Nur schwächt genau das die Charakterseite noch mehr, denn einander ständig erschrecken wollende oder sich uneinsichtig-kindlich über alle Regeln hinwegsetzende Figuren sind ebenso wenig sympathisch wie glaubhaft. The Lazarus Effect ist sich nicht mal zu schade, mehrmals auf Geisterfilm-Klischees zurückzugreifen – und schlussendlich sogar zu einem Geister- bzw. Besessenheitsfilm zu werden.

Das heißt aber auch: Während in Sachen Schockmomente einzig die Sache bemerkenswert ist, dass sie überhaupt in dieser Form in den Film gekommen sind, erfreut die Geschichte damit, nicht einfach nur die alte Wiedergänger-Leier abzuspulen, sondern einen feinen Kniff die die Sache einzubauen.
Noch viel Bemerkenswerter: Während man sich noch darüber ärgert, dass sich ein Klischee an nächste Reiht, funktionieren die einzelnen Elemente trotzdem erschreckend gut. Die Regie ist einerseits lahm genug, all die faden alten Dinge ein weiteres Mal zu inszenieren, aber doch so kompetent, dass es ihr gelingt, sie so effektvoll zu inszenieren, dass ihre abgeschmackte Natur kurz vergessen wird. Nicht vollständig, aber doch ausreichend stark, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Nur reicht das allein nicht, um einen guten Film abzugeben. David Gelbs Film ist letztlich ein halbgarer Horrorfilm mit einer nicht funktionierenden psychologischen Komponente, dessen Grundidee durchaus Potenzial hätte, das aber nicht ansatzweise ausgeschöpft wird. Dieselbe Idee wurde vor gar nicht allzu langer Zeit in Luc Bessons Lucy deutlich kreativer behandelt, während die Ausgangssituation bereits in Joel Schumachers Flatliners vor einem viertel Jahrhundert kohärenter inszeniert wurde. Oder eben vor 197 Jahren von Mary Shelley.

Fazit

Zwar verläuft der The Lazarus Effect anfangs etwas überraschend in einer anderen (Genre-)Bahn, doch verlässt sich die Geschichte viel zu sehr auf zwar patent in Szene gesetzte, nichtsdestotrotz aber wahllos zusammengestückelt wirkende Horroreinlagen, die dazu auch noch verstärkt darauf aufmerksam machen, dass sowohl Charaktere als auch die Geschichte eher schwach sind.

Critters 2 – Sie kehren zurück

Dem Regelwerk der Filmwirtschaft folgend, erhielt auch Critters gerade mal zwei Jahre nach seinem überraschenden Erfolg ein Nachfolgewerk. Der begabte Stephen Herek wurde abgelöst von Mick Garris, dessen mittelmäßigen TV-Adaptionen von Stephen-King-Geschichten noch vor ihm lagen, welcher mit Das Wunder der 8. Straße aber schon einen wirklich großen Namen in der Vita vorweisen konnte.

Today of course is the day of Resurrection.

Story

Zwei Jahre sind vergangen, seit eine Horde Critters ein Raumschiff kaperte, Kurs auf die Erde nahm und nach kalkuliertem Absturz damit begann, die Farm von Familie Brown zu belagern. Man zog fort und das Dorf Grovers Bend weigert sich seitdem strikt, die damaligen Ereignisse anzuerkennen. Als Sohnemann Brad Brown nun zurückkehrt, um seiner Großmutter einen Besuch abzustatten, schlüpft auch die Brut der Critters aus den zurückgelassenen Eiern pünktlich zum Osterfest. Auch die außerirdischen Kopfgeldjäger eilen wieder herbei, doch dieses Mal lässt sich eine Verschonung des Dorfes nicht abwenden.

Kritik

Nach den ersten beiden, durchaus vielversprechenden Minuten, reihen folgende Dinge aneinander: Ein schlechter Witz, diverse schlechte Effekte sowie ein Alien, das aussieht, als wäre es in der Grundschule gebastelt worden. Außerdem fällt auf: Bradley Browns Haare sind roter, lockiger und schockierender frisiert als die Haarpracht seines jüngeren Alter Ego in Teil 1. Schlussfolgerung: Wir sind immer noch in den 80ern. Außerdem hat er eine Großmutter, die genau in demselben Kaff wohnt, in dem er in Critters selbst mit seiner Familie hauste, von der dort aber nie die Rede gewesen ist. Aber irgendeinen Grund muss es ja geben, dass Brad noch mal in die Heimat zurückkehrt, die man zwei Jahre zuvor offenbar erst verließ, nachdem die verbliebenen Critters-Eier in der Scheune in ein Osternest gelegt und sorgfältig mit einer Handvoll Stroh bedeckt wurden.
Zeigten sich die 80er in Critters noch von ihrer besten Sorte, hält in Critters 2 quasi ihr muffiger Schwager Einzug, der direkt aus dem Hause Flodders rüber wankt, um sich Kondensmilch zu borgen. Ganz so ungehalten ist es zwar nicht, die Diskrepanz zum ersten Teil wird aber allzu deutlich. Ging es dereinst noch darum, dass Bradley Hoffnungsträger einer neuen heranwachsenden Generation war, schlägt nun die Realität mit all ihrer Kraft ein. Er ist ein Teenager, hat mit Hoffnung gemacht, was alle Teenager mit Hoffnung machen, und wurde in gerade einmal zwei Jahren ein unerträglicher Schmierlappen, der allen Hausarrest der Welt verdient hat

Eo ipso: Critters 2 hat Probleme, und das nicht zu knapp. Trotzdem ist der Film keine Qual, sondern für die Dauer seiner Laufzeit ein durchaus kurzweiliger Spaß, bei dem zwar regelmäßig tumbe und geschmacklose Witze daran erinnern, dass das Sequel ein liebloser Abklatsch ist, bei dem zugleich aber so viel passiert, dass man sich für eine ganze Weile wenigstens nie langweilt.
Erst bei Minute 50 schleppt sich der Streifen dann spürbar, wenn das Semi-Finale einsetzt, das ebenso geschmacklos ist, wie der sonstige Ton des Filmes. Mit Schwund des Unterhaltungswertes bleibt nur noch ein marodes Sequel-Gerüst nach Schema-F inklusive wenig erfreulichem Klamauk, der auf pubertäre Weise mit Penissen und Brüsten jene zum Gackern bringen möchte, die nach 22 Uhr heimlich fernsehen.

Das Ernüchterndste ist aber, dass die Critters-Viecher, diese mitleidlosen Knäule, diese nimmersatte Plage aus den Weiten des Alls, hier genau dem restlichen Ton des Filmes entsprechen: Plötzlich sind wie Gremlins ohne Charme und Stil. Sie geben Comicgeräusche von sich, zelebrieren Essensschlachten und fabrizieren kindische One-Liner, die zum Weglaufen sind, nur um dann NOCH MEHR Comicgeräusche von sich zu geben und dann ausgelassen zu lachen. Dadurch, dass der Film mit seinen Figuren zu spielen beginnt, sie als komödiantisches Element einsetzt und ihnen teilweise sogar Individualität einflößt, werden aus dem ambivalenten Schrecken, der gerade als kollektivgewordener Appetit Respekt generierte, Witzfiguren aus dem Spielzeugregal.

Fazit

Critters 2 beginnt dumm, aber unterhaltsam, fängt 30 Minuten vor Schluss aber an, sich merklich zu ziehen, obwohl und weil er stetig abstruser wird, die Critters um zahlreiche unpassende Eigenschaften erweitert und einen unstrukturierten Verlauf aufweist, der von geschmacklosen Witzen und einigem Stumpfsinn flankiert wird. Und das trotz der übertragenen Rückkehr von John Wayne.

Critters

Knappe zwei Jahre nach Joe Dantes Gremlins – Kleine Monster fallen die nächsten ungezogenen Taschenmonster über die Erde her. Dieses Mal kommen sie aus dem All und müssen sich für ihre zerstörerische Form nicht erst verwandeln.

You have an seriuous attitude problem.

Story

Die Critters sind kindskopfgroße, fellige, gut bezahnte Kreaturen (hier schließt sich der Kreis, nuschelt man ‚Creatures‘ in betrunkenem Zustand, erhält man sowas wie ‚Critters‘) mit chronischem Heißhunger auf alles, die mit einem Gefängnisasteroiden (Eine Weiter- oder Rückentwicklung des Gefängnisplaneten, bei der nicht klar zu entscheiden ist, ob sie cool oder dusselig) ist getade durchs All transportiert werden. Bevor die Überschiffung dem Protokoll gemäß ablaufen kann, brechen die gefürchteten Biester aus, Kapern ein Raumschiff und nehmen Kurs auf die Erde.
Die Verantwortlichen, schlucken besorgt, fackeln dann aber nicht lange und rekrutieren zwei Kopfgeldjäger, die die Gefahr möglichst ohne Kollateralschäden eliminieren sollen.
Nur ein paar Kilometer vom Hof der Familie Brown landet das erbeutete Schiff und die Besatzung strömt aus.

Kritik

Nach einem kurzen Blick auf ein paar bürokratische und englischsprechende Außerirdische mit schicken Designs, von denen man eigentlich gerne viel mehr sähe, geht es prompt in die intakteste Kleinfamilienidylle des Amerikanischen Provinztraums, die an sich nur vorstellen kann. Der fleißige Handwerkermann in Latzhose erzieht seine Kinder auf altmodische aber herzliche Art, die nicht minder fleißige Hausfrau in Schürze arbeitet eifrig in ihrer mintfarbenen Küche, die sich kabbelnden, aber liebenswerten und gewieften Geschwister kratzen an den beiden Seiten der Pubertät und die Familienpackung Orangensaft steht in der Mitte von allem, während es draußen grünt.
So unerträglich das sein könnt, es funktioniert und bereitet absolut Freude, für eine Weile in diesem Mikrokosmos zu weilen. Dabei liegt im Grunde eine durch und durch klassische Struktur mit durch und durch klassischen Spannungsfeldern vor. Was die für Freude sorgt, ist die enorm liebevolle Ausstattung, eine große Liebe zu Details und die rassige Regie von Stephen Herek, der neben etlichen Disney-Hits auch für Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit verantwortlich war. Und so ist diese Einführung der Figuren ohne eine Länge.
Ausgerechnet Billy Zane als schüchterner Lustobjekt von April ist etwas zu kurz gekommen – auch wenn das der Rolle vollkommen angemessen ist. Lediglich die Figur des Ug ist zu verwaschen in der unverortbaren Mitte zwischen Trinker, Schussel, Paranoia, Medium und geistig Zurückgebliebenem. Die Darstellung von Terrence Mann, dessen denkwürdigste Rolle er ausfüllt, sorgt aber dafür, dass dieses ziellose Mäandern nicht weiter stört. Und so vergeht ziemlich genau ein Drittel der Laufzeit, ehe die außerirdischen Hedonisten ins Bild zotteln – und man vermisst bis dahin nichts. Den häufigsten vorwurf, den man Horrorfilmen macht, muss sich Critters also nicht gefallen lassen.
Und auch dann geht es weiter ohne Längen, ohne Unterhaltungsstopp. Die Invasion erfolgt mit der erwartbaren Steigerung, verteilt aber ausreichend viele Leckerbissen, um den Zuschauer nie vor den Kopf zu stoßen. Auch Ernsthaftigkeit und Witz geben sich stilvoll die Hand, ohne dass das eines das andere zu schlucken versucht, womit der Film auch diese brenzlige Linie ohne Blessuren hinter sich lässt. Inhaltlich hebt sich Critters von ähnlichen Werken durch die Science-Fiction-Elemente ab. Durch die wenig unauffälligen Formwandler gesellt sich zum Puppenhorror eine weitere Ebene, die sich in den meisten anderen Filmen niemals mit dem ersten Handlungsstrang vertragen hätte, sich hier aber nahtlos einfügt.
Bei alledem ist Critters in höchstem Maße 80er – dass die außerirdischen Kopfgeldjäger im Weltraum nietenbesetzte Lederjacken tragen, erübrigt sämtliche weiteren Ausführungen.

Lästern lässt sich somit nur über Kleinigkeiten.
Zum Beispiel gehen die anfangs noch häufigen Point-of-View-Einstellungen der lauernden Critter nicht auf. Denn während die Kamera in klassischen, gemächlichen Kamerabewegungen und ihrer Größe entsprechend über den Grund „schwebt“, sind die trippelnden oder rollenden Viecher, deren blick sie eigentlich wiedergeben soll, wendig und geschwind, weshalb die Plausibilität der dargestellten Welt an dieser Stelle ein paar Sprünge in Kauf nehmen muss. Das ist aber nur ein kleines Detail, das im Gesamtbild nicht weiter stört. Was etwas schwerer ins Gewicht fällt, ist das recht unglaubwürdige Verhalten so mancher Charaktere in Gefahrensituationen. So schreiten Familienmitglieder nicht ein, wen der Vater in Gefahr schwebt, einfach nur, damit die Kamera mehr Zeit hat, Spannendes einzufangen.
Ebenfalls nicht ganz korrekt sind die zeitlichen Abläufe. Denn dass ein Akt zwischen Teenagern einen ganzen Abend andauert, ist naturgemäß alles andere als der Normalfall.

Ziemlich erheiternd hingegen ist das Bild der Behörden, die viel zu leiden haben und nur in sehr beschränktem Ausmaß in der Lage sind, zu agieren. Das trifft auf die gesamte Galaxie zu, auf die irdischen Cops und die extraterrestrischen Kopfgeldjäger. Heiter ist auch der Rest. Critters gelingt es hervorragend, Witz und Schauer zu vereinen, ohne jemals plump einfallslos oder albern zu werden. Da auch die Detailfülle ihr Niveau konstant beibehält, sind all die kleinen und mittelgroßen Fehler im Grunde kaum von Bedeutung, denn der Sehgenuss wird davon nie beeinträchtigt geschmälert. Viel zu spleenig und naiv gestaltet sind die – ebenso naiven und spleenigen – Kopfgeldjäger aus dem All, viel zu dynamisch die Erzählung. Und so gelingt es dem Film tatsächlich, einem Genre gerecht zu werden, das sich Familien-Sci-Fi-Horror nennen darf, weil das Gezeigte trotz teils nicht von der Hand zu weisender Brutalität immer auch klassisch 80er-Jahre-Charmant bleibt.

Darüber hinaus spielt der Film, so konventionell er in seiner eigenen Struktur ist, mit althergebrachten Systemtraditionen, lässt sowohl John Wayne verenden als auch den Jungen das Zepter in die Hand nehmen und seinen Mann stehen, während Paps akzeptieren muss, handlungsuntauglich zu sein. Die Initiative des Kleinen geht sogar so weit, dass Critters sich problemlos auch als Appell auffassen lässt: Das Fremde dringt in unsere Welt, die etablierten Ordnungshüter versagen vollends, die heranwachsende Generation aber obsiegt auch ohne hütende Instanz. Sie betätigt sogar das Licht am Fahrrad, wenn es um Leben und Tod gibt. In gewisser Weise wird die Menschheit hier mündig.
Und damit ist Critters um Längen besser als der sehr ähnlich gestrickte Invasion vom Mars von Tobe Hooper.

Fazit

Auch heute ist Critters noch der gut aufgelegte Film mit seinen gut aufgelegten Darstellten, der mit im richtigen Maß überzeichneten Charakteren und sympathischem Witz eine formschöne Verbindung mit seinen bereichernden Science-Fiction-Elementen eingeht und jede kleinere Schwäche unwichtig erscheinen lässt, weil die Gesamterscheinung durch und durch angenehm ist.

Und dass sich ein brennender Critter ins Wasser rettet und dort später doch seinen Tod findet, darf gewiss auch als Anspielung auf die Gremlins-Vorbilder gesehen werden.
Trivia: Während die Herkunft der Gremlins im Film nicht geklärt wird, ist das Buch auskunftsfreudiger. Auch sie kommen aus dem All – ein blauäugiger Wissenschaftler schuf dort die Mogwais. Ihre Verwandlung ist ein unerwünschter Nebeneffekt.

Moontrap

Moontrap ist Robert Dykes erster Film gewesen. Erst 11 Jahre später solllte er mit Timequest wieder als Regisseur in Erscheinung treten. Als Effektkünstler war er zuvor aber auch für unter anderem Tanz der Teufel 2 tätig. Dort lernte er Bruce Campell kennen, der neben Walter Koenig (Stark Treks Pavel Chekov) die Hauptrolle in Moontrap ausfüllt.


That’s what we are – spare parts.

Story

Eigentlich sollte nur ein orientierungsloser Satellit geborgen werden, doch auf ihrer Routinemission stoßen Jason und Ray auf ein großes, unbekanntes Raumschiff. Als sie mit einem nicht identifizierbaren Artefakt und einem uralten menschlichen Leichnam zurückkehren, muss die gesamte Forschungsstation fast mit dem Leben dafür bezahlen.
Jason und Ray machen sich auf den Weg, die zweite besatzte Mondlandung in die Tat umzusetzen, um den Ursprung des Unheils ausfindig zu machen. Doch auf den Mond erwarten sie noch größere Geheimnisse.

Kritik

Moontrap beginnt holprig, aber rasant, wirft viele Fragen auf, ködert mit spannenden Andeutungen und verspricht eine Reise, die womöglich etwas Mitreißendes entdecken lässt. So stört es zu Beginn nur wenig, dass das vermutlich Antagonistische, in jedem Fall aber Mysteriös-Unheimliche, schon in den ersten Minuten so eingeführt wird, als handele es sich um die lebende Nummer 5. Dadurch hat man zwar keine konsistente Erwartungen mehr an einen Horrorfilm, ist aber immer noch auf eine eigenständige Geschichte gespannt. Wenn anschließend auf der Raumfähre, die ausgerechnet Camelot heißt, uninspiriert wirkende Albernheit in den Dialogen ausgetauscht werden, hält das Gefühl an, obwohl der Kontrast zwischen der oberflächlich intakten und der sich aus diesem Schein herausschälenden Welt des Grauens nicht auf diesem Weg nicht glaubhaft hergestellt werden kann. Das scheitert weniger aufgrund des fragwürdigen Humors, sondern weil die Charaktere durchgehend ein arg irrationales Verhalten an den Tag legen. In den ersten Minuten entdeckt man ein unbekanntes Raumschiff in Erdnähe, tut aber so, als handele es sich bei einem solchen Ereignis genaugenommen um Routine. Und nicht nur die Personen spielen Normalität, die ganze Inszenierung stellt die Entdeckung dar, als handele es sich um einen stinknormalen Tag im eintönigen Leben von Astronauten in den 90ern. Da wirft man mit lockeren Sprüchen um sich, haut sich gegenseitig in die Pfanne und beschreibt beiläufig für die Zuhörenden, was man gerade am Interessantesten findet. Auf diese Weise misslingt es dem Film immer wieder, eine schlüssige Dramaturgie aufzubauen. Doch langweilig wird es dadurch immer noch nicht, da die Prämisse eben so vielversprechend ist. Wie kommen die Maschinen auf den Mond? Wieso schwebt ein großes Raumschiff in seinem Orbit, zusammen mit den Überresten eines 14.000 Jahre alten Menschen?
Es wäre ein leichtes gewesen, die Ausgangssituation zu einem intensiven und sehr interessanten Ausflug in dunkle Fantasien zu entfalten. Das abstruse Verhalten ausnahmslos aller Figuren und die häufig widersprüchliche Inszenierung eines Science-Fiction-Filmes, bei dem die wichtigste Entscheidungen der Menschheitsgeschichte in einem Fahrstuhl oder einem Stripclub getroffen werden, machen es dem Zuschauer aber schwer, eindringliche Erfahrungen zu machen. Das geht so weit, dass man sich beim Betrachten mehrmals unsicher ist, ob man nun Traum oder Wirklichkeit zu sehen bekommt – und das in einem Film, der nicht eine einzige Traumsequenz bereithält. Doch egal, denn – genau, die Geschichte, an der auch eine inkonsequente Figurenführung erst einmal nichts ändert, die durch unergründliche Verhaltensänderungen auffällt und tatkräftige Unterstützung von hochgradig abstruser Dialogregie bekommt. Zwischen den einzelnen gesprochenen Zeilen gibt es außerdem auch durchaus helle und auch sehr helle Momente.
Dabei stimmt die ästhetische Grundrichtung, die Farbgebung ist stimmig, die Ausstattung lässt nicht klagen und ein paar nacheiferungswürdige Vorbilder hat man sich auch ausgesucht. Wie das Meiste schwankt aber auch die Effektqualität irgendwo zwischen ganz ordentlich und – mit fortschreitender Dauer – staubig und sehr unbeholfen. Selbiges triff auf die Musik zu, die in einigen Szenen so verwirrend unpassend einsetzt, dass man gar nicht so recht zu urteilen weiß, ob das nun gut oder schlecht – oder, der wahrscheinlichere Fall, etwas gänzlich anderes auf einer gänzlich anderen Skala ist.
Witzigerweise legte man großen Wert darauf, einer von nur wenigen Filmen zu sein, die den Weltraum physikalisch halbwegs korrekt darstellen, und verbot die Schallübertragung im luftleeren Raum – auch wenn dies nicht ganz konsequent eingehalten wird. Dass der vermeintlich prähistorische Weltraummensch, mit dem die Tour überhaupt erst beginnt, ausgerechnet von einem Mondkrater stammen soll, der den Namen Prometheus trägt, ist ein weiteres witziges Detail.

Kleinere Logiklöcher (Wieso trägt jeder in der Forschungsstation eine Waffe?) stören kaum, was aber nachträglich schwer ins Gewicht fällt, ist der enttäuschende Zustand, in dem die Geschichte dann letzten Endes doch ist. So interessant die Ausgangslage auch ist – abgesehen davon, dass es kaum Fortschritt in der Story gibt, bleibt viel unbeantwortet. Und die Antworten, die gereicht werden, sind so fade und unbefriedigend, dass man sich rückwirkend selbst verflucht, auf Moontrap reingefallen zu sein.

Fazit

In der Summe ein sehr verrückter Streifen, bei der vieles nicht richtig läuft. Die vielen wirren Eigenheiten beschaffen Moontrap aber auch einen speziellen Eigenwert und verhindern allem voran, dass so etwas wie Einönigkeit vorkommt. Zwar ist der Film, wenn man es streng betrachtet, ein dusseliges Flickwerk dramaturgischer Patzer, die eigentliche Geschichte vermag aber ausreichend in Beschlag zu nehmen – bis man sich dann am Ende eingestehen muss, dass sich alles in völlig belanglosen Blödsinn auflöst.

Der Film lässt übrigens nicht nur sperrangelweit eine Tür für Fortsetzungen auf, diese scheinen tatsächlich auch anzustehen. Letztes Jahr war jedenfalls noch hieß es, dass die Dreharbeiten für Moontrap: Target Earth (und nicht, wie lange geplant, Moontrap II: The Pyramids of Mars) im Gange seien.

Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.

Stag Night

Das Mini-Genre des U-Bahn-Horrors ist eigentlich immer gern gesehen. Egal, wie der Film denn nun eigentlich ist – Klaustrophobie und eine ordentliche Atmosphäre im finsteren Gedärm einer Stadt gibt es eigentlich inklusive. Dass daraus aber nicht zwangsläufig ein netter Film entstehen muss, beweist Stag Night nachdrücklich.

We went on the wrong tunnel.

Story

Dass sich unterhalb von New York ein zweites New York befindet, ist hinlänglich bekannt. Ein unüberschaubares, teilweise aufgegebenes Netzwerk aus U-Bahn-Tunneln zieht sich hunderte Kilometer lang durch den Untergrund, lockt Aussätzige an und fungiert als Garten Eden für Ratten. Als sich ein klassisch aus dem Ruder laufender Junggesellen-Verabschiedungs-Verband in die verlassenen Tunnel verirrt, macht dieser schnell Bekanntschaft mit ein paar mordlüsternen Mutanten.

Kritik

Irgendwann musste es mal soweit sein. Stag Night von Peter A. Dowling (der bisher vorrangig als Autor des Langweilers Flightplan bekannt war und hiermit sein Regieudebüt abgibt) steht auf dieser Seite ohne richtigen Grund, denn Science-Fiction ist das weder im engeren noch im weiteren Sinne. In der Inhaltsangabe auf dem DVD-Rücken wird irgendwas von Mutanten gefaselt, doch eigentlich werden hier nur ein paar Dumpfbacken von mundfaulen Obdachlosen zerstückelt.
Aber tun wir mal so, als handele es sich um Mutanten, und besprechen den Film. In der dritten Person.

Die vorgeblichen Mutanten, wegen denen man sich das alles antut, sind allzu oft gar nicht zu sehen, sondern huschen in unglaubwürdigen Bahnen als blamabelste Kamera-Ego-Perspektive der jüngeren DVD-Geschichte durch die Kammern und Tunnel. Sie sehen aus wie der durchschnittliche Vagant und klingen wie der unterdurchschnittliche Ork.
Begleitet wird der Unsinn von billig produzierter, viel zu verrauschter Gitarrenmusik, die manchmal in Ordnung geht, manchmal aber auch jede Möglichkeit auf Atmosphäre zunichtemacht, weil sie rücksichtslos in das Geschehen hämmert. Die Kamera agiert wie im Zeitraffer, zuckt ständig hektisch umher und scheint keinerlei Fokus zu kennen. Man kennt die Klage bei diversen Filmen, seit Handkamera en vogue geworden ist, Stag Night treibt dies mühelos auf ein gänzlich neues Level.
Gefilmt ist das Ganze wie ein Amateurfilm der Mittelklasse. So hektisch die Schnitte auch sind, wirken sie doch alle etwas neben der Spur, als hätte der Cutter nicht gewusst, wie das alles eigentlich funktioniert. – Oder eben, als hätte der desorientierte Kameramann auch gleich den Schnitt vorgenommen. Die Introduktion der Charaktere fällt gleichsam hilflos aus. Der Versuch, ihnen Tiefe zu verleihen, ist so unbeholfen wie plump, die Dialoge streckenweise kaum zu ertragen und sorgen bestenfalls dafür, dass die Protagonisten als gestelzt redende Streitsucher erscheinen und sich im Laufe der Handlung auch einzig dahingehend entwickeln, dass sie zusätzlich auch noch reichlich dämlich sind und so einen hässlichen U-Bahn-Tunnel-Mord schon irgendwie verdient haben. Zum Glück wird das Körbchen mit all den Faulen Äpfeln schnell geleert.

Dass die Handlung voller Logikfehler ist, gehört bei allem anderen dann auch zum guten Ton. Da schlendern die vom Drehbuch verurteilten seelenruhig einen U-Bahn-Tunnel hindurch, während sie nicht wissen, wie weit die Stationen voneinander entfernt sind, ihnen durchaus aber bewusst ist, dass jede Stunde ein Zug durch die Tunnel rattert. Auch dass man unentdeckt plappern darf, der blutrünstige Untergrundbewohner aber sofort aufschaut, wenn der Fuß etwas berührt, ist ein Naturgesetz in Stag NIght. Das Grüppchen ist immer unnötig laut und quasselt sorglos vor sich hin, während es sich vor den nur wenige Schritte entfernten Jägern versteckt. Trotzdem wundert man sich immer wieder aufs Neue über den Tod. Wer sich, während er von Killern durch einen scheußlichen Irrgarten getrieben wird, darüber streiten will, ob er Trauzeuge irgendeiner Hochzeit ist, oder nicht, ist ohne Wenn und Aber von einem immensen Lebensüberduss befallen.
In einigen Momenten kommt dann doch kurz so etwas wie Spannung auf, so eine Untergrundwelt, die nur wenige Meter vom menschlichen Alltag entfernt liegt, aber doch kaum begreiflich fremd und fern ist, hat einfach Potenzial. Doch die stümperhafte Regie ist in diesen Momenten immer relativ schnell zur Stelle, um den Film wieder in sein Gebiet zurückzuholen.
Nun, man mag sagen, dass das alles schon zu billigen wäre, so lange die adretten Frauen auch nach einer Terror-Hetzjagd im Zentrum des New Yorker Drecks noch wie frisch aus den Ei gepellt aussehen und die Gore-Effekte stimmen. Diese sind aber im besten Fall Mittelmaß und auch alles andere als kreativ umgesetzt. Einen Blumentopf gewinnt der Film auch damit nicht.
Da das alles ziemlich blöde daherkommt und der Streifen nicht zulässt, dass man die ‚Guten‘ mag und die Bösen ernstnimmt, lässt Stag Night einen die volle Laufzeit über herzlich kalt. Man ist nicht gelangweilt, aber so leidlich unterhalten, dass man ebenso gut abschalten und über Eis nachdenken könnte. Zu allem Überfluss zeichnet der Film auch noch ein hässliches, feindseliges Bild von der ganz unteren Bevölkerungsschicht, sodass dieses Machtwerk am Ende nicht nur an seiner bedeutungslosen Mangelhaftigkeit krankt, sondern auch noch ein fragwürdiges Weltbild transportiert.

Fazit

Stag Night ist ein hilflos inszeniertes B-Movie mit einem völlig gleichgültigen Drehbuch, in dem ein vertrottelter Trupp von Arschlöchern sich gegen verlotterte Grobiane zu Wehr setzen muss. Logik und Erklärungen bleibt der Film bis zum Ende schuldig. Allerdings ist er sich nicht zu schade, sich herablassend über Obdachlose, Frauen und den Zuschauer zu äußern.

Wer einen modernen U-Bahn-Schocker mit einem Hauch Science-Fiction, dafür aber auch in psychologisch kluger Ausführung und mit saftigem Splatter sucht, ist mit Midnight Meat Train definitiv besser bedient. Aber auch der Klassiker Tunnel der lebenden Leichen oder die kanadische Kleinstproduktion End of the Line bieten entschieden besseren U-Bahn-Horror als er hier geboten wird.

From Beyond – Aliens des Grauens

Nur ein Jahr nach seinem Überraschungserfolg Re-Animator trommelte Stuart Gordon das gleiche Team noch mal zusammen, um abermals die Lovecraftsche Welt zu betreten und seine gerade mal 7-seitige Kurzgeschichte Von Jenseits zu verfilmen.
Das Werk wurde damals nur stark verstümmelt der Öffentlichkeit preisgegeben. Erst 2006 tauche das verschollen geglaubte Material wieder auf. 2013 verstrich in Deutschland die 25-Jahresfrist und From Beyond verschwand auch hier vom Index.

Whait a Minute! What ate who?!

Story

Crawford Tillinghast und sein Mentor Dr. Edward Pretorius entwickeln in Eigenregie einen Resonator, der die Zirbeldrüse anregt. Die zugrundeliegende Theorie lautet, dass es sich bei ihr um ein verkümmertes Sinnesorgan handelt. Das Experiment glückt. Ist der Resonator aktiviert, erkennen die beiden Wissenschaftler, dass sich die abscheulichsten Kreaturen um uns herum tummeln, die die Menschen aber ebenso wenig wie die Menschen sie wahrnehmen konnten – der Resonator entfernt diese Schranke.

Als die beiden spüren, dass eine fremde Präsenz sich in ihrer Realität manifestiert, deaktiviert Crawford die Maschine, kann aber nicht verhindern, dass ein deformiertes Wesen Pretorius Kopf verspachtelt.
Dem Studenten wird kein Glauben geschenkt und er wird in eine Anstalt verwiesen. Êinzig Dr. Katherine McMichaels zieht in Erwägung, dass an der Zirbeldrüsentheorie etwas dran sein könnte.
Crawford soll unter ihrer Aufsicht das Experiment wiederholen.

Kritik

Re-Animator war ein unverhoffter Coup, der Gordon, Yuzna, Combs, Crampton und Komponist Richard Band plötzliche Bekanntheit bescherte. Für From Beyond, der nur ein Jahr darauf gedreht wurde, hatte man mehr Zeit, mehr Geld und mehr Selbstbewusstsein als beim Vorgängerfilm, was aber immer keineswegs heißt, dass die beiden erstgenannten Dinge in ausreichender Menge vorlagen. Dies resultierte in einem merklichen Zuwachs von so gut wie allem, was dazu führt, dass From Beyond dort, wo Re-Animator noch ein wenig hölzern und staksig wirkte, deutlich geschliffener und eleganter daherkommt.
Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, springt der Film ins Geschehen und macht die anfangs noch ein wenig behelfsmäßig wirkende Ausstattung unter anderem mit transparenten Weltraumfischen mit Gesichtsappetit wett. Fortan spielt der Film immer wieder mit einer Vielzahl von Genremotiven und sympathischen Anspielungen auf den Horror-Kanon, sei es das verflucht anmutende Haus oder die vor Irrsinn berstende Psychiatrie. Dabei zitiert From Beyond aber nicht nur, sondern liefert auch seinerseits in rauen Mengen zitierfähiges Material. Teils an Beetlejuice erinnernde Sequenzen reichen sich die Hand mit dominanten Hellraiser-Anteilen. Letzteres liegt natürlich an der Grundthematik, aber auch an Setting; die bedrohliche Versuchung des Dachbodens ist irgendwie doch ein tief anthropologisches Motiv.
Geboten wird schaurig-schöne Musikuntermalung, eine dezent dynamische Kamera, klare Figuren und die nötige, gekonnt dosierte Portion Selbstironie, ohne dass der Film dadurch je seine Dringlichkeit verlöre. Verbunden werden die Elemente von einer Geschichte, die an sich nicht sehr tiefgreifend ist, aber ökonomisch geschickt und ohne Stillstand erzählt wird. Zu allem Überfluss gibt es im weiteren Verlauf einen unerwarteten Wechsel der Sympathieträger oder vielleicht auch nicht, denn so ganz eindeutig ist die Fokalisierung des wahnwitzigen Science-Fiction-Filmes später nicht mehr. Und damit ist die Geschichte zwar nicht tiefgreifend, aber beileibe auch nicht dumm.
Auch die Dialoge sind wohldurchdacht, nie durchsetzt mit überflüssigen Füllzeilen und überraschen immer mal wieder mit einem gelungenen Scherz oder einer markanten Zeile. Das Schauspiel von Jeffrey Combs mit seinen markanten Nasenlöchern ist immer ein wenig drüber, passt aber gut zur Figur und dem Ton des Filmes, den sie damit zugleich signifikant angibt. Seine angespannte Rolle gibt der Erzählung die nötige Energie, lässt sie manchmal fast atemlos wirken. Ted Sorel mit seinem überambitionierten Gesicht steht ihm dabei gut zur Seite, aber auch seiner – sehr schön geschriebenen – Rolle bringt dies eher Gewinn als Schaden.
Der wirkliche Star des Filmes, ohne die anderen Elemente damit in irgendeiner Weise herabwürdigen zu wollen, sind aber John Carl Buechler, John Naulin, Anthony Doublin und Mark Shostrom, die für die bizarren Effekte und das Make Up verantwortlich waren und ein paar unvergesslich grandiose wie einfallsreiche Widerlichkeiten kreierten.
H.P. Lovecraft lebte bekanntlich zu der Zeit, in der das Bakterium entdeckt wurde. Unsichtbares bekam mit einem Schlag Macht und das Dunkle, Verborgene nahm ein unvorstellbar großes Maß an Einfluss. Dieses Bewusstsein lockte den Schriftsteller in eine Paranoia und ließ ihn Geschichten wie diese ersinnen. Er selbst ließ seine Ungeheuer in gewisser Weise auch immer unsichtbar; beschrieben wurden die schockierenden Gefühle, die ihr Anblick hervorruft, nicht jedoch ihr Anblick selbst.
Hiervon profitiert From Beyond in gewaltigem Maße, hatte man doch absolute Narrenfreiheit, die Kreaturen aus der anderen Dimension zu gestalten. Aus Kondomen, Styropor, Girlanden, Rasierschaum, Marionetten und animatronischen Wundertaten schufen die Künstler ein Monstrositätenkabinett, das den Kreationen eines Screaming Mad George nichts nachstehen. Auch die gut 86 Szenen, welche Effekte enthalten, sehen deutlich geschmeidiger und souveräner aus als in Re-Animator.
Das explodierende Ende, in dem ausufernde Effekte sich überschlagen, erinnert schließlich frappant an Brian Yuznas Regiedebut Society, das drei Jahre später folgte.

Fazit

From Beyond ist weitaus unbekannter als der zum Semi-Kult avancierte Re-Animator, doch lieferte das Team bei seinem Zweitwerk eigentlich die bessere Arbeit ab. Unterhaltsamer, rasanter, gekonnter ist die Tour de Force geworden, deren markantestes Element fraglos die genialen Kreaturendesigns sind, die ein paar unvergesslich Schräge Szenen definieren.

Judge

15. Japan-Filmfest Special 9

Yoshiki Tonogai großer Mangaerfolg Doubt ließ Judge folgen, der von den Fans ähnlich frenetisch verschlungen wurde. Regisseur und Drehbuchautor Yo Kohatsu nahm sihc den Stoff als Vorlage für einen selten müden Film.

00:00:00

Story

Sieben Menschen erwachen aus ihrem Schlaf. Festgekettet auf einem Stuhl vor einem Tisch, eingekerkert in einen abgeriegeltem Raum von unbekannter Lage. Und alle tragen überdimensionale Tiermasken auf ihren Köpfen.
Vor jedem öffnet sich ein Bildschirm aus der Tischplatte, auf dem die Namen der Anwesenden geschrieben stehen. Es stellt sich heraus, dass alle hier Versammelten eine irgendwie amoralische Vergangenheit haben, für die sie nicht büßen mussten. Bis jetzt.
Der Computer verlangt von den Gefangenen, dass sie sich bei laufender Uhr gegenseitig Nominieren. Der Träger des Namens mit den meisten Stimmen wird maschinell hingerichtet.

Kritik

Der erste Eindruck ist ein durchaus positiver, da der Zuschauer umweglos in das Geschehen geschleudert wird und gemeinsam mit den Figuren in einem unbekannten Raum mit eine Sack voller Fragen aufwacht und kaum Zeit hat, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. Als erstes fällt die ambitionierte Kameraarbeit auf, die den Raum mit großer Mühe ausformuliert und das Kunststück schafft, den sehr limitierten Schauplatz, der aus wenig mehr als einem rechteckigem leeren Zimmer besteht, nervös und spannend in unterbeleuchteten Bildern einzufangen. Wären da nicht die grundlosen Surrgeräusche bei den Zooms und Schwenks sowie wiederkehrende Bildstörungen, die inhaltlich nicht begründbar sind und atmosphärisch keinen Gewinn einfahren, könnte man der Präsentation wenigstens auf dem Papier kaum etwas vorwerfen.
Judge 2.1   1456500_10201852297283921_163793002_n   judge_sub6test
Es ist wichtig, dass der Film keine Zeit verliert und darum bemüht ist, möglichst rasch voranzuschreiten. Den Figuren aber wird durch die überhastete Erzählweise eine glaubwürdige Entwicklung gänzlich unmöglich. Einzig ein Herr mit Hasenmaske bekommt ein wenig Profil, während alle anderen grob und lieblos ihre plumpen, vorhersehbaren Funktionen erfüllen. Doch nicht einmal besagter Hasenkopf ist auch nur im Ansatz sympathisch. Durch die konstruierten Probleme, die auftreten („Ich brauche meine Medizin!“), und die völlig unmotivierten Entscheidungen der Gefangenen entstehen beim Zuschauer im besten Falle Antipathien, meist bleibt es aber bei bloßer Gleichgültigkeit den Gefangenen gegenüber. Sie sind flach, vollkommen uninteressant, fast sämtlich hysterisch und bar jedes Entwicklungspotenzials. Es ist egal, dass sie Reih um Reih sterben, weil eine Sorge um sie unmöglich entstehen kann.
Judge macht keinen Hehl aus seinem Wunsch, furchtbar gerne eine Art Saw mit der Atmosphäre eines Cube sein zu wollen, erreicht aber nicht einmal die fragwürdige Klasse eines der Sequels genannter Filme. Mit einer völlig aussagelosen Bildsprache erzählt der Film eine Geschichte, die durch ihre Prämisse Überraschungen verspricht, tatsächlich aber mit keiner einzigen unvorhersehbaren Wendung aufwarten kann. Alles verläuft nach Schema F, ist furchtbar ideenarm und lasch. Judge ist ein atmosphärisches Bild und 78 Minuten heiße Luft, ein Kartenhaus, das nach zwei aneinandergelegten Karten unspektakulär in sich zusammenfällt und dabei nichts verursacht, als ein wenig aufgewirbelten trockenen Staubt.
Trotz der unverkennbaren Vorbilder versucht der Film nicht, mit Gewalt zu punkten. Die Sterbeszenen sind so unblutig wie unspektakulär. Viel lieber wäre er ein psychologisches Kammerspiel über menschliche Abgründe, der die Sensation der Brutalität nicht braucht. Ein ehrenwertes Vorhaben, das zur Durchführung aber interessante Charaktere und eine erzählenswerte Geschichte bräuchte. Yo Kohatsus Manga-Adaption hat nichts davon. Die bemitleidenswerte Pointe des Filmes ist dann der eigentlich schon überflüssige letzte Sargnagel eines total irrelevanten Blenders.

Fazit

Nach einem interessanten Anfang entpuppt sich Judge als ideenlose Hülle ohne Potenzial. Trotz seiner knappen Laufzeit gibt sich der Film zäh und umschifft gelangweilt jede Möglichkeit auf Überraschung.
Ein schön fotografierter Raum, der nicht gefüllt wird.

Society

15. Japan-Filmfest Special 7

Brian Yuzna, dessen bekannteste Arbeit zweifelsohne die Re-Animator-Trilogie darstellt, begann seine Regie-Karriere mit etwas Sonderbarem namens Society, der erst in den letzten Jahren Stück für Stück aus der Indizierungskammer treten konnte.

– Fuckin‘ nightmare.
– Last night?
– My Life.

Story

Bill Whitney führt kein schlechtes Leben. Seine Eltern sind wohlhabend, er wohnt in einer schicken Gegend, steht kurz vor der Wahl zum Schulliebling und ist trotzdem verkörperte 80er-Jahre-Coolness, ein Star im Klassenzimmer und mit einem der hinreißendsten Mädchen der Stadt liiert.
Alles wäre also bestens, wenn ihm nicht vermehrt unheimliche Kleinigkeiten in seiner Familie auffallen würden. Anfangs scheint seine Wahrnehmung ihn zu trügen, doch beginnen die Dinge an Relevanz zuzunehmen, als sein Freund ihm ein Tonbandgerät zeigt, auf dem klar zu hören ist, dass Unfassbares in seiner Familie vorgeht.
Doch sein ganzes Umfeld scheint ihm nicht zu glauben, bis wenig später sich sogar der Inhalt des Tonbandes ein anderer zu sein scheint – und sein Freund bei einem Autounfall am gleichen Tag stirbt.

Kritik

Society startet nicht nur langsam und unaufgeregt, sondern regelrech ernüchternd. Eine kaum bemerkenswerte Bildspache, eine grobe, wenig sorgfältige Charakterzeichnung und -entwicklung und eine wahrlich beschämende Synchronisation, in der der Film auf dem Festival mangels beschaffbarer Alternativen gezeigt wurde, verhindern Identifikation und Spannung im üblichen Sinne. Lange Zeit ist ungewiss, wohin der Film möchte und was er eigentlich ist und nur die im Hintergrund überall auftauchenden Gemälde, die vor Obszönitäten strotzen, und die leicht verschrobene Grundstimmung sind als interessante Details auszumachen, während der Rest schlichtweg sonderbar wirkt und bestenfalls narkotisierte Erinnerungen an die Eis am Stil-Zeiten wachrütteln.
Society_14   Society_22   Society_01

Er nach einer ganzen Weile, wird klar, dass die sonderbare, nicht selten ärmliche Fortbewegung der Geschichte einem ganz eigenen System zu folgen scheint. Nach und nach entwickelt sich die leidlich unterhaltsame Detektivarbeit des arroganten High-Society-Schülers Billy zu einer merkwürdigen Tour de Farce, die sich im letzten Drittel schrittweise, aber unaufhaltsam zu einem surrealen Kompott aufgebläht. Irgendwann sind alle Figuren nach außen gekehrt, verständigen sich mit komplett zusammenhangsfreien Sätzen und tragen Schuhwerk von Nike. Der Schluss öffnet einen Strudel sumpfiger Entartung, die in Sachen Schrägheit wahrhaftig ihres Gleichen sucht und den Zuschauer schließlich fassungslos mit nicht zu erwartenden Eindrücken und der Frage, was zum Geier es mit der Haare verputzenden Mutter auf sich hat, zurücklässt.
Mit Society lotet Yuzna bereits auf höchst eigene Weise die Grenze zwischen Normalität und surrealer Abgründigkeit aus. Das Bizarre wird mit dem Biederen auf eine noch ausführlichere und kontrastreichere und eine viel hemmungslosere Weise konfrontiert, wie wenig später in seinem Kultwerk Re-Animator.

Fazit

So unpassend der Anfang vorerst scheint und so wenig fesselnd dieser anmutet, ist er doch das einzige in Frage kommende Tor, durch das der Zuschauer schreiten muss, um das bizarre Fest fleischiger Obszönitäten am Ende in seiner ganzen Heftigkeit erfahren kann. Auch wenn der Film durch seine rücksichtslose Dramaturgie nicht jedem gefallen wird, ist kaum ein Zuschauer vorstellbar, der Society nicht mindestens als interessante Seherfahrung verbuchen wird.