Invasion vom Mars (1986)

Der visionäre Regisseur William Cameron Menzies (Things to Come) drehte 1953 einen sehr modernen Sci-Fi-Jugend-Film. Dass ausgerechnet Tobe Hooper (The Texas Chain Saw Massacre, Poltergeist) sich 33 Jahre später am Höhepunkt seiner Karriere an einer Neuverfilmung versuchte, wirkte nur auf den ersten Blick sonderbar.

Well, maybe a penny will do it!

Story

Als David eines Nachts aus dem Fenster seines Kinderzimmers sieht, traut er seinen Augen nicht. Nicht weit entfernt landet ein UFO hinter einer Anhöhe. Natürlich schenkt der Geschichte des aufgebrachten Jungen niemand so richtig Glauben. Bereits am nächste morgen aber fällt sein Vater durch ausgesprochen merkwürdiges Verhalten auf.
Auch in der Schule agieren viele Menschen plötzlich auffallend. Sie sind emotionslos und führen Alltagstätigkeiten auf teils recht affektierte Weise aus. David entdeckt, dass ihnen ein Implantat in den Nacken gesetzt wurde, ihr Willen ist gebrochen von Aliens.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu handeln, während sein Umfeld unaufhaltsam von den Außerirdischen infiltriert wird.

Kritik

Wenn schon der Vorspann auditiv und grafisch mit einer hauchend-rauschenden Wucht die Credits in großem Bogen durch das Bild sausen lässt, dies weiße Streifen hinter sich herziehen, welche mehr an Spinnenweben als an Space-High-Speed erinnern, sodass die eigentlich mitzuteilenden Namen mit dieser Verzierung absolut gar nicht mehr lesbar sind, wird klar, dass Hoopers kulissen- und farbverliebter Stil hier wie die Faust aufs Auge passt. Hier wird all das, was seinen grandiosen Eaten Alive ausmachte, dafür genutzt, eine Jugendfantasie zu bebildern.
Erst einmal geht es um eine rissfreie Familienidylle der 80er vor kaum versteckter Kulisse, als hätte Spielberg persönlich Pate gestanden. Was er mit E.T. – Der Außerirdische zweifelsohne auch getan hat.
Prompt fällt die Hooper-typische Wunderlichkeit in den Film ein. Die Musik und auch die immer bewegte und ihre Objekte fast schon zärtlich umschmiegende Kamera bewahren zwar den Anschein von Vorstadtheimeligkeit und Familienfreuden, spooky Soundeffekte, schräge Figuren und andere beunruhigende Kleinigkeiten lassen nicht nur keinen Zweifel daran, dass etwas Fremdes eindringen wird, sondern kreieren vor allem einen rigorosen Kontrast.

Nach nachvollziehbaren Handlungen darf und soll man nicht suchen. Invasion vom Mars geht es im Grunde um den Effekt. Die Wirkung von Sonderbarem, Fremden, von unerwarteten Taten und überzogenen Entwicklungen, um Einstellungen, Sounds und Schreckeffekte. Im Gegensatz zu heutigen Filmen mit dieser Ausrichtung ist hier vor allem aber auch Seele anzutreffen. Vieles davon kennt man z.B. aus Eaten Alive, nur geschieht es hier eben im Schatten jugendfreundlicher Abenteuerfilme. Absolut sehenswert und ebenso eklig sind die Spezialeffekte. Das Getier vom Mars ist so herrlich widerlich deformiert, voller Zähne, Drüsen und Fleisch, dass man sich gar nicht daran sattsehen kann und mag. Insbesondere der Anführer mit seiner optischen Mischung aus Kobra, Gehirn und Klitoris kann einige Szenen für sich beanspruchen.
Neben den sorgfältig platzierten, dafür aber umso fantastischeren Effekten ist die Kamera zweifelsfrei das Highlight des Filmes. Verspielt und zügellos reiht sich eine ausgelassene Fahrt an die andere. Dass die Geschichte aus der Sicht eines Kindes erlebt wird, gewinnt hier eine ganz neue Bedeutung hinzu. Daniel Pearl, der auch schon Hoopers The Texas Chain Saw Massacre filmte, war hier am Werk und lieferte nach diesem Film nie wieder eine so markante Leistung ab.

Später gibt es einen schrägen Dreh, der den Horror erst einmal verschwinden lässt und Grundschüler David Gardener quasi zum Kommandeur der Armee werden lässt und eine ganz eigenartige Wandlung der Stimmung bedingt. Es ist schwer zu sagen – und wohl nur von jedem selbst zu entscheiden -, ob das dem Film gut tut, außer Frage steht hingegen, dass es auf eine merkwürdige Weise unterhaltsam, in dieser letzten Phase aber zu lange verharrt. Spätestens hier verliert der Film aber jede klare Zielgruppe. Für Kinder erst zu unheimlich und brutal, für Erwachsene zu kindlich und so richtet sich dieses wunderliche Produkt vorrangig an Liebhaber des Merkwürdigen und vieler Überraschungen, während Logik vom Drehbuch völlig bewusst gänzlich auf der Strecke gelassen wird. Anspielungen auf andere Perlen des Genres, allem voran natürlich Ed Woods Kreationen, bleiben natürlich nicht aus.

Zu lesen ist Hoopers Version von Invasion vom Mars ebenso wie Menzies Originalstoff am besten als die Fantasie eines Jungen, der sich abends im Bett ein Abenteuer mit sich als Helden ausmalt. Sich höchst eigenartig verhaltene Erwachsene, die alle ein großes Geheimnis zu teilen scheinen, während man als Kind doch eigentlich besser weiß, wo es lang geht, einem aber keiner Glauben schenken will. Im Alleingang Klettereien bestehen und geheime Nachforschungen anstellen. Und Mut. Jede Menge Mut, den all die Bewährungsproben einfordern. So wie wir Jungen eben sind, ausdauernde Kämpfernaturen, leidenschaftlich und ehrlich gesagt auch ziemlich drollig.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders schade, dass Kinderschauspieler Hunter Carson häufig etwas zu steif spielt und schlichtweg nicht sehr überzeugend spielt, während seine Stimme überraschender Weise sehr gut zum Geschehen passt.
Tatsächlich funktioniert der Film auch nur mit dieser Sichtweise, denn bei jeder anderen wäre das Drehbuch unannehmbar. Das weiß auch Hooper. Und vielleicht kann man Invasion vom Mars als größten Kritikpunkt vorwerfen, dass er wohl sorge hatte, das Publikum könne dies nicht verstehen, weshalb er ein Ende wählte, das die einzig vernünftige Lesart zu etwas werden lässt, das sich narrativ aufdrängt.

Fazit

Invasion vom Mars ist das Abenteuer eines Kindes, das sich nicht nur, aber überwiegend an Erwachsene richtet. Wer sein Faible für das Wunderliche und Fantastische nicht verloren hat, wer Film als Entdeckungsreise, Eskapismus und Wunderkiste begreifen kann, der wird sich in Tobe Hoopers Remake pudelwohl fühlen. Trotz einer Entwicklung, die dem letzten Akt der Geschichte den Charme abspricht, den sie bis dahin hatte, funktioniert der Film auch heute noch anstandslos, um kurz ein paar Schritte zurück in die eigene Kindheit zu machen.

Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.