Der Höllentrip

Ken Russel. Vertreter radikaler Subjektivitgät, Schöpfer unsterblicher Filme wie Die Teufel und Tommy , verwirrten Irrlichtern wie Der Biss der Schlangenfrau, späterer Undergroundfilme ohne alle Mittel und eben Filmen wie diesem hier: Altered States bzw. im Deutschen ungleich plumper Der Höllentrip – mal gefeiert, mal verpönt, mal weitestgehend vergessen. Ken Russel.


I feel like I’m being harpooned by some raging monk in the act of receiving god.

Story

Eddie Jessup ist ein Vollblutwissenschaftler, der mit wenig beachteten und verpönten Methoden versucht, die menschliche Wahrnehmung und das Erinnerungsvermögen über natürliche Grenzen hinaus auszuweiten. Seine These lautet, dass in jedem Gehirn auch die Erinnerungen aller vorherigen Evolutionsstufen vorhanden und theoretisch abrufbar sind.
Er trennt sich von seiner Frau Blair und experimentiert mit einer von mexikanischen Eingeborenen aus Pilzen gebrauten Substanz, welche direkt das Gehirn beeinflusst und Eddie nicht nur unvergleichliche Visionen beschert, sondern auch körperliche Wandlungen zu bedingen scheint.

Kritik

Altered States beginnt mit dem Zuschauerblick auf ein Bullauge. Dahinter befindet sich, durch das Glas leicht verzerrt, umschlossen von Wasser ein Mann, der seinerseits durch das Glasfenster zurückschaut. Die Kamera fährt langsam zurück und nach und nach erkennen wir, die Zuschauer, dass wir nur auf einen winzigen, tonnengleichen Tank geblickt haben – scheinbar gar nicht ausreichend groß, um einen ausgewachsenen Männerkörper zu beherbergen. Der Weg des Filmblicks wird nach hinten fortgesetzt, hindurch durch eine Scheibe, vor der ein Mann sitzt, der wiederum selbst durch diese Scheibe in das dahinter liegende Bullauge blickt. Wie häufig in Filmen inszeniert auch Altered States sich als Film – als Guckkasten, der einen Blick erlaubt auf eine hermetisch abgeriegelte, eigenlogische Welt. In diesem Fall ist dies besonders interessant, denn es handelt sich schließlich um eine Geschichte, deren Erzählinstanz eine interne Fokalisierung zu haben scheint. Wir sehen die Visionen, die sich im Kopf eines Mannes abspielen, als scheinbar diegetische Realität. Es passt, dass der Tank, in dem Eddie erstmals gezeigt wird, ein Isolationstank ist. Wir sind in seinem Kopf, er ist in einem Tank, dieser ist in einem verschlossenen Raum. Und darüber hinaus ist auch der „Zuschauer“ in seinem ganz eigenen abgeriegelten Zimmer.
Die geschilderte Eingangssequenz ist kein Einzelfall – immer wieder positioniert sich die Kamera vor Menschen, die ihrerseits in voyeuristischer Position sind, vor Fensterfronten, einseitig transparenten Spiegelwänden, in offenen Türen, hinter Gefängnisgittern oder vor Monitoren. Die Thematisierung des Blicks in Ken Russels Science-Fiction-Drama ist einer der fruchtbarsten Ausgangspunkte für eine ergiebige Sichtung des Filmes.
Und das gilt nicht nur für das rein visuelle Beobachten, sondern auch die akustische Teilhabe an fremdem Wahrnehmungsräumen.
Und dann gibt es auch noch Szenen, in denen diese Motive aufgegriffen und verändert und gebrochen werden. Altered States ist ein motivisch reicher Film über Beobachtung und ganz besonders über die Faszination und den Rausch der Selbstbeobachtung. Und damit eine Liebeserklärung an die unerforschbare Komplexität des Menschlichen.

Der von William Hurt in seiner ersten Filmrolle dargestellte Protagonist ist ein von der Arbeit besessener, von einer Art verkleidetem religiösem Wahn angetriebener Soziopath mit der Passion eines Pioniers, der ausnahmsweise nicht in-, sondern eher extrovertiert ist und tatsächlich mit einer tiefen Überzeugung infiziert ist, die er so flamboyant vorträgt, dass sie fast schon ansteckend wirkt. Dass die Hauptfigur stets droht, von ihrer Leidenschaft versengt zu werden, dabei aber immer glaubwürdig und sympathisch bleibt, ist eine weitere große Leistung des Filmes,
der auf der Tonseite ein Horrorfilm ist und in seinen halluzinatorischen Exkursen an die intensiven Passagen der frühen Alejandro-Jodorowsky-Filme erinnert, die ja thematisch gar nicht so weit entfernt von Atered States angesiedelt sind.

Wie inspiriert Regisseur Russel gewesen sein mag, lässt sich aus den euphorischen und pointierten Dialogen herauslesen. Aber wohl auch an der Tatsache, dass sich der Autor der Romanvorlage ausdrücklich vor deren Filmversion distanzierte.
Und bei genauerer Betrachtung haben Ken-Russel-Filme sowieso immer schon etwas visionenhaftes in sich. Dieser aber hat eine Sonderstellung inne – so gut wie sein Schreckensportrait Die Teufel ist Altered States natürlich nicht, seine etwas ins Schlingern geratene Karriere wurde durch den Film aber wieder in die Spur gesetzt.

So beeindruckend das Miterzählte und indirekt Erzählte ist, so ordinär fällt aber doch die tatsächliche histoire, die tatsächliche, an der Oberfläche sich abspielende Geschichte aus – gerade im letzten Drittel.
Und bei all den Beobachtungsgeräten auf so vielen Ebenen ist es faul und besonders auffällig, dass man auf ein „neutrales Auge“ wie eine dokumentierende Überwachungskamera an Orten verzichtet, wo sie unverzichtbar wäre. Auch wenn man es sich hinsichtlich der Thematik des Filmes aber auch schönreden kann, dass fast schon zwingend folgerichtig ist, dass es sie nicht gibt.
Wenn wir schon beim Herummäkeln an der Narration sind: Der ganze Storyast mit der Heirat mit Emily, der enormen Unausgeglichenheit der Beziehung, der Trennung und dem Wiedertreffen wirkt unnötig zerfasert und scheint einzig dafür da zu sein, dem Film eine klarere nach außen erkennbare Struktur zu verleihen. Und dann ist da auch noch dieses abrupte, nur mit viel Nachsicht aufgehende Ende, ohne dass der Film paradoxerweise weniger unvollständig wirken würde.
Über die Sogwirkung, die Altered States entwickelt und mit der er einen nahezu in seine unangenehme Welt hineinreißt, haben diese kleineren Unstimmigkeiten aber keine schädigende Wirkung. Die Welt mit ihren irgendwie unheilvollen Farben, mit ihrer lockenden Musik, die ebenso wie der Ton eine Oscarnominierung erhielt, und der ruckhaft vonstatten gehenden Entwicklung ist nämlich mindestens einen Abstecher wert.

Fazit

Ken Russels Altered States ist ein epiphanischer Kurzausflug, dessen surreale Ausläufe sich mit unangenehmer Beharrlichkeit um den Zuschauer schlingen. Letzterer ist zugleich selbst Teil der Abhandlung, als die man den Film begreifen kann. Dass Altered States noch besser sein könnte, ist natürlich eine Kritik, die fast immer anzubringen ist – und die trotzdem ausgesprochen sein will, denn so ganz ohne Fehler ist der Film keinesfalls.

Tusk

Kevin Smith, der in jüngsten Jahren mit Komödien wie Clerks, Mallrats, Chasing Army und Dogma Weltruhm und Nerdliebe erlangte, lässt lässt seiner New-Jersey-Saga nun eine True-North-Trilogy folgen. Den Anfang macht ausgerechnet ein Horrorfilm, der auf den Spuren Hostels wandelt und sich mit einem wahnsinnigem Wissenschaftler schmückt.

I don’t wanna die in Canada!

Story

Wallace ist die Definition eines unausstehlichen Kerls, der sich schlecht kleidet, schlecht redet, schlecht ist. Ein Waschechter Unsympathant, der aus dem Leid anderer sein emotionales Kapital schlägt, indem er sich gemeinsam mit Kumpel Teddy er einen erfolgreichen Internetpodcast Pechvögel an den Pranger stellt.
Als er in Kanada eine von ihn zur Witzfigur gemachten Person live interviewen will, stellt er fest, dass diese sich aus Scham zwischenzeitlich das Leben genommen hat. Reue empfindet Wallace aber vornehmlich aufgrund der umsonst angetretenen Reise, weshalb er sich spontan auf die Suche nach anderem macht, über das sich berichten lassen könnte. An der Pinnwand einer Bar entdeckt er die Ausschreibung eines Herren, der alleine in seinem Anwesen altert, sich als Weltenbummler ausweist und damit lockt, zahlreiche Geschichten zu kennen.
Wallace wittert eine Quelle neuer Lächerlichkeit und macht sich auf dem Weg. Was ihn erwartet ist ein manierliches Herrenhaus, dessen Besitzer Howard Howe nicht nur zahlreiche Geschichten zum Besten geben kann, sondern als genialer, aber etwas wahnsinniger Wissenschaftler seine ganz eigenen Pläne mit dem Besucher hat.

Kritik

Anfangs ist das Aufeinandertreffen der beiden Ungleichen durchaus aufgeladen. Denn mit dem schleimigen Widerling Wallace und dem kultivierten, zuvorkommenden und zugleich ungezwungenen Howard in seinem vornehm Staub ansetzenden Herrenhaus kollidieren tatsächlich sehr effektiv zwei Welten; dass Wallace dem mehr oder weniger jungen Medium Podcast zuzurechnen ist, spielt eigentlich überhaupt keine Rolle. Der betagte Mann von Welt, welcher sich als sadistischer Psychopath herausstellt, wird wie zu erwarten bestens Michael Parks verkörpert, leidet aber an der generellen Dünnheit seines Charakters. Gleich wie irre seine Idee ist und wie herrlich unvorhersehbar sich die Landschaft seines Gesichts auch bewegen kann, wenn er sein Spiel mit Boshaftigkeiten treibt – sobald raus ist, dass sich hinter der interessanten Fassade nur eine flache Motivation steckt, verliert nicht nur er als Figur an Attraktivität, sondern der ganze Film.
Vielleicht ist genau dies das Konzept. Tusk ist strukturell zu 90% Horrorfilm: Der Protagonist landet in den Fängen des Bösen, muss Plagen erdulden und unterdessen suchen seine Mitmenschen ihn nach altbekanntem Muster. Sein Freund und Co-Podcaster Teddy wird gespielt von Haley Joel Osment, oscarnominiert für seine Rolle als tote Menschen sehendes Kind aus The Sixth Sense, mittlerweile etwas dicker, etwas älter und nicht mehr zu erkennen. Und nichts abliefernd, was eine weitere Nominierung rechtfertigen würde.
Dass als Auslöser der Masterplan eines irren Großväterchen dient, einen Menschen zum Walross zu transformieren, ist aber dermaßen skurril, dass man regelmäßig die für sich selbst überprüfen muss, ob man das, was man da sieht, als Witz versteht oder nicht. In erster Linie ist es grausam, widerwärtig und ehrlich gesagt auch ein bisschen langweilig – aber es geht verdammt noch mal darum, dass jemand alles daran setzt, einen Menschen in die seiner Meinung nach edelsten Kreatur auf Gottes Erde zu verwandeln: In ein Walross (nur um es noch mal zu sagen). Artikulierten Witz gibt es auf dieser Seite des Flusses aber keinen zu sehen, allein die implizite Übertreibung der Situation hat humoristische Züge.
Während die Wortäußerungen des Podcaststars nicht kess, sondern jämmerlich wirken sollen, lässt sich der einzig wirklich komödiantische Aspekt in einigen Kurzauftritten von kauzigen, völlig überzeichneten Figuren finden, die den Protagonisten die Richtung weisen und „normale Kanadier“ repräsentieren sollen. Diese Ausreißer sind durchweg gelungen, den Höhepunkt aber stellt das ausgedehnte Stelldichein eines wirklich großen Stars als Kriminalbeamter dar, den man in diesem Film unter keinen Umständen vermutet hätte. Wo der genau das macht, womit er im vergangen Jahrzehnt berühmt geworden ist, wenn er sich in gestellter Trotteligkeit übt und damit mit selbstgefälligen Improvisationen des immer wieder gleichen Typus die Kamera für sich einnimmt.

Positiv zu vermerken ist, dass Tusk sich nicht in endlosen Operations- und Folterszenen ergeht, sondern diese höchstens andeutet und dafür größeren Wert auf finale Zustände legt. Bei diesen finalen Zuständen greift auch schon wieder das scheinbare Leitmotiv des Filmes, denn es ist unmöglich, sich zu entscheiden, ob die Schöpfung des nun mehr bemitleidenswert und grausam aussieht, oder ob der Film nicht doch durch ihre überzogene Darstellung gar nicht so ernst genommen werden will.

Fazit

Ein Hinweis auf die Dumpfheit der Ecke, in die sich das Horror-Genre verfahren hat? Ein psychologisches Experiment, was passiert, wenn die klassische Horrornervensäge noch unerträglicher als normalerweise schon ist?
Was auch immer die Antwort sein mag, ist gar nicht so wichtig, denn der Film als solcher ist aller Provokations- und Aufheiterungsversuche zum Trotz schlicht nicht gut. Die zwar bizarre, aber nach 5 Minuten doch sehr dünn wirkende Prämisse bleibt unerweitert und so bietet Tusk Stoff für einen passablen Kurzfilm, erschöpft sich in seiner abendfüllenden Form aber schnell.
Als außergewöhnlich in Erinnerung bleibt daher nur die seltene Tatsache, dass auch nach dem Abspann nicht abzuschätzen ist, wie ernst das gerade Gesehene sich selber nimmt. Und natürlich eine sehenswerte Show von altmeister Michael Parks als gruseliger Mann.
So erbärmlich, wie die Nutzerreviews auf IMDB – „I hate you Kevin Smith!“ – erwarten lassen, ist Tusk aber keinesfalls.

Die beiden geplanten anderen Teile der Trilogie sollen übrigens ein rasanter Abenteuerfilm namens Yoga Hosers und Moose Jaws… ein Film mit Haien und Elchen… werden. Auch hier sollen bereits eingeführte Figuren wiederholte Auftritte haben.

Orphan Black – Staffel 2

Die zweite Staffel des kanadischen Überraschungshits Orphan Black wurde in Windeseile im Anschluss an den Auftakt produziert. Entgegen den natürlichen Erwartungen litt die Qualität nicht darunter, sondern wuchs sogar an.

Don’t mix your camouflage?

Story

Cosimas Krankheit wird zu einem Countdown, der sich sekündlich schneller der Null nähert, während immer noch unklar ist, mit wem ihre geliebte Delphine eigentlich doppeltes Spiel spielt. Unterdessen ist Kira immer noch in den Händen ihrer Entführer. Verzweifelt wendet sich Sarah an Arthur, der vormals noch nach ihr suchte, mittlerweile aber suspendiert ist und dem Klon immer stärker vertraut.
Alison erlebt derweil in einem ganz eigenen Universum ganz eigene Abenteuer. Nachdem sie indirekt das Ableben ihrer Nachbarin herbeiführte, die sie fälschlicherweise für ihren Monitor gehalten hat, bekommt sie deren große Rolle in ihrer Amateur-Musical-Gruppe. Doch ringen in ihr Schuldgefühle, eine neuentdeckte, verwegene Seite sowie Paranoia um die Vorherrschaft und ihr gewähltes Hilfsmittel stellt sich nicht als geeignetste Wahl heraus.
Für alles scheint es Hilfe zu geben. Doch jede neue Hoffnung könnte ebenso ein Werkzeug der Gegenseite sein.

Kritik

Nach einer spannenden und stilbewussten, doch nicht ganz ruckelfreien Einstiegsstaffel geht es in der Fortsetzung plötzlich sofort mit Höchstgeschwindigkeit los. Das lange, teils etwas zu selbstzweckhafte Integrieren der zahlreichen (und überwiegend von Tatiana Maslany gespielten) Figuren ist beendet, der Serie kam nie erwarteter Erfolg zu und es hat den Anschein, als würden die kreativen Köpfe Fawcett und Manson zur Feier nun aus sämtlichen Rohren auf einmal feuern und die Ereignisse sich purzelbaumartig überschlagen lassen. Wo sich vormals noch kleine Längen einschlichen, ist die Serie nun so straff wie nur möglich gespannt und die Charaktere eilen pausenlos von einer Klippe zur nächsthöheren. Dabei muss die Serie aufpassen, nicht in eine zu einseitige Steigerungsklimax zu fallen, die nur dann noch Spannung generieren kann, wenn die vorherige Katastrophe doch noch Unfassbareres übertrumpft wird. Ob sich die Dramaturgie fangen kann oder die Serie nun auch all ihr Pulver verschossen hat, da sie sich für weitere, noch größere Schreckmomente eingestehen müsste, zuvor nur mit Platzpatronen gefeuert zu haben, wird sich zeigen. Doch für die 10 Episoden dieser Staffel geht der Plan voll auf. Und um mehr geht es hier nicht.
Sarah, Cosima und Alison sind mittlerweile ein Gespann, das über große Distanz zusammenhält und eine vollends glaubwürdige Zuneigung untereinander entwickelt hat. Die kurzen Momente, in denen das Trio skypet und sich bangend und einander gut zusprechend auf den neusten Stand bringt, sind von der ersten Sekunde an emotional mitreißend und überflügeln in dieser Hinsicht jede andere Art von Charakterdrama in der Serie – selbst das zwischen Sarah und Töchterlein Kira. Dadurch, dass die Figuren mit ihren Einführungen im Rücken nun viel selbstverständlicher agieren können, wirken nicht nur ihre miteinander verwobenen Geschichten um Welten stimmiger. Auch Maslanys Spiel wirkt noch mal eine Spur differenzierter und zugleich natürlicher, was vor allem Cosima zu einer noch filigraneren Figur heranreifen lässt. Auch neueingeführtes Personal fügt sich gut ins Ensemble und sticht sich dank ein paar kluger Drehbuchentscheidungen nicht untereinander aus. Dass das alles klappt, liegt daran, dass Orphan Black in seiner zweiten Staffel trotz massiv hochgeschraubter Rasanz eine viel klarere Linie verfolgen kann und dies auch tut. Der Schwerpunkt liegt nun nicht mehr auf der Suche nach Orientierung, sondern auf einem agentengleichen Katz- und Mausspiel. Inszenatorisch hat man dabei einiges dazugelernt – was sicher auch am grundsätzlich konventionelleren Szenario liegt -, denn der Szenenaufbau funktioniert mittlerweile viel reibungsloser und die aufgesetzte Musik ist gänzlich verschwunden.

Es ist der Serie nur zugute zu halten, den notwendigen Mut aufzubringen, beim in Staffel 1 bewährten Konzept diese Kursänderung vorzunehmen. Vieles ist mitreißend und es gibt ein angenehmes Mittelmaß zwischen dem großen Klongeheimnis und dieses überlagernder Akutproblematiken.
Der skeptische Beiklang, den schon das Fazit zur ersten Season hatte, ist trotzdem auch hier zu finden. Häufig erinnert das Geschehen an die zweite Staffel Prison Break, bei der die Handlung auch urplötzlich vom Stationären aufs Mobile umlenkte. Wenn ausreichend weit vorausgedacht wurde, der Zufall nicht zum tragenden Element avanciert und vor allem die Mythologie im Hintergrund nicht ins völlig Banal-Abstruse schlingert, weil sich immer wieder eine nächsthöhere, noch gesichtslosere und ominösere Super-Instanz als der nun wirklich wahre Strippenzieher herausstellt, darf man mit Fug und Recht optimistisch bleiben. Und genau dies ist Orphan Black sehr zu wünschen.

Fazit

In Staffel zwei der kanadischen Sci-Fi-Serie wird vieles besser gemacht Die Handlung ist griffiger, die Erzählweise fesselnder und die Charaktere erhalten immer mehr wertvolle Basis. Lediglich der Steigerungswahn lässt befürchten, dass sich Orphan Black irgendwann nur noch auf die Mächtigkeit möglichst radikaler Twists vertraut. Doch ist dies kein Vorwurf an die Serie, sondern nur Befürchtung des Autors und hat somit an dieser Stelle genaugenommen gar nichts zu suchen.
Die Odyssee von Sarah und ihren Klonschwestern ist im zweiten Akt ein spannungsgeladenes Katz- und Mausspiel, das einen starken Sog entwickelt.

Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.

Orphan Black – Staffel 1

Orphan Black kam quasi aus dem Nichts, genoss in kurzer Zeit einen bemerkenswerten Durchbruch und wurde in sämtlichen Feuilletons mit großem Wohlwollen besprochen. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, in welch kurzer Zeit die Serie produziert wurde, welche es in deutlich weniger als zwei Jahren auf satte zwei Staffeln brachte.

How are we all related?

Story

Sarah Manning, kaltschnäuzig und großmäulig, ist gerade erst zurück in ihre Heimatstadt gereist, um erneuten Kontakt zu ihrer kleinen Tochter aufzunehmen, die von Sarahs Adoptivmutter betreut wird, zu welcher sie selbst ein keineswegs einfaches Verhältnis hat. Eine starke wie gute Bindung hat die rebellische junge Frau ohne Arbeit und Ziel zu ihrem exzentrischen Bruder Felix, der in seinem Atelier zwischen flüchtigen Männerbekanntschaften, Kunst und Drogen ein ebenso zielloses Leben führt.
Für Sarah ändert sich jedoch alles, als eine Frau, die ihr erschreckend ähnlich sieht, sich direkt vor ihren Augen vor eine U-Bahn wirft. Wie im Affekt nimmt Sarah erst die Papiere und schließlich die Identität der Selbstmörderin an, welche eine verlockend große Summe auf ihrem Konto deponiert hat.
Während dieses Doppelleben zwangsläufig auf eine Katastrophe zusteuert – die Verstorbene war Polizistin – offenbart sich zusätzlich, dass noch weitere Frauen existieren, die mit Sarah beinahe vollkommen ident zu sein scheinen. Sie ist Teil einer Klonreihe – und irgendjemand hat zur erbarmungslosen Jagd auf diese Frauen geblasen.

Kritik

Die erste Folge geht rasant vonstatten, besticht durch eine atemlose Erzählart, schillernde Figuren und hinterlässt nach dem Schauen das Bedürfnis, es auf keinen Fall bei dieser zu belassen. Bei Episode zwei wird es dann fast schon etwas zu viel, weil in die so gewöhnliche wie sympathische Welt der Lebedame Sarah Manning zusammen mit ihren kruden Klonschwestern auch ein paar andere seltsame Elemente eindringen, die erst mal wie ein Fremdkörper wirken; nicht in der dargestellten Normalität, denn das ist ja Zweck der Sache, sondern in dem Grundgefühl selbst, mit dem Orphan Black begann und welches bereits jetzt leicht angebrochen wird. Auch die nachfolgenden Episoden hinterlassen einen etwas zwiespältigen Eindruck. Das, was da vonstattengeht, ist alles andere als miserabel, wirkt dann aber doch an einigen Stellen zu konstruiert und bemüht. Dann aber kriegt die Serie einen spürbaren Schub und wird mit einem Mal sehr packend – auch, weil sie plötzlich noch stärker ihre eigene Linie findet und fährt und dadurch einiges an Eigenständigkeit dazugewinnt.
So wirkt Orphan Black als Gesamtwerk merkwürdig und lässt einen verunsichert zurück. Oftmals erweckt die Geschichte den Anschein, zu aufgeladen zu sein, und droht an einigen Stellen fast schon aus der Spur zu rutschen. Besonders so manches abgegriffenes Element fällt negativ ins Gewicht. Auf der Haben-Seiten finden sich gut geschriebene Figuren und eine sehr selbstständige Inszenierung, die sich zwar oftmals etwas unterkühlt und nicht immer so selbstsicher anfühlt, wie sie sich gibt, aufgrund ihres großen Wiedererkennungswertes und des straffen Tempos aber auch enorm zum Funktionieren des Serienkonzepts beitragen. Es ist zudem immer wohltuend, wenn Serien sich trauen, mal ein paar Folgen vollkommen aus dem von ihnen gesetzten Rahmen fallen zu lassen, und etwas grundlegend Abweichendes zu bieten. Orphan Black reiht sich in diese schwer zu meisternde Tradition ein und liefert eine Folge mit starkem Comedy-Anteil, die ihre verblüffende Wirkung nicht verfehlt. So störend manche Dinge in der Story selbst wirken, fallen sie im Gesamten doch kaum auf. Die Regie verwischt einige Fehler und die Tatsachen, dass andauernd etwas passiert und man bemüht ist, so gut wie jede Szene mit einer ganz eigenen Steigerung zu versehen, verfehlen ihre Wirkungen nicht. Bedauerlich ist trotz allem, dass zu viele ungeschickt eingebrachte Elemente der Serie den Sprung zu einer wirklich sehr guten Produktion dann doch verweigern.
Der einzige formale Kritikpunkt, der etwas schwerer ins Gewicht fällt, ist die Musik, die in ihrer affektiert hippen Weise immer wieder störend auffällt und dadurch für störende Lecks in der Diegese sorgt, die mit weniger Auffälligem noch viel einnehmender ausgefallen wäre.

Am bemerkenswerten ist natürlich die mehrfache Hauptakteurin Tatiana Maslany in ihren zahlreichen Rollen, die sie tatsächlich so glaubwürdig darstellt, dass man sie als eigenständige, vollwertige Persönlichkeiten akzeptiert. Hausfrau und Mutter mit Comic-Relief-Anteilen, Wahnsinnige, Polizistin, Göre, Wissenschaftlerin und mehr noch bekommt die Dame auf ihren Leib geschrieben und weiß diese Aufgabe eindrucksvoll zu meistern, indem sie den verschiedenen Charakteren ihre ganz eigenen Bewegungsabläufe, Manierismen, Gesichtsausdrücke und psychologische Besonderheiten verleiht und dabei beinahe immer das richtige Maß einhält. Macht man sich begreiflich, wie häufig Maslany in nur einer einzigen Folge mehrfach im Bild ist, denkt man daran, wie kompliziert die Drehs und wie anspruchsvoll der andauernde Rollenwechsel mit Doubles und Motion-Control-Strapazen für die junge Kanadierin ausfallen muss, gibt es eigentlich kaum eine Alternative zu anerkennendem Staunen. Dass die Dame in Folge mit allerhand Preisen für ihre Ausnahmeleistung geadelt wurde, verwundert daher nicht.

Der Rest steht und fällt mit dem, was da noch kommen wird. Sicher ist: Stellt Staffel 1 nur das Sprungbrett für eine im Voraus durchdachte und originelle Geschichte dar, darf man mehr als gespannt sein, denn ein beachtliches Potenzial besitzt der britische Überraschungserfolg auf jeden Fall.

Fazit

Orphan Black ist eine toll gespielte, hochwertige Produktion, nur selten Anlass, sich über klaffende Logikschluchten zu ärgern, die sich aber auch gerne selbst im Weg steht und ihre eigenen Möglichkeiten auf diese Weise etwas blockiert. Unleugbar sticht der kanadische Überraschungshit aus dem unüberschaubaren Dickicht medioker Science-Fiction-Serien heraus und bekam völlig zurecht so große Beachtung.
Auch Staffel 2 ist bereits draußen und eine weitere in Produktion. Es steht also außer Frage, dass Orphan Black in Zukunft noch häufiger hier Erwähnung finden wird.

Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All

1969 schrieb Bestseller-Autor Michael Crichton (der auch als Cameo in Andromeda einmal zwischen Weißkitteln stehen darf) den ersten Roman unter eigenem Namen. Zwei Jahre darauf diente dieser als Vorlage für einen Film, der nicht nur als allererster „Bio-Katastrophenfilm“ gehandelt wird, sondern auch zum ersten Mal überhaupt richtige Computeranimationen auf die Leinwände brachte. Und das, obwohl es keine Monster oder ähnliches gibt.

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Story

In der Nähe eines kleinen Dorfes mitten in der Wüste stürzt eine Militärsonde ab. Eine Aufklärungseinheit berichtet von tot auf den Straßen liegenden Dorfbewohner, ehe auch zu ihr der Kontakt verloren wird.
Eilig wird im Geheimen ein Team aus Spezialisten zusammengestellt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen und eventuelle außerirdische Erreger sofort einzudämmen und so die gefürchtete Epidemie zu verhindern. Vorort stellen der Trupp jedoch fest, dass die Umstände noch deutlich komplizierter liegen, als man befürchtete. Das Blut in den Leichen ist vollkommen geronnen und ein 6 Monate altes Kind sowie ein 69 Jahre alter Mann haben überlebt.
Man sucht die strenggeheime Forschungsbasis Wildfire auf, um die geborgene Sonde mit den neusten Methoden der Wissenschaft zu untersuchen. Ein Rennen gegen die Zeit, da die tödliche Infektion jederzeit um sich greifen könnte.

Kritik

Der Film verdankt die Geschichte natürlich Chrichtons literarischer Vorlage. Doch ist es nicht die Story, die Andromeda zu einem Erlebnis macht, sondern die ausgezeichnete Regie unter Sci-Fi-Ikone Robert Wise, dem wir auch weitere Klassiker wie Der Tag, an dem die Erde stillstand, West Side Story, Bis das Blut gefriert und nicht zuletzt Star Trek: Der Film zu verdanken haben.
Seinen Status als exzellenter Filmemacher untermauert er in Andromeda mit einer Fülle spannender Regieeinfälle. Das beginnt ganz am Anfang mit der Entdeckung des ersten Toten, dem der Zuschauer nur mittels einer Beschreibung über Funk begegnet, während die Verunsicherung im Gesicht des Funkers abzulesen ist. Das ist weit beunruhigender als so manches Bild eines toten Körpers und dazu ein ungemein effektives Mittel, schon früh die Spannung anzukurbeln.
Fortgesetzt wird dies mit der straff inszenierten Zusammentreibung des Spezialistenteams, die gleichermaßen amüsant und ungeheuer spannend gehalten ist, weil niemand, der zu sehen ist, mit Sicherheit sagen kann, wie die Dinge liegen.
Zwischendurch wird man mit bedrückenden Aufnahmen der Verstorbenen konfrontiert, die mit vollen Einkaufsbeuteln, auf dem Friseurstuhl und am Tiefkühlregal zusammenbrachen. Gezeigt wird dies in einer Splitscreen-Szene, sodass die suchenden Erkunder und deren markerschütternden Funde auf eigene Weise gezeigt werden können. Diese clevere Art der Montage ist prägendes Stilmittel des Filmes. Immer wieder teilt sich das Bild auf und mehrere Impressionen erscheinen. Vor schwarzem Hintergrund spielen sich dann unterschiedliche Dinge ab, die aber ein Ganzes bebildern. Damit bringt der Sci-Fi-Film den enormen Zeitdruck, die Isolation der Hauptfiguren zugleich deren absolute Hilflosigkeit perfekt auf den Punkt.
Auch sonst steckt Andromeda voller guter Ideen, die das Gezeigte fortwährend interessant gestalten. Besonders die mit Überraschungen gespickte Wildfire-Zentrale strotzt vor bemerkenswerten Details. Obwohl die High-Tech-Elemente niemals so abgehoben sind, dass sie völlig aus der Luft gegriffen wirken, macht der unterirdische Stützpunkt oftmals fast den Eindruck eines verwunschenen Zauberschlosses – was sicherlich auch an den Fantasien der 70er-Jahre liegt.
Glücklicherweise belässt man es nicht dabei, den „tödlichen Staub“ – wie der Untertitel es plump auf den Punkt bringt – wie einen x-beliebigen Erreger zu behandeln, sondern sinniert immer mal wieder über mögliche Intentionen von Außerirdischen oder auch die Frage, ob es sich bei ihm um die Aliens selbst handelt, denen es fernlag, die Menschheit zu bedrohen, deren Erscheinungsform aber tragischerweise völlig inkompatibel mit dem menschlichen Organismus ist. So wird nie aus den Augen verloren, wie fremdartig und gefährlich das Objekt der Untersuchungen wirklich ist und auch der Science-Fiction-Hintergrund bleibt fortwährend präsent.

Das wirklich Besondere an Andromeda: Der Film spielt sich fast ausschließlich in dem unterirdischen Labor ab. Gute 90 Minuten beobachten wir die Wissenschaftler dabei, wie sie versuchen, den außerirdischen Fremdkörper zu analysieren. Und somit handelt es sich nicht nur um den ersten Bio-Katastrophenfilm, sondern auch um eines der seltenen Kammerspiele unter den Science-Fiction-Filmen. Die Action findet unter dem Mikroskop statt und trotzdem überschlagen sich die Ereignisse. Das funktioniert besonders deshalb, weil man sich mit den Figuren ebenso viel Mühe gemacht hat, wie mit dem Rest des Filmes. Die Hauptpersonen sind überraschend vielfältige und lebensechte Persönlichkeiten, die mit markanten Verhaltensweisen dafür sorgen, dass das Geschehen nie trocken wird.
Sogar für ein paar gelungene Witze ist der Film sich trotz ernsthafter Thematik nicht zu schade.
Und somit gibt es kaum etwas auszusetzen an Andromeda, außer vielleicht die Tatsache, dass eingangs ein paar Mal zu oft angesprochen wird, dass im Ernstfall eine Selbstzerstörungsfunktion der Anlage ihr atomares Grab schaufelt, weshalb dem Zuschauer viel zu früh und mehr als nur vorbereitet das Finale entlüftet wird. Jenes wird zudem von einigen automatischen Lasergewehren verschärft, die leider Gottes völliger Humbug und damit das einzige nicht durchdachte Element des Filmes sind, der sich ansonsten so abmüht, glaubwürdig zu wirken.
Die kleinen Kratzer können aber nicht verhindern, dass der Schluss ein ungeheuer intensives Finale bietet, das dazu in einen ungewöhnlichen Epilog mündet.

Fazit

Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All ist kein bisschen ergraut. Die zeitlose Regie macht den kammerspielartigen Science-Fiction-Film mittels ausgefeilter Kameratechnik, klaustrophobischem Sound und bemerkenswertem Schnitt zu einem wahren Nägelkauer, der die Neuverfilmung vom Science-Fiction Channel aus dem Jahre 2008 in ausnahmslos jeder Hinsicht übertrifft