X-Men: Apocalypse

X-Men: Apocalypse ist die teuerste X-Men-Adaption überhaupt – und Bryan Singers vierte Regiearbeit mit dem Mutantenhaufen. Warum man dem Film sein Geld überhaupt nicht ansieht und weshalb es auch nicht so wirkt, als wäre ein leidenschaftlicher Fan am Werk, der seine Vision umsetzt, dazu nun mehr.

Everything they’ve built will fall!

Story

En Saba Nur ist der vielleicht älteste Mutant aller Zeiten. 3000 v. Christus wurde er als ägyptische Gottheit verehrt. Während eines verheerenden Rituals wurde er jedoch gestürzt und in ewigen Schlaf gezwungen.
Letztlich erzählt der Film Folgendes: In der Vergangenheit passiert etwas Schlimmes, doch das Übelste konnte vereitelt und zugleich konserviert werden, die Neuzeit ist überheblich und wiederholt die Fehler. Apocalypse, wie sich der Ur-Mutant nun nennt, rekrutiert die fähigsten Mutanten, um mit seinen unvergleichlich starken Kräften die Welt zu unterjochen, die Sterblichen zu beseitigen, die Mutanten an die Spitze zu bringen – wir kennen das.
Und die X-Men sind damit nicht einverstanden.

Kritik

Da wären wir also, X-Men die Sechste. Und so langsam, könnte man meinen, Marvel-Filme hätten etwas Zyklisches, denn sie funktionieren in Trilogien. Doch diese Trilogien sind in sich sehr unterschiedlich – mal ist der erste Film maßgebend (Iron Man), mal nur lauwarm (Captin America), mal ist der zweite Film eine Offenbarung (Captain America: The Winter Soldier), mal eine Katastrophe (Iron Man 2). Und manchmal ist ein dritter Teil wirklich, wirklich schlecht – in diese Sparte fällt nun nicht mehr bloß das legendär gescheiterte Ende der ersten X-Men-Trilogie X-Men: Der letzte Widerstand, sondern ab sofort auch der der zweiten. X-Men: Apocalypse ist nämlich mehr oder weniger schon wieder ein Haufen Plastik, den man in der Sonne aufgeschichtet hat, damit er vor sich hin kokelt.
Matthew Vaughns Neugeburt der Mutanten-Clique, also X-Men: Erste Entscheidung, überzeugte mit einem neuen Grad an Realitätsbezug, mit geerdeten, nicht knallbunten Figuren inmitten einer politisch zerrissenen Welt. Dieser neu eingeschlagene Weg war aus mehreren Gründen richtig: Er zeichnete nicht nur ein neues Bild der Welt mit Mutanten, sondern erlaubte es auf innovative Weise, die Beziehung zur ersten Trilogie aufrechtzuerhalten. Er unterschied sich in Sachen Stimmung, Aufmachung und Dramaturgie von den immer erfolgreicher werdenden Ausgeburten des Marcel Cinematic Universe in hohem Maße – und hatte das Potenzial, der Grundstein eines ganz eigenen Erzähluniversums von ähnlichem oder noch größerem Umfang zu sein. Und dann kam Bryan Singer wieder und wollte sein Zepter zurück. Und damit verschwand all der neue Anspruch und mit ihm auch all das Potenzial. Was blieb, zum Glück, sind die hervorragenden Schauspieler, die dem jungen Team ihre neuen Gesichter gaben und geben. Und das ist in X-Men: Apocalypse leider auch schon das Beste.
Denn die X-Men-Welt ist wieder knallbunt, voller Action, voller aufgesetzter Dramatik und eine Heimat für gesichtslose Oberschurken. Am auffälligsten sind anfangs noch die keinesfalls überzeugenden Effekte, die uninspirierten Designs – immerhin kämpft die Welt hier gegen ein Zwei-Meter-Krokodil in Robe – und die plumpe Einbindung eigentlich wichtiger Themen. X-Men: Apocalypse ist auf traurige Weise glücklich passiert, weil das Themen Fremde und die Angst vor ihr so aktuell wie eh und je, aber im Augenblick eben auch schrecklich konkret sind. Schließlich sind die Mutanten Ausgegrenzte, die misstrauisch beäugt und im Zweifelsfall lieber eingesperrt und für alles Mögliche beschuldigt werden. Nur weiß der Film keinen sinnvollen Beitrag dazu zu liefern und belässt es bei den Floskeln, die man von Singer bereits aus anderen X-Men-Filmen kennt.

Die zahlreichen CGI-Kamerafahrten und -Installationen sind kein Zugewinn, sondern stellen eine klare Störung dar, so künstlich und fremd wirkt all der Bombast.
Im Film dominieren oft sehr plumpe Dialoge, die nur selten einen Hauch von Einfallsreichtum durchblicken lassen, ja teilweise regelrecht unvernünftig genannt werden müssen.
Die „Reiter“ der „Apokalypse“ wirken als düsterbuntes Team wie ein kleiner Haufen von 80er-Filmpunks, deren permanent purpurnes Geglammer die Sache überhaupt nicht besser macht.

Angenehm und gelungen ist, dass hier eine überraschende Gruppe der Mutantenfamilie zu heimlichen Protagonisten ernannt wird. Auf diese Weise muss ein Konzept wie X-Men zwingend funktionieren: Immer eine andere Auswahl aus dem großen Figurenpool.
Und Quicksilver hat wieder eine erinnerungswürdige funky Szene. Dafür zuckt die Motivation von Magneto unnachvollziehbar zwischen Plus und Minus hin und her, weshalb es dem so wichtigen Charakter leider immer noch an maßgeblichem Profil fehlt.
Trotz all der Kritik, langweilt der Film bei seiner Laufzeit von zweieinhalb Stunden niemals. Dafür passiert zu viel, dafür gibt es zu viele Schauplätze Figuren, zu viel Bewegung. Aber die X-Men könnten eben viel mehr sein als nur bunte Unterhaltung, sie könnten sich ernstnehmen, ernstgenommen werden und komplexe Abenteuer erleben, die Purpureffekte und beschämende Dialoge nicht bräuchten.
Man sollte Filme nicht dafür bestrafen, dass sie etwas nicht sind, wenn sie auf ihre Weise funktionieren, aber doch: Menno, Marvel!
Denn die X-Men könnten anders sein. Jetzt befinden sie sich südlich der ganzen anderen Marvelmannschaft, sie vertrauen dem Publikum noch weniger, wollen noch mehr erklären, beweisen keinen Mut und meiden jedes erzählerisch unkonventionelle Terrain.
Kaum auszudenken, wie es wohl wäre, befände sich X-Men auf der anderen Seite der Skala. Vielleicht wird die X-Men-Serie Legion aber einen Lichtbild darstellen.

Fazit

Bryan Singer führte die X-Men mit X-Men: Apocalypse nun endgültig wieder auf den Pfad seiner eigenen perfekten Vorstellung von Superheldenkino: Bunt, laut, künstlich, geradlinig und trotzdem unglaubwürdig erzählt. Mit dem Finale auch dieser X-Men-Trilogie ist abermals ein Tiefpunkt der Reihe erreicht. Letztlich ist die vermeintliche Apokalypse ein seltsam unmotivierter Karneval, bei dem das Ende von Beginn an feststeht, die Kostüme kein müdes Lächeln abringen und viele Auftritte nur Erwartbares liefern.
Dass der Film unterm Strich trotzdem unterhaltsam ist, liegt an der hochkarätigen Schauspielerriege, dem völlig unter Wert verkauften Ägypten-Setting und der schieren Masse an irrelevantem Krawall.

Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Ant-Man

Mit Ant-Man läuft die zweite Phase des Marvel Cinematic Universe in die letzte Runde. Mit einem stecknadelkopfgroßen Helden, viel Humor und reichlich Querverweisen auf die große Marvelgesellschaft versucht der Film, sich einen Ausnahmeplatz unter den großen Helden zu reservieren.

It’s a trial by fire, Scott… or in this case, water.

Story

Die Gesellschaft hat nur wenig Vergebung übrig für den gerade aus der Haft entlassenen und eigentlich hochgradig reumütigen Meisterdieb Scott Lang. Selbst der Job als Eisverkäufer wird ihm genommen, als sein Arbeitgeber von seiner Vergangenheit Wind bekommt. Darüber hinaus verweigert seine Ex-Frau ihm jede Begegnung mit der gemeinsamen Tochter Cassie, so lange Scott sein Leben nicht in eine geregelte Bahn gebracht hat.
Darum sieht er sich gezwungen, gemeinsam mit seinen halbkompetenten Freunden einen letzten Coup zu planen: Der ältere und wohlhabende Herr Hank Pym soll seine Anwesen und den darin befindlichen Tresor für eine Weile unbeaufsichtigt lassen. Als sich Scott daran zu schaffen macht, stellt sich schrittweise heraus, dass die Sachen anders liegen, als gedacht. Nicht nur ist Pym ehemaliger Mitarbeiter von S.H.I.E.L.D. und in Besitz eines Anzuges, der den Träger auf Ameisengröße schrumpfen lässt, er scheint den Einbruch Scotts außerdem von langer Hand selbst eingeleitet zu haben, um ihn für seinen eigenen Plan zu gewinnen. Denn sein ehemaliger Schützling Darren Cross plant Übles mit der einstmals von Pym entwickelten Technologie.

Kritik

In seiner Trailer-Inkubationszeit hat Ant-Man im Vergleich zu seinen Marvelgeschwistern nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Zwei gute Gags und eine Menge routinierter Standard wurden in der Vorschau von einem ziemlich blass wirkenden Paul Rudd begleitet, während sich das Gefühl festbiss, dass mit Michael Douglas ein wertvoller Cameo vorweggenommen wurde. Dass Edgar Wright (Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt, Shaun of the Dead) Mitte 2014 seinen Regiestuhl zusammenklappte und sich vom Projekt aufgrund kreativer Differenzen trennte, woraufhin sein Drehbuch, stark abgeändert, ausgerechnet Peyton Reed überlassen wurde, dessen bisheriger Werdegang ihn nicht unbedingt für einen Marvel-Film prädestinierte, sorgte zusätzlich für einen rostigen Beigeschmack.
Als der Film schließlich auf die Leinwände entlassen wurde, raschelte es im journalistischen Blätterwald – der unterhaltsamste, vielleicht auch beste Film direkt hinter Guardians of the Galaxy, bekommt man allerorts zu lesen. Und selbst James Gunn, Regisseur genannter Referenz, klinkt sich in diesen Kanon ein. Und dann erst das 3D.
Doch halt.

Ant-Man ist zweifelsohne besser als seine Trailer. Die Zahl guter Witze ist höher als zwei. An Paul Rudds Performance gibt es nichts zu beanstanden. Und Michael Douglas hat mit seinem naseweisen Mentor Hank Pym eine überraschend große Rolle, an der er auch sichtlich Freude zu haben scheint.
Trotzdem teilt ich das Projekt ein Leiden mit Filmen wie Thor und Captain America: The First Avenger. Er wirkt wie eine Pflichtübung, die Notwendigkeit, einen separaten Film um eine Figur herum zu drehen, die anschließend ins Avengers-Ensemble eingereiht werden muss, obwohl eine wirklich relevante Geschichte für einen solchen Film nicht existiert. Im Vergleich zu den genannten Einführungsfilmen liegen aber mildernde Umstände vor. Denn auf eine gar nicht ungeschickte Weise umgeht der Film die Entstehungsgeschichte des Helden, die schon zu oft mit ihrem klassischen Muster große Teile der Filme vereinnahmte, und erzählt stattdessen aus dem Alltag eines in klassischer Weise edlen Diebes, der sich für seine Rolle als Held gar nicht mehr groß entwickeln muss. Ebenfalls umschifft wird ein weiteres Problem aller Marvelfilme – das Fehlen eines ausreichend charakterstarken Antagonisten. Ant-Man tut lange Zeit gar nicht erst so, als existiere eine Bedrohung, personifiziert durch einen übermenschlich starken Erzschurken. Jedenfalls bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, der stellvertretend für die tiefsitzenden Probleme des Filmes steht. Plötzlich schlüpft Cross (für den Corey Stoll einfach dieselbe Rolle wie in House of Cards noch einmal spielt) in seinen eigenen Anzug und lässt in gewohnter Manier einiges explodieren, um sich dann in einen langweiligen Zweikampf mit unserem noblen Helden zu liefern, bei dem viel zu Bruch geht und nichts passiert.
Ant-Man zeigt Ansätze, es Guardians of the Galaxy gleich und es somit anders zu tun, traut sich aber nicht, diese auch konsequent bis zum Ende zu verfolgen. Es ist bloße Spekulation, aber vermutlich lässt sich genau hier die Naht spüren, wo Edgar Wrights Version des Filmes an Peyton Reeds gefügt wurde. Der im Alltag scheiternde, tragische Langfinger hätte das Potenzial, ein besonderer Held im Marveluniversum zu werden, der in vielerlei Hinsicht menschlicher ist als die Halbgötter und Supersoldaten aus seinem zukünftigen Team, verliert in seiner Rüstung aber all die Attribute. Der manchmal gar etwas lakonische Humor ist bemüht, mehr und größer zu sein als die Ironie in den anderen Marvelfilmen, welche immer bemüht sind, trotz flinker Worte nie den Ernst aus dem Fokus zu verlieren, reicht dann aber doch nicht aus, um eine wirklich andere Heldengeschichte entstehen zu lassen. Zwar kann der Film einige Lacher für sich verbuchen, ist aber ebenso reich an zu kalkuliertem und durchschnittlichem Witz, der sich aus dem Akzent von Figuren und und Ungeschicklichkeiten speist, während die treffsicheren Witze in Dialogform von überschaubarer Anzahl sind. Auch das 3D- und Actionargument, nämlich dass sich Ant-Man durch seine Schrumpf-Fähigkeit seiner Probleme in einer komplett anderen Dimension annehmen kann als seine Kollegen, führt letztlich zu keinem nennenswerten Ergebnis. Eine Badewanne bei der ersten Minimierung Scotts, die plötzlich zur dreckigen Ebene wird, ist bereits der Höhepunkt dieses vermeintlichen Paradigmenwechsels. Ansonsten fehlt es Regie und Drehbuch entschieden an schlagfertigen Ideen, den ameisengroßen Gauner in Szene zu setzen.
All das lässt sich ziemlich präzise so zusammenfassen, dass es Ant-Man einfach an Mumm fehlt. Er wäre gern der lockere, draufgängerische Exot in den Reihen der Avengers, traut sich nach einem so vielversprechenden wie kurzen Anlauf aber nicht, den entscheidenden Sprung zu machen, und wendet sich dann doch den üblichen Strukturen zu.
Dass die eigentliche Geschichte selbst etwas stockend erzählt wird und nur aus mehreren, teils etwas bemüht aneinandergefügten Stationen besteht, fällt angesichts dessen kaum auf.

Fazit

Der Abschluss von Phase 2 des Marvel Cinematic Universe ist unterhaltsam und hat einen sympathischen Helden – und Michael Douglas! Der mutige Schelm, der Ant-Man gerne wäre, ist er aber nicht. Dafür fehlt es dem Film an Mut und Frechheit, weshalb er sich letztlich auf gutem Niveau als gleichwertig neben den anderen Soloabenteuern der Marvelhelden einreiht. Was für ein Glanzlicht Ant-Man hätte werden können, hätte das Studio Edgar Wright nicht vergrault, ist schwer zu sagen.
Interessant wird es aber dennoch, wie sich der kleine Held Schulter an Schulter neben die mittlerweile ja schon äußerst durchmischten Haudegen der Avengers stellen wird.

Avengers: Age of Ultron

Da ist er nun. Begleitet von einem Kinoboykott startet Avengers: Age of Ultron immer noch weiter über dem sich träge reckenden DC-Konkurrenten und stellt damit zwischen Guardians of Galaxy und den im Juli schrumpfenden Ant-Man den (irdischen) Höhepunkt von Marvels Phase 2 dar.
Dass sich die zweite Teamarbeit der heterogenen Heldenkumpel mit dem großartigen Vorgänger schmücken kann, ist für das Ergebnis erwartungsgemäß Fluch und Segen gleichermaßen.

No matter who wins or loses, trouble always comes around.

Story

Als Lokis Zepter aus den Händen Hydras entwendet werden konnte, sieht Tony Stark endlich die Gelegenheit gekommen, seine ganz persönliche Vision einer ‚sicheren Erde‘ in die Praxis umzusetzen. Mit einem mysteriösen Stein, der sich im eroberten Artefakt befindet, kann er Ultron erschaffen, eine künstliche Intelligenz, die dazu dienen soll, Krieg – vornehmlich durch außerirdische Invasoren – von der Menschenheimat fernzuhalten. Da das Zeitfenster, das zur Forschung offensteht, sehr knapp bemessen ist, überredet er Bruce Banner zur Komplizenschaft und lässt den Rest des Teams über sein Vorhaben im Dunkeln; Zeit für Diskussionen über Ethik sei nicht gegeben, findet der Playboy.
Als Ultron dann aber seine ersten Gehversuche wagt, manifestiert sich der Verdacht, dass der ein oder andere Disput der Sache vielleicht doch gut getan hätte. Die forsche KI schlussfolgert etwas übereifrig, dass eine befriedete Erde nur dann möglich ist, wenn die kriegslüsterne Spezies Mensch von ihr verschwunden ist.
Als Handlanger des amoklaufenden Programms fungieren ausgerechnet die von Hydra ausgebildeten Geschwister Pietro aka Quicksilver, flinker als das Auge (als Figur bekannt aus X-Men: Zukunft ist Vergangenheit), und  Wanda Maximoff aka Scarlet Witch, eine Adeptin der Chaos-Magie.

Kritik

Wir schreiben das Jahr 2012, Marvel’s The Avengers kommt in die Kinos und die Welt ist skeptisch. Der Konzern kann sich doch nur übernommen haben, denn dass man die rebellischen Charakterköpfe Thor, Hulk, Iron Man und Captain America mit all ihren Side-Kicks und noch zu etablierenden Zusatzfiguren in einer einzigen Geschichte vernünftig unter einen Hut bekommt, wo doch schon die Soloauftritte relativ knapp bemessen schienen für derartige Schwergewichte der Comickultur, schien einfach zu schön, um wahr zu sein – und damit schlicht nicht praktikabel. Dann kam Joss Whedon und hat sein feines Drehbuch mit seiner pointierten Regie zu etwas gemacht, was ohne Übertreibung die gigantischste Blockbuster-Überraschung des vergangenen Jahrzehnts war.
Drei Jahre später läuft der zweite Teil in den Kinos an, wieder ist Joss Whedon Kapitän und Steuermann in Personalunion und als jemand, in dem immer noch das drei Jahre zurückliegende Kinoereignis nachwirkt, wünscht sich der Zuschauer einfach nur mehr vom Gleichen.
Doch das „Gleiche“, nach welchem man sich sehnt, ist nicht eine inhaltliche Erweiterung oder gar Erweiterung – tatsächlich sehnt man sich nach einer Wiederholung des psychologischen Effekts, den die Rächer mit ihrem ersten Ensemble-Abenteuer bewirkten. Die unerwartete Neuheit, die freche Leichtigkeit, mit der Undenkbares geschaffen wird und vier Figuren, die für sich nicht immer isoliert funktionierten, plötzlich eine Allianz schmieden, die besser, unterhaltsamer und bisweilen sogar cleverer ist, als es die einzelnen Recken in ihren Solofilmen je waren. Das ist natürlich etwas, dass der Film nicht zu leisten vermag, denn das – überaus gelungene – Experiment, das Marvel mit seinem Cinematic Universe wagte, hatte seinen phänomenalen Moment naturgemäß am Tag seines Aufkommens.
Nun kann erst einmal nur mehr vom Gleichen auf Inhaltsebene geliefert werden, was ja keineswegs Schlechtes bedeutet. Doch leider wirkt die liebgewonnene Heldentruppe in Avengers: Age of Ultron ein wenig steif in der Hüfte, als wüssten sie genau, dass ihr erstes Abenteuer einen Maßstab generierte, dem gerecht zu werden ist. Der Humor, der im ersten Film in seltener Lockerheit und wie natürlich funktionierte, wirkt nun fahrig und bemüht. Der mehr als maue Running Gag, dass Captain America keine Schimpfworte mag, aber selbst mal ein loses Mundwerk hat, ist symptomatisch dafür. Auch die Schauspieler wirken müder – oder einfach nur weniger inspiriert, weil auch der Film als Ganzes weniger inspiriert wirkt und gerade am Anfang etwas orientierungslos wirkend Szenen aneinanderreiht, ohne dass diese mit natürlich-dramaturgischer Konsequenz auseinanderhervorgehen würden. Gerade die Kampfsequenzen wirken somit einige Male wie arg selbstzweckhaftes Geschepper und darüber hinaus nur mit zweitklassigen Ideen umgesetzt. Auch so etwas gab es in Teil 1 noch nicht. Dessen ungeachtet lässt sich eine gewisse betörende Dynamik aber keiner Szene absprechen und auch der grundsätzliche Charme dieser selbstironischen Heldenarmee ist immer spürbar, das lodernde Feuer jedoch, das den Motor von Teil 1 fast 2 ½ Stunden auf Hochtouren laufen ließ, ist längst nicht mehr so majestätisch.
Genau deshalb ist es an der Zeit, Avengers: Age of Ultron aus dem Schatten seines Vorgängers herauszuziehen. Denn für sich genommen ist die Comicverfilmung natürlich immer noch mustergütiges Unterhaltungskino, das keine merklichen Längen aufweist, bildhübsch daher geritten kommt, stets bei Laune hält und vor allem die gute alte Truppe wieder zusammenführt. Gerade an diesem, dem wohl wichtigsten Punkt, wiederholt sich einer der zentralsten Errungenschaften des ersten Teils. In der Zwischenzeit ist die Mannschaft weitergewachsen und stellt mittlerweile eine Anzahl an Figuren in die erste Reihe, die andere, menschenähnlichere Regisseure als Joss Whedon nie harmonisch in einen Film bekommen hätten. Ganz unbeirrt davon gewährt das Drehbuch sämtlichen Charakteren genügend Raum, ohne dies je unnatürlich wirken zu lassen (nun gut, über Hawkeyes zusätzliche Figurendimension kann man sicher verschiedener Meinung sein).  Jeder hat seine Funktion und Aufgabe, jeder stellt ein bestimmtes Teil dar, ohne das das Gesamtteam spürbar ärmer wäre. Und das ist für sich genommen ein kleines Wunder. Dass Bruce Banners innere Zerrissenheit eingehender zum Thema wird, ist ein dankenswerter Bonus, weil der Hulk als einzige Figur keinen Film im Kanon für sich beanspruchen kann. Weitere solcher Momente, die über die kurze Andeutung von Romanzen hinausgehen, wären wünschenswert und wohl auch eine bessere Wahl als so manche Actionminute gewesen.

Der wirkliche Dämpfer, den der Film neben seinem leider etwas bemühten Witz hat, ist daher nicht die banale Nichteinlösung der bizarren Forderung, noch einmal eine so plötzliche Revolution wie sein Vorgänger darzubieten. Das, was dem Film viel von seinen Möglichkeiten abzwackt, ist viel mehr die Geschichte, die er erzählt.
Dass sich der Rächerhaufen aus reinem Hochmut heraus die eigene Nemesis vor die Haustür setzt, ist fraglos eine attraktive Ausgangssituation, doch schon in der Comicvorlage bot die Geschichte um Handlung nur wenig Bemerkenswertes. Die Künstliche Intelligenz ist nicht etwa überlegen, weil sie dank ihrer bestechenden Logik entwaffnende Argumente anführt – tatsächlich verhält sich das Programm wie ein Dreijähriger –, sondern schlicht aus dem Grund, dass sie stark und, Internet sei Dank, allgegenwärtig ist. Weder der Antagonist noch der Weg, ihm das Handwerk zu legen, kann irgendwie überraschen. So unterbeleuchtet Loki seinerzeit war, hatte er doch einen großen Batzen Charisma und darüber hinaus ein fantastisches Reich in seinem Rücken. Ultron hat nichts davon und ist nur eine kurzsichtige Maschine mit im O-Ton eindrucksvoller Stimme.
Und nach den bisher bestandenen Prüfungen gönnt man den Helden eigentlich eine etwas angemessenere Herausforderung.
Zudem wirkt das Ende sonderbar gehetzt. Nach der Finalschlacht, die selbst etwas fragwürdiger Natur ist, werden alle offenen Enden innerhalb weniger Minuten provisorisch miteinander verknotet und dann zusammen in Richtung „Fortsetzung folgt“ geworfen. Gerade bei einem Film, der so viel Wert auf seine Figuren legt, ist das eine recht glanzlose Maßnahme. So zeigt sich dann zum Schluss in aller Deutlichkeit, dass die so oft verlachte Forderung, etwas vom Actiongewitter einzusparen und dafür mehr Raum für das Drama im Kleinen zu lassen, hier nicht ganz fehl am Platze ist.

Fazit

Avengers: Age of Ultron ist ein guter Film, der zu den fraglos besseren Marvel-Werken gehört, aber spürbar hinter The Avengers und vielleicht soger etwas hinter The Return of the First Avenger zurückbleibt.
Zwar sind Kämpfe dynamisch, das WG-Gefühl der Helden bleibt erhalten und beim Abspann drängt sich die Frage auf, ob der Film nicht viel kürzer war, als es die Laufzeitangabe prophezeite, aber man vermisst auch die unbekümmerte Ausgelassenheit des Vorgängers, seinen szenischen Einfallsreichtum und eine Einlösung des Versprechens, dass es in Sachen Größe und Wichtigkeit nun erst so richtig losgeht. Stattdessen macht Avengers: Age of Ultron einen zaghaften Schritt zurück und präsentiert eine Geschichte, die eher das Format eines Einzelabenteuers trägt, der geschichtsträchtigen Wiedervereinigung der Avengers aber nicht ganz gerecht werden kann. So scheitert der Film zwar am Unmöglichen, bietet aber immer noch Sommerkino der oberen Liga.

Außerdem: Die Sterne stehen gut, denn 2018 und 2019 steht mit dem Doppelabenteuer Avengers – Infinity Wars ein Projekt ins Haus, das viele Versprechen endlich einlösen kann.

Kingsman – The Secret Service

Mit Der Sternenwanderer, Kick-Ass und X-Men: Erste Entscheidung lieferte Matthew Vaughn, der lange im Schatten Guy Ritchies umherschlich, drei Filme am Stück ab, die durchweg ausgezeichnet waren.
Nach dem rasanten Trailer zu seiner neusten Comicverfilmung von Millars The Secret Service durfte man sich eigentlich sicher sein, dass diese Reihe nicht abbrechen würde.

It’s not that kind of a movie.

Story

Die Kingsmen sind ein international agierender Geheimdienst, der mit dankenswerter Regelmäßigkeit die Welt rettet. Wer dort Mitglied ist, ist quasi ein Superheld ohne Superkräfte, aber mit jeder Menge Wundergadgets, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus sind. Ein wenig wie Iron Man – nur ohne Flugfähigkeit, inkognito, mit maßgeschneidertem Anzug statt Rüstung und einem Höchstmaß an Etikette.
Als Agent Lancelot auf einer Mission ermordet wird, muss die leere Stelle besetzt werden und, wie es die Tradition gebietet, schlagen alle Mitglieder einen vielversprechenden Rekruten vor, der sich gegen die anderen im unerbittlichen Training behaupten muss.
Veteran Harry Hart überrascht – zum wiederholten Male – mit einer unkonventionellen Wahl, als er den unmanierlichen Tunichtgut Eggsy in die Gruppe holt. Einst war es sein Vater, der mit Harry Seite an Seite kämpfte.
Während die Anwärter im Wettkampf ihre Prüfungen durchlaufen, ballt sich im Hintergrund eine globale Katastrophe zusammen – angeleitet von dem lispelnden Milliardär Valentine.

Kritik

Die drei in der Einleitung genannten Filme haben eines gemeinsam: Ihre toll anzusehende Verpackung agiert im Dienste des Inhalts. Sie alle hatten eine Mission; jedenfalls wirkt es so, so sehr schäumen Inspiration und Esprit aus ihnen heraus. Es sind Filme, die auf einer Metaebene angesiedelt sind, immer ein – in der Regel notwendiger – Kommentar zum aktuellen Zustand des jeweiligen Genres.
Vaughns neuster Streich richtet sich nicht nach dieser besonderen Leitlinie. Deswegen ist Kingsman: The Secret Service kein schlechter Film und ganz ohne Frage unterhaltsam. Gemessen am vorherigen Schaffen des Briten stellt er trotzdem eine mittelschwere Enttäuschung dar. Denn plötzlich steht kein cleveres Motiv hinter der Kurzweil. Sondern das Clevere fehlt beinahe zu Gänze.

Da wäre die Story, die nach dem klassischsten Muster verläuft und nicht ein einziges Mal von diesem abweichen will. Die Ereignisse der mehr als zwei Stunden sind zu jedem Zeitpunkt vollkommen antizipierbar. Das reicht bis zu den Beweggründen des Oberschurken Valentine, der in Tun und Wollen austauschbarer kaum sein könnte. Samuel L. Jackson vermag der Figur keine Energie einzuhauchen, nervt im Deutschen dafür aber ungemein durch seinen Synchronsprecher, der den Sprachfehler des Schurken zur vollkommenen Farce werden lässt. Das Resultat ist, dass die Szenen mit ihm zu den schlechtesten des Filmes gehören.
Kick-Ass machte durch seinen unerwarteten Gewaltgrad nicht nur von sich reden, er lebte auch durch ihn. Plötzlich waren Kampf und Tod wieder etwas Furchterregendes im milde gewordenen Superheldenkosmos des vorsichtigen Mainstreams. Funktionieren konnte die mutige Entscheidung nur deshalb so gut, weil Kick-Ass gerade nicht von übermenschlichen Leuchtfiguren erzählte, sondern von durchschnittlichen Menschen mit all ihren dummen und peinlichen Träumen. Das Superhelden-Genre war nach Matthew Vaughns Abrechnung nicht mehr ganz dasselbe.
Kingsman: The Secret Service weidet sich an seiner martialischen Gewaltdarstellung, die gesichtslose Niemande auf brutalste Weise und mit keineswegs scheuer Kamera das Zeitliche segnen lässt. In den durchchoreographieren Schlachtfesten werden Passanten wie Vigilanten gnadenlos hingerichtet, sodass der Film es trotz seiner Lust an der Übertreibung sicher nicht ganz leicht bei der Altersfreigabe hatte. All das dient der Unterhaltung als reiner Selbstzweck, ohne sich auch nur alibihaft auf eine Aussage festlegen zu wollen. Die rauschhaften Kämpfe sind toll anzusehen und Colin Firth als stoischer Todesengel ist definitiv ein Augenschmaus, doch sind sie einfach nur Spektakel um des Spektakels Willen – und haben ob der Art dieses Spektakels einen etwas bitteren Beigeschmack. Besondere Erwähnung verdient die Kamera die gerade in den Handgemengen als selten blinzelndes Auge mit imponierenden Manöver durch das Massaker tourt, auch wenn es manchmal ein wenig zu deutlich wird, dass an diesen Stellen großzügig mit dem Computer getrickst wurde. Besonders fraglich wird das Spektakel in einer späteren Szene, in der auf allen Anstand gepfiffen wird und etwas geschieht, was man dem Film mit nur geringfügig bösen Absichten als den Versuch vorwerfen könnte, auf primitive Weise einen kleinen Skandal provozieren zu wollen.
Wenn man überhaupt so etwas wie einen über das Gesagte hinausgehenden Sinn erkennen will, dann könnte es eine Beschäftigung mit genau diesem Voyeurismus sein. Ein paar Szenen könnten auch durchaus als Hinweis hierauf gelesen werden, genaugenommen gibt sich der Plot aber keine große Mühe, diese Deutungsmöglichkeit wirklich zu erwägen.

All dies steht, wofür Vaughns fünfter Film im Gesamten steht: Für nichts als sich selbst, reine Kurzweil, die wie ein Fisch nur für ein paar Minuten überleben kann, hängt sie erst einmal am Haken an der Luft. Und hier ist ein Vergleich vonnöten, der sich von Anfang an schon aufdrängte: Hier ist viel weniger Kick-Ass, viel weniger Stardust und viel weniger X-Men drin, denn das Freche dieser Filme wich hier routiniertem Handwerk. Dafür findet man aber eine ganze Menge Wanted gemischt mit der Kühle von Vaughns Debut Layer Cake. Und so sehr Wanted seinerzeit durch seine Kampfsequenzen Wind machte, so vergessen ist er heute, läppische 7 Jahre in der Zukunft.
An dieser Stelle wird es auch nicht mehr groß verwundern, dass auch der Humor – immer eine Stärke des Regisseurs und Autors – deutlich durchschnittlicher und voraussehbarer ausfällt. Wirklich witzig ist der Film nur im Ausnahmefall aufgrund eines klugen Wortes, sondern meist nur dann, wenn er in Sachen boshafter Geschmacklosigkeit noch einmal eine Schippe drauflegt und mit einem weiteren visuellen Tabubruch verblüfft.
Was bleibt, sind gute und gut aufgelegte Darsteller in einem blutroten Pudding, der sich selbst nie so ganz sicher zu sein scheint, ob er lieber Hommage oder Persiflage sein will. Man ist nie gelangweilt, fühlt sich nie um sein Eintrittsgeld betrogen, hat aber gleichsam auch nie das Gefühl, etwas wirklich Wichtiges zu sehen. Im ganzen Film existiert nur ein kleiner Moment, der an die bekannte und hier überwiegend unterdrückte Genialität des Autors erinnert. Hier halten Film und Zuschauer kurz inne und suchen nach Neuorientierung. Sind diese kurzen Sekunden verstrichen, kehrt die Geschichte aber nahtlos zurück in ihr Korsett. Das Ganze ist so gefällig, dass es kaum eine Rolle spielt, dass das Buch einige Fehler aufweist, die es lieblos erscheinen lassen, und auch die Figuren nicht immer mit größter Überzeugung in die Geschichte geschrieben worden zu scheinen.

Fazit

Kingsman – The Secret Service beendet den Siegeslauf von Matthew Vaughn vorerst. Doch auch wenn er nicht die Brillanz seiner Vorgängerfilme teilt, ist er doch ein sehr unterhaltsamer, augenzwinkernder und in seinen gewaltreichen Kampfeinlagen berauschend gefilmter Spaß, der sich – genau wie so mancher Agent – an seinem eigenen Stilbewusstsein viel zu sehr erfreut, um etwas darüber Hinauswollendes anzustreben.
Mit 129 ist der Film nur etwas zu lang geworden, um noch als kurzweiliger Snack durchzugehen. Und wer kann, der sollte die deutsche Synchronisation unter allen Umständen umgehen.

The Return of the First Avenger

Das unzusammenhängende Daumenkino vor dem Marvellogo, das Sprechblasen, bleiche Helden und eine Milliarde Geschwindigkeitslinien vorbeiflattern lässt, ist nun schon seit deutlich mehr als 10 Jahren der allen vertraute Einband für ganz besondere Geschichten. Captain America – The First Avenger war 2011 ein Tiefpunkt dieser Geschichten, ein ziemlicher Schnarcher – zusammen mit Iron Man 2. Marvel gelang es aber, sich schnell zu fangen, die Avengers retteten die Welt und verpassten dem Riesen-Franchise wieder frischen Atem.
Nach Iron Man 3 ist Captain America 2 – The Return oft he First Avenger an der Reihe und gibt auch für sich Entwarnung.

This isn’t the age of spies. This is not even the age of heroes. This is the age of miracles… and there’s nothing more horrifying than a miracle.

Story

Steve Rogers hat es den HYDRA-Nazis gezeigt, verbrachte einige Jahrzehnte im großen Eis und schlug gemeinsam mit den Avengers Thalos‘ Schergen zurück.
In der Zwischenzeit hat er sich den Gepflogenheiten der Gegenwart schrittweise angenähert, findet seine Erfüllung insgeheim aber weiterhin in dem Befolgen von Befehlen – in diesem Fall von S.H.I.E.L.D.
Ein Umstand, der sich ändert, als nicht nur ein mysteriöser Antagonist auftaucht, sondern auch die internen Strukturen der S.H.I.E.L.D.-Organisation ganz offensichtlich von Innen heraus verdorben sind. Plötzlich befindet sich Rogers, alias Captain America im Fadenkreuz der Helden-Agenten und muss auf eigene Faust gegen sämtliche Fronten ermitteln. Zur Seite steht ihm nur Natascha Romanoff als Black Widow.

Kritik

Der Anfang lässt sich Zeit und gewährt Wiederholungen zugunsten von Quereinsteigern leider einer tieferen Charakterarbeit gegenüber den Vorzug. Die Witze sind noch ein wenig gezwungen und auch einige Seltsamkeiten, wie die Tatsache, dass Nick Fury offensichtlich nicht in Besitz eines Handys ist, stören das Gesamtbild zwar, doch bereitet auch das Anlaufnehmen durchaus schon eine gewisse Freude, die nur durch die zu hastigen Schnitte kleinen Abbruch findet.
Dann wird es mit einem Schlag sehr wild und dramatisch, wenn die Geschichte endlich richtig loslegt.

Im Gefolge hat die Spionage- und Geheimagentenstory ein paar wirklich beeindruckende Actionsequenzen, die teilweise hochgradig konstruiert und daher ebenso absurd und damit umso temporeicher ausfallen. Doch zur Geschichte, denn The Return of the First Avenger gelingt hier ein kleines Wunder. Einerseits geht man – endlich – weg von der omnipräsenten, mit jedem Film anwachsenden Zerstörung, um die fadenscheinig eine schablonenartige Heldengenese entsteht, und widmet sich, wenn man so möchte, einem ganz anderen Genre. Neben dem ansehnlichen Actionpart ist die Suche nach dem Winter Soldier eine elektrisierende Schnitzeljagd geworden, während dieser Recherche und Kombinationsgabe die beiden Helden durch die Vereinigten Staaten führen. Dies ist der im Durchschnitt wohl ruhigste Film des neuen Marveluniversums, wodurch einiges an Abwechslung entsteht – ein nur scheinbares Paradoxon, das sich Hollywood früher oder später zwangsläufig aneignen muss, um in der werdenden Filmlandschaft weiterhin Erfolge zu verzeichnen. Andererseits vollbringt man das Kunststück, eine halbwegs geerdete Geschichte um Überwachung und Doppelagenten an den richtigen Passagen mit ordentlich Comic-Wind in Fahrt zu bringen, ohne die eine oder andere Ebene wie einen Fremdkörper wirken zu lassen. Das entlastet nicht nur übersättigte Sehgewohnheiten, die auf eine x-te Wiederholung des Heldensage-Schemas gefasst waren, es bringt vor allem das ganze Genre der Comicverfilmungen auf ein neues erzählerisches Niveau, wo weit mehr möglich ist als in den niederen Gefilden der Ein-Mann-Gegen-Den-Superschurken-Penrose-Treppe.
Schade, dass im letzten Akt dann doch auf klassische Kampffinale-Mittel gesetzt wird, anstatt die mutige Linie weiterzuverfolgen. Das funktioniert auf bewährte Weise gut, wirkt aber gerade im Vergleich zum vorwärtsgerichteten Teil der Geschichte ein wenig inkonsequent.

Fazit

Nach dem müden Trip durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs hieven Joe und Anthony Russo den Marvel-Patrioten in die bessere Hälfte dieses Universums. Trotz der angestrengten Dialoge, die den klaren Tiefpunkt des Filmes graben, besticht das Gesamtkunstwerk durch große Stimmigkeit – nicht trotz, sondern wegen ungewöhnlicher Genreeinflüsse im Heldenuniversum.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

Nicht jeder stimmte in den Jubel mit ein, als bekannt wurde, dass Bryan Singer wieder das Ruder im neuen X-Men übernehmen würde. Nicht etwa, weil X-Men und X-Men 2 schlechte Filme gewesen wären, sondern weil Matthew Vaughn sich als der kompetentere Geschichtenerzähler erwiesen hat, als er die Mutantentruppe mit seinem X-Men: Erste Entscheidung mit einem Schlag von dem Debakel X-Men: Der letzte Widerstand emanzipierte.
Für X-Men: Zukunft ist Vergangenheit kann aber Entwarnung gegeben werden.

Patience isn’t my strong suit.

Story

Wir schreiben das Jahr 2023, die Zivilisation hat sich in sich selbst verbissen und schließlich getötet, die wenigen verbliebenen Mutanten werden von Robotern, den sogenannten Sentinels, die sich auf jede nur denkbare Fähigkeit einstellen können, gejagt und niedergestreckt.
Der Kern der alten X-Men-Garde sucht eine Dame namens Shadowcat, die die Fähigkeit besitzt, das Bewusstsein einer Person in die Vergangenheit zu schicken, wo es in seinem jüngeren Körper landet. Eine Reise, die sich über mehr als einen Monat erstreckt, würde normale Wesen das Leben kosten. Da Logan mit seinen ausgeprägten Selbstheilungskräften aber keineswegs als normales Wesen durchgeht, sendet man ihn in das Jahr 1973, um dort die jungen und wenig einsichtigen Kontrahenten Charles Xavier und Erik Lensherr miteinander zu versöhnen und den katastrophischen Lauf der Zeit zu ändern. Unterdessen tickt die Uhr in der Gegenwart, denn die Sentinels sind den verbleibenden Widerständlern dicht auf den Fersen.

Kritik

Nach einem etwas ärgerlich-generischen Anfangsmonolog und dem klassisch semi-trashigen Vorspann in Metalloptik mit Klingengeräuschen und gediegenen Cube-Anleihen kommen prompt die ersten unbekannten Mutanten ins Spiel, die sämtlich einem Spezialeffekte-Film unseres Lieblingsfilmlandes Japan entsprungen sein könnten und zum Teil auch recht eilig das Zeitliche segnen. Ein paar Ekelbeben in Erinnerung an X-Men: Der letzte Widerstand können da natürlich nicht ausbleiben. Doch zu Glück erfährt diese Vision keine entsprechende Einlösung in der Praxis. Im Gegenteil, es kommt ganz anders. Es kommt weitaus besser.
Vor allem anderen fällt aber auf, wie unbeschwert und locker die neuste Auskopplung der Marvel-Serie geworden ist. X-Men: Zukunft ist Vergangenheit ist voll von ungezwungenem Humor. Das führt in manchen Szenen sogar so weit, dass sich der Film kurzzeitig zu einer ziemlich albernen Slapstick-Komödie wandelt. Doch da das ‚albern‘ eines dieser seltenen guten ‚albern‘ ist und das ‚ziemlich‘ ein ‚ziemlich‘ wie vor ‚ziemlich witzig‘ ist, kann man zwar die fehlende Ernsthaftigkeit bemängeln, aber zugleich nicht verleugnen, dabei Freude zu empfinden.
Funktionieren tut das Gesamtwerk vornehmlich deswegen, weil alte Tugenden und Thesen trotz des komödiantischen Übergewichts sinnvoll aufgenommen und weitergeführt werden. Dieser neue X-Men-Film beweist nicht trotz, sondern zusätzlich zu seiner Freude am Spaß die Fähigkeit, die guten Aspekte seiner Vorgängerfilme zu schultern und gekonnt in seine eigene Geschichte mit hineinzunehmen. Der Film wirkt frisch und jung, aber er trägt ein mittlerweile doch recht komplexes und vor allem sehr schweres Erbe mit sich herum. Der mediale Terror; die Belagerung und Verdinglichung aller fremden Geschöpfe durch die eingeschüchterten Menschen; die inneren Konflikte der Ausgestoßenen und Abgesonderten; die Macht der Angst und ihre verheerende Stärke. All das ist weiterhin Thema und wird sehr sinnig integriert.
Dies macht X-Men: Zukunft ist Vergangenheit nicht nur zum kurzweiligsten, sondern neben X-Men: Erste Entscheidung auch zum ernstzunehmendsten, zum relevantesten Teil der Serie. Der Dank hierfür gebührt der lobenswerten Tatsache, dass sich der Film nur scheinbar am außer Kontrolle geratenen Wettkampf der Comicverfilmungen anschließt, mit jeder bewältigten Herausforderung beim nächsten Schritt noch mehr Zerstörung und Epos sein zu müssen, beim nächsten Mal alles noch größer, lauter und bedrohlicher zu gestalten. Auf den ersten Blick mag es um die gesamte Zukunft der gesamten Erde gehen, eigentlich aber steht das Schicksal Weniger im Vordergrund. Man fiebert nicht um das Leben anonymer Bewohner irgendwelcher gesichtsloser Großstädte, sondern um alte Bekannte, die sich im Laufe ihrer bunten Abenteuer der vergangenen 14 Jahre Profil und eine eigene Filmbiographie erarbeitet haben.

Einige Figurenhandlungen sind kaum nachvollziehbar und wirken teils seltsam schlecht durchdacht. Hier merkt man: Es sind nun mal Comiccharaktere. Das ist keine Rechtfertigung, die funktionieren kann, denn mit der Kritik muss der Film einfach leben, aber belassen wir es bei der Erwähnung.
Das Aufeinandertreffen der Generationen, das Trailer und Synopsis erwarten lassen, ist übrigens kaum Thema des Filmes. Fast die ganze Geschichte gehört dem alterslosen Wolverine und den jungen Alter Egos von Professor X, Magneto, Beast und Raven. Einige alte Bekannte werden dafür wortwörtlich verschleudert. Tatsächlich kommen deutlich weniger Mutanten als in jedem anderen Film der Reihe vor, anders wäre die Geschichte in ihrer eleganten Schlankheit aber auch nicht zu verwirklichen gewesen.
Charmebolzen Peter Dinklage gibt den flachen Schurken Bolivar Traske seinem Profil entsprechend und macht eine bessere Figur, als jeder andere an seiner Stelle es wohl getan hätte, gegen die Einseitigkeit seines fanatischen Kittelträgers mit Nazi-Allüren kann er aber auch nicht anspielen.

Neben ein paar sehr rüden Nachlässigkeiten in Bezug auf die Konsistenz des Gesamtkanons lässt sich – natürlich – auch in der Zeitreiselogik Unstimmigkeit finden. Es wird viel Lärm darum gemacht, dass man nur diese eine Chance hätte und das Unterfangen auf jeden Fall glücken müsse, sonst gäbe es nur noch Ende. Aber wieso denn eigentlich? Genaugenommen spräche nur wenig dagegen, bei einem Misserfolg einfach wieder jemanden in die Vergangenheit zu katapultieren. Und wieder und wieder und wieder, bis eben alles im Lot ist. Die notwendige Reise müsste sich nicht über Jahrzehnte erstrecken, sondern nur bis zum Start der vorangegangenen Reise selbst gehen und diese verändern, was höchstens ein paar Tage sein dürften.

Fazit

Nach den mittelmäßigen Spin-Offs, dem desaströsen Trilogieabschluss und der überraschenden Kehrtwende des Prequels macht Bryan Singers dritter Ausflug in das Marvel-Universum eigentlich alles richtig.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit macht Spaß, ist selbstsicher und persönlich, ehrt beide Generationen und öffnet auf eine charmante Weise Türen.
Und damit schließt sich ein Kreis, wodurch die Zeitreisestory ungeachtet kleinerer Schnitzer, ihren Auftrag bestens erfüllt.

The Walking Dead – Staffel 1

Nach nunmehr 4 Staffeln und (mindestens) einer weiteren in Produktion, einer – teils aus der Serie entstandenen – Dauer-Euphorie für die Comicgrundlage aus der Feder von Robert Kirkman und Tony Moore, der Ankündigung von Spin-Offs und unentwegt steigenden Zuschauerquoten ist es wohl an der Zeit, The Walking Dead unter die Lupe zu nehmen. Zwar wurde das an vielen tausend anderen Stellen schon getan und so gut wie alles scheint gesagt, doch… das hat ja auch sonst niemanden abgehalten. Und Zombos sind nun mal Science-Fiction.


Do not enter the city. It belongs to the dead now.

Story

Die Welt ist der Zombie-Apokalypse anheimgefallen. Selbst Atlanta, wo Hilfssheriff Rick Grimes und seine Schusswunde ahnungslos in einem Krankenhausbett erwachen, sich über das ganze Chaos wundern und noch halb betäubt und völlig dehydriert in die verwüstete Stadt aufbrechen.
Dort nimmt sich ein fürsorgliches Vater-Sohn-Gespann des verwirrten Gesetzeshüters an und klärt ihn über das Notwendigste auf.
Auf dem Stand der Dinge angekommen, trennt er sich von seinen Helfern, gelobt, via Funk mit ihnen in Kontakt bleiben zu wollen, und macht sich auf den Weg, die eigene Familie ausfindig zu machen. Etwas, das überraschend flott gelingt, campieren Frau und Sohnemann doch zufällig mit einer knappen Handvoll Überlebender am Stadtgürtel, wo man sich in Sicherheit wiegt.
Wieder einmal stellt sich heraus, dass Menschen den Zombies einander gar nicht so unähnlich sind, wenn Gesetze ihre Gültigkeit verlieren und Geltungsdrang, Eifersucht, Angst und Verblendung ohne Puffer aufeinanderprallen.

Kritik

The Walking Dead ist so einiges. Zum Beispiel die Serie, die Kompromisslosigkeit in Sachen Gewaltdarstellung auch im TV legitim machte und genau deswegen so stark in den Medien geechot wurde. So viel spritzenden Hirnbrei und Zergliederung sah man selten zur Primetime im Free TV. Nicht nur mit dem Zombie wird übel umgesprungen, auch jene, die noch Geist im Leib haben, müssen so manche Marter über sich ergehen lassen. Die Geschehnisse hinterlassen definitiv Spuren auf ihren Figuren. Und das ist gut, denn dadurch fällt es leicht, auch mit Charakteren mitzuleiden, denen eigentlich der letzte Schliff fehlt, um als wirklich gut geschrieben durchgehen zu können.
Da es in der Natur des Genres liegt, findet sich auch in The Walking Dead schnell eine Gruppe von unterschiedlichen Menschen zusammen, die miteinander zwar nicht können, aber müssen. Und es liegt ebenfalls in dieser Natur, dass diese Leute zweibeinige Stereotypen sind. Aber ohne geht es einfach nicht. Entscheidend ist, wie aufdringlich diese Stereotypen sind, ob sie mehr als nur Klischee darstellen und vor allem, wie sie einander begegnen. Und da The Walking Dead all diese Fragen erfreulich positiv beantworten kann, darf gesagt werden, dass die Serie kaum etwas falsch macht. Ohne Stereotypen würde das ganze Konzept nicht aufgehen. Zombie-Geschichten sind eine Allegorie und eine solche funktioniert naturgemäß nur mit Repräsentanten.
Dass die Serie diesem Konzept folgt, passt zu ihrem mutigen und gleichzeitig konventionellen Weg: Es wird nicht versucht, der alten Zombie-Mär neue Facetten abzugewinnen, sie besonders innovativ zu erzählen oder gar von Grund auf neu zu erfinden. Stattdessen ist sie im Kern höchst gewöhnlich. Die Stärke ist schlichtweg die pointierte Inszenierung und das Gespür für passende Charaktermomente.
Dass die Science-Fiction-Serie vieles wie andere Genreproduktionen macht, bedeutet insbesondere, dass verstärkt auf des Schicksals Willkür gesetzt wird. Dass Dramatik entsteht, hängt in erster Linie damit zusammen, dass bestimmte Leute zufällig an bestimmten Orten auf weitere bestimmte Leute treffen, denen wiederum bestimmte Dinge passieren. Das alles könnte auch eine Stunde zeitversetzt geschehen und wäre für die Handlung dann kaum noch von Bedeutung; angefangen damit, dass unter der kleinen Schar Überlebender ganze drei Personen sind, die die Hauptfigur schon kennt, wodurch sich selbstredend allerhand tragische Verwicklungen ergeben.
Das ist sinnvoll, denn in 6 Episoden bleibt einfach relativ wenig Raum, der durch eine solche Ökonomie eben entsprechend genutzt werden will. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass derartiges passiert, von überschaubarer Größe.

Gleichzeitig ist es diese Raffung, die die Serie wirklich, wirklich gut macht. Die fehlende Eitelkeit, sich über zig Folgen zu schleppen, ohne entsprechend viel zu erzählen zu haben. In 6 Episödchen gibt es lediglich ein Ereignis, das nicht zwingend notwendig ist, weil es mit der Geschichte respektive ihren Figuren selbst nur peripher etwas zu tun hat. Alles andere ist straff erzählter Fortschritt ohne unangenehme Redundanz. Und da verzeiht man auch die ein oder andere überdramatische Szene, wenn man im Gegenzug nie das Gefühl bekommt, die laufenden Toten würden einen unnötig hinhalten.
Auch ansonsten macht US-Produktion– zumindest in dieser Staffel – so einiges richtig gut. Da wären zum Beispiel die sorgfältig gewählten Spielorte, welche mit zerschlissenen, von Rissen durchzogenen Stadtgesichtern, Ansammlungen von Fahrzeugwracks und Müll beherbergenden Straßenzügen gelungen Endzeitstimmung verbreiten. Denkwürdige Schlussbilder wie die finale Einstellung der Pilotfolge runden das Paket ab. Dass jede der sechs Episoden ihre eigenen kleinen Unstimmigkeiten bietet und atmosphärische Darstellung Glaubwürdigkeit gerne mal in die Ecke drängt, macht unterm Strich gar nichts, zumal es sich dabei wirklich nur um Kleinigkeiten handelt

Die Masken der Modernden sind eine Wucht und lassen die hungernden Wiedergänger nicht nur gefährlich, sondern im gleichen Maße mitleiderregend erscheinen. The Walking Dead ist tatsächlich eine Zombie-Serie, die ihre Monster nicht als Schießbudenfiguren vergeudet, sondern als einstige Menschen darstellt, und es dennoch weitestgehend vermeiden kann, in Sentimentalitäten zu rutschen.
Deswegen wurde es wohl auch nachgesehen, dass sie ab und an Magenwände und Blinddärme auf der Kameralinse verteilt. Die Toten sind die Feinde, aber es sind Feinde, die man nicht nur wegen ihrer Gefährlichkeit respektiert, sondern auch, weil immer wieder vor Augen geführt wird, was diese Toten einmal gewesen sind.
Trotzdem muss man sich fragen, ob Zombies, die in erster Linie auf Schall reagieren, dabei aber unentwegt am Stöhnen und Keuchen sind, sich nicht ständig gegenseitig zueinander locken müssten.

Für das Gelingen einer solchen Serie viel wichtiger ist aber die Umsetzung der gruppenpsychologischen Komponente – und auch hier wurden weitestgehend alle Ziele erreicht, während großartige Neuerungen und Überraschungen bewusst ausgespart bleiben. Wie überall heißt es: Bewährtes auf hohem Niveau. Konflikte und unausgesprochenen Streitworte stauen sich an und müssen gewaltsam unter Kontrolle gehalten werden. Das alles für und wegen einer Gruppe, die sich aus Individuen zusammensetzt, welche keine Wahl haben. Entweder diese Gruppe oder keine, entweder Gemeinschaft wider Willen oder drastisch gesunkene Überlebenschancen. All das fällt erst auf, wenn es hervorbricht. Nämlich in Extremsituationen, unter Alkoholeinfluss oder im Akt purer Hilflosigkeit. Das ist es, was die Serie so gut von ihrer Vorlage adaptiert, für bewegte Bilder aufbereitet und dem Zuschauer mit genau der richtigen Intensität darreicht. Vorlagentreue dieser Art ist wertvoller als bloßes Nacherzählen.

Fazit

Staffel 1 der Zombie-Serie bietet das, was der Fan kennt, von seiner besten Seite. Die Figuren als ausgewogene Mitte zwischen Stereotyp und glaubhafter Person, die Situation altbekannt, aber hervorragend wiedergegeben, die Ungeheuer stets hungrig und meist dort lauernd, wo Sicherheit erwartet wird. Eine Zombie-Serie, die kaum Neues, dafür aber auch kaum Überflüssiges bietet und somit niemanden enttäuschen sollte.

Zwei Jahrhunderte nach der Totenwache, 81 Jahre nach White Zombie und trotz Romero, der mittlerweile selbst wie ein Untoter sein eigenes Erbe befleckt, können’s Zombies immer noch. Wir lieben euch, ihr trägen, vielfräßigen Rudeljäger.

Man of Steel

Mit Dawn of the Dead überraschte er, indem er 2004 Romeros Klassiker zwar seiner Gesellschaftskritik beraubte, ihn aber mitreißend und einschneidend in die Moderne katapultierte. 300 deutete das Adaptionstalent an, das Watchmen – Die Wächter mit Bravour bestätigte. Hat der Mann eine Vorlage, dann kann er sie wie kein anderer in Film verwandeln.
Sucker Punch machte dann mit katastrophaler Deutlichkeit klar, was passiert, wenn ihm einer solchen Vorlage ermangelt.
2013 versucht Regisseur Zack Snyder mit Man of Steel, seine anfänglichen Erfolge wieder aufleben zu lassen. Mit berühmter Comic-Vorlage und niemand geringerem als Chrisopher Nolan und dessen Schreibgehilfen David S. Goyer (The Dark Knight Rises) als Storylieferanten an der Seite, soll ihm das gelingen, was Bryan Singers Superman Returns aus dem Jahr 2006 wegen seiner Treue zum Altmodischen missglückte, um Tür und Tor für die 2017 anstehende Justice League zu öffnen.

I am your father, Kal.

Story

Der Kryptonier Jor-El und seine Frau Lor-Van haben ehrgeizige Ziele. Nachdem sie erfolglos gegen die Zerstörung ihres Heimatplaneten angekämpft haben, bringen sie, die strenge Geburtenkontrolle missachtend, das erste natürlich gezeugte Kind seit langer Zeit zur Welt, stellen sie sich gegen den brutal revoltierenden General Zod und seine skrupellosen Handlanger, entwenden den Kodex des Volkes und schicken diesem mitsamt ihrem Neugeborenen in einer Kapsel ins All, kurz bevor ihr Heimatplanet in Stücke gerissen wird. Das Ziel des Flugobjekts lautet Erde, welches es unspektakulär erreicht, indem es auf das Land der Farmerfamilie Kent knallt, die sich des Knirpses annimmt und mit dem Namen Clark großzieht.
Der Junge wächst auf, ohne dass sein Geheimnis ans Tageslicht kommt und selbst um es weiß. Leicht hat er es nicht, denn die für seinen Organismus ungewohnte Strahlung der noch jungen Erdensonne überreizt regelmäßig seine Sinne. Dies und seine übermenschliche Stärke machen Clark zum Außenseiter in Schule und Leben.
In seinen 30ern streicht er durchs Land, hilft Menschen allerorts und versucht, das Geheimnis seines Ursprungs zu ergründen.
Ein Traum, der auf unerwünschte Weise in Erfüllung geht, als General Zod und seine Mannen in Raumschiffen aufkreuzen, die Auslieferung des letzten Kryptoniers einfordern und gleichzeitig mit der Ausrottung der Menschheit flirten. Ihr Ziel ist die Erschaffung eines neuen Krypton.
Und der zweifelnde Clark Kent wird zum  zweifelnden Superman.

Kritik

Auch Superman ist nur ein Mensch. Eine Erkenntnis, die nötig war, um den Stählernen in Zeiten mehrfach gebrochener Helden noch reizvoll zu machen. Es ist nur folgerichtig, dass Superman als Neugeborenes gezeigt wird, splitterfasernackt, vollkommen ungeschützt und wie am Spieß schreiend. Auch Überwesen wie er sind verletzlich und schutzbedürftig – und das, umso größer ihr Gerechtigkeitsempfinden ist. Auch wenn um sie herum Welten zugrunde gehen und im Hintergrund ein grimmiger Russel Crowe die Schergen Zods zu Dutzenden dezimiert.

Nach 20 Minuten ist Krypton Geschichte und Superman flitscht durchs All, um einen Wimpernschlag später mit brennendem Waschbrettbauch und viel Rambazamba eine Bohrinsel zu evakuieren, wo er die Zeit unter Wasser nutzt, um an seine schwere Kindheit als gemiedener Sonderling zu denken.
Wer nach Batman, Iron Man und Co. einen ambivalenteren Helden mit innerem Konflikt erwartet, liegt tendenziell richtig. Wer denkt, dass dieser von einer durchdachten, mit Überraschungen gespickten Story ummantelt wird, der wird enttäuscht. Die Geschichte ist banal, vorhersehbar und mit anderen Bildern unzählige Male zuvor erzählt worden. Das Motiv von General Zod (der übrigens aussieht wie ein Space Marine aus dem Warhammer 40.000-Universum) ist alles andere als verblüffend, sondern schon mehrmals durchgekaut und bereits ab dem Prolog deutlich erkennbar.
Eine banale Geschickte wird Origin-Stories von Superhelden im Regelfall verziehen. Einfach deshalb, weil Comicvorlagen nun mal so sind und die Basis für Weiteres schließlich irgendwie geschaffen werden muss. Doch kann das „Andere machen es auch nicht besser“-Argument nicht unendlich oft als Ablass herhalten. Erst recht dann nicht, wenn man versucht, damit etwas einzuleiten, das vier Jahre später Marvel’s The Avengers in seinem Fundament erschüttern soll.
Davon ab ist man nicht ohne Erfolg bemüht, den dürren Plot wenigstens halbwegs schlüssig zu erzählen. Auch wenn man als Zuschauer schlucken muss, dass Superman die Katastrophen, für deren glimpflichen Ausgang der sorgt, förmlich anzieht, und der Film sich trotz langer Laufzeit nicht die Zeit nimmt, Logikschwächen auszubügeln. Weshalb Reporterin Lois Lane einfach so durch das offenkundig außerirdische Flugobjekt lustwandeln darf, das in der Arktis von Regierungsbeamten umzäunt und mit höchster Geheimhaltungsstufe versehen wurde, das macht der Film zum Beispiel nicht ganz deutlich. Außerdem sind die Dialoge manchmal gefährlich nah an der Grenze zu schlimm, strengen sich aber an, diese Grenze nie ganz zu überschreiten. Das trifft auch auf viele andere Dinge zu. Muss Superman als Kind denn wirklich Platon lesen, damit wir verstehen, was für ein einzigartiger Junge er doch ist?
Dass man den Zuschauer für völlig begriffsstutzig hält und anstatt die eindeutigen Bilder für sich sprechen zu lassen, vorsichtshalber einen Einstein-Verschnitt vor einem Haufen dumme Fragen stellender Soldaten noch einmal alles erklären lässt, rückt die Sache leider in kein besseres Licht. Zudem des Weißkittels beste Idee dann doch nur ist, bei akuten Schwierigkeiten mit der geballten Faust einmal kräftig auf das Problem zu schmettern.
Aber es gibt auch feine Ideen. Zum Beispiel, dass unser Held in Zeiten der Ratlosigkeit in einer Kirche nach Antworten sucht. und, ganz der Erdenvater, dort auch fündig wird.

Dann ist da ja noch das ewig gültige Snyder-Standard-Argument: Schöne, schöne Bilder.
Wenn der Herr auch kein überzeugender Geschichtenerzähler ist, ein großer Ästhet steckt in ihm ganz ohne Zweifel. Und ein recht ordentlicher Regisseur noch dazu. Das führt dazu, dass wir eine erzählerische Ideenlosigkeit in nicht nur ziemlich hübschen, sondern auch sehr unterhaltsamen Bildern präsentiert bekommen. Wie so einiges von Herrn Snyder fühlt sich also auch Man of Steel auf schale Weise gut an. Ein „gut“, das sich ab Minute 90 enorm zu steigern weiß, weil dann eine Schlacht einsetzt, die für die verbleibenden  50 Minuten des Filmes andauern wird. Aber es lässt einen auch merkwürdig kalt, wenn da in Kleinstarbeit die ganze Welt zwischen trudelnden Helikoptern, gefällten Hochhäusern und dröhnenden Terreformern einzuknicken droht.
So geht und ging es vielen Zuschauern und mehr als nur einmal wurde die etwas unsichere Frage gestellt, woher es denn wohl komme, dass dieses absolute Maximum an darstellerbarer Zerstörung unseres Heimatplaneten uns so seltsam ungerührt lässt. Die Antwort darauf ist eine denkbar einfache: Weil uns der Protagonist und alle anderen Figuren der Diegese kaum wichtig sind. Betrachtet man es genauer, stellt man fest, dass bisher in keinem Snyder-Film so etwas wie eine nennenswerte Charakterentwicklung vorkam. Bei Man of Steel gesellt sich erschwerend hinzu, dass da eigentlich auch kaum was existiert, das sich entwickeln könnte. Obwohl der Film fast 2 ½ Stunden die Geschichte von Superman erzählt, weiß man am Ende nicht so recht nicht, wer dieser komische Knilch im Anzug eigentlich ist. Klar, das passt irgendwie, denn als Kind zweier Welten, das nirgends beheimatet und willkommen ist, ist so eine saftige Identitätsstörung ganz gewiss nicht unglaubwürdig. Aber wollen wir Filme doch nicht für etwas loben, das sie gar nicht wollen. Auch wenn Henry Cavill sich anstrengt, in jeder Szene schwermütig und zerrissen dreinzuschauen, erhält sein Charakter nicht die Tiefe, die die neue und düstere Version dieser Geschichte für sich so gerne in Anspruch nehmen möchte.

Fazit

So frisch, düster und einzigartig, wie der abermalige Superman-Neustart gerne wäre, ist er nur in seltenen Momenten. Dafür ist die Geschichte zu eindimensional und altbacken und die Charaktere sind trotz der großen Darsteller mit Hang zu depressiven Blicken einfach nicht stofflich genug.
Zack Snyders Talent, lahme Dinge rasant und intensiv  zu inszenieren, entschädigt aber auch bei Man of Steel über weite Strecken und macht den Film zu einem audiovisuellem Genuss, dessen Reize einen dazu verführen, den vielen Mängeln gerne mit Nachsicht zu begegnen.

Ghost Rider: Spirit of Vengeance

Erinnert sich jemand an Ghost Rider? Wenn nein, dann Gratulation. Der Schmarrn ist nicht nur die schlechteste Marvelverfilmung aller Zeiten, sondern vielleicht auch der schlechteste Film mit Herrn Cage. Und das ist wirklich eine Leistung, wenn man sich in einem schwachen Moment mal die filmische Biographie des Herren mit Vorliebe für manische Rollen anschaut.
Der Vorteil: Für den zweiten Teil herrschte keinerlei Erwartungsdruck. Und siehe da, es funktioniert.

Um, I know that it’s a little awkward.

Story

Ein junge wird vom Teufel gejagt und entführt. Der perfide Plan des nicht minder perfiden Finsternisfürsten: Durch eine seltene Empfänglichkeit des Knirpses will er in dessen Körper als neue Inkarnation auf der Erde wandeln, um mit alter Stärke seine, nun ja, teuflischen Pläne umzusetzen. Moreau, eine Art Priester in ziemlich cool, ersucht Johnny Blaze alias Ghost Rider um Hilfe. Dieser ist allerdings vollständig damit ausgelastet, seine Kräfte und damit auch sich selbst vor dem Rest der Welt zu verstecken. Erst als Moreau  ihm die Rückerlangung seiner Seele in Aussicht stellt, lässt sich der ehemalige Stuntfahrer überreden, würde er so doch auch sein feuriges Alter Ego los.
Gemeinsam mit der Mutter des Jungen macht sich der mürrische Blaze auf die Suche nach Teufel und Teufelsbraten. Unterwegs macht ihnen nicht nur eine Horde von finsteren Schurken das Leben schwer, die im Auftrag des Höllenherren arbeiten, sondern auch der Ghost Rider, der von Blaze kaum noch unter Kontrolle zu halten ist, sich ständig an die Oberfläche drängelt und wenig mehr als Rache im Sinn hat.

Kritik

Eine knappe Vorstellung von Ort, Figuren und dem Stand der Dinge und nach gerade mal 13 Minuten hinterlässt der Ghost Rider seine rauchende Feuerspur im Asphalt.
Einer der vielen Fehler des ersten Teils, die bisher immer noch niemand alle zählen konnte, war der offensichtliche Umstand, dass man dem in die Jahre gekommenen Cage sein Dasein als heißblutiger Motorrad-Stuntman um keinen Preis der Welt abnehmen wollte, konnte und durfte.
In der Fortsetzung sieht es so aus, als wäre sehr viel Zeit ins Land gegangen und Johnny Blaze hält nicht aus Berufsgründen an seinem Teufelsofen fest, sondern weil in seinem verfluchten nichts anderes zum Festhalten übrig geblieben ist. Ein wenig wie Cage selbst, der sich mit steigendem Alter krampfhaft mehr und mehr Actionrollen zumutet und in jedem Film ein anderes schlechtsitzendes Toupet trägt und sein jüngeres Ich damit auf vermutlich ungewollte Weise tragisch durch den Kakao zieht.
Señor Cage hat bei alledem sichtlich Spaß und sitzt viel erträglicher und lockerer im Sattel als im Debakel, das der erste Ghost Rider war. Vermutlich deshalb, weil er dank halbiertem Budget und verschwundenen Erwartungen nicht mehr an der kurzen Leine gehalten wird und einfach machen kann, was er will und am besten kann. Das heißt nicht, dass er hier auch nur annähernd an seine guten Filme anknüpft, doch Cage ist nun mal Cage. Und hier und da darf er so richtig ausbrechen und seinen patentierten Wahnsinn rauslassen, der ihn so unvergleichlich macht – im Gegensatz zu allen anderen Overacting-Kandidaten.
Das in Verbindung mit dem Dämon, der aus ihm auszubrechen versucht, macht den Film an kurzen Stellen sogar richtig interessant.
Dass die Kämpfe zu peinlich kitschigen Heavy Metal-Riffs stattfinden, gehört ebenso zum guten Ton wie das Verpuffen  in mittelmäßigen Feuereffekten der armen Irren, die sich dem grimmen Unterweltbiker in den Weg stellen. Generell bewegt sich die Kamera bei Auseinandersetzungen um ein vielfaches schneller und häufiger als die mehr oder weniger agilen Kämpfenden selbst es tun.
Aber, und hier überholt der Film seinen Vorgänger im ersten Gang, der gebotene Trash ist niemals langweilig. Ghost Rider: Spirit of Vengeance ist, wie der Titel ja schon hinreichend versichert, allerfeinste B-Ware der hirnlosen Sorte.
Als netten Zusatz gibt es sogar ein paar akzeptable Erklärungen, ein bisschen religiöse Unterfütterung, Abwechslung in Sachen Tempo, Handlungsort und Stimmung, jede Menge stilisierte optische Spielereien und, ich glaube, es wurde noch nicht erwähnt, eine wohltuende Prise Cage-Manie. Über zehn, zwanzig Ungereimtheiten stolpert man natürlich, unterm Strich aber stellt der Film eine überdeutliche Steigerung zum schmerzhaft schlechten ersten Teil dar

Fazit

Tatsächlich kann der zweite Ritt des Ghost Riders Freude bereiten. Cage wirkt nicht mehr so traurig deplatziert wie im Vorgängerfilm, sondern hat sichtlich Freude an der Darstellung des gebrochenen Antihelden mit okkultem Anhängsel. Tempo und Geschichte sorgen für Kurzweil, sofern man mit der richtigen Einstellung an den Film geht, der sich selbst ebenso wenig ernstnimmt, wie der Zuschauer dies tun sollte. Für einen geselligen Abend durchaus tauglich, zudem man auch nicht viel verpasst, wenn man mal 20 Minuten aufs Klo verschwindet oder ungeplant an Stierkämpfen teilnimmt.