Logan

Während sich die reguläre Filmreihe der X-Men nach einem mutigen Ausflug unter der Regie von Matthew Vaughn sowohl qualitativ als auch erzählerisch wieder nach ihrem eigenen Durchschnitt ausrichtet, der 2006 durch X-Men: Der letzte Widerstand gehörig massiv zu leiden hatte, vollführt die Spin-Off-Reihe um Säbelknabe
Wolverine etwas Erstaunliches: Sie endet mit Ansage und darüber hinaus mit dem vis dato vielleicht besten X-Men-Film überhaupt.

The world is not the same as it was, Charles. Mutants… they’re gone now.

Story

Logan aka Wolverine ist morsch und mürbe geworden. Er ist alt, verbittert und ohne Kraft, weiter nach Lösungen und Hoffnung zu suchen. Er erträgt das Leben als versteckter Flüchtling auf dem Lande, der den einstigen Mutanten-Allvater Charles Xavier pflegt, beschützt und zugleich ängstlich isoliert – in einer Mischung aus Unterschlupf und Gefängnis für den gealterten und gutherzigen Patriarchen. Sie stellen die letzten bekannten noch lebenden Mutanten auf der Welt dar, Ikonen einer verwirrenden, aber auch beendeten Ära in der Menschheitsgeschichte.
Doch die Vergangenheit holt sie ein, gleich mehrfach: Ein Trupp technisch modifizierter Söldner spürt Logan auf und fordert Informationen zum Verbleib von X-23 – einem Mädchen, das die gleiche Misshandlung erfahren haben soll wie einst Logan und nun Adamantium im Körper hat. Wie der Zufall es will, klopft quasi zeitgleich eine Frau an Logans Tür; in ihrem Schlepptau das Mädchen namens Laura.

Kritik

Während, und nur wenige mögen da zustimmen, der erste Wolverine-Film zwar kaum ambitioniert war, dafür aber auch an seinen geringen Ansprüchen an sich selbst kaum scheiterte, ging sein Nachfolger Wolverine: Der Weg des Kriegers an dem Wunsch, mehr zu sein und der zentralen Figur gerechter zu werde, kläglich zugrunde. Da die letzten X-Men-Filme nun auch nicht gerade das Gelbe vom Ei waren, durfte man angesichts des Heranrücken des nunmehr dritten und finalen Soloabenteuers des backenbärtigen Klingenwüterichs mit gutem Recht und Gewissen Zweifel hegen – denn Regisseur James Mangold verbockte schließlich schon den zweiten Teile und verärgerte zuvor mit dem Tom-Cruise-Vehikel Knight and Day – auch wenn auf der anderen Seite (das ehrlich gesagt gar nicht mal so gute) Western-Remake Todeszug nach Yuma und das (siehe vorherigen Klammerinhalt) Oscar-Biopic Walk The Line sowie Copland – „der einzige Film, in dem Silvester Stallone ein Schauspieler ist“ – stehen.
Tatsächlich aber ist Logan das Beste aus all diesen Welten geworden.
Zuerst gilt aber eines zu klären: Ist Logan, immerhin der mittlerweile zehnte Film der vor 17 Jahren gestarteten X-Men-Reihe, fest in dieser verankert oder auch ganz unabhängig zu schauen? Und die Antwort liegt relativ klar auf letzterem Fall – mit leichten Einschränkungen. Um die Funktion von Professor Charles Xavier, dem Vater der X-Men, sollte man schon wissen, um die Traurigkeit und Tiefe des Verhältnisses, das die beiden Männern zueinander pflegen, zu verstehen – aber die Kenntnis dieser quasi-ikonischen Figur darf eigentlich vorausgesetzt werden. Und dann wäre da noch Caliban, der sich, wenn auch von einem anderen Schauspieler verkörpert, aus X-Men: Apocalypse rüber gerettet hat. Doch letztlich ist diese Figur selbsterklärend – zudem sich Logan sowieso nicht als Teil des Kanons versteht. Grundsätzlich ist es aber nicht wichtig, dass es sich hier um einen X-Men-Film handelt. Es reicht das Wissen, dass es mit den Mutanten einmal eine wichtige, aber auch gefürchtete und verachtete Gruppe von Menschen gab, die von den „normalen Menschen“ nie so recht angenommen werden konnten. Vor diesem Hintergrund entfaltet sich Logan als sehr elegische, düstere, enorm stimmungsvolle Dystopie, die auch jedem Comic-Muffel ans Herz zu legen ist.

Was Logan mehr als je zuvor verkörpert, auszeichnet und an ihm zehrt, ist sein Einzelgängertum. Die Einsamkeit eines langsam alternden Helden, der sich verstecken und die letzten Tage nur noch irgendwie in einer Höhle überstehen will. Der nicht mehr Pflicht ertragen kann, als die, die unmöglich abzustreifen ist – und auch diese nur mit ganz viel Ach, Krach und Fusel in der Blutbahn. Wenn es Action gibt, ist sie grob, heftig, beeindruckend und intensiv, schrecklich intensiv. Ihr Stattfinden richtet sich zum Glück nicht nach dem Rezept notwendiger Verteilung, das vorsieht, dass auf jede ruhige eine laute Szene folgen muss, sondern nach der der Geschichte inhärenten Logik. So wirken die sehr körperlichen, manchmal gnadenlos effizienten und nicht selten grausam-brutalen Kampfsequenzen nie selbstzweckhaft, sondern haben die Dramatik der Narration immer als Puls auf ihrer Seite.
Der alte Mann hat aller Verbitterung zum Trotz nicht seinen Humor verloren, ihn mit der Zeit aber noch etwas trockener und brummiger werden lassen. Erwartungsgemäß gut funktioniert daher auch die Dynamik zwischen dem bärbeißigen Logan und dem schweigsamen, trotzigen, liebenswerten Zögling Laura, brillant gespielt von der zwölfjährigen Dafne Keen. Die beiden geben ein Team ab, das ganz nach klassischen US-Buddy-Komödien-Schema funktioniert, statt funkelndem Witz aber tiefe Tragik dominieren lässt: Beide Figuren sind gebrochen und in beiden ist darüber hinaus der Bruch i der Existenz angelegt – mit sich selbst und mit der Gesellschaft. Logan am Ende des Lebens, Laura am Beginn des ihrigen. Die Chemie zwischen den beiden ist das Herz des Filmes, und dieses Herz ist kräftig.

Es ist also vieles sehr, sehr gut an Logan, gemeckert werden kann folglich nur an wenigen Stellen. Doch auch diese gibt es: Man würde sich wünschen, der Film hätte sich an manchen Stellen noch etwas mehr zurückgehalten, denn so ganz und absolut mag man dann doch nicht auf die Gunst des durchschnittlichen Zuschauers und Comicfans pfeifen. Außerdem ist der Film zum Ende hin eine Spur zu lang geworden. Dies fällt besonders deshalb auf, weil die Erzählung bis zu diesem Punkt so ungezwungen dynamisch und fesselnd ausfällt, ehe sie am Ende etwas ins Stottern gerät und dann eben doch in ein etwas zu klassisches Finale mündet.

Fazit

Logan ist elegisch und tragisch, düster, grimmig und ungewohnt erbarmungslos – in mehrfacher Hinsicht. Hugh Jackman liefert hier eine seiner größten Performances ab, steht mit seiner Leistung aber Schulter an Schulter mit Jungstar Dafne Keen, die die Kinder-Mutantin mit deutlichem Knacks und einem verhängnisvollen Hang zum Kindeszorn mit ehrfurchtgebietender Eindringlichkeit spielt. Auch Patrick Stewart als dritter Hauptdarsteller überzeugt mit einer rührenden Darbietung des ergreisten, langsam der Demenz verfallenden Mentor in entwürdigender Lage.
Logan ist nur in zweiter Hinsicht ein X-Men-Film – in erster ist er ein schaurig-schönes Road-Movie, ein tiefes Charakterdrama und eine stilvoll gezeichnete Dystopie erster Güte.
Dass der Film dann letztlich doch ein paar Eingeständnisse zu viel an den Massengeschmack macht und zum Ende hin ein paar Mal fast ins Stolpern gerät, ist zwar etwas schade, unterm Strich und angesichts der geballten Qualität dieses stimmungsvollen Heldenabgesanges aber nicht weiter tragisch.

Doctor Strange

Mittlerweile verkommt es schon fast zur selbstzweckhaften Fleißarbeit, aufzuzählen, wie viele Filme das florierende Marvel Cinematic Universe bereits hervorgebracht hat, seit Tony Stark das erste Mal die Rüstung des Iron Mans schmiedete. Das liegt unter anderem eben auch daran, dass es zwischen den großen Glanzlichtern auch schon eine ganze Menge an relativ durchschnittlichen Filmen unter dem Schirm von Disneys Marvel in die Lichtspielhäuser kam, deren Existenz weniger für sich selbst stand denn der Notwendigkeit diente, das Ensemble des Gesamtuniversums und damit dessen Marko-Narration zu vergrößern. Und leider fällt auch Doctor Strange in diese Kategorie.

I’m not ready.

Story

Erfolg bringt Arroganz, Arroganz ist häufig funktionales Zusatzmittel, um zu Erfolg zu kommen. Der außergewöhnlich begabte Neurochirurg Stephen Strange ist: erfolgreich und arrogant.
Eines Abends überschlägt sich sein Auto selbstverschuldet und er kann durch späte Bergung nur knapp dem Tod entkommen. Es ist ein Einschnitt in seinem Leben, der seine Hände unbrauchbar macht – und damit indirekt auch ihn, da er seiner Profession mit dieser Einschränkung nicht länger nachgehen kann. Als alle Optionen versagen und (schnelle) Heilung unerreichbar scheint, klammert sich Strange an den letzten verbleibenden Strohhalm und begibt sich nach Katmandu in eine Art Kloster, wo er sich nach anfänglichen Reibereien von der Ältesten in den geheimen Lehren über das Gewebe der Realität und die Vielheit der Dimensionen unterrichten lässt, um kraft seines Geistes, großen Fleißes und störrischer Hartnäckigkeit schließlich zu einem der vielversprechendsten Advokaten in der Anwendung von uralter Magie wird – Realitätsmodifizierung durch die Energie, die der Dimensionsmultiplizität entnommen wird. Das Ziel, so die eigene Verletzung ausgleichen bzw. rückgängig machen zu können, tritt jedoch in den Hintergrund, als Anhänger der antagonistischen schwarzen Magie wichtige Knotenpunkte der Welt attackieren, um diese zugänglich für den Herrscherdämonen Dormammu zu machen und somit ewiger Verdammnis zu überantworten.

Kritik

Gerade bei einem so weit ausformulierten und etablierten Universum wie dem Marvel Cinematic Universe ist es nicht mehr einfach, neue Figuren mittels extensiver Einzelgeschichten einzugliedern, die zwar wichtige neue Elemente mit sich bringen, aber selbst auch keine besonders herausragende Hintergrundgeschichte besitzen. Und so muss Doctor Strange abermals die klassische Heldenwerdung eines eingebildeten, verblendeten Mannes runterbete, der während seiner Prüfungen geläutert wird, Versuchungen zu widerstehen lernt und schlussendlich die Welt rettet.
Der Anfang soll so schnell wie möglich erzählen, wie es dazu kommt, dass ein eingebildeter, hochrationaler Arzt sich voller Vertrauen in ein Kloster in die Hände einer Magierin begibt – und tut sich denkbar schwer damit. Zur Hilfe wird ein unglaubwürdiger wie unwichtiger Basketballspieler eingebaut, der auf fadenscheinigem Weg herbeigeschrieben wurde und ohne rechten Grund eine der sensibelsten Informationen der Welt preisgibt. Nur damit am Zielort sofort alle Eingeweihten mit Weisheit auf ihn feuern, als handele es sich um Verkaufsstrategien für den Aktienmarkt und nicht um die fundamentale Information, dass Magie eigentlich existiert, spielerisch ausgeführt werden kann und zugleich permanent die Welt bedroht.
Benedict Cumberbatch erweist sich zwar als erwartbar gute Besetzung für den Protagonisten, der quasi zur Speerspitze der „zweiten Heldengeneration“ der Marvel-Kinogeschichte gehört, kann am müden Aufbau und einigen lauwarmen Ideen und Umsetzungen aber auch nichts ändern. Fällt die Charakterentwicklung noch gerade so glaubwürdig aus, tut sich der Film bei der Einbindung des typischen Marvel-Humors schon deutlich weniger gut hervor: Die bisweilen bemüht konstruiert wirkenden Sprüche wirken seltsam unpassend in dem nepalesischen Mikrokosmos, wo das Hantieren mit Magie ernst und grimmig praktiziert wird. So durchkreuzt das – immerhin nicht ausurfernde – Geblödel manchmal die eigene Veranlagung zu intensiverer Stimmung und katapultiert den Film immer wieder in ein unentschlossenes Mittelfeld zwischen zwei Atmosphären.
Visuell hat der Film hingegen einiges zu bieten. Optisch ist es, wie die Figur Strange selbst erst vermutet, wie ein Psilocybin-Rausch auf Leinwand, der technisch aufgrund seiner Abstraktheit manchmal wie eine Rückkehr in die späten 80er/frühen 90er erinnert, gerade deswegen aber auch aus dem einheitlichen Matsch der üblichen Effektgewitter des vermeintlichen Blockbusterkinos positiv heraussticht. Gerade die Befürchtung, der Film würde zu offensichtlich Christopher Nolans Inception plagiieren stellt sich als recht unbegründet heraus – zwar verwendet der Film Motive und sogar ganze Aktionsketten von Inception, ist dabei in der Eigenlogik seiner Welt so individuell, dass dieser Umstand überhaupt nicht ins Gewicht fällt.

Fazit

Die Magie hier ist noch einmal eine ganz andere Nummer als die fast schon technokratische Version von Thors-Mythenheimat; hier findet wirkliches Zaubern Einlass in die Marvel-Diegese, die bis dato  zumindest behauptete, Wert auf Rationalität zu legen. Insofern ist Doctor Strange ein durchaus wichtiger Baustein im großen Ganzen, der weitreichende Folgen haben kann, für sich gesehen aber kein Film, den man unbedingt gesehen haben muss, weil die Figur nicht interessant genug ist, es ihrer Geschichte an Alleinstellungsmerkmalen fehlt und sich Humor und Setting nicht immer gut vertragen.
Langweilig ist der Film deswegen noch lange nicht, auch und wegen der optischen Extravaganzen, die er sich in der Magiedarstellung erlaubt, aber eben auch nicht der große Wurf, wie es einst Iron Man, The Return of the First Avenger oder Guardians of the Galaxy gewesen sind. Das muss der Film natürlich auch nicht sein, doch letztlich verkauft sich Marvel hier mal wieder unterhalb der eigenen Möglichkeiten.

X-Men: Apocalypse

X-Men: Apocalypse ist die teuerste X-Men-Adaption überhaupt – und Bryan Singers vierte Regiearbeit mit dem Mutantenhaufen. Warum man dem Film sein Geld überhaupt nicht ansieht und weshalb es auch nicht so wirkt, als wäre ein leidenschaftlicher Fan am Werk, der seine Vision umsetzt, dazu nun mehr.

Everything they’ve built will fall!

Story

En Saba Nur ist der vielleicht älteste Mutant aller Zeiten. 3000 v. Christus wurde er als ägyptische Gottheit verehrt. Während eines verheerenden Rituals wurde er jedoch gestürzt und in ewigen Schlaf gezwungen.
Letztlich erzählt der Film Folgendes: In der Vergangenheit passiert etwas Schlimmes, doch das Übelste konnte vereitelt und zugleich konserviert werden, die Neuzeit ist überheblich und wiederholt die Fehler. Apocalypse, wie sich der Ur-Mutant nun nennt, rekrutiert die fähigsten Mutanten, um mit seinen unvergleichlich starken Kräften die Welt zu unterjochen, die Sterblichen zu beseitigen, die Mutanten an die Spitze zu bringen – wir kennen das.
Und die X-Men sind damit nicht einverstanden.

Kritik

Da wären wir also, X-Men die Sechste. Und so langsam, könnte man meinen, Marvel-Filme hätten etwas Zyklisches, denn sie funktionieren in Trilogien. Doch diese Trilogien sind in sich sehr unterschiedlich – mal ist der erste Film maßgebend (Iron Man), mal nur lauwarm (Captin America), mal ist der zweite Film eine Offenbarung (Captain America: The Winter Soldier), mal eine Katastrophe (Iron Man 2). Und manchmal ist ein dritter Teil wirklich, wirklich schlecht – in diese Sparte fällt nun nicht mehr bloß das legendär gescheiterte Ende der ersten X-Men-Trilogie X-Men: Der letzte Widerstand, sondern ab sofort auch der der zweiten. X-Men: Apocalypse ist nämlich mehr oder weniger schon wieder ein Haufen Plastik, den man in der Sonne aufgeschichtet hat, damit er vor sich hin kokelt.
Matthew Vaughns Neugeburt der Mutanten-Clique, also X-Men: Erste Entscheidung, überzeugte mit einem neuen Grad an Realitätsbezug, mit geerdeten, nicht knallbunten Figuren inmitten einer politisch zerrissenen Welt. Dieser neu eingeschlagene Weg war aus mehreren Gründen richtig: Er zeichnete nicht nur ein neues Bild der Welt mit Mutanten, sondern erlaubte es auf innovative Weise, die Beziehung zur ersten Trilogie aufrechtzuerhalten. Er unterschied sich in Sachen Stimmung, Aufmachung und Dramaturgie von den immer erfolgreicher werdenden Ausgeburten des Marcel Cinematic Universe in hohem Maße – und hatte das Potenzial, der Grundstein eines ganz eigenen Erzähluniversums von ähnlichem oder noch größerem Umfang zu sein. Und dann kam Bryan Singer wieder und wollte sein Zepter zurück. Und damit verschwand all der neue Anspruch und mit ihm auch all das Potenzial. Was blieb, zum Glück, sind die hervorragenden Schauspieler, die dem jungen Team ihre neuen Gesichter gaben und geben. Und das ist in X-Men: Apocalypse leider auch schon das Beste.
Denn die X-Men-Welt ist wieder knallbunt, voller Action, voller aufgesetzter Dramatik und eine Heimat für gesichtslose Oberschurken. Am auffälligsten sind anfangs noch die keinesfalls überzeugenden Effekte, die uninspirierten Designs – immerhin kämpft die Welt hier gegen ein Zwei-Meter-Krokodil in Robe – und die plumpe Einbindung eigentlich wichtiger Themen. X-Men: Apocalypse ist auf traurige Weise glücklich passiert, weil das Themen Fremde und die Angst vor ihr so aktuell wie eh und je, aber im Augenblick eben auch schrecklich konkret sind. Schließlich sind die Mutanten Ausgegrenzte, die misstrauisch beäugt und im Zweifelsfall lieber eingesperrt und für alles Mögliche beschuldigt werden. Nur weiß der Film keinen sinnvollen Beitrag dazu zu liefern und belässt es bei den Floskeln, die man von Singer bereits aus anderen X-Men-Filmen kennt.

Die zahlreichen CGI-Kamerafahrten und -Installationen sind kein Zugewinn, sondern stellen eine klare Störung dar, so künstlich und fremd wirkt all der Bombast.
Im Film dominieren oft sehr plumpe Dialoge, die nur selten einen Hauch von Einfallsreichtum durchblicken lassen, ja teilweise regelrecht unvernünftig genannt werden müssen.
Die „Reiter“ der „Apokalypse“ wirken als düsterbuntes Team wie ein kleiner Haufen von 80er-Filmpunks, deren permanent purpurnes Geglammer die Sache überhaupt nicht besser macht.

Angenehm und gelungen ist, dass hier eine überraschende Gruppe der Mutantenfamilie zu heimlichen Protagonisten ernannt wird. Auf diese Weise muss ein Konzept wie X-Men zwingend funktionieren: Immer eine andere Auswahl aus dem großen Figurenpool.
Und Quicksilver hat wieder eine erinnerungswürdige funky Szene. Dafür zuckt die Motivation von Magneto unnachvollziehbar zwischen Plus und Minus hin und her, weshalb es dem so wichtigen Charakter leider immer noch an maßgeblichem Profil fehlt.
Trotz all der Kritik, langweilt der Film bei seiner Laufzeit von zweieinhalb Stunden niemals. Dafür passiert zu viel, dafür gibt es zu viele Schauplätze Figuren, zu viel Bewegung. Aber die X-Men könnten eben viel mehr sein als nur bunte Unterhaltung, sie könnten sich ernstnehmen, ernstgenommen werden und komplexe Abenteuer erleben, die Purpureffekte und beschämende Dialoge nicht bräuchten.
Man sollte Filme nicht dafür bestrafen, dass sie etwas nicht sind, wenn sie auf ihre Weise funktionieren, aber doch: Menno, Marvel!
Denn die X-Men könnten anders sein. Jetzt befinden sie sich südlich der ganzen anderen Marvelmannschaft, sie vertrauen dem Publikum noch weniger, wollen noch mehr erklären, beweisen keinen Mut und meiden jedes erzählerisch unkonventionelle Terrain.
Kaum auszudenken, wie es wohl wäre, befände sich X-Men auf der anderen Seite der Skala. Vielleicht wird die X-Men-Serie Legion aber einen Lichtbild darstellen.

Fazit

Bryan Singer führte die X-Men mit X-Men: Apocalypse nun endgültig wieder auf den Pfad seiner eigenen perfekten Vorstellung von Superheldenkino: Bunt, laut, künstlich, geradlinig und trotzdem unglaubwürdig erzählt. Mit dem Finale auch dieser X-Men-Trilogie ist abermals ein Tiefpunkt der Reihe erreicht. Letztlich ist die vermeintliche Apokalypse ein seltsam unmotivierter Karneval, bei dem das Ende von Beginn an feststeht, die Kostüme kein müdes Lächeln abringen und viele Auftritte nur Erwartbares liefern.
Dass der Film unterm Strich trotzdem unterhaltsam ist, liegt an der hochkarätigen Schauspielerriege, dem völlig unter Wert verkauften Ägypten-Setting und der schieren Masse an irrelevantem Krawall.

The First Avenger: Civil War

Captain America schwingt zum dritten Mal seinen Schild auf einem Solo-Abenteuer. Nur dass dieses eigentlich gar keines ist, sondern sich The First Avenger: Civil War genaugenommen wie ein etwas kleineres Abenteuer der Avengers gebärdet.
Aber handelt es sich bei dem zweiten Marvel-Film (und dritten Film überhaupt) der Brüder Anthony Russo und Joe Russo wirklich um den besten Film des Marvel Cinematic Universe, wie vielerorts beschworen wird?

Sometimes I wanna punch you in your perfect teeth.

Story

Bei einem Avenger-Einsatz in Lagos gegen den Söldner Crossbone kommt es zu Kollateralschäden, wieder einmal. Angesichts der Todesopfer, die die Einsätze der Heldentruppe bisher gefordert haben, fordern die Vereinten Nationen mit der Unterzeichnung des Sokovia Accords, dass die Avengers nicht mehr länger als Privatorganisation operieren dürfen, sondern nur noch auf Geheiß der UN aktiviert werden dürfen.
Während Tony Stark mit dieser Meinung konform geht, sieht Steve Rogers die Unabhängigkeit der Avengers gefährdet und stimmt gegen die Anordnung. Die Einheit der Helden ist gespalten. Black Widow und War Machine stehen Iron Man bei und auch der geheimnisvolle Black Panther ergänzt ihre Reihen, weil der Winter Soldier den Vater des Prinzen des afrikanischen Staates Wakanda getötet hat. Der Winter Soldier selbst stärkt zusammen mit Falcon, Hawkey, Scarlet Witch und Ant-Man den Rücken von Captain America.
Unterdessen scheint ein Unbekannter im Hintergrund seinen ganz eigenen Plan auszuhecken.

Kritik

Bereits im unerwartet tollen The Return of the First Avenger konnte man nicht anders, als zu konstatieren, dass die Russo-Brüder ganz ohne Zweifel eine Art Magierteam sein müssen. Wie sonst kann man aus dem Nichts kommen und mal eben das ganze, um sich selbst kreisende Superhelden-Szenario in ein völlig neues Genre, den Agentenfilm, versetzen und dabei auch noch brillieren?
Auch in The First Avenger: Civil War beweisen die Regisseure, dass sie das Salz liefern können, das dem Marvel-Universum so langsam auzugehen drohte.
So leistet der Film sinnvolle Reflexionen und gelangt mit ihnen auch zu klugen und notwendigen Schlüssen, die unabdingbar sind, damit das Heldenuniversum auch weiterhin auf Dauer als Erwachsenenunterhaltung ernst genommen werden kann. So gut die Sache in der Regel auch sein mag, für die derartige Übermenschen eintreten, ihre Gegenreaktion auf das Handeln eines wie auch immer gearteten Antagonisten muss so nachdrücklich ausfallen wie dessen aggressive Initiativhandlung. Im Umkehrschluss muss auch das Kontern der Helden Opfer fordern. Die in den bisherigen Filmen eingestürzten Stadtteile, die fehlgeleiteten Raketen, Hulk-Fäuste und Mjölnirflüge töteten Unbeteiligte. In gewisser Weise verändert dieses Eingeständnis nicht nur die Helden und ihr Selbstbild, sondern auch die Filme und das Bild, das der Zuschauer von ihnen haben wird und sollte. Der Film ist außerdem auch mutig genug, den wunderlichen Fakt zur Sprache zu bringen, dass böse Übermächte nicht viel früher oder viel später, sondern quasi stets zeitgleich mit den Geburten der Protagonisten den Schauplatz der Erde betraten. Die Erklärungsnot, in der so gut wie jede Heroenreise gerät, zu benennen, zeugt von Selbstbewusstsein, auch wenn das Drehbuch sie natürlich nicht ausschalten kann. Das alles klappt deshalb so gut, weil die Schreiberfähigkeiten von Autor Christoph Markus mit jedem Film zu wachsen scheinen. The First Avenger: Civil War ist ein für sein Genre stark dialoglastiger Streifen, der in dieser Position aber zu keinem Zeitpunkt spröde oder unbeholfen wirkt. Man traut sich nicht nur, den Film Film politisch und gesprächig zu machen, man kann es auch.

Wo es dann hingegen schwächelt, das ist die eigene Prämisse. Dass Tony Stark zum kontrollbesessenen Egomanen mutiert, ist auf dem Papier wenig überraschend, genaugenommen eigentlich nicht einmal eine wirkliche Entwicklung. In der Praxis funktioniert dies aber nicht ganz so gut und selbstverständlich, denn seine Gründe sind fadenscheinig und noch viel fadenscheiniger erklärt. Dass er und sein Team sich nun gegen die andere Hälfte des Kämpferensembles stellen, führt dazu, dass die ganze Avengers-Truppe sich aufführt wie eine verzankte Horde dickköpfiger Kinder. Auch die zentrale Schlacht am Leipziger Flughafen wirkt, kleinlich ausgedrückt, wie eine aufgeplusterte Schulhofschlägerei. Eigentlich sind sie ja alle Freunde, eigentlich meinen sie es gar nicht so. Dass man sich dann und wann trotzdem Hangarteile an den Kopf schleudert oder eine Boing auf den besten Freund stürzen lässt, wirkt in der Rückichts- und Gedankenlosigkeit so unbegründet und albern, dass es der gesamten Marvelmannschaft prospektiv Zurechnungsfähigkeit, Charakterstärke und Konsistenz abspricht. Und das ist insbesondere deshalb eine bedauernswerte Fehlentwicklung, weil die Figuren ja gerade aufgrund ihrer charakterlichen Stärke so attraktiv sind.
Verstärkt tritt dies dann im Finale hervor, wo Iron Man und Captain America wie die Tiere aufeinander losgehen, obwohl sie nicht nur eigentlich keinerlei zulässige Gründe dafür haben, sondern vor allem auch genau wissen, dass dies von ihrem eigentlichen Feind geplant wurde und sie damit zu seinen Erfüllungsgehilfen werden. Spätestens hier muss man dem Drehbuch, das im Kleinen so ambitioniert daherkommt, eine schmerzhafte Nachlässigkeit attestieren, die mit etwas mehr Feinarbeit zumindest entschieden verringert hätte werden können.
Das Falcon immer noch aussieht wie jemand, der sich zu Fasching als Blade verkleidet fällt angesichts dessen ebenso wenig ins Gewicht wie Kuriositäten wie tickende Handgranaten.

Eine andere große Wende, die mit dem Film vorgenommen wird, ist die Eingliederung von Ant-Man und Spiderman in das stetig anwachsende Team. Mit diesen beiden wird die Welt mit einem Schlag deutlich klamaukiger, was aller Wahrscheinlichkeit viel am zukünftigen Grundton der Filmereihe ändern wird. Ob das gut oder schlecht ist, wird die Zukunft zeigen. (Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erdenhelden mit dem chaotischen Trupp der Guardians of the Galaxy harmoniert, steigt dadurch natürlich deutlich)
Die Action ist im Prinzip gelungen, da sich stets und erfolgreich um Kreativität und abwechselnde Schauwerte bemüht wird. Nur leider ist so gut wie jede Auseinandersetzung ein wenig zu hastig geschnitten und ein wenig zu nah am Geschehen gefilmt. Die Übersicht geht hierbei nicht verloren, doch vermisst man inszenatorische Ruhe, um das, was da geschiecht, und was im Grunde genommen toll ist, auch wirklich wahrnehmen zu können.

Story

The First Avenger: Civil War ist ein guter Film, der große Dinge in Bewegung setzt und die immer größer werdende Herausforderung meistert, (fast) alle Charaktere des Avenger-Universums zu vereinen, ohne dass der Film zerfällt, aus allen Nähten platzt oder Figuren untergehen. Auch dank der gut geschriebenen und inszenierten Dialoge funktioniert dies.
Dafür krankt das Universum erstmals deutlich an seinen Figuren, die von der Geschichte gezwungen werden, ungewohnt ignorant, kurzsichtig und nur allzu oft auch sehr dumm zu handeln. Das Drehbuch schafft es nicht, die notwendigen Schritte zu machen, solche Handlungsextreme hinreichend zu plausibilisieren, weshalb nach den zweieinhalb Stunden guter Unterhaltung trotzdem ein Nachgeschmack des Bedauerns bleibt.

Deadpool

16 Jahre lang dauerte das Drama um Deadpool und seinen von vielen ebenso geforderten wie gefürchteten Leinwandauftritt. Der Stoff ging durch die Hände vieler Regisseure, bis es ausgerechnet in denen des Regieneulings Tim Millers landete – und dort mit großer Leichtfüßigkeit unter Beweis stellt, dass die Zeit in der Vorproduktionshölle ihm gut getan hat.

All dinosaurs feared the T-Rex!

Story

Es hat lange gedauert, bis das Ex-Special-Forces-Mitglied Wade Wilson seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Nun verbringt er die eine Hälfte des Tages in der Kneipe seines Kumpels Weasel und die andere Hälfte als Teilzeit-Söldner für den kleinen Mann zwielichtiger Herkunft. Noch länger dauerte es, bis Wade eine Frau fand, deren loses Mundwerk dem seinen in nichts nachsteht. Mit Vanessa an seiner Seite scheint sich sein Leben mit so etwas wie Sinn zu füllen – bis er von seiner Krebserkrankung erfährt und die Illusion der Idylle sich aufzulösen droht.
Aus Verzweiflung und Alternativlosigkeit beantwortet er das Gesuch einer Organisation, die damit lockt, seinen Krebs mit einer künstlich hervorgerufenen Mutation vielleicht heilen zu können. Zu spät kommt die Erkenntnis, dass Wade dem perfiden Plan des Laborleiters Francis ausgeliefert ist, dessen sadistische Experimente schlussendlich zum Erfolg führen. Wade hat den Krebs besiegt, ist aber so entstellt, dass er Vanessa nicht unter die Augen treten kann.
Er entkommt Francis, näht sich ein Kostüm mit Zipfel, nennt sich Deadpool und sinnt auf Rache. Dass sämtliche Verletzungen sofort zu heilen beginnen und er somit eine Quasi-Unsterblichkeit erlangt, kommt ihm durchaus gelegen.

Kritik

Deadpool hat es nicht ganz leicht. Davon, dass das Kino in Bezug auf Superheldengeschichten völlig übersättigt ist, profitiert der Film insofern, dass er das Resultat dieses Zustandes darstellt. Doch mit Guardians of the Galaxy brachte Marvel vor nicht allzu langer Zeit bereits einen augenzwinkernden Gegenentwurf zum Standardcapeträger auf die Leinwand, dessen lustvolles Spiel mit Klischees und Erwartungen natürlich in derselben Liga stattfindet wie das Rüpelabenteuer Deadpool.
Und die stolprige WolverineGreen-Lantern-Vorgeschichte wird hierbei ebenso nicht mit einbezogen wie das lästige Rechtedebakel, mit dem sich Marvel dereinst quasi selbst aus dem cineastischen X-Men-Universum ausgeschlossen hat und seitdem unschlüssig vor der Tür steht. So richtig gut sind die Voraussetzungen also nicht.
Doch siehe da. Tim Miller (Thor – The Dark Kingdom) schafft es in seiner ersten Regiearbeit erfolgreich einen locker-leichtfüßigen Ton anzuschlagen, der sich durch den gesamten Film zieht – und bereits das ist die halbe Miete. Denn, und das ist die Grundlage für alles, Deadpool macht Spaß. Dabei wird humoristisch nicht immer das richtige Maß gehalten und manchmal ist es nicht geckenhaft-albern, sondern kurz auch mal auf dem Penis-Vagina-Rektum-Witz-Niveau. Unterm Strich handelt es sich aber um einen durchweg ausgelassenen Spaß, der mit seiner angenehmen Dreistigkeit erfreut, in gesunden Abständen zu überraschen weiß und genau weiß, in welche Richtungen er wann auszuteilen hat. Zwar funktionieren gut die Hälfte der Gags nur über Referenzen auf andere Helden und Filme oder durch popkulturelle Anspielungen, wodurch eine seltsame Komplizenschaft mit dem Zuschauer simuliert werden soll, indem er einen vermeintlichen Insider nach dem anderen serviert bekommt, doch das ändert nichts daran, dass es eben funktioniert, weil die Mischung der Pointen trotz allem sehr ausgewogen und durchaus clever ausgefallen ist.
Zudem fährt der Film gleich mit zwei bemerkenswerten Schritten über lange Zeit sehr gut: Ryan Reynolds Mut zur Hässlichkeit – auch lange vor der Verwandlung zum Matschgesicht – tut dem Film ebenso gut wie die aufrichtige Selbstironie des gesamten Projekts. Glücklicherweise verkommt auch die Origin-Story, die im Grunde identisch mit all den anderen langweiligen Heldwerdungsgeschichten des Marveluniversum ist, durch einen kleinen und klug gesetzten Erzählkniff nicht zur drögen Pflichübung. Und dann ist da noch die Liebesgeschichte, die tatsächlich funktioniert. Morena Baccarin (Firefly) mimt Vanessa Carlysle als glaubwürdige Frau, die keineswegs nur selbstzweckhafte Dekoqualitäten, sondern einen plastischen Charakter besitzt. So wird die Figur Deadpool zu mehr als nur einem roten Clown ohne richtige Motivation, sondern erhält genau das Stückchen Tragik, das benötigt wird, um sich auch um die Geschichte zu sorgen, die um all die Blödeleien stattfindet.
Leider geht Deadpool aber gerade in solchen Momenten kurz in die Knie. Ein innerlich wie äußerlich zerrissener Wade, der zu Streichern durch den Regen streift, ist ganz plötzlich überhaupt nicht mehr selbstironisch, sondern genau das Klischee, dem der Film so gerne die Stirn bieten und den Spiegel vorhalten möchte.
Und dann ist da auch noch Francis, der obligatorische Antagonist. Zwar ist es angenehm, dass der Film eine ganz persönliche Geschichte erzählt, die, gemessen an den sonstigen Abenteuern des Antihelden fast schon Anekdotencharakter hat, und nicht wieder mal den ganzen Planeten in Gefahr bringt. Doch Francis ist eben auch ein absolut uninteressanter Charakter, der – gerade im Kontrast zu den sonstigen Figuren – sehr, sehr lust- und einfallslos konzipiert ist, weder eine klare Motivation noch sonst irgendeine interessante Facette bietet und vom Film auch keinerlei Raum für eine Entfaltung zugesprochen bekommt. Hier teilt Deadpool plötzlich doch eine der größten und unnötigsten Macken des Superhelden-Genres in einem solch unreflektiert wirkendem Maße, dass man fast meinen könnte, auch das wäre eigentlich nur ein großer Spaß. Aber da traut man dem Film dann vielleicht doch zu viel zu.

Fazit

Wir alle wissen, wie groß die Zahl der scheiternden Komödien sind. Da ist es so überraschend wie ehrenwert, dass Deadpool es schafft, ganz unverkrampft sein Genre aufs Korn zu nehmen und primär einfach Spaß macht, was sich bei einer derart selbstreflexive Zitatemaschine der Postmoderne nun wirklich nicht von alleine versteht.
Die Momente, in denen der Film dann aber die Fehler seiner Genrekollegen wehrlos nachahmt, führen dazu, dass Guardians of the Galaxy auch weiterhin der Klassenprimus im Hause Marvel bleiben werden, was das komödiantische Spiel mit den Heldengepflogenheiten angeht.

Dabei sollte der Film nach Möglichkeit aber im O-Ton genossen werden. Denn der Ton des Humors litt in der Synchronisation merklich, was die Gratwanderung zwischen frech und dumm oft scheitern lässt, ohne dass der Film selbst was dafür kann.

Ant-Man

Mit Ant-Man läuft die zweite Phase des Marvel Cinematic Universe in die letzte Runde. Mit einem stecknadelkopfgroßen Helden, viel Humor und reichlich Querverweisen auf die große Marvelgesellschaft versucht der Film, sich einen Ausnahmeplatz unter den großen Helden zu reservieren.

It’s a trial by fire, Scott… or in this case, water.

Story

Die Gesellschaft hat nur wenig Vergebung übrig für den gerade aus der Haft entlassenen und eigentlich hochgradig reumütigen Meisterdieb Scott Lang. Selbst der Job als Eisverkäufer wird ihm genommen, als sein Arbeitgeber von seiner Vergangenheit Wind bekommt. Darüber hinaus verweigert seine Ex-Frau ihm jede Begegnung mit der gemeinsamen Tochter Cassie, so lange Scott sein Leben nicht in eine geregelte Bahn gebracht hat.
Darum sieht er sich gezwungen, gemeinsam mit seinen halbkompetenten Freunden einen letzten Coup zu planen: Der ältere und wohlhabende Herr Hank Pym soll seine Anwesen und den darin befindlichen Tresor für eine Weile unbeaufsichtigt lassen. Als sich Scott daran zu schaffen macht, stellt sich schrittweise heraus, dass die Sachen anders liegen, als gedacht. Nicht nur ist Pym ehemaliger Mitarbeiter von S.H.I.E.L.D. und in Besitz eines Anzuges, der den Träger auf Ameisengröße schrumpfen lässt, er scheint den Einbruch Scotts außerdem von langer Hand selbst eingeleitet zu haben, um ihn für seinen eigenen Plan zu gewinnen. Denn sein ehemaliger Schützling Darren Cross plant Übles mit der einstmals von Pym entwickelten Technologie.

Kritik

In seiner Trailer-Inkubationszeit hat Ant-Man im Vergleich zu seinen Marvelgeschwistern nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Zwei gute Gags und eine Menge routinierter Standard wurden in der Vorschau von einem ziemlich blass wirkenden Paul Rudd begleitet, während sich das Gefühl festbiss, dass mit Michael Douglas ein wertvoller Cameo vorweggenommen wurde. Dass Edgar Wright (Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt, Shaun of the Dead) Mitte 2014 seinen Regiestuhl zusammenklappte und sich vom Projekt aufgrund kreativer Differenzen trennte, woraufhin sein Drehbuch, stark abgeändert, ausgerechnet Peyton Reed überlassen wurde, dessen bisheriger Werdegang ihn nicht unbedingt für einen Marvel-Film prädestinierte, sorgte zusätzlich für einen rostigen Beigeschmack.
Als der Film schließlich auf die Leinwände entlassen wurde, raschelte es im journalistischen Blätterwald – der unterhaltsamste, vielleicht auch beste Film direkt hinter Guardians of the Galaxy, bekommt man allerorts zu lesen. Und selbst James Gunn, Regisseur genannter Referenz, klinkt sich in diesen Kanon ein. Und dann erst das 3D.
Doch halt.

Ant-Man ist zweifelsohne besser als seine Trailer. Die Zahl guter Witze ist höher als zwei. An Paul Rudds Performance gibt es nichts zu beanstanden. Und Michael Douglas hat mit seinem naseweisen Mentor Hank Pym eine überraschend große Rolle, an der er auch sichtlich Freude zu haben scheint.
Trotzdem teilt ich das Projekt ein Leiden mit Filmen wie Thor und Captain America: The First Avenger. Er wirkt wie eine Pflichtübung, die Notwendigkeit, einen separaten Film um eine Figur herum zu drehen, die anschließend ins Avengers-Ensemble eingereiht werden muss, obwohl eine wirklich relevante Geschichte für einen solchen Film nicht existiert. Im Vergleich zu den genannten Einführungsfilmen liegen aber mildernde Umstände vor. Denn auf eine gar nicht ungeschickte Weise umgeht der Film die Entstehungsgeschichte des Helden, die schon zu oft mit ihrem klassischen Muster große Teile der Filme vereinnahmte, und erzählt stattdessen aus dem Alltag eines in klassischer Weise edlen Diebes, der sich für seine Rolle als Held gar nicht mehr groß entwickeln muss. Ebenfalls umschifft wird ein weiteres Problem aller Marvelfilme – das Fehlen eines ausreichend charakterstarken Antagonisten. Ant-Man tut lange Zeit gar nicht erst so, als existiere eine Bedrohung, personifiziert durch einen übermenschlich starken Erzschurken. Jedenfalls bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, der stellvertretend für die tiefsitzenden Probleme des Filmes steht. Plötzlich schlüpft Cross (für den Corey Stoll einfach dieselbe Rolle wie in House of Cards noch einmal spielt) in seinen eigenen Anzug und lässt in gewohnter Manier einiges explodieren, um sich dann in einen langweiligen Zweikampf mit unserem noblen Helden zu liefern, bei dem viel zu Bruch geht und nichts passiert.
Ant-Man zeigt Ansätze, es Guardians of the Galaxy gleich und es somit anders zu tun, traut sich aber nicht, diese auch konsequent bis zum Ende zu verfolgen. Es ist bloße Spekulation, aber vermutlich lässt sich genau hier die Naht spüren, wo Edgar Wrights Version des Filmes an Peyton Reeds gefügt wurde. Der im Alltag scheiternde, tragische Langfinger hätte das Potenzial, ein besonderer Held im Marveluniversum zu werden, der in vielerlei Hinsicht menschlicher ist als die Halbgötter und Supersoldaten aus seinem zukünftigen Team, verliert in seiner Rüstung aber all die Attribute. Der manchmal gar etwas lakonische Humor ist bemüht, mehr und größer zu sein als die Ironie in den anderen Marvelfilmen, welche immer bemüht sind, trotz flinker Worte nie den Ernst aus dem Fokus zu verlieren, reicht dann aber doch nicht aus, um eine wirklich andere Heldengeschichte entstehen zu lassen. Zwar kann der Film einige Lacher für sich verbuchen, ist aber ebenso reich an zu kalkuliertem und durchschnittlichem Witz, der sich aus dem Akzent von Figuren und und Ungeschicklichkeiten speist, während die treffsicheren Witze in Dialogform von überschaubarer Anzahl sind. Auch das 3D- und Actionargument, nämlich dass sich Ant-Man durch seine Schrumpf-Fähigkeit seiner Probleme in einer komplett anderen Dimension annehmen kann als seine Kollegen, führt letztlich zu keinem nennenswerten Ergebnis. Eine Badewanne bei der ersten Minimierung Scotts, die plötzlich zur dreckigen Ebene wird, ist bereits der Höhepunkt dieses vermeintlichen Paradigmenwechsels. Ansonsten fehlt es Regie und Drehbuch entschieden an schlagfertigen Ideen, den ameisengroßen Gauner in Szene zu setzen.
All das lässt sich ziemlich präzise so zusammenfassen, dass es Ant-Man einfach an Mumm fehlt. Er wäre gern der lockere, draufgängerische Exot in den Reihen der Avengers, traut sich nach einem so vielversprechenden wie kurzen Anlauf aber nicht, den entscheidenden Sprung zu machen, und wendet sich dann doch den üblichen Strukturen zu.
Dass die eigentliche Geschichte selbst etwas stockend erzählt wird und nur aus mehreren, teils etwas bemüht aneinandergefügten Stationen besteht, fällt angesichts dessen kaum auf.

Fazit

Der Abschluss von Phase 2 des Marvel Cinematic Universe ist unterhaltsam und hat einen sympathischen Helden – und Michael Douglas! Der mutige Schelm, der Ant-Man gerne wäre, ist er aber nicht. Dafür fehlt es dem Film an Mut und Frechheit, weshalb er sich letztlich auf gutem Niveau als gleichwertig neben den anderen Soloabenteuern der Marvelhelden einreiht. Was für ein Glanzlicht Ant-Man hätte werden können, hätte das Studio Edgar Wright nicht vergrault, ist schwer zu sagen.
Interessant wird es aber dennoch, wie sich der kleine Held Schulter an Schulter neben die mittlerweile ja schon äußerst durchmischten Haudegen der Avengers stellen wird.

Avengers: Age of Ultron

Da ist er nun. Begleitet von einem Kinoboykott startet Avengers: Age of Ultron immer noch weiter über dem sich träge reckenden DC-Konkurrenten und stellt damit zwischen Guardians of Galaxy und den im Juli schrumpfenden Ant-Man den (irdischen) Höhepunkt von Marvels Phase 2 dar.
Dass sich die zweite Teamarbeit der heterogenen Heldenkumpel mit dem großartigen Vorgänger schmücken kann, ist für das Ergebnis erwartungsgemäß Fluch und Segen gleichermaßen.

No matter who wins or loses, trouble always comes around.

Story

Als Lokis Zepter aus den Händen Hydras entwendet werden konnte, sieht Tony Stark endlich die Gelegenheit gekommen, seine ganz persönliche Vision einer ‚sicheren Erde‘ in die Praxis umzusetzen. Mit einem mysteriösen Stein, der sich im eroberten Artefakt befindet, kann er Ultron erschaffen, eine künstliche Intelligenz, die dazu dienen soll, Krieg – vornehmlich durch außerirdische Invasoren – von der Menschenheimat fernzuhalten. Da das Zeitfenster, das zur Forschung offensteht, sehr knapp bemessen ist, überredet er Bruce Banner zur Komplizenschaft und lässt den Rest des Teams über sein Vorhaben im Dunkeln; Zeit für Diskussionen über Ethik sei nicht gegeben, findet der Playboy.
Als Ultron dann aber seine ersten Gehversuche wagt, manifestiert sich der Verdacht, dass der ein oder andere Disput der Sache vielleicht doch gut getan hätte. Die forsche KI schlussfolgert etwas übereifrig, dass eine befriedete Erde nur dann möglich ist, wenn die kriegslüsterne Spezies Mensch von ihr verschwunden ist.
Als Handlanger des amoklaufenden Programms fungieren ausgerechnet die von Hydra ausgebildeten Geschwister Pietro aka Quicksilver, flinker als das Auge (als Figur bekannt aus X-Men: Zukunft ist Vergangenheit), und  Wanda Maximoff aka Scarlet Witch, eine Adeptin der Chaos-Magie.

Kritik

Wir schreiben das Jahr 2012, Marvel’s The Avengers kommt in die Kinos und die Welt ist skeptisch. Der Konzern kann sich doch nur übernommen haben, denn dass man die rebellischen Charakterköpfe Thor, Hulk, Iron Man und Captain America mit all ihren Side-Kicks und noch zu etablierenden Zusatzfiguren in einer einzigen Geschichte vernünftig unter einen Hut bekommt, wo doch schon die Soloauftritte relativ knapp bemessen schienen für derartige Schwergewichte der Comickultur, schien einfach zu schön, um wahr zu sein – und damit schlicht nicht praktikabel. Dann kam Joss Whedon und hat sein feines Drehbuch mit seiner pointierten Regie zu etwas gemacht, was ohne Übertreibung die gigantischste Blockbuster-Überraschung des vergangenen Jahrzehnts war.
Drei Jahre später läuft der zweite Teil in den Kinos an, wieder ist Joss Whedon Kapitän und Steuermann in Personalunion und als jemand, in dem immer noch das drei Jahre zurückliegende Kinoereignis nachwirkt, wünscht sich der Zuschauer einfach nur mehr vom Gleichen.
Doch das „Gleiche“, nach welchem man sich sehnt, ist nicht eine inhaltliche Erweiterung oder gar Erweiterung – tatsächlich sehnt man sich nach einer Wiederholung des psychologischen Effekts, den die Rächer mit ihrem ersten Ensemble-Abenteuer bewirkten. Die unerwartete Neuheit, die freche Leichtigkeit, mit der Undenkbares geschaffen wird und vier Figuren, die für sich nicht immer isoliert funktionierten, plötzlich eine Allianz schmieden, die besser, unterhaltsamer und bisweilen sogar cleverer ist, als es die einzelnen Recken in ihren Solofilmen je waren. Das ist natürlich etwas, dass der Film nicht zu leisten vermag, denn das – überaus gelungene – Experiment, das Marvel mit seinem Cinematic Universe wagte, hatte seinen phänomenalen Moment naturgemäß am Tag seines Aufkommens.
Nun kann erst einmal nur mehr vom Gleichen auf Inhaltsebene geliefert werden, was ja keineswegs Schlechtes bedeutet. Doch leider wirkt die liebgewonnene Heldentruppe in Avengers: Age of Ultron ein wenig steif in der Hüfte, als wüssten sie genau, dass ihr erstes Abenteuer einen Maßstab generierte, dem gerecht zu werden ist. Der Humor, der im ersten Film in seltener Lockerheit und wie natürlich funktionierte, wirkt nun fahrig und bemüht. Der mehr als maue Running Gag, dass Captain America keine Schimpfworte mag, aber selbst mal ein loses Mundwerk hat, ist symptomatisch dafür. Auch die Schauspieler wirken müder – oder einfach nur weniger inspiriert, weil auch der Film als Ganzes weniger inspiriert wirkt und gerade am Anfang etwas orientierungslos wirkend Szenen aneinanderreiht, ohne dass diese mit natürlich-dramaturgischer Konsequenz auseinanderhervorgehen würden. Gerade die Kampfsequenzen wirken somit einige Male wie arg selbstzweckhaftes Geschepper und darüber hinaus nur mit zweitklassigen Ideen umgesetzt. Auch so etwas gab es in Teil 1 noch nicht. Dessen ungeachtet lässt sich eine gewisse betörende Dynamik aber keiner Szene absprechen und auch der grundsätzliche Charme dieser selbstironischen Heldenarmee ist immer spürbar, das lodernde Feuer jedoch, das den Motor von Teil 1 fast 2 ½ Stunden auf Hochtouren laufen ließ, ist längst nicht mehr so majestätisch.
Genau deshalb ist es an der Zeit, Avengers: Age of Ultron aus dem Schatten seines Vorgängers herauszuziehen. Denn für sich genommen ist die Comicverfilmung natürlich immer noch mustergütiges Unterhaltungskino, das keine merklichen Längen aufweist, bildhübsch daher geritten kommt, stets bei Laune hält und vor allem die gute alte Truppe wieder zusammenführt. Gerade an diesem, dem wohl wichtigsten Punkt, wiederholt sich einer der zentralsten Errungenschaften des ersten Teils. In der Zwischenzeit ist die Mannschaft weitergewachsen und stellt mittlerweile eine Anzahl an Figuren in die erste Reihe, die andere, menschenähnlichere Regisseure als Joss Whedon nie harmonisch in einen Film bekommen hätten. Ganz unbeirrt davon gewährt das Drehbuch sämtlichen Charakteren genügend Raum, ohne dies je unnatürlich wirken zu lassen (nun gut, über Hawkeyes zusätzliche Figurendimension kann man sicher verschiedener Meinung sein).  Jeder hat seine Funktion und Aufgabe, jeder stellt ein bestimmtes Teil dar, ohne das das Gesamtteam spürbar ärmer wäre. Und das ist für sich genommen ein kleines Wunder. Dass Bruce Banners innere Zerrissenheit eingehender zum Thema wird, ist ein dankenswerter Bonus, weil der Hulk als einzige Figur keinen Film im Kanon für sich beanspruchen kann. Weitere solcher Momente, die über die kurze Andeutung von Romanzen hinausgehen, wären wünschenswert und wohl auch eine bessere Wahl als so manche Actionminute gewesen.

Der wirkliche Dämpfer, den der Film neben seinem leider etwas bemühten Witz hat, ist daher nicht die banale Nichteinlösung der bizarren Forderung, noch einmal eine so plötzliche Revolution wie sein Vorgänger darzubieten. Das, was dem Film viel von seinen Möglichkeiten abzwackt, ist viel mehr die Geschichte, die er erzählt.
Dass sich der Rächerhaufen aus reinem Hochmut heraus die eigene Nemesis vor die Haustür setzt, ist fraglos eine attraktive Ausgangssituation, doch schon in der Comicvorlage bot die Geschichte um Handlung nur wenig Bemerkenswertes. Die Künstliche Intelligenz ist nicht etwa überlegen, weil sie dank ihrer bestechenden Logik entwaffnende Argumente anführt – tatsächlich verhält sich das Programm wie ein Dreijähriger –, sondern schlicht aus dem Grund, dass sie stark und, Internet sei Dank, allgegenwärtig ist. Weder der Antagonist noch der Weg, ihm das Handwerk zu legen, kann irgendwie überraschen. So unterbeleuchtet Loki seinerzeit war, hatte er doch einen großen Batzen Charisma und darüber hinaus ein fantastisches Reich in seinem Rücken. Ultron hat nichts davon und ist nur eine kurzsichtige Maschine mit im O-Ton eindrucksvoller Stimme.
Und nach den bisher bestandenen Prüfungen gönnt man den Helden eigentlich eine etwas angemessenere Herausforderung.
Zudem wirkt das Ende sonderbar gehetzt. Nach der Finalschlacht, die selbst etwas fragwürdiger Natur ist, werden alle offenen Enden innerhalb weniger Minuten provisorisch miteinander verknotet und dann zusammen in Richtung „Fortsetzung folgt“ geworfen. Gerade bei einem Film, der so viel Wert auf seine Figuren legt, ist das eine recht glanzlose Maßnahme. So zeigt sich dann zum Schluss in aller Deutlichkeit, dass die so oft verlachte Forderung, etwas vom Actiongewitter einzusparen und dafür mehr Raum für das Drama im Kleinen zu lassen, hier nicht ganz fehl am Platze ist.

Fazit

Avengers: Age of Ultron ist ein guter Film, der zu den fraglos besseren Marvel-Werken gehört, aber spürbar hinter The Avengers und vielleicht soger etwas hinter The Return of the First Avenger zurückbleibt.
Zwar sind Kämpfe dynamisch, das WG-Gefühl der Helden bleibt erhalten und beim Abspann drängt sich die Frage auf, ob der Film nicht viel kürzer war, als es die Laufzeitangabe prophezeite, aber man vermisst auch die unbekümmerte Ausgelassenheit des Vorgängers, seinen szenischen Einfallsreichtum und eine Einlösung des Versprechens, dass es in Sachen Größe und Wichtigkeit nun erst so richtig losgeht. Stattdessen macht Avengers: Age of Ultron einen zaghaften Schritt zurück und präsentiert eine Geschichte, die eher das Format eines Einzelabenteuers trägt, der geschichtsträchtigen Wiedervereinigung der Avengers aber nicht ganz gerecht werden kann. So scheitert der Film zwar am Unmöglichen, bietet aber immer noch Sommerkino der oberen Liga.

Außerdem: Die Sterne stehen gut, denn 2018 und 2019 steht mit dem Doppelabenteuer Avengers – Infinity Wars ein Projekt ins Haus, das viele Versprechen endlich einlösen kann.

Die Avengers – Die mächtigsten Helden der Welt – Staffel 1

Das Marvel Cinematic Universe züchtete mit seinem unvergleichlichen Erfolg auch wieder eine ganz neue Generation von Zeichentrickserien heran, die altgediente Helden auf neue Mission schicken. Die von Disney XD produzierte Avengers-Serie, welche 2010 startete und bis heute läuft, gehört zu den besten.

Prepare your monstrous head for my wrath!

Story

Da sich Nick Furys Organisation S.H.I.E.L.D. immer häufiger als falsche Wahl herausstellt, wenn die Erde mal wieder schnell und in kompakter Gruppe gerettet werden muss, schließen sich Iron Man, Hulk, Thor, Henry Pym und Wasp zu der Avengers-Formatoin zusammen, die als unabhängige Stoßtruppe gegen die mächtigsten Feinde antritt. Trotz persönlicher Tragödien im Hintergrund und ebenso persönlicher Rebereien innerhalb des Teams, gesellen sich mit der Zeit auch Captain America, Black Panther und schließlich Hawk Eye hinzu.
Während die aus den vier Gefängnissen ausgebrochenen Superschurken wieder eingefangen werden müssen, scheint sich die Schlinge die Erde stetig fester zu ziehen. So effizient die Einsätze der Avengers auch sein mögen, die Antagonisten, die im Hintergrund ihr Fäden ziehen, sind so zahlreich wie uneinschätzbar.

Kritik

Alle Figuren erhalten ihre standesgemäße Einführungsepisode, die zugleich auch geschickt die Weichen für den Staffelplot legt, wichtige Konflikte etabliert und nach und nach mehr Fenster zur Hauptstory öffnet, ohne dabei je gezwungen zu wirken. Schön ist, dass die einzelnen Geschichten dabei manchmal auch einen eigenen, in sich schlüssigen Zeichenstil besitzen. Bereits früh offenbaren sich all die Gründe The Avengers: Earth’s mightiest Heroes, zu schauen. In jeder Folge steckt Wissen und Herzblut, die Storys sind nett arrangiert, wirken immer relevant und niemals dumm. Die Action ist einfallsreich und logisch aufgebaut, es droht nie die Übersicht verlorenzugehen und ebenso wenig verkommen die Scharmützel zur blinden Materialschlacht. Die charismatischen Recken haben stets einen (meist) flotten Spruch auf den Lippen, der überraschend häufig die Erhoffte Wirkung hat, sind ihrer Superkräfte zum Trotz fehl- und auch mal verletzbar, und können alle ihre eigene Nützlichkeit für sich verbuchen. Einen kleinen Bonuspunkt erhält die Serie, weil sie gerade in Zeiten allgegenwärtiger Mythosmodernisierung den Mut beweist, Kostüme mit klassischen 60er-Flair mit einzubringen.
Warum aber ausgerechnet Playboy Tony Stark nun als Anführer fungiert, ist allein durch die Serie nur am Rande verständlich. Er ist der einzige extrovertierte, risikobereite und zugleich steinreiche Dandy der Truppe, der felsenfest mit der Gegenwart verwurzelt ist – aber auch einer der defizitärste Vertreter, körperlich wie moralisch. Natürlich ist es gerade all das, was ihn für diese Rolle prädestiniert, aus der bloßen Geschichte heraus wird diese unangefochtene Leitungsbefugnis aber nicht plausibel.

Es ist immer was los, ständig gibt es mehr als nur einen Brandherd zu bekämpfen und trotz des nie versiegenden Flusses an Superschurkenmassen, wirkt der Hauptteil der zahlreichen Gegenspieler, die mit Vorliebe selbst in Gruppen auftreten, immer stimmig in das Geschehen eingebunden. Fast alle der kleinen und größeren Geschichten machen für sich und auch im Zusammenhang Sinn, denn die Geschehnisse scheinen sich fast immer mit ein wenig angestrengter Logik herleiten lassen, wodurch The Avengers’s: Earths mightiest Heroes nie zu einer bloßen und endlosen Schießbuden-Fahrt verkommt, bei der sich jedes Mal nur umgefärbte Pappfiguren umkippen lassen. Die TV-Adaptiopn hat Respekt vor den Bildern, die Stan Lee und Jack Kirby einst gestalteten, und lässt ihren Visionen ihr Grundgefühl erhalten bleiben. Das Kernstück der Serie ist somit auch die vorbildliche Balance zwischen Charakterentwicklung, Gruppendynamik und Actionanteil, die fast immer mustergütig umgesetzt wird. Auch sollte man sich von der Zeichentrickpräsentation nicht täuschen lassen, die Serie ist nämlich keineswegs nur für Kinderhaugen. Häufig sind die Storys recht komplex miteinander verwoben und man scheut sich auch nicht, sprachlich mal etwas anspruchsvoller zu werden. Aus irgendeinem Grund hat allerdings jede Episode ihre kleine Kalauer-Sekunde, in der es für den Augenblick einer Szene kurz dümmlich-albern wird. Daran hat man sich zwar schnell gewöhnt, befremdlich bleibt diese Gepflogenheit aber bis zum Schluss. Trotzdem: Natürlich ist dies in erster Linie eine Serie für Heranwachsende, so viel Spaß sie auch den Mündigen bereitet. Und so wird sie bewertet.

Dass es trotzdem auch schwächere Episoden gibt, steht bei der satten Anzahl von 26 Folgen trotzdem außer Frage. Doch selbst das formelhafte ‚459′ oder die Ideenarmut bei ‚Widow’s Sting‘ ist immer noch recht unterhaltsam, zudem die fehlende Substanz bei 20 Minuten Nettospielzeit weniger schadet als bei 50 und selbst hier wenigstens ein paar frische Oneliner für ausreichende Unterhaltung sorgen. Zudem ist diese Art von Episode klar in der Unterzahl, während die ansprechend geschriebenen Geschichten, die stets mit ein paar cleveren Einfällen garniert sind, eindeutig die Regel darstellen. Wenn dann Folgen wie ‚The Man who Stole Tomorrow‘ direkt an solche relativen Durchhänger anschließen, um Überlegungen aufzuwerfen, die vollends klarmachen, dass diese Zeichentrickserie nicht ausschließlich für Teenager produziert wurde, ist man rasch wieder mitten im begeisternden Sog von The Avengers: The Mightiest Heroes.
Die Dichte der qualitativ nachlässigeren Folgen nimmt gegen Ende dann leider merklich zu. Geduld und Toleranz des Zuschauers drohen in den finalen Abenteuern erstmalig ein wenig einzubrechen, da sich schließlich doch so etwas wie Ermüdung einstellt und das Konzept durch eine strukturelle Wiederholung angegriffen wird. Vorrangig mag das daran liegen, dass man sich etwas zu bemüht um einen finalen Konflikt bemühte, der möglichst groß und einmalig daherkommen soll, was beides aber nicht so recht aufgehen mag. Stattdessen wird ausgerechnet am Ende doch noch etwas zu konstruiert und überworfen. Der wirklich schlimmste Aspekt der Serie ist allerdings der Vorspann, der bereits beim ersten Mal enorm nervig auffällt und mit seinem geschmetterten Pathos-Lied so ekelhaft wirkt, wie kaum ein Intro der letzten Jahre. Zum Glück ist so etwas überspringbar.
Ein weiterer Schwachpunkt der Serie ist dort zu finden, wo er auch in Joss Whedons Realfilm-Adaption liegt. Da der Fokus auf den Rächer-Charakterköpfen liegt (und auch hier nicht immer von absolutem Gleichgewicht gesprochen werden kann), kommen die Schurken zu kurz und wirken im Vergleich zu den Protagonisten häufig eindimensional. Das wird durch ihre schiere Masse etwas ausgeglichen, doch wären weniger und dafür ebenbürtigere und vor allem mehrschichtigere Gegenspieler wünschenswert gewesen. Dafür führt der vorhandene Kompromiss zu einem sehr illustren Katalog schräger Vögel aus dem ganzen Marvel-Inventar.

Fazit

Allem voran bereitet die neue Marvel-Zeichentrickshow einen Mordsspaß. Sämtliche 26 Folgen sind enorm kurzweilig, die Balance zwischen Anspruch und Jugendtauglichkeit ist stets gelungen und ein jeder, der die perfekte kurzweilige Begleitung zum sonst so heldenfreien Mittagsmahl sucht, dürfte endlich gefunden haben, wonach er sich sehnte.
The Avenger’s: Earths mightiest Heroes ist in jedem Sinne hochwertige Zeichentrickserie, die fesselnde Unterhaltung auf den Bildschirm zaubert und dabei hervorragend die Möglichkeiten- und den Facettenreichtum des Marveluniversums illustriert.

The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro

Marc Webbs Spider-Man-Reboot von vor zwei Jahren war eine kleine Überraschung, machte der Film doch tatsächlich manches besser, was an der charmanten Sam Raimi-Interpretation zu beklagen war. Entsprechend positiv war die Resonanz und entsprechend rasch folgte Teil 2.

– Hi, is Peter home?
– No, he’s doing… whatever it is he does.

Story

Es kommt, wie es kommen muss: Als Held muss man früher oder marginal später Kompromisse eingehen. Vor allem als Held im Spinnenkostüm, denn feste Beziehungen und Superschurkenbezwingung am laufenden Band harmonierten noch nie in vollkommener Eintracht. Und so kommt es dass Peter Parker, immer noch von Schuldgefühlen wegen des Todes ihres Vaters geplagt, die Beziehung zu Gwen aufgibt, um sie nicht in Gefahr zu bringen.
Während er die Recherche wieder aufnimmt, zu erfahren, was einst seine Eltern dazu trieb, ihn als kleines Kind alleine zu lassen, und unterdessen den Konakt zu seinem alten Schulfreund Harry Osborn wieder aufnimmt, wird der verkannte Oscorp-Elektriker Max Dillon bei einem Unfall mit Zitteraalen zu Elektro und beginnt, seine maßlose Spider-Man-Obsession auf neuem Weg auszuleben.

Kritik

Man merkt es schon gleich zu Beginn. Die Schwächen des Vorgängers wurden nicht beseitigt, dessen Stärken sind aber teilweise neuen Schwächen gewichen. Der Spinnenmann in Aktion sieht i immer noch zu sehr nach Computerspielfigur aus. Während der sichtlich animierte Freundlichkeits-Krabbler durch die Häuserschluchten turnt, wirkt er nur allzu oft unnötig hektisch, dabei einfallslos und krampfhaft witzig und bemüht frech, ohne es je wirklich zu sein. Der Held des Filmes ist am Anfang ein arrogantes, aufdringliches, quirliges Stück Animationsarbeit, das sich mit konstruierten Problemen völlig überzeichneter Gangster auseinandersetzt. Vom geerdeten Gehversuch des Vorgängers ist plötzlich keine Spur mehr.

Zwar langweilt die Exposition nicht wirklich, doch ist sie in ihrer beliebig dahinplätschernden Art auch fernab von packend – oder einfach nur relevant. Und irgendwann beginnt man sich zu fragen, wann das Besondere des Filmes endlich zu greifen beginnt.
Es braucht keine Beinahe-Küsse mehr in Superheldenfilmen, die kurz vor ihrem Geschehen durch einen dramatischen Einwurf unterbrochen werden. Ebenso wenig braucht es auch keine immergleichen Superschurkengenesen mehr.
Dass es das nicht braucht, ist natürlich die eine Sache – mit der richtigen, lockeren Inszenierung machen aber auch diese Zutaten immer wieder Spaß. Doch The Amazing-Spiderman 2: Rise of Electro mäandert zu sehr vor sich hin. Zu sagen, er würde sich schleppen, würde dem Film Unrecht tun. All ist all das, was man da sieht, ist zwar gefällig, aber genaugenommen auch durchgehend sehr egal. Natürlich will man auch Drama bei einem Teenie-Helden, der auf Teenie-Empathie angelegt ist, doch wieso hält man sich nicht etwas risikofreudiger an einige der mutigeren Storylines der Comicvorlage? Wieso serviert man uns stattdessen die x-ten Variationen einer problematischen Liebe junger Erwachsener, tragischer Jugendfreundschaften und ihrer Entwicklungen sowie verschmähter, schmerzhaft unbeachteter und bescheidener kleiner Männer, die unverhofft zu großer Kraft und damit zu ebenso großen Rachebedürfnissen kommen?
Der Aufbau des unbeachteten Antagonisten findet dazu auch noch in selten plumper Weise statt. Da hilft es auch wenig, dass man – natürlich – bei der Inszenierung der Action um viel Rambazamba, Zeitlupe und Rockgitarren bemüht ist.
Es fällt schwer, zwischen Popsong-Herzschmerz und CGI-Gesupp noch etwas aufzuspüren, das sich noch neu, ehrlich und belangvoll ist.
Wirklich los geht es tatsächlich erst nach etwa 90 Minuten; eine Zeitspanne, die bei anderen Filmen das Ende berührt. Und selbst dann kriecht die Story nie über den Durchschnitt hinaus.

Der Humor ist teilweise so schlecht und kindisch und einige inszenatorische Entscheidungen (denn Begriffe wie Ideen oder Einfälle kann hier einfach nicht benutzen) so erschreckend dumm, dass man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren kann, der Film wäre nicht auch, sondern ausschließlich für 13-Jährige gemacht. Das mag prinzipiell ja nicht überraschend sein, ist dies dies ja auch die primäre Zielgruppe der Comichelden. Doch macht es einen gravierenden Unterschied, ob ein Regisseur sich konstruierter Blödel-Witze und völlig aufgebrauchter Standardstrukturen bedient, um sich die Unerfahrenheit junger Menschen zunutze zu machen, oder ob der Inszenator der Geschichte – sei es nun in Film- oder Comic-Form – selbst großer Fan ist und sie mit Herzblut erzählt. Jugendliche lachen auch über frische Witze und werden, wie jeder andere auch, von einer innovativen Erzählung, die sich selbst an den richtigen Stellen ernst und an den richtigen für nicht allzu voll nimmt, stärker mitgerissen als von einer Aneinanderreihung ramponierter Versatzstücke.

Fazit

Nimmt man es mal streng und genau, muss man leider sagen, dass The Amazing-Spiderman 2: Rise of Electro nur in sehr wenigen Momenten überhaupt richtig funktioniert. Zu inspirationsarm und standardisiert quält sich Peter Parker durch seine vorhersehbaren Gewissensleiden, zu ideenlos schwingt sich sein kostümierter Alter Ego durch die nicht Reihen der nicht ernst zunehmenden Antagonisten. Und dafür ist der Film einfach zu lang geraten.
Man kann nur hoffen, dass Marc Webb sich für den dritten Teil wieder die nötige Zeit nimmt, eine tatsächlich relevante Geschichte für Spider-Man zu erzählen. Die Pläne des Studios, die Reihe mit erhöhter Frequenz voranzutreiben, lassen aber nichts Gutes erwarten.

Thor – The Dark Kingdom

Des Donnergottes Einkehr in die neuste Kinowelt von Marvel vor ein paar Jahren machte den Anschein, genau das zu sein, was es war: Eine Notwendigkeit, um das Team der Rächer auf die richtige Anzahl zu bekommen. Eine Fingerübung mit Steinen aus dem Baukasten für Level-1-Heldengeschichten.
Doch mit Marvel und seinen omnipräsenten Vorzeigerecken ging es stetig bergauf. Und Captain America durfte mit The Return of the First Avenger schließlich erst unter Beweis stellen, wie gesund ein zweiter Anlauf sich auswirken kann.

This is so unlike you, brother. So… clandestine. Are you sure you wouldn’t rather punch your way out?

Story

Loki ist in Schach, Thanos weiterhin nur ein Gespenst im Hintergrund. Was heuer droht, ist die Vergangenheit in Form vom verfluchten Malekith, der Jahrtausende Zeit hatte, seinen Unmut anzustauen und nun mit seinen Dunkelelfen aus Svartalfheim aufbricht, um den einst ersehnten Äther in seinen Besitz und mit ihm die Schöpfung um ihr Licht zu bringen.
Thor kann das nicht gutheißen, auch deshalb, weil Jane Foster, der er zugetan wie eh und je ist, den Äther zu Teilen unfreiwillig in sich aufnimmt und das Unglück damit erst lostritt. Als jene bei einem Sturmangriff die Mutter Thors töten, bleibt für ihn nur noch Angriff als Option offen – entgegen den Plänen seines alten Herren Zeus.
Dem Göttersohn bleibt nichts anderes übrig, als den Inhaftierten Loki aus seinem Gefängnis zu befreien und gegen die Dunkelelfen in die Schlacht zu ziehen.

Kritik

Thor – The Dark Kingdom wurde einhellig positiv bei Kritik und Publikum aufgenommen. Es wurde gesagt, was man im Anschluss auch über The Return of the First Avenger zu hören bekam: Die Startschwierigkeiten seien überwunden, das Feuer von The Avengers auch in diesem Film deutlich am Nachlodern, die Story ideenreicher, und so fort.
Dabei ist Thor – The Dark Kingdom beileibe keine schlechte Fortsetzung. Der Science-Fiction-Actionfilm ist ein Sequel in aller erwartbaren Adäquatheit, macht er doch genau da weiter, wo Thor aufgehört hat, ohne dass das in der Zwischenzeit stattgefunden habende Gruppenabenteuer ignoriert wird. Der Humor wirkt tatsächlich etwas leichtfüßig, aber das liegt daran, dass die Figuren etabliert sind und man auf bereits Geschehenem aufbauen kann. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Handlung nicht ganz so holprig und die Figuren nicht allzu grob daherkommen. Trotzdem aber ist die Handlung holprig, trotzdem sind die Figuren – beides nahezu holzschnittartig. Gerade im Vergleich zum ersten Iron Man, zum bereits doppelt erwähnten zweiten Captain America und insbesondere zu Marvel’s The Avengers und jüngst auch dem nicht minder formidablen Guardians of the Galaxy fällt auf, dass der Göttersohn einfach nicht so gut als Solist funktioniert wie der Rest des Ensembles. In der Gruppe hat er einen herrlich schroffen Sidekick-Charakter und passt sich anstandslos an, für sich genommen fehlt es dem Thronanwärter Asgards einfach an Profil. Das ist nicht allein der Figur geschuldet, sondern auch dem Marvel Cinematic Universe, das sich nach den anfänglichen Bemühung, mit zeitgemäßem Realismus aufzuwarten auf die Seite der modernen Zyniker schlug, und nun nach und nach der Fantasy Einlass gewähren musste. Damit so etwas klappt, braucht es schon einen Spezialisten wie Joss Whedon. Alan Taylor ist zwar noch deutlich serienerprobter als sein von der Comicwelt verehrter Kollege, doch bewegte er sich bis dato halt entweder in realitätstreuen (Deadwood, Six feet under, Die Sopranos) oder in rein fantastischen Gefilden (Game of Thrones – wofür er dann im Anschluss wohl auch den Regieposten hierfür überantwortet bekam). Das Kunststück der Gratwanderung gelingt Taylor nicht immer gut.
Die Kampfsportler, die in ihren Ritterrüstungen die Füße durch die Feindesmassen kreisen lassen und dabei doch etwas unagil wirken, sind zuweilen befremdlich, ein gewisser Trash-Charakter ist aber auch nur schwer zu meiden, wenn man in ein mittelalterliches Setting Laserwaffen steckt. Doch immerhin geht es hier ja auch um einen Halbgott mir Cape, der mit seinem fliegenden Hammer für Gerechtigkeit sorgt und in einer Parallelwelt Raumschiffkapitän ist. Man ist bemüht, Fantasy und Science-Fiction zu gleichen Teilen Einzug halten zu lassen, doch besteht im modifizierten Götterreich ein merkliches Ungleichgewicht. Alles wirkt wie eine Kompromissentscheidung, alles irgendwie unentschlossen.
Passend dazu ist das alles ganz albern aufgezogen und Humor, der immer ein wenig, aber nie zu sehr aufgesetzt wirkt. Immerhin gibt es ein paar ordentliche Raumschiffe.

Thor – The Dark Kingdom, um auch hier keinen fernliegenden Vergleich vermissen zu lassen, erinnert manchmal ein wenig an Der Hobbit. Auch dort war der Humor ein großes Problem, die Gruppendynamik aber passabel. Thor und Loki funktionieren gut zusammen, nicht zwingend aufgrund des Drehbuchs (an dem immerhin 5 Personen beteiligt waren) oder der Regie, aber doch dank der achtbaren Leistung Chris Hemsworths und Tom Hiddlestons. Loki und Thor als – kurzzeitig – Wiedervereinte Schulter an Schulter kämpfen zu sehen verursacht einfach ein gewisses Maß an Zufriedenheit, während Natalie Portman als bemüht aufmüpfige Love-Interest, die aber ausschließlich im Hintergrund agiert, fast vollkommen zum MacGuffin degradiert wird.

Fazit

Soloauftritt Nummer zwei wirkt aufgeweckter als der erste Versuch vor drei Jahren. Alles ist ein wenig größer, alle ein wenig eingespielter aufeinander – es ist die typische Fortsetzung. Sie scheitert nicht wie Iron Man 2, lässt die Gelegenheit, alles deutlich besser zu machen, aber ebenso ungenutzt. Thor – The Dark Kingdom ist schlichtweg ein passabler Film, den man aber nicht zwingend gesehen haben muss, um sich im Marveluniversum zurechtzufinden oder glücklich zu sterben.