Train to Busan

Yeon Sang-ho machte ab 2011 durch zwei recht spezielle animierte Filme von sich reden, die beide versuchten, ernste, teils wahre Begebenheiten aufzuarbeiten. Seinen absoluten Durchbruch erfährt er gerade aber mit einem Zombie-Action-Film, der bereits im letzten Jahr auf dem Fantasy Filmfest ausschließlich auf Lob und Begeisterung gestoßen ist: Train to Busan.

Raus hier! Alle raus, schnell!

Story

Als Fondsmanager ist Seok-woo nicht der angesehendste Teil der Gesellschaft. Zudem ist er geschieden und findet kaum Zeit für seine Tochter. So auch an ihrem Geburtstag, and dem sie unbedingt zu ihrer Mutter nach Busan fahren möchte; notfalls auch alleine. Also reißt sich der Geschäftsmann zusammen und steigt mit ihr in den Hochgeschwindigkeitszug KTX. Quasi zeitgleich greift ein Zombievirus um sich und entvölkert rasch Stadt um Stadt. Auch im fahrenden Zug selbst grassieren bald die Infektionen, fleischhungrige Ungeheuer wildern zwischen den Sitzreihen und die Überlebenden sind ängstlich, überreizt und voller Misstrauen.

Kritik

Von einem neuen Kapitel des, mindestens aber frischem Wind in dem ausgelaugten Genre des Zombiefilmes ist immer wieder die Rede, wenn von Train to Busan gesprochen wird. Es ist mehr als fraglich, warum der südkoreanische Streifen so gehandelt wird.
Die Exposition zu Beginn ist fernab von originell, aber flutscht ohne schlimme Längen durch die ersten Szenen und Minuten. Sobald der Zug bestiegen und der erste Zombie fresslustig durch den Wagon gestolpert ist, wähnt man sich inszenatorisch und vor allem auch dank des Soundtracks in einem 90er-Jahre Actionfilm à la Con Air.  Und die ersten Minuten ist das eine durchaus erfrischende Erfahrung, denn lange ist es her, dass Derartiges gemacht und gesehen wurde. Das Ziel des Filmes ist klar: Rasanz, Atemlosigkeit, höchste Spannung.
Doch dann stauen sich die ungenießbaren Momente immer häufiger und lassen die Ziele in weite Ferne rücken. Inszenatorisch fehlte es nämlich entschieden an passenden Einfällen, um das besonde Setting des fahrenden Zuges interessant zu nutzen. Stattdessen wird viel geschrien und viel auf der Stelle getreten, während sich die Geschichte relativ höhepunktlos durch Standardsituationen hangelt. Das alles hätte Potential gehabt, wenn die Figuren nicht allesamt schrecklich eindimensional, unsympathisch, unglaubwürdig und dumm wären. Sind sie aber, und wie. Die Dialoge sind zum Augenverdrehen, manche Handlungen unbegreiflich kurzsichtig und bestimmte Reaktionen und Entwicklungen kaum nachvollziehbar. Und da man sich in Folge nicht um das Vater-Tochter-Gespann wie um die Nebenfiguren kümmert, fehlt es auch den Gefahrensituationen an Dringlichkeit.
Hinzu kommt, dass die Zombies ästhetisch und auch hinsichtlich ihrer Motorik zwar durchaus beachtenswert erdacht wurden, das Budget aber offensichtlich nicht reichte, die Konzepte auch zu einer adäquaten Darstellung zu bringen: Während das Make-Up vollkommen in Ordnung geht, sehen sowohl einzelne Zombies als auch Massen von Untoten in Bewegung hakelig und klar animiert aus – dass sich hierbei häufig Dinge in Zeitraffer zu bewegen scheinen, verbessert den Eindruck um keinen Deut.
Wenn das Ganze sich dann nicht zu schade ist, gängige Klimaxregeln zu ignorieren, immer kitschiger zu werden und die Sache weitestgehend ironiefrei abzuspulen, bieten die knapp zwei Stunden Zombieaction leider nicht das versprochene und gepriesene Adrenalinkino, sondern viel zu häufig Ärger und Langeweile. Letztlich findet hier keine originelle Perle aus Südkorea zu uns, sondern nur die asiatische Version einfältigen Hollywoodradaus.

Randbemerkung: Aufgrund eines Irrtums des Kinobetreibers wurde der Film nicht OmU, sondern in der teils körperliche Schmerzen bereitenden Synchronfassung gezeigt. Es mag sein, dass der Film im Original sehr anders, weniger plump und an vielen Ecken gelungener ist als die lieblose und blecherne eingedeutschte Version ausfällt.

Fazit

Eine schlimme Synchronisation, platte Figuren, einfallslose Action, kitschige Ausbrüche und sichtbare Budgetmängel führen leider dazu, dass Train to Busan nicht die herbeigesehnte Zombie-Action-Revolution ist und anstatt Nervenkitzel vielmehr Frust und Überdruss provoziert.

The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro

Marc Webbs Spider-Man-Reboot von vor zwei Jahren war eine kleine Überraschung, machte der Film doch tatsächlich manches besser, was an der charmanten Sam Raimi-Interpretation zu beklagen war. Entsprechend positiv war die Resonanz und entsprechend rasch folgte Teil 2.

– Hi, is Peter home?
– No, he’s doing… whatever it is he does.

Story

Es kommt, wie es kommen muss: Als Held muss man früher oder marginal später Kompromisse eingehen. Vor allem als Held im Spinnenkostüm, denn feste Beziehungen und Superschurkenbezwingung am laufenden Band harmonierten noch nie in vollkommener Eintracht. Und so kommt es dass Peter Parker, immer noch von Schuldgefühlen wegen des Todes ihres Vaters geplagt, die Beziehung zu Gwen aufgibt, um sie nicht in Gefahr zu bringen.
Während er die Recherche wieder aufnimmt, zu erfahren, was einst seine Eltern dazu trieb, ihn als kleines Kind alleine zu lassen, und unterdessen den Konakt zu seinem alten Schulfreund Harry Osborn wieder aufnimmt, wird der verkannte Oscorp-Elektriker Max Dillon bei einem Unfall mit Zitteraalen zu Elektro und beginnt, seine maßlose Spider-Man-Obsession auf neuem Weg auszuleben.

Kritik

Man merkt es schon gleich zu Beginn. Die Schwächen des Vorgängers wurden nicht beseitigt, dessen Stärken sind aber teilweise neuen Schwächen gewichen. Der Spinnenmann in Aktion sieht i immer noch zu sehr nach Computerspielfigur aus. Während der sichtlich animierte Freundlichkeits-Krabbler durch die Häuserschluchten turnt, wirkt er nur allzu oft unnötig hektisch, dabei einfallslos und krampfhaft witzig und bemüht frech, ohne es je wirklich zu sein. Der Held des Filmes ist am Anfang ein arrogantes, aufdringliches, quirliges Stück Animationsarbeit, das sich mit konstruierten Problemen völlig überzeichneter Gangster auseinandersetzt. Vom geerdeten Gehversuch des Vorgängers ist plötzlich keine Spur mehr.

Zwar langweilt die Exposition nicht wirklich, doch ist sie in ihrer beliebig dahinplätschernden Art auch fernab von packend – oder einfach nur relevant. Und irgendwann beginnt man sich zu fragen, wann das Besondere des Filmes endlich zu greifen beginnt.
Es braucht keine Beinahe-Küsse mehr in Superheldenfilmen, die kurz vor ihrem Geschehen durch einen dramatischen Einwurf unterbrochen werden. Ebenso wenig braucht es auch keine immergleichen Superschurkengenesen mehr.
Dass es das nicht braucht, ist natürlich die eine Sache – mit der richtigen, lockeren Inszenierung machen aber auch diese Zutaten immer wieder Spaß. Doch The Amazing-Spiderman 2: Rise of Electro mäandert zu sehr vor sich hin. Zu sagen, er würde sich schleppen, würde dem Film Unrecht tun. All ist all das, was man da sieht, ist zwar gefällig, aber genaugenommen auch durchgehend sehr egal. Natürlich will man auch Drama bei einem Teenie-Helden, der auf Teenie-Empathie angelegt ist, doch wieso hält man sich nicht etwas risikofreudiger an einige der mutigeren Storylines der Comicvorlage? Wieso serviert man uns stattdessen die x-ten Variationen einer problematischen Liebe junger Erwachsener, tragischer Jugendfreundschaften und ihrer Entwicklungen sowie verschmähter, schmerzhaft unbeachteter und bescheidener kleiner Männer, die unverhofft zu großer Kraft und damit zu ebenso großen Rachebedürfnissen kommen?
Der Aufbau des unbeachteten Antagonisten findet dazu auch noch in selten plumper Weise statt. Da hilft es auch wenig, dass man – natürlich – bei der Inszenierung der Action um viel Rambazamba, Zeitlupe und Rockgitarren bemüht ist.
Es fällt schwer, zwischen Popsong-Herzschmerz und CGI-Gesupp noch etwas aufzuspüren, das sich noch neu, ehrlich und belangvoll ist.
Wirklich los geht es tatsächlich erst nach etwa 90 Minuten; eine Zeitspanne, die bei anderen Filmen das Ende berührt. Und selbst dann kriecht die Story nie über den Durchschnitt hinaus.

Der Humor ist teilweise so schlecht und kindisch und einige inszenatorische Entscheidungen (denn Begriffe wie Ideen oder Einfälle kann hier einfach nicht benutzen) so erschreckend dumm, dass man sich nicht ganz des Eindrucks erwehren kann, der Film wäre nicht auch, sondern ausschließlich für 13-Jährige gemacht. Das mag prinzipiell ja nicht überraschend sein, ist dies dies ja auch die primäre Zielgruppe der Comichelden. Doch macht es einen gravierenden Unterschied, ob ein Regisseur sich konstruierter Blödel-Witze und völlig aufgebrauchter Standardstrukturen bedient, um sich die Unerfahrenheit junger Menschen zunutze zu machen, oder ob der Inszenator der Geschichte – sei es nun in Film- oder Comic-Form – selbst großer Fan ist und sie mit Herzblut erzählt. Jugendliche lachen auch über frische Witze und werden, wie jeder andere auch, von einer innovativen Erzählung, die sich selbst an den richtigen Stellen ernst und an den richtigen für nicht allzu voll nimmt, stärker mitgerissen als von einer Aneinanderreihung ramponierter Versatzstücke.

Fazit

Nimmt man es mal streng und genau, muss man leider sagen, dass The Amazing-Spiderman 2: Rise of Electro nur in sehr wenigen Momenten überhaupt richtig funktioniert. Zu inspirationsarm und standardisiert quält sich Peter Parker durch seine vorhersehbaren Gewissensleiden, zu ideenlos schwingt sich sein kostümierter Alter Ego durch die nicht Reihen der nicht ernst zunehmenden Antagonisten. Und dafür ist der Film einfach zu lang geraten.
Man kann nur hoffen, dass Marc Webb sich für den dritten Teil wieder die nötige Zeit nimmt, eine tatsächlich relevante Geschichte für Spider-Man zu erzählen. Die Pläne des Studios, die Reihe mit erhöhter Frequenz voranzutreiben, lassen aber nichts Gutes erwarten.

Ultraviolet

Ultraviolet ist eine britische TV-Serie aus den 90ern, die niemand kennt. Genau wie in Kurt Wimmers Spielfilm von 2006 geht es um modernisierte Vampire. Hier enden die Gemeinsamkeiten.


What?

Story

Irgendwann in der Zukunft entdecken irgendwelche Forscher ein uraltes Virus, das die Menschen zu vampirartigen Monstern macht. Es beginnt ein Krieg und die Partei mit den Fangzähnen wird fast ausgerottet. Violet gehört zu den Überlebenden und ist im Kampf gegen die Menschen ganz vorne mit dabei.
Als eine vermeintliche Superwaffe gegen die Vampire von ihr entwendet wird, steht sie plötzlich zwischen den Fronten und muss mit einem unerträglich passivem Balg ganz viele Leute töten. Außerdem kann sie an der Decke laufen, weil sie ein Schwerkraft-irgendwas-Gerät hat, das sie nach 20 Minuten aber einfach nicht mehr benutzt. Sie kämpft in Stöckelschuhen.

Kritik

Ultraviolet hat einen eigentlich vielversprechenden Start. Der Vorspann besteht aus den Covern von Comics der nicht existierenden Vorlage zum Film. Teile der Titelblätter entpuppen sich als Namen der Beteiligten. Das clever zu nennen, wäre ein Affront gegen wirklich clevere Filme, aber nett ist es irgendwie. Dann enden die Opening-Credits und am Anfang ist das Wort von Violet. Und diese Violet spricht zu dem Zuschauer, erklärt ihm, dass er ihre Welt vielleicht nicht verstünde. Das ist schräg. Es ist schräg, wenn die Hauptfigur einer Geschichte, welche in einer anderen, zukünftigen Realität spielt, vom Zuschauer und seiner Realität weiß. Das ist verstörend. Wieso spricht sie zu der Vergangenheit? Wie macht sie das? Ist sie irre? Wenn sie es nicht ist, sind dann Zeitreisen möglich? Wen dem so ist, liebe Violet, nutze diese Technik doch, um dein Problem zu lösen. DU MUSST NICHT ALLE TÖTEN und dein Leben riskieren. DU KANNST NÄMLICH DURCH DIE ZEIT REISEN!
Was? Nein, kannst du nicht? Steht davon nichts im Drehbuch? WIESO SPRICHST DU DANN ZUM ZUSCHAUER UND ERZÄHLST VON DEINER FREMDEN WELT?
Ok, viele Großbuchstaben. Aber ja, Violet, du hast schon Recht. Deine Welt ist tatsächlich nicht zu verstehen. Verstehst du sie?

Violet, nun gut. Violet. Aber wieso Ultra? Ist UV-Licht gemeint? Nein, das ergibt keinen Sinn. Fügt man ein „n“ hinzu, wird vielleicht ein Schuh draus. Ultra Violent. Oho! Aha! Doch schon die Einführung lässt die Stirn in Falten legen, denn da sind zwar coole Kugel-Ninjas, die während eines Synchrontanzes mit ihren Säbeln Forscher niederstrecken, doch wirkt das Ganze mehr wie Kegeln als ein martialischer Kampf. Die Opfer klappen einfach so in sich zusammen, wenn eine Waffe ihnen den Garaus gemacht hat, verlieren aber keinen Tropfen Blut – geschweige denn noch größere und festere Teile ihres Körpers. Ihr strahlend weißer Anzug bleibt über ihr eigentlich grausames Ableben hinaus ohne Makel. Das ist der Film. Ein strahlend weißes, fast schon blendendes Stück Designerkleidung. Dies in einer Story, die nicht nur „Ultraviolence“ minus ’n‘ heißt, sondern deren in mehrfacher Hinsicht zentrales Thema zudem auch noch Blut ist. Und das, liebe Violet, ist ähnlich bescheuert wie eine in der Zukunft verankerte Protagonistin, die zum Zuschauer in der Vergangenheit spricht.
Die Bösewichter sitzen auf Plexiglasstühlen, tragen Siegelringe über ihren Gummihandschuhen und besabbern sich mit hohlen Phrasen. Milla Jovovich als besagte Meta-Zeitreisende Violet hat lila Haare, ein großes Mundwerk und hautenge Latexkleidung an ihrem Körper kleben, die von voyeuristischen Kameras abgetastet und in Nahaufnahme auf den Bildschirm des Zuschauers übertragen wird.
Formuliert man es freundlich, dann ist Ultraviolet wie ein Musikvideo. Die Dinge, die dort geschehen, haben keinen Sinn, der über sie selbst hinausweist. Ihr Zweck ist rhythmischer Natur, ganz tief im Jetzt versunken und ohne Bezug zur vorherigen oder folgenden Minute. Das, was man sieht, ist nicht mal Oberfläche, denn unter ihr ist nichts, das sie bedecken könnte. Es ist nur zwecklose, blendende Sinnesdekadenz. Formuliert man es weniger freundlich, dann ist Ultraviolet wie ein Porno, dem es nur darum geht, seine knapp umhüllte Hauptdarstellerin in aufregende Posen zu bringen.
Das ist nun irgendwie verwerflich, verheißt aber nicht automatisch einen schlechten Film. Dass solche Rechnungen aufgehen können, sieht man ja zum Beispiel an Filmen wie 300. Nur ist Frau Jovovich nun mal in erster Linie ein Ex-Model und dann irgendwann Schauspielerin. Eine Martial Arts-Expertin ist sie nicht, weshalb die Kämpfe nur dadurch ein Spektakel werden können, dass viele Schnitte und Kameraschwenks so tun, als würde tatsächlich flüssig gekämpft werden. Hinzukommt, dass – wie bei gewissen altehrwürdigen Klamauk-Prüglern – die (angeblich bis zur Perfektion gestählten) Gegnerscharen nur aus stupiden Taugenichtsen bestehen, die brav in Reih und Glied darauf warten, von der zarten Handkanten Violets aus dem Verkehr geknockt zu werden, anstatt effektiv und vor allem kämpfend in der Gruppe aufzutreten und den Film nach 8 Minuten zu beenden. Deswegen beschränkt sich Violet recht früh auch darauf, mit zwei MPs in alle Richtungen zu zielen, dabei teilnahmslos-lasziv zu gucken und nur ab und mit einem offensichtlichen Seil ein paar Meter tiefe Abgründe runterzugleiten. Gut, dass ihr ein Schwerkraft-Irgendwas erlaubt, auch an Decken und Wänden zu joggen oder Motorrad zu fahren. Das verspräche ein paar hübsche Perspektiven, wären die Computereffekte nicht so schrecklich durchschnittlich und lieblos. Trotzdem sind einige der Sequenzen ganz pfiffig komponiert. Wäre auch schade wenn nicht, denn das ist das einzige, was der Film hat. Wummernde Beats und eine arrogante Killer-Amazone, die zu ihnen tanzt.
Recht schnell wird das Ganze so bescheuert, dass man gar nicht weiß, wie man es bewerten soll. Ernstgenommen werden will dieser Film ganz offensichtlich nicht. Spannung erzeugen auch nicht, weil die alles niedermähende Power-Misanthropin selbst Gott in Stücke zucken könnte, ohne dabei eine Mine zu verziehen. Dass wirklich nicht mehr da ist, als das, merkt man immer dann, wenn für einen Augenblick mal kein Mündungsfeuer im Bild flackert und sich mit einem Schlag totale Langeweile einstellt. Etwas, das dann noch vor der Hälfte zum Dauerzustand wird. Die immer gleichen Kloppereien werden seltener und an ihre Stelle rückt eine andere Art von Nichts, die sich dadurch auszeichnet, die wahrgenommene Zeit während des Filmschauens zu verdreifachen.

Es ist tatsächlich nur Tanz um das Plastik, tatsächlich nur Porno. Bemüht schön gefilmte Intermezzi ohne Handlung, die dann irgendwann in einem unvermeidlichen Höhepunkt mit galliger Erlöser-Symbolik, die ebenfalls nur zum Selbstzweck besteht, enden. Nur: Wer braucht schon 90 Minuten Porno? Wer will ein 90-Minütiges Hochglanzmusikvideo auf MTV von irgendeinem völlig bedeutungslosen Elektroact sehen? Eben.
Genau deswegen wird hier auch kein Wort über die fragwürdigen Dialoge und den Schund, der hier anstatt einer Geschichte angeboten wird, verloren. Übrigens auch nicht über William Fichtner, ewig gezwungen, in den Feuern der B-Produktionen zu braten, der wie immer einen kleinen Lichtblick bedeuten würden, wenn da nicht sein viel zu riesiges Vampirgebiss wäre, das ihm kaum das Sprechen geschweige denn das Schließen seines Mundes erlaubt.

Dass das Drehbuch mehr dem Malbuch eines Dreijährigen gleicht, ist beileibe keine Überraschung, denn Regisseur und Autor ist Kurt Wimmer, seines Zeichens Vater der filmgewordenen Depression Salt (mit dem es neben der bescheuerten Art noch weitere schlimme Dinge teilt) und der heillos überschätzten Spiegelfechterei Gesetz der Rache, aber auch verantwortlich für den trashigen Semi-Kult um Equilibrium und das schmierige Total Recall-Remake.

Fazit

Wer Sachen wie „Symptom des kulturellen Niedergangs“ sagt, ist normalerweise ein Spinner. Hat derjenige aber Ultraviolet gesehen, besitzt er eine gewisse Legitimierung für seinen Satz. Ein Film, der auf alles verzichtet, was Geschichtenerzählen ausmacht, und sich stattdessen auf eine einzelne Disziplin spezialisiert hat, die er nicht beherrscht.
Das Schlechteste aus den Genres Porno und Musikvideo kommt in Ultraviolet mit einer Beliebigkeit und Inspirationsarmut zusammen, die einen tatsächlich daran zweifeln lässt, dass der Mensch noch zu retten ist.

Die Tribute von Panem – The Hunger Games

Neben vielen anderen wollte auch Die Tribute von Panem – The Hunger Games den Harry Potter-Tsunami nutzen und die neue Lesebegeisterung von Jugendlichen für fantastischen Stoff bedienen. Mit großem medialen und finanziellen Erfolg. Ganz wie die Kino-Umsetzung, die sich zu einem der erfolgreichsten Filme überhaupt entwickelte.


I think it’s our tradition.

Story

Panem ist die USA der Zukunft, zerschnitten in zwölf Distrikte und einen Regierungssitz. Hunger und Armut sind das Markenzeichen in dem Zonen-Dutzend, während die Herrschaften im Kapitol in Saus und Braus leben.
Die knappe Nahrung reicht für die unterdrückten Bewohner nicht aus, weshalb sie Essensrationen mit dem Kapitol tauschen müssen. Jede solche Ration bedeutet, dass ein weiterer Zettel mit dem Namen des Bittstellers in der Lostrommel landet. Einmal im Jahr werden aus der Trommel Teilnehmer für die Hungerspiele gezogen. Jeder Distrikt muss einen Jungen und ein Mädchen zwischen 12 und 18 in eine riesige bewaldete Arena schicken und dort kämpfen lassen, bis am Ende nur noch einer atmet. Die Veranstaltung ist das größte mediale Ereignis der Welt und dient primär dazu, an die eiserne Hand der Diktatoren zu erinnern und so Aufstände zu unterbinden.

Als ihre Schwester gewählt wird, meldet sich die kesse Katniss freiwillig, um ihr das Schicksal zu ersparen. Sie und der gleichaltrige Junge Peeta sind die Tribute des 12. Distrikts der 74. Hungerspiele.
In den reich geschmückten Hallen des Kapitols werden sämtliche Teilnehmer trainiert, um später einen möglichst eindrucksvollen Gladiatorenkampf liefern zu können. Je erfolgreicher man sich schlägt, desto mehr Sponsoren zieht man auf die eigene Seite und desto besser ausgerüstet zieht man in die Schlacht, in der es nur darum geht, den Blutdurst der Fernsehkameras zu stillen.

Kritik

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Vielleicht bei der Bestürzung darüber, dass Die Tribute von Panem – The Hunger Games von der Presse so sehr über den grünen Klee gelobt wurde. Der Film ist nicht spannend, nicht außergewöhnlich gut gemacht, kaum eigenständig und frei von Überraschungen. Einzig der Kitsch hält sich zurück und tritt in verträglichen Dosen auf, wenn etwa die sorgende Katniss ihre kleine Schwester in den Schlaf singt. Dafür ist der Science-Fiction-Film an anderen Stellen umso platter. Die Bemühungen, eine bipolare Gesellschaft aufzubauen, verlaufen nach Schema F. Auf der einen Seite die Front der unschuldigen Wälder und der zerfallenden Zivilisation voller Hunger und Armut – zumindest, wenn man darüber hinwegsehen kann, dass sämtliche Schauspieler frisch gewaschen und wohl genährt sind. Auf der anderen Seite die dekadenten Schnösel, Günstlinge des totalitären Regimes, das im Überfluss schwelgt.
Wenn sich die Buchvorlage an den ausführlichen Beschreibungen des Oberschichtenprunks weidet, mag das authentisch wirken und Atmosphäre schaffen. Die Präsentation des verschwenderischen Kapitols wirkt in der Verfilmung jedoch nur unerträglich in ihrer Süffisanz. Aber unerträglich vorrangig deshalb, weil es so billig und platt realisiert wurde. Alles wirkt angemalt, künstlich und plakativ. Die Dekadenz ist ins Comichafte überzogen, dabei aber ohne eine Spur von Schneid.
Optisch ist von Anbeginn an unverkennbar, wer gut und böse ist. Gelfrisuren, ein knurriger Gesichtsausdruck und kantige Schönheit markieren die Bösewichte, die mit bekannter Tölpelhaftigkeit in jede noch so offensichtliche Falle spazieren. Natürlichkeit und weiche Gesichtszüge sind hingegen klare Merkmale von Helden. Die Figuren entsprechen sämtlich dem Klischee, nach dem sie aussehen.
Ein kurzer Lichtblick ist der Fakt, dass die Protagonistin Katniss sich in der interessanten Bredouille befindet, gute Miene zum bösen Spiel machen zu müssen, um die Sympathien der Sponsoren auf sich zu bündeln und damit eine Siegeschance zu bekommen. Das ist als Idee hübsch und in der Umsetzung nicht misslungen, aber auch der einzig wirklich bemerkenswerte Aspekt der ersten Filmhälfte.

Naturgemäß spannender wird es dann, wenn es nach dem recht zähen Trainingskapitel endlich in die Arena und dort ums nackte Überleben geht. Hier muss sich der Stoff aber den Vorwürfen hingeben, unverblümt vom modernen Klassiker Battle Royale zu kopieren, dessen Prämisse es in so gut wie allen Einzelheiten übernimmt
Was konstant bestehenbleibt, sind die vollkommen ideenlosen und deswegen grundsätzlich überflüssigen Dialoge. Die Kämpfe werden angemessen drastisch inszeniert, sind für sich aber auch nur leidlich spannend. Das liegt unter anderem daran, dass der Film einfach viel zu lang ist. Für das Epos, auf das die 142 Minuten ausgelegt sind, reicht die Geschichte vorne und hinten nicht. Zu der stattlichen Laufzeit kommt der Film somit auch nicht, weil er so viel zu erzählen hätte, sondern wegen seiner unendlich langsamen Heldin, die auf alles mit gelähmter Trägheit reagiert und den Zuschauer teils auf eine harte Geduldsprobe stellt. „So lauf doch endlich!“, möchte man ihr zurufen. Aber der Film ist lauter.
Jennifer Lawrence verkörpert das edle Mädel übrigens so gut, wie es nur geht, und spielt mit viel Talent gegen das müde Drehbuch an. Wenn es einen Grund gibt, den Film zu sehen, dann ist es ihre Performance. Eine große Verschwendung von Können, möchte man meinen, wenn da nicht Donald Sutherland wäre. Der Schauspieltitan hat ein paar krümelige Szenen als vollkommen eindimensionaler Patriarch abbekommen, in denen er zwar eindrucksvoll aussieht, aber etwas wird, für das der Begriff „verschenkt“ eindeutig zu gnädig gewählt ist.
Wirklich Mut beweist der Streifen dann doch noch kurz zum Ende, das zwar gut ausgeht, seine Hauptfigur aber mit einer überraschenden Konsequenz auszeichnet, die man sich zwei Stunden früher herbeigesehnt hat.

Fazit

Gary Ross versucht es wieder einmal allen zugleich recht zu machen. Weil Die Tribute von Panem – The Hunger Games gern von allem etwas wäre, ist es am Ende ein Film geworden, der recht wenig hat. Wenig eigene Ideen, wenig Spannung und wenig Charakter. Nach dem schleppenden ersten Part wird es zwar besser, von einem guten Film ist diese Buchadaption dennoch weit entfernt. Dann lieber ein weiteres Mal Battle Royale.

Das Sequel Die Tribute von Panem – Catching Fire kommt im November 2013 in die Kinos und ist dann hoffentlich eines der wenigen Filmexemplare, die gelungener sind als ihr erster Teil.