Edge of Tomorrow

Doug Liman hat sich mit Filmen wie Mrs. & Mr. Smith und Jumper nur wenige Freunde unter Kinogängern mit einer gewissen Erwartung an Quaität gemacht.
Dass Edge of Tomorrow sich keinewegs als Abbruch der Reihe guter Science-Fiction-Filme mit Tom Cruise herausstellt, sondern, ganz im Gegenteil, eine drastische Bereichung für den Durchschnitt darstellt, ist eine ziemliche Überraschung.

We should just reset.

Story

Die Mimics, eine aggressive Alienspezies, überrennen die Erdstreitkräfte mit einer Überlegenheit in allen Disziplinen.
Major William Cage ist ein Soldat, der in diesen Zeiten denkbar schlecht aufgehoben ist. Seine kämpferische Ausbildung ist ebenso mangelhaft wie sein dahingehendes Engagement. Stattdessen berät er das Militär in PR-Angelegenheiten und präsentiert sein gewinnendes Lächeln. Als er Fotos des anstehenden Gefechts liefern soll, weigert er sich, sich dieser Gefahr auszusetzen. In Folge wird er als Deserteur behandelt und von seinem Vorgesetzten inmitten eines Trupps aus Raubeinen gesteckt, der an vorderster Front die Invasoren aufmischen soll.
Der großangelegte Vergeltungsschlag scheitert jedoch kläglich – der Feind ist informiert, vorbereitet und zerschlägt die gesamte Armee. Auch Cage findet einen schnellen Tod.
Dessen ungeachtet erwacht er jedoch wieder am Anfang des Tages und erlebt die unsanfte Integrierung wider Willen in seinen Kampftrupp erneut. Alles spielt sich zum zweiten Mal exakt so ab, wie vor seinem Tod. Wieder stirbt er und wieder erwacht er am Vortag der Schlacht. Und wieder und wieder. Die hochdekorierte Kämpferin Rita Vrataski, die er auf dem Schlachtfeld trifft und wenig später sterben sieht, scheint etwas über dieses Rätsel zu wissen und fordert ihn auf, nach dem Erwachen zu ihr zu kommen.

Kritik

Gleich zu Beginn instrumentalisiert Tom Cruise sein Saubermann-Image in – für seine Verhältnisse eigentlich längst mehr überraschend – angenehmer Weise. William Cage ist ein aalglatter Tunichtgut, mehr Winkeladvokat als Soldat. Cage ist schlimmer als die Kriegstreiber, die in weichem Licht auf weichen Polstern Flaggen in Landkarten pinnen, die so abstrahiert sind, dass auch nur noch einer abstrahierten Vorstellung von Wirklichkeit entsprechen. Cage hingegen ist einzig darauf bedacht, eine möglichst sichere Position zu haben und von dort aus breit zu lächeln, während er Geld dafür bekommt, dass die Todeskämpfe anderer sich auf Hochglanzpapier gut machen und er selbst nie auch nur einen Fuß in ein Kriegsgebiet setzen würde. Er ist eine Made, die auch vor Erpressung nicht zurückschreckt, wenn es um die Sicherung des persönlichen Status quo geht.

Edge of Tomorrow beginnt mit einem launigen und dennoch beunruhigenden Einstieg. Auch deshalb, weil Cruise einen wahnsinnig unsympathischer Anti-Helden spielt. Und irgendwie steht er damit auch für die ganze Menschheit. Der Film bietet zu Beginn viele Figuren, von denen keine die Liebe des Zuschauers verdient. Auch wenn Cage, der von seiner Arroganz auf fatalistische Weise in immer größere Fettnäpfchen getrieben wird, nicht zuletzt aufgrund seiner zentralen Position im Film, natürlich schon etwas Empathie einheimst.
Zugleich fungiert der Start als formidabler Countdown für eine Art futuristischen D-Day, der audiovisuell und ohne Zurückhaltung aus den Vollen schöpft.
Die Schlachtensequenzen, die gerade im ersten Drittel durch die ständigen Wiederholungen des Tages eine eminente Rolle einnehmen, überzeugen durch stimmige Musik einen durchdachten Schnitt und nicht zuletzt eine beachtenswerte Technikkonzeption auf Seiten menschlicher wie auch außerirdischer Fronten. Das Ganze streift mehrmals und sicher nicht ganz zufällig das Gebiet, in dem auch Starship Troopers zuhause ist.
Hinzu kommen Aliens, die vom Charakterdesign her direkt aus der Hölle zu kommen scheinen, dabei aber nicht maßlos von der Kamera begafft werden, sondern effektiv ins Bild preschen und als wirbelnder Tot nie die Hoffnung aufkommen lassen, dieser Gefahr Herr werden zu können. Die martialischen Kämpfe tun ihren Rest, wobei dankenswerterweise niemals die Übersicht verloren geht, denn die Kamera ist stets beherrscht und liefert gestochen scharfe Bilder.
Bemerkenswert ist außerdem die Verzahnung von dramatischen, durchaus schmerzhaft-tragischen Bildern in Verbindung mit humorvollen Spitzen. Ein Gleichgewicht, das nur schwer zu konstruieren ist. Umso stärker ist zu würdigen, dass Edge of Tomorrow diese Herausforderung mit Bravour besteht.
Das Murmeltier-Schema wird konsequent ausgeschöpft, es gibt keine einzige Phase, die sich nach Leerlauf anfühlt, und die Story bleibt auf unentwegt spannendem Niveau. Dass der große Umschwung dann durch einen halbstarken Deus ex machina vollzogen wird, trübt das Sehvergnügen marginal, tut dem Spaß im Gesamten aber keinerlei Abbruch. Einzig der Umstand, dass man das Dilemma mit Zeitschleife und Weltenrettung eigentlich auf eine lachhaft pragmatische Weise hätte lösen können, steht dem ansonsten feinen Drehbuch nicht übermäßig gut zu Gesicht. Mit einem einzigen Satz wäre dies auszuhebeln gewesen. Doch auch hier handelt es sich letztlich nur um ein schiefes Detail in einem ansonsten tadellosen sehvergnügen.
Zum Ende hin ergibt sich der Film zudem ein wenig zu sehr seiner Actionseite, da man sich wohl den Erwartungen an ein Blockbusterfinale verpflichtet fühlte. In den letzten Minuten der Auseinandersetzung schleicht sich dann doch noch das schmerzhafte Gefühl von Beliebigkeit ein, das der Science-Fiction-Film bis dahin so kunstvoll vermieden hat.
Aber das ist Gejammer auf hohem Niveau. Edge of Tomorrow ist nichtsdestotrotz eine durchgängige, erstaunlich kompromisslose Freude.

Fazit

Edge of Tomorrow ist ein dynamischer Reißer mit außergewöhnlichem Szenario, intensiver Perspektive und einer angenehmen Kompromisslosigkeit geworden, die einzig zum Schluss kurz einbricht. Damit ist der Film nicht nur ein weiterer Achtungserfolg in den Reihen der Science-Fiction-Produktionen mit Tom Cruise an der Spitze (Minoroty Report, Krieg der Welten, Oblivion) seit Anbeginn des Jahrtausends, sondern zweifelsohne auch der bisher beste Film von Regisseur Doug Liman geworden.

Die Tribute von Panem – The Hunger Games

Neben vielen anderen wollte auch Die Tribute von Panem – The Hunger Games den Harry Potter-Tsunami nutzen und die neue Lesebegeisterung von Jugendlichen für fantastischen Stoff bedienen. Mit großem medialen und finanziellen Erfolg. Ganz wie die Kino-Umsetzung, die sich zu einem der erfolgreichsten Filme überhaupt entwickelte.


I think it’s our tradition.

Story

Panem ist die USA der Zukunft, zerschnitten in zwölf Distrikte und einen Regierungssitz. Hunger und Armut sind das Markenzeichen in dem Zonen-Dutzend, während die Herrschaften im Kapitol in Saus und Braus leben.
Die knappe Nahrung reicht für die unterdrückten Bewohner nicht aus, weshalb sie Essensrationen mit dem Kapitol tauschen müssen. Jede solche Ration bedeutet, dass ein weiterer Zettel mit dem Namen des Bittstellers in der Lostrommel landet. Einmal im Jahr werden aus der Trommel Teilnehmer für die Hungerspiele gezogen. Jeder Distrikt muss einen Jungen und ein Mädchen zwischen 12 und 18 in eine riesige bewaldete Arena schicken und dort kämpfen lassen, bis am Ende nur noch einer atmet. Die Veranstaltung ist das größte mediale Ereignis der Welt und dient primär dazu, an die eiserne Hand der Diktatoren zu erinnern und so Aufstände zu unterbinden.

Als ihre Schwester gewählt wird, meldet sich die kesse Katniss freiwillig, um ihr das Schicksal zu ersparen. Sie und der gleichaltrige Junge Peeta sind die Tribute des 12. Distrikts der 74. Hungerspiele.
In den reich geschmückten Hallen des Kapitols werden sämtliche Teilnehmer trainiert, um später einen möglichst eindrucksvollen Gladiatorenkampf liefern zu können. Je erfolgreicher man sich schlägt, desto mehr Sponsoren zieht man auf die eigene Seite und desto besser ausgerüstet zieht man in die Schlacht, in der es nur darum geht, den Blutdurst der Fernsehkameras zu stillen.

Kritik

Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Vielleicht bei der Bestürzung darüber, dass Die Tribute von Panem – The Hunger Games von der Presse so sehr über den grünen Klee gelobt wurde. Der Film ist nicht spannend, nicht außergewöhnlich gut gemacht, kaum eigenständig und frei von Überraschungen. Einzig der Kitsch hält sich zurück und tritt in verträglichen Dosen auf, wenn etwa die sorgende Katniss ihre kleine Schwester in den Schlaf singt. Dafür ist der Science-Fiction-Film an anderen Stellen umso platter. Die Bemühungen, eine bipolare Gesellschaft aufzubauen, verlaufen nach Schema F. Auf der einen Seite die Front der unschuldigen Wälder und der zerfallenden Zivilisation voller Hunger und Armut – zumindest, wenn man darüber hinwegsehen kann, dass sämtliche Schauspieler frisch gewaschen und wohl genährt sind. Auf der anderen Seite die dekadenten Schnösel, Günstlinge des totalitären Regimes, das im Überfluss schwelgt.
Wenn sich die Buchvorlage an den ausführlichen Beschreibungen des Oberschichtenprunks weidet, mag das authentisch wirken und Atmosphäre schaffen. Die Präsentation des verschwenderischen Kapitols wirkt in der Verfilmung jedoch nur unerträglich in ihrer Süffisanz. Aber unerträglich vorrangig deshalb, weil es so billig und platt realisiert wurde. Alles wirkt angemalt, künstlich und plakativ. Die Dekadenz ist ins Comichafte überzogen, dabei aber ohne eine Spur von Schneid.
Optisch ist von Anbeginn an unverkennbar, wer gut und böse ist. Gelfrisuren, ein knurriger Gesichtsausdruck und kantige Schönheit markieren die Bösewichte, die mit bekannter Tölpelhaftigkeit in jede noch so offensichtliche Falle spazieren. Natürlichkeit und weiche Gesichtszüge sind hingegen klare Merkmale von Helden. Die Figuren entsprechen sämtlich dem Klischee, nach dem sie aussehen.
Ein kurzer Lichtblick ist der Fakt, dass die Protagonistin Katniss sich in der interessanten Bredouille befindet, gute Miene zum bösen Spiel machen zu müssen, um die Sympathien der Sponsoren auf sich zu bündeln und damit eine Siegeschance zu bekommen. Das ist als Idee hübsch und in der Umsetzung nicht misslungen, aber auch der einzig wirklich bemerkenswerte Aspekt der ersten Filmhälfte.

Naturgemäß spannender wird es dann, wenn es nach dem recht zähen Trainingskapitel endlich in die Arena und dort ums nackte Überleben geht. Hier muss sich der Stoff aber den Vorwürfen hingeben, unverblümt vom modernen Klassiker Battle Royale zu kopieren, dessen Prämisse es in so gut wie allen Einzelheiten übernimmt
Was konstant bestehenbleibt, sind die vollkommen ideenlosen und deswegen grundsätzlich überflüssigen Dialoge. Die Kämpfe werden angemessen drastisch inszeniert, sind für sich aber auch nur leidlich spannend. Das liegt unter anderem daran, dass der Film einfach viel zu lang ist. Für das Epos, auf das die 142 Minuten ausgelegt sind, reicht die Geschichte vorne und hinten nicht. Zu der stattlichen Laufzeit kommt der Film somit auch nicht, weil er so viel zu erzählen hätte, sondern wegen seiner unendlich langsamen Heldin, die auf alles mit gelähmter Trägheit reagiert und den Zuschauer teils auf eine harte Geduldsprobe stellt. „So lauf doch endlich!“, möchte man ihr zurufen. Aber der Film ist lauter.
Jennifer Lawrence verkörpert das edle Mädel übrigens so gut, wie es nur geht, und spielt mit viel Talent gegen das müde Drehbuch an. Wenn es einen Grund gibt, den Film zu sehen, dann ist es ihre Performance. Eine große Verschwendung von Können, möchte man meinen, wenn da nicht Donald Sutherland wäre. Der Schauspieltitan hat ein paar krümelige Szenen als vollkommen eindimensionaler Patriarch abbekommen, in denen er zwar eindrucksvoll aussieht, aber etwas wird, für das der Begriff „verschenkt“ eindeutig zu gnädig gewählt ist.
Wirklich Mut beweist der Streifen dann doch noch kurz zum Ende, das zwar gut ausgeht, seine Hauptfigur aber mit einer überraschenden Konsequenz auszeichnet, die man sich zwei Stunden früher herbeigesehnt hat.

Fazit

Gary Ross versucht es wieder einmal allen zugleich recht zu machen. Weil Die Tribute von Panem – The Hunger Games gern von allem etwas wäre, ist es am Ende ein Film geworden, der recht wenig hat. Wenig eigene Ideen, wenig Spannung und wenig Charakter. Nach dem schleppenden ersten Part wird es zwar besser, von einem guten Film ist diese Buchadaption dennoch weit entfernt. Dann lieber ein weiteres Mal Battle Royale.

Das Sequel Die Tribute von Panem – Catching Fire kommt im November 2013 in die Kinos und ist dann hoffentlich eines der wenigen Filmexemplare, die gelungener sind als ihr erster Teil.