Train to Busan

Yeon Sang-ho machte ab 2011 durch zwei recht spezielle animierte Filme von sich reden, die beide versuchten, ernste, teils wahre Begebenheiten aufzuarbeiten. Seinen absoluten Durchbruch erfährt er gerade aber mit einem Zombie-Action-Film, der bereits im letzten Jahr auf dem Fantasy Filmfest ausschließlich auf Lob und Begeisterung gestoßen ist: Train to Busan.

Raus hier! Alle raus, schnell!

Story

Als Fondsmanager ist Seok-woo nicht der angesehendste Teil der Gesellschaft. Zudem ist er geschieden und findet kaum Zeit für seine Tochter. So auch an ihrem Geburtstag, and dem sie unbedingt zu ihrer Mutter nach Busan fahren möchte; notfalls auch alleine. Also reißt sich der Geschäftsmann zusammen und steigt mit ihr in den Hochgeschwindigkeitszug KTX. Quasi zeitgleich greift ein Zombievirus um sich und entvölkert rasch Stadt um Stadt. Auch im fahrenden Zug selbst grassieren bald die Infektionen, fleischhungrige Ungeheuer wildern zwischen den Sitzreihen und die Überlebenden sind ängstlich, überreizt und voller Misstrauen.

Kritik

Von einem neuen Kapitel des, mindestens aber frischem Wind in dem ausgelaugten Genre des Zombiefilmes ist immer wieder die Rede, wenn von Train to Busan gesprochen wird. Es ist mehr als fraglich, warum der südkoreanische Streifen so gehandelt wird.
Die Exposition zu Beginn ist fernab von originell, aber flutscht ohne schlimme Längen durch die ersten Szenen und Minuten. Sobald der Zug bestiegen und der erste Zombie fresslustig durch den Wagon gestolpert ist, wähnt man sich inszenatorisch und vor allem auch dank des Soundtracks in einem 90er-Jahre Actionfilm à la Con Air.  Und die ersten Minuten ist das eine durchaus erfrischende Erfahrung, denn lange ist es her, dass Derartiges gemacht und gesehen wurde. Das Ziel des Filmes ist klar: Rasanz, Atemlosigkeit, höchste Spannung.
Doch dann stauen sich die ungenießbaren Momente immer häufiger und lassen die Ziele in weite Ferne rücken. Inszenatorisch fehlte es nämlich entschieden an passenden Einfällen, um das besonde Setting des fahrenden Zuges interessant zu nutzen. Stattdessen wird viel geschrien und viel auf der Stelle getreten, während sich die Geschichte relativ höhepunktlos durch Standardsituationen hangelt. Das alles hätte Potential gehabt, wenn die Figuren nicht allesamt schrecklich eindimensional, unsympathisch, unglaubwürdig und dumm wären. Sind sie aber, und wie. Die Dialoge sind zum Augenverdrehen, manche Handlungen unbegreiflich kurzsichtig und bestimmte Reaktionen und Entwicklungen kaum nachvollziehbar. Und da man sich in Folge nicht um das Vater-Tochter-Gespann wie um die Nebenfiguren kümmert, fehlt es auch den Gefahrensituationen an Dringlichkeit.
Hinzu kommt, dass die Zombies ästhetisch und auch hinsichtlich ihrer Motorik zwar durchaus beachtenswert erdacht wurden, das Budget aber offensichtlich nicht reichte, die Konzepte auch zu einer adäquaten Darstellung zu bringen: Während das Make-Up vollkommen in Ordnung geht, sehen sowohl einzelne Zombies als auch Massen von Untoten in Bewegung hakelig und klar animiert aus – dass sich hierbei häufig Dinge in Zeitraffer zu bewegen scheinen, verbessert den Eindruck um keinen Deut.
Wenn das Ganze sich dann nicht zu schade ist, gängige Klimaxregeln zu ignorieren, immer kitschiger zu werden und die Sache weitestgehend ironiefrei abzuspulen, bieten die knapp zwei Stunden Zombieaction leider nicht das versprochene und gepriesene Adrenalinkino, sondern viel zu häufig Ärger und Langeweile. Letztlich findet hier keine originelle Perle aus Südkorea zu uns, sondern nur die asiatische Version einfältigen Hollywoodradaus.

Randbemerkung: Aufgrund eines Irrtums des Kinobetreibers wurde der Film nicht OmU, sondern in der teils körperliche Schmerzen bereitenden Synchronfassung gezeigt. Es mag sein, dass der Film im Original sehr anders, weniger plump und an vielen Ecken gelungener ist als die lieblose und blecherne eingedeutschte Version ausfällt.

Fazit

Eine schlimme Synchronisation, platte Figuren, einfallslose Action, kitschige Ausbrüche und sichtbare Budgetmängel führen leider dazu, dass Train to Busan nicht die herbeigesehnte Zombie-Action-Revolution ist und anstatt Nervenkitzel vielmehr Frust und Überdruss provoziert.

The Expanse – Staffel 1

Daniel Abraham und Ty Franck taten sich zusammen, bastelten aus ihren zweiten Vornamen das Pseudonym James S. A. Corey und veröffentlichten unter diesem eine Romanserie namens The Expanse, welche sowohl bei Kritikern als auch bei Fans fortan gefeiert wird. Ein knappes Jahr später kauft sich SyFy die Rechte, holt ein paar gute Schauspieler an Bord und verfilmt das erste Buch Leviathan Wakes in 10 Folgen..
Die Produzenten bilden ein illustres Gespann aus Verantwortlichen für The Book of Eli, Iron Man und Children of Men.

Shit just follow you around, don’t it kid?

Story

Das Sonnensystem ist im 23. Jahrhundert zu Teilen besiedelt. Die politisch stärksten Fraktionen sind Erde, der mittlerweile unabhängige Mars und der Mond. Aber auch die Belter, Bewohner eines Asteroidengürtels, der für die Gewinnung unabdingbarer Ressourcen bewohnt und bearbeitet wird, erheben langsam ihre Stimme, weil sie sich ausgebeutet fühlen. Dort wird eine militante Widerstandsgruppe gegründet. Inmitten dieser turbulenten Zeit wird der abgehalfterte Polizist Philipp Mogg damit beauftragt, die aufsässige Tochter eines Würdenträgers aufzuspüren. Der Fall stellt sich rasch als schwieriger und brisanter heraus als es eingangs noch den Anschein hat. Unterdessen muss sich die Crew der Canterbury von einer Katastrophe erholen und gerät zeitgleich zwischen die Fronten einer politischen Pattsituation, die sich als wahres Pulverfass herausstellt – für die die Besatzung das Streichholz darstellt.

Kritik

Man bedient sich sichtlich am Erfolg von Batttlestar Galactica: Es scheint keine Aliens zu geben, Politik spielt eine große Rolle, die Reibereien der Klassen und die aufgefächerten, synchron ablaufenden Handlungsstränge mehrerer gleichwertiger Protagonisten sind ebenso eminente Teile des BSG-Erfolgsrezeptes wie der Fokus auf Gesprächen statt auf Action. Dabei wirkt The Expanse aber nie so, als wolle es ein zweites Battlestar Galaactica sein, die Ähnlichkeiten lassen sich vielmehr nur formal feststellen, während die Serie ansonsten viel zu eigenständig ist, als dass es – vor allem negativ – auffallen könnte.
Der Hard-Boiled-Ermittler Philipp Moog (der Name sagt es eigentlich schon) ist ein ziemliches Abziehbild, wird vom tollen Thomas Jane aber rasch mit überraschend viel Leben und Charisma versehen und bleibt schon nach Minuten bereits als markiger, interessanter Typ in Erinnerung, der seinen eigenen Storyfaden ohne Probleme alleine spinnen kann.
Die rasch dezimierte Crew, deren Odyssee und Überlebenskampf im Weltraum gut 50 Prozent der Serie ausmachen, muss ihren Platz im großen Ganzen erst finden. Unterdessen überzeugt sie mit passender Dynamik, nachvollziehbaren Handlungen und einem durchaus spannendem Abenteuer.
In der Kerndisziplin, den Dialogen, funktioniert die Serie tadellos. Sie sind gut und glaubhaft geschrieben, die Figuren sind sinnvoll ausgearbeitet, haben klare Rollen, jedoch allesamt genug Raum für Geheimnisse, tote Winkel und Entwicklung. Die Konflikte und Probleme auf persönlicher wie auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene wirken nie aufgesetzt. Die verschiedenen Handlungsorte im Weltraum und in der schattigen, engen Minenkolonie sind darüber hinaus so unterschiedlich, dass nie Eintönigkeit Einzug hält – auch wenn beide Settings sich die räumliche Eingeschränktheit teilen, wenn auch auf anderen Ebenen: Das ist klug und geht als Idee wunderbar auf. .Der, deutlich geringere, Actionanteil zieht hier aber den Kürzeren. Zwar bemüht man sich merklich um Dynamik, doch einerseits fallen die Scharmützel grundsätzlich viel zu unübersichtlich aus und sind etwas spröde choreographiert, andererseits fällt hier wieder auf, was sich durch die gesamte Serie zieht: Die Effekte sind bestenfalls okay. Jede Aufnahme der Action wird früher oder später von etwas aus der Mode gekommenen Effekten gestört. Und dieser Makel findet sich überall wieder: Der Vogel, der dem Ermittler immer wieder vor der Nase herumfliegt, sieht so unecht aus, dass man sich zusammenreißen muss, um nicht unangenehm berührt zur Seite zu gucken, die Schiffe und Basen im Weltall können ihre animierte Natur ebenso wenig verbergen wie die im letzten Viertel der Serie zunehmenden Effekte in den Innenräumen. Eine so starke Betonung mäßiger Effekte mag übertrieben streng erscheinen, fällt aber deswegen so schwer ins Gewicht, weil sich The Expanse ansonsten sehr stilsicher gibt. Die nasse, schattige Welt voller Unzufriedenheit ist auf ihre Weise ebenso am Brodeln wie das glatte, bürokratische Pendant auf der Erde, wo man die Politkerin Chrisjen Avasarala regelmäßig Ranküne schmieden sieht, die sich auf die Serienhandlung bisher kaum auswirken, in Sachen Stimmung und Geschwindigkeit aber immer wieder das Gesamtgefüge etwas erden.

In unregelmäßigen Abständen gibt es außerdem immer mal wieder blutige, eklige Einschübe, die sich allerdings sauber ins erwachsene Szenario einfügen, ohne aufgesetzt und effektheischend zu wirken. Das ist per se natürlich nicht schlimm, kann den Zuschauer aber auch kurzzeitig aus der Welt und lässt sie dadurch „löchrig“ wirken, was schade ist, da die effiziente Inbesitznahme des Zuschauers Blut und Wasser für die Serie ist.
Irgendwann nach etwa Zweidritteln der Serie wird klar, dass der Plot – jedenfalls bisher – recht gängigen Mustern folgt. Was da passiert, um was es geht und wie damit umgegangen wird, ist alles andere als innovativ, sondern Teil des Grundsatzbaukastens für SF-Geschichten. Wie es aber erzählt wird, ist derart erfreulich, dass man dies der Serie kaum länger als ein paar Minuten vorwerfen möchte. Denn die erfreulich gut aufgesetzten Schauspieler in ihren interessanten Rollen und die wunderbar muffige und intensive Atmosphäre kreieren eine charakterstarke Diegese, in der jeder Winkel seinen ganz eigenen Reiz hat. Da verzeiht man auch, dass zwei der insgesamt 10 Folgen qualitativ sehr im Durchschnitt stecken, ehe es danach wieder langsam bergauf geht.

Fazit

Bei The Expanse handelt es sich um eine Serie, die vor allem durch ihre Stimmung und die kantigen Figuren besticht. Die Geschichte wird toll erzählt, ist selbst aber nichts Besonderes – aufgrund der formalen Umstände, aufgrund der Liebe, mit der die Romanwelt in die Serie übertragen wurde, ist man aber gerne geneigt zu glauben, dass die erste Staffel nur der Anlauf war, um daraufhin später kopfüber ins Potential zu springen, das zweifelsohne da ist. Die sechsteilige Buchvorlage dürfte schließlich nicht grundlos so preisbehangen sein.