Guardians of the Galaxy

Marvel pokert seit dem wachsenden Serienerfolg hoch und immer höher. Für die größten Filme holen sie sich Underdogs an Bord. Erst Jon Favreau, dann Joss Whedon und nun schließlich für
Guardians of the Galaxy James Gunn, der bisher ‚lediglich‘ durch die launige Sci-Fi-Komödie Slither und die verstörende Superheldenreflektion Super – Shut up Crime! von sich reden machte.
Ja, Marvel pokert. Und wieder verlassen sie den Tisch mit fast schon frech hohem Gewinn.

Where did you learn to do that?

Story

Nachdem Peter Quill in frühen Kindestagen quasi vom Sterbebett seiner Mutter hoch in ein Raumschiff gesogen wurde, wo er wider Erwarten nicht als Alienfutter diente, reist er als rebellischer Tagedieb durch die Galaxie, um im Auftrag von schmierigen Artefakthändlern Zeug aus Ruinen zu bergen, während er sich selbst großmäulig als Star-Lord betitelt.
Das neuste Zeug hat für viele Leute offenbar großen Wert, denn inmitten seines Einsatzes wird er von einer anderen Fraktion angegriffen, die das begehrte Artefakt ebenfalls einheimsen wollen. Es ist ein Orb, dem unermessliche Kräfte zugeschrieben werden.
Zwar kann Peter entkommen, doch endet das Treffen mit seinem Kontaktmann in einem unvorhergesehenen Chaos, bei dem ein bis an die Zähne bewaffneter Waschbär namens Rocket, ein wandelnder Baum namens Groot und der undurchsichtigen wie grünhäutigen Gamora mitwirken. Alle zusammen werden sie von den Ordnungshütern überwältigt und in ein Hochsicherheitsgefängnis verschifft.

Kritik

Hier ist er also, Marvels großer Abstecher in die Abenteuer der Galaxiewächter, die als Ensemble um Welten unbekannter sind als die mächtigen Rächer mit den Haupthelden des Comicimperiums, aber mindestens ebenso gut funktionieren.
Ausschlaggebend für das Gelingen eines Ensemblefilmes ist die Gleichwertigkeit der Figuren. Jede benötigt ebenso einen eigenen, unverwechselbaren Charakter, wie auch eine unaufgesetzte Relevanz für das Geschehen. Weder Waschbärenwüterich Rocket noch die grollende Ein-Satz-Pflanze Groot verkommen zu albernen Sidekicks und auch Gamora als Vierte im Bunde ist keineswegs nur eine leere Hülle mit der Aufschrift ‚Love-Interest‘. Drax der Zerstörer, welcher das Team später komplettiert, kann sogar mit einer unverwechselbaren Charaktereigenschaft punkten und fügt sich damit nahtlos ins Team, auch wenn er bezüglich seiner Notwendigkeit ein unmerkliches Bisschen hinter seinen Kollegen zurückbleibt, was aber alles andere als relevant ist. Chris Pratts Darstellung des großspurigen Anführers mit Indiana-Jones-Allüren hinkt den anderen Figuren sogar etwas hinterher. Die Verschrobenheit von Peter kann dies jedoch locker wieder ausgleichen.
Um auf den Punkt zu kommen: Es stimmt nicht nur die Team-Chemie, es stimmt einfach alles in Guardians of the Galaxy. Natürlich ist die Geschichte nicht preisverdächtig und nicht jeder Witz trifft ins Schwarze. Der Punkt ist aber, dass jene Witze, die dies doch tun, regelmäßig mit ungeahnter Sicherheit im Schwarz versinken, sodass alles andere hiervon in den Schatten gestellt wird.
Der Humor des Filmes ist auf eine Weise frech, unbekümmert und ungezwungen rüpelhaft, dass man binnen kürzester Zeit mitgerissen wird. Nur selten wirken Witze aus der Reihenfertigung, wie es bei größeren Produktionen oftmals der Fall ist, sondern, im Gegenteil, es wird andauernd versiert mit Erwartungen gebrochen. Dies geschieht mit so selbstverständlicher Fingerfertigkeit, dass es fern liegt, anzunehmen, dies würde aus irgendeinem kalten Kalkül heraus passieren. Guardians oft he Galaxy ist einfach aus sich heraus so unverfroren wie unverkrampft witzig; nein: zum Brüllen komisch.
Weil die Charaktere so behutsam ausgearbeitet sind und im Team einfach herrlich harmonieren, kommt man andererseits nicht für eine Sekunde auf die Idee, der Film wäre nichts weiter als Komik. Trotz der phasenweise überbordenden Absurdität nimmt er das Innenleben seiner Charaktere nämlich sehr ernst, ohne auch hier jemals angestrengt zu wirken. Gunn gelingt es, das Beste aus Slither und Super miteinander zu vermischen und all die Ecken und Kanten seiner kleinen Filme auszusparen.
Ein wenig erinnert Guardians of the Galaxy tatsächlich an den Leinwandausflug von Firefly. Wie auch bei Serenity kann man an einigen Punkten meinen, man sähe gerade einen kleinen Kinokompromiss, weil der Film einen Hauch zu teuer und familiär ist, um sich vollends seiner Anarchie hinzugeben. Die Filme teilen sich aber genauso das unbestreitbare Faktum, mit ganzem Herz gedreht worden zu sein – und das spürt man in jeder Szene. Tatsächlich ist Guardians of the Galaxy noch einmal deutlich gelungener als Serenity und muss sich auch vor Whedons Avengers in keiner Form verstecken. Zwar ist es schon der kleine Bruder dieses Filmes, jedoch bedeutet dies eben auch, dass er von seinem großen Bruder lernt, sich mehr Freiheiten erlauben kann und grundsätzlich nicht einfach nur ‚genauso bloß weniger‘ ist, sondern gänzlich andere Attribute aufweist als das Zugpferd des Hauses.
Nicht nur der grandiose Humor, auch das bewusst und stilsicher überzeichnete Figureninventar und die gekonnt auf altmodisch getrimmten Masken lassen darüber hinaus oftmals an die besten Momente von Farscape denken. Und damit stehen so viele Vergleichsnamen für diesen Film in einem Text, dass sich jedes weitere Wort über dessen Qualität eigentlich sofort erübrigt.
Auch die Action ist in der Regel gut gelungen und befindet sich meist in einem bemerkenswerten Zusammenspiel mit ruhigeren Momenten zum Atem schöpfen und – natürlich – treffsicheren Witzen, sodass sie nie ermüdend oder selbstzweckhaft wirkt, sondern sich trotz ihrer starken Präsenz immer perfekt in die Geschichte fügt. Lediglich die finale, mehrstufige Schlacht ist eine Spur zu hektisch geraten.
Was in der deutschen Fassung fehlt, sind die tollen Synchronsprecher des Originals. Tatsächlich wirkt die Übersetzung oftmals etwas billig und ihrer Materie überhaupt nicht gewachsen.

Fazit

Das erste Abenteuer von Marvels Randgruppen-Helden ist ein enormer Spaß mit erfreulich hohem Dreistigkeitsfaktor geworden, dessen Dramaturgie – im Vergleich zu vielen anderen Späßen – aber durchweg hervorragend funktioniert.
Ein Film, der genau wie seine Figuren rebellisch und liebenswert zugleich ist und sich damit ganz ohne Frage als bester Sommerfilm des Jahres empfiehlt, ungeachtet der Pejorativum-Natur, die diesem Begriff in den letzten Jahrzehnten anhaftete.
Und James Gunn empfiehlt sich mit diesem Streich definitiv für was Größeres, könnte man sagen, wenn Guardians of the Galaxy nicht bereits eine verdammt große Angelegenheit wäre.

The Return of the First Avenger

Das unzusammenhängende Daumenkino vor dem Marvellogo, das Sprechblasen, bleiche Helden und eine Milliarde Geschwindigkeitslinien vorbeiflattern lässt, ist nun schon seit deutlich mehr als 10 Jahren der allen vertraute Einband für ganz besondere Geschichten. Captain America – The First Avenger war 2011 ein Tiefpunkt dieser Geschichten, ein ziemlicher Schnarcher – zusammen mit Iron Man 2. Marvel gelang es aber, sich schnell zu fangen, die Avengers retteten die Welt und verpassten dem Riesen-Franchise wieder frischen Atem.
Nach Iron Man 3 ist Captain America 2 – The Return oft he First Avenger an der Reihe und gibt auch für sich Entwarnung.

This isn’t the age of spies. This is not even the age of heroes. This is the age of miracles… and there’s nothing more horrifying than a miracle.

Story

Steve Rogers hat es den HYDRA-Nazis gezeigt, verbrachte einige Jahrzehnte im großen Eis und schlug gemeinsam mit den Avengers Thalos‘ Schergen zurück.
In der Zwischenzeit hat er sich den Gepflogenheiten der Gegenwart schrittweise angenähert, findet seine Erfüllung insgeheim aber weiterhin in dem Befolgen von Befehlen – in diesem Fall von S.H.I.E.L.D.
Ein Umstand, der sich ändert, als nicht nur ein mysteriöser Antagonist auftaucht, sondern auch die internen Strukturen der S.H.I.E.L.D.-Organisation ganz offensichtlich von Innen heraus verdorben sind. Plötzlich befindet sich Rogers, alias Captain America im Fadenkreuz der Helden-Agenten und muss auf eigene Faust gegen sämtliche Fronten ermitteln. Zur Seite steht ihm nur Natascha Romanoff als Black Widow.

Kritik

Der Anfang lässt sich Zeit und gewährt Wiederholungen zugunsten von Quereinsteigern leider einer tieferen Charakterarbeit gegenüber den Vorzug. Die Witze sind noch ein wenig gezwungen und auch einige Seltsamkeiten, wie die Tatsache, dass Nick Fury offensichtlich nicht in Besitz eines Handys ist, stören das Gesamtbild zwar, doch bereitet auch das Anlaufnehmen durchaus schon eine gewisse Freude, die nur durch die zu hastigen Schnitte kleinen Abbruch findet.
Dann wird es mit einem Schlag sehr wild und dramatisch, wenn die Geschichte endlich richtig loslegt.

Im Gefolge hat die Spionage- und Geheimagentenstory ein paar wirklich beeindruckende Actionsequenzen, die teilweise hochgradig konstruiert und daher ebenso absurd und damit umso temporeicher ausfallen. Doch zur Geschichte, denn The Return of the First Avenger gelingt hier ein kleines Wunder. Einerseits geht man – endlich – weg von der omnipräsenten, mit jedem Film anwachsenden Zerstörung, um die fadenscheinig eine schablonenartige Heldengenese entsteht, und widmet sich, wenn man so möchte, einem ganz anderen Genre. Neben dem ansehnlichen Actionpart ist die Suche nach dem Winter Soldier eine elektrisierende Schnitzeljagd geworden, während dieser Recherche und Kombinationsgabe die beiden Helden durch die Vereinigten Staaten führen. Dies ist der im Durchschnitt wohl ruhigste Film des neuen Marveluniversums, wodurch einiges an Abwechslung entsteht – ein nur scheinbares Paradoxon, das sich Hollywood früher oder später zwangsläufig aneignen muss, um in der werdenden Filmlandschaft weiterhin Erfolge zu verzeichnen. Andererseits vollbringt man das Kunststück, eine halbwegs geerdete Geschichte um Überwachung und Doppelagenten an den richtigen Passagen mit ordentlich Comic-Wind in Fahrt zu bringen, ohne die eine oder andere Ebene wie einen Fremdkörper wirken zu lassen. Das entlastet nicht nur übersättigte Sehgewohnheiten, die auf eine x-te Wiederholung des Heldensage-Schemas gefasst waren, es bringt vor allem das ganze Genre der Comicverfilmungen auf ein neues erzählerisches Niveau, wo weit mehr möglich ist als in den niederen Gefilden der Ein-Mann-Gegen-Den-Superschurken-Penrose-Treppe.
Schade, dass im letzten Akt dann doch auf klassische Kampffinale-Mittel gesetzt wird, anstatt die mutige Linie weiterzuverfolgen. Das funktioniert auf bewährte Weise gut, wirkt aber gerade im Vergleich zum vorwärtsgerichteten Teil der Geschichte ein wenig inkonsequent.

Fazit

Nach dem müden Trip durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs hieven Joe und Anthony Russo den Marvel-Patrioten in die bessere Hälfte dieses Universums. Trotz der angestrengten Dialoge, die den klaren Tiefpunkt des Filmes graben, besticht das Gesamtkunstwerk durch große Stimmigkeit – nicht trotz, sondern wegen ungewöhnlicher Genreeinflüsse im Heldenuniversum.

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

Nicht jeder stimmte in den Jubel mit ein, als bekannt wurde, dass Bryan Singer wieder das Ruder im neuen X-Men übernehmen würde. Nicht etwa, weil X-Men und X-Men 2 schlechte Filme gewesen wären, sondern weil Matthew Vaughn sich als der kompetentere Geschichtenerzähler erwiesen hat, als er die Mutantentruppe mit seinem X-Men: Erste Entscheidung mit einem Schlag von dem Debakel X-Men: Der letzte Widerstand emanzipierte.
Für X-Men: Zukunft ist Vergangenheit kann aber Entwarnung gegeben werden.

Patience isn’t my strong suit.

Story

Wir schreiben das Jahr 2023, die Zivilisation hat sich in sich selbst verbissen und schließlich getötet, die wenigen verbliebenen Mutanten werden von Robotern, den sogenannten Sentinels, die sich auf jede nur denkbare Fähigkeit einstellen können, gejagt und niedergestreckt.
Der Kern der alten X-Men-Garde sucht eine Dame namens Shadowcat, die die Fähigkeit besitzt, das Bewusstsein einer Person in die Vergangenheit zu schicken, wo es in seinem jüngeren Körper landet. Eine Reise, die sich über mehr als einen Monat erstreckt, würde normale Wesen das Leben kosten. Da Logan mit seinen ausgeprägten Selbstheilungskräften aber keineswegs als normales Wesen durchgeht, sendet man ihn in das Jahr 1973, um dort die jungen und wenig einsichtigen Kontrahenten Charles Xavier und Erik Lensherr miteinander zu versöhnen und den katastrophischen Lauf der Zeit zu ändern. Unterdessen tickt die Uhr in der Gegenwart, denn die Sentinels sind den verbleibenden Widerständlern dicht auf den Fersen.

Kritik

Nach einem etwas ärgerlich-generischen Anfangsmonolog und dem klassisch semi-trashigen Vorspann in Metalloptik mit Klingengeräuschen und gediegenen Cube-Anleihen kommen prompt die ersten unbekannten Mutanten ins Spiel, die sämtlich einem Spezialeffekte-Film unseres Lieblingsfilmlandes Japan entsprungen sein könnten und zum Teil auch recht eilig das Zeitliche segnen. Ein paar Ekelbeben in Erinnerung an X-Men: Der letzte Widerstand können da natürlich nicht ausbleiben. Doch zu Glück erfährt diese Vision keine entsprechende Einlösung in der Praxis. Im Gegenteil, es kommt ganz anders. Es kommt weitaus besser.
Vor allem anderen fällt aber auf, wie unbeschwert und locker die neuste Auskopplung der Marvel-Serie geworden ist. X-Men: Zukunft ist Vergangenheit ist voll von ungezwungenem Humor. Das führt in manchen Szenen sogar so weit, dass sich der Film kurzzeitig zu einer ziemlich albernen Slapstick-Komödie wandelt. Doch da das ‚albern‘ eines dieser seltenen guten ‚albern‘ ist und das ‚ziemlich‘ ein ‚ziemlich‘ wie vor ‚ziemlich witzig‘ ist, kann man zwar die fehlende Ernsthaftigkeit bemängeln, aber zugleich nicht verleugnen, dabei Freude zu empfinden.
Funktionieren tut das Gesamtwerk vornehmlich deswegen, weil alte Tugenden und Thesen trotz des komödiantischen Übergewichts sinnvoll aufgenommen und weitergeführt werden. Dieser neue X-Men-Film beweist nicht trotz, sondern zusätzlich zu seiner Freude am Spaß die Fähigkeit, die guten Aspekte seiner Vorgängerfilme zu schultern und gekonnt in seine eigene Geschichte mit hineinzunehmen. Der Film wirkt frisch und jung, aber er trägt ein mittlerweile doch recht komplexes und vor allem sehr schweres Erbe mit sich herum. Der mediale Terror; die Belagerung und Verdinglichung aller fremden Geschöpfe durch die eingeschüchterten Menschen; die inneren Konflikte der Ausgestoßenen und Abgesonderten; die Macht der Angst und ihre verheerende Stärke. All das ist weiterhin Thema und wird sehr sinnig integriert.
Dies macht X-Men: Zukunft ist Vergangenheit nicht nur zum kurzweiligsten, sondern neben X-Men: Erste Entscheidung auch zum ernstzunehmendsten, zum relevantesten Teil der Serie. Der Dank hierfür gebührt der lobenswerten Tatsache, dass sich der Film nur scheinbar am außer Kontrolle geratenen Wettkampf der Comicverfilmungen anschließt, mit jeder bewältigten Herausforderung beim nächsten Schritt noch mehr Zerstörung und Epos sein zu müssen, beim nächsten Mal alles noch größer, lauter und bedrohlicher zu gestalten. Auf den ersten Blick mag es um die gesamte Zukunft der gesamten Erde gehen, eigentlich aber steht das Schicksal Weniger im Vordergrund. Man fiebert nicht um das Leben anonymer Bewohner irgendwelcher gesichtsloser Großstädte, sondern um alte Bekannte, die sich im Laufe ihrer bunten Abenteuer der vergangenen 14 Jahre Profil und eine eigene Filmbiographie erarbeitet haben.

Einige Figurenhandlungen sind kaum nachvollziehbar und wirken teils seltsam schlecht durchdacht. Hier merkt man: Es sind nun mal Comiccharaktere. Das ist keine Rechtfertigung, die funktionieren kann, denn mit der Kritik muss der Film einfach leben, aber belassen wir es bei der Erwähnung.
Das Aufeinandertreffen der Generationen, das Trailer und Synopsis erwarten lassen, ist übrigens kaum Thema des Filmes. Fast die ganze Geschichte gehört dem alterslosen Wolverine und den jungen Alter Egos von Professor X, Magneto, Beast und Raven. Einige alte Bekannte werden dafür wortwörtlich verschleudert. Tatsächlich kommen deutlich weniger Mutanten als in jedem anderen Film der Reihe vor, anders wäre die Geschichte in ihrer eleganten Schlankheit aber auch nicht zu verwirklichen gewesen.
Charmebolzen Peter Dinklage gibt den flachen Schurken Bolivar Traske seinem Profil entsprechend und macht eine bessere Figur, als jeder andere an seiner Stelle es wohl getan hätte, gegen die Einseitigkeit seines fanatischen Kittelträgers mit Nazi-Allüren kann er aber auch nicht anspielen.

Neben ein paar sehr rüden Nachlässigkeiten in Bezug auf die Konsistenz des Gesamtkanons lässt sich – natürlich – auch in der Zeitreiselogik Unstimmigkeit finden. Es wird viel Lärm darum gemacht, dass man nur diese eine Chance hätte und das Unterfangen auf jeden Fall glücken müsse, sonst gäbe es nur noch Ende. Aber wieso denn eigentlich? Genaugenommen spräche nur wenig dagegen, bei einem Misserfolg einfach wieder jemanden in die Vergangenheit zu katapultieren. Und wieder und wieder und wieder, bis eben alles im Lot ist. Die notwendige Reise müsste sich nicht über Jahrzehnte erstrecken, sondern nur bis zum Start der vorangegangenen Reise selbst gehen und diese verändern, was höchstens ein paar Tage sein dürften.

Fazit

Nach den mittelmäßigen Spin-Offs, dem desaströsen Trilogieabschluss und der überraschenden Kehrtwende des Prequels macht Bryan Singers dritter Ausflug in das Marvel-Universum eigentlich alles richtig.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit macht Spaß, ist selbstsicher und persönlich, ehrt beide Generationen und öffnet auf eine charmante Weise Türen.
Und damit schließt sich ein Kreis, wodurch die Zeitreisestory ungeachtet kleinerer Schnitzer, ihren Auftrag bestens erfüllt.

Wolverine: Weg des Kriegers

X-Men Origins: Wolverine berauschte nicht an der Kinokasse und auch nicht in Kritiker- und Fankreisen. Der Nachfolger sollte alles besser machen: Die X-Men-Schreiberlinge wurden an Bord geholt, Hugh Jackman vertilgte vor sechs Monate vor Drehbeginn stolze 6 Mahlzeiten am Tag, chattete mit Fans und schmiss mit Geld um sich.

I feel violated.

Story

Nach den wenig erfreulichen Ereignissen des wenig erfreulichen X-Men: Der letzte Widerstand hat Logan die Nase voll Mensch wie Mutant und verkriecht sich tief im kanadischen Gehölz, um mit der Vergangenheit zu hadern und sich einen stattlichen Bart zu züchten.
Doch wie das mit Superhelden und ihrem Wunsch nach Einsamkeit nun mal so ist, steht irgendwann ein kesses Mädchen in Leder vor ihm und macht ein Angebot, dass der ehemalige Held kaum ausschlagen kann.
Offizier Yashida, dem er 1945 beim Atombombenabwurf in Nagasaki das Leben rettete, liegt im Sterben und ruft nach seinem alterslosen Retter.
Wolverine setzt also nach Japan über und stellt fest, dass sein damaliger Schützling nicht nur ein einflussreicher Unternehmer ist, sondern auch das Schicksal aller einflussreichen Unternehmer in Japan teilt: Er befindet sich im Fadenkreuz der Yakuza. Viel interessanter ist aber eine fantastisch klingende Forderung des Alten. Er kann Logans Selbstheilungskräfte auf sich übertragen und ihn somit wieder sterblich machen.
Ehe sich Logan die Sache ein zweites Mal durch den Kopf gehen lassen kann, befindet er sich mit der Tochter Yashidas auf einem Spießroutenlauf durch die japanische Unterwelt.

Kritik

Dass die Drehbuchautoren des ersten X-Men-Teils über diesem Film meditierten, ist nicht der Glücksfall, nach dem es eingangs vielleicht klingt. Denn auch die Geschichte des Erstlings war keine Glanzleistung. Wie spannend wäre es gewesen, wenn stattdessen der kurze Zeit in Verhandlung gestanden habende Simon Beaufoy, der für Boyle 127 Hours und Slumdog Millionär verschriftlich hat, und Regisseur Guillermo del Toro, dem die Drehzeit letztlich zu lang war und der deshalb Pacific Rim aus dem Ärmel schüttelte, sich der Sache mit dem Krallenmann angenommen hätten. So sind die inneren Werte von Wolverine: Weg des Kriegers nahezu identisch mit denen seines Vorgängers geworden.
Doch Hand aufs Herz, so schlecht war X-Men Origins: Wolverine gar nicht. Gute Unterhaltung mit dem prominentesten Mitglied der gelbgekleideten Heldentruppe unter Charles ‚Racer‘ Xavier. Doch trotz geringerer Erwartungen ist der Nachfolger sogar noch etwas weniger gut als der erste Soloausflug von Wolverine.

Die Action ist wieder sauber und schnittig inszeniert, leider aber genauso höhepunk- wie bluttarm. Wenn der Film bemüht ist, diesen Missstand gezielt zu bereinigen, wirken die angestrebten Highlights zu sehr over the top und aufgesetzt. Dafür hat der Film in den ersten zwei Dritteln ein angenehm straffes Tempo. Immer passiert irgendwas, das zudem angenehm rhythmisch gefilmt ist, und unterm Strich geht der Streifen runter wie Öl. Bis dann im letzten Drittel plötzlich Ideenarmut die Oberhand gewinnt.
Das Hauptproblem ist wie so oft ein schrecklich einfaches: Nicht so richtig in die Pötte kommt der Film, was in erster Linie daran liegt, dass er keine nennenswerte Geschichte zu erzählen hat.
Was für vieles entschädigt, ist der gewaltige Jackman-Bonus. Der Mann ist bereits seit 13 Jahren der grantige Wolverine und gibt sich hier das sechste Mal die Ehre, den wölfischen Außenseiter fürs Kino zu verkörpern. Das erhoffte Wolverine-Stillleben ist auch das zweite Soloabenteuer nicht geworden, sondern „nur“ ein solider Actionfilm mit großem Figurenbonus. Wenn man genau das erwartet und in erster Linie auf eine deftige Portion Logan aus ist, wird man sicher auf seine Kosten kommen. Einziger Wehrmutstropfen sind die penetranten Visionen von seiner verstorbenen Herzensdame, die vom Prinzip her zur Figur passen, doch denkbar unpassend in Szene gesetzt sind. Auch die erquickliche Kongruenz von Hugh Jackman und Wolverine in Sachen Physis täuscht kaum darüber hinweg, dass der adamantiumbewährte Mutant noch einmal ein Stück weichherziger und menschlicher geworden ist. Von dem triebergebenen Wüstling aus dem Comics ist kaum etwas zu sehen. Dazu ist diese Interpretation einfach zu domestiziert.

Ebenfalls recht ärgerlich ist der Umstand, dass Japan als frischer und exotischer Handlungsort überhaupt nicht genutzt wird. Stattdessen verkommen die Japaner teils fast schon zur Karikatur und das Land mit seinen reichhaltigen Möglichkeiten (vor allem in Sachen kultureller Differenz zum Rest der Welt) wird für den Westen in faden Häppchen ohne Würze auf dem plumpen Klischee-Löffel präsentiert. Das geht so weit, dass Japan entweder rückständig, schräg, böse oder alles zusammen ist. Nur nicht so aufregend und anders, wie dieses Fleckchen Welt und damit die Geschichte hätte sein können. Nicht nur Logan, der ganze Film verhält sich hier wie die Axt im Walde. Jammerschade, weil der zugrundliegende Comic (mit dem der Film sowieso wenig mehr als Protagonisten und Schauplatz gemein hat) hier mit deutlich mehr Substanz aufwartet.

Fazit

Die Chance, das zweite Mal alles besser zu machen, bieb sträflich ungenutzt. Eine lasche Story in einem Land, das viele Möglichkeiten geboten hätte, von denen kaum eine genutzt wird. Trotzdem ist es auch dieses Mal eine Freude zu betrachten, wie Wolverine durch Hugh Jackman Leben eingehaucht wird.
Hoffentlich darf der Krallenmann eines Tages in einer angemessenen Geschichte über die Leinwand huschen.
Wolverine: Weg des Kriegers ist leider nur ein gewöhnlicher Actionfilm, dessen interessantester Aspekt die Vorschau nach dem Abspann ist.

The Amazing Spider-Man

Direkt nach dem ersten eigenen Film, der dazu auch noch die Independent-Beziehungskomödie (500) Days of Summer ist, von Marvel gebeten zu werden, doch bitte den Reboot einer ihrer größten Franchises in die Hand zu nehmen, ist vermutlich Freud und Leid in einem.
Marc Webb sah sich mit der schweren Aufgabe konfrontiert, die gleiche Geschichte noch einmal zu erzählen, wohlwissend, Sam Raimi nicht übertrumpfen zu können und gleichsam mit dem Bewusstsein, der Ersatzmann zu sein, nachdem der geplante Spider-Man 4 mit Raimi und Maguire nach vielen Krämpfen seiner Produktionsgeschichte erlag.

Ready or not, here I come.

Story

Peter Parker wird früh und rätselhaft von seinen Eltern verlassen und fortan von Onkel Ben und Tante May großgezogen, die ihn lieben wie einen eigenen Sohn.
Mittlerweile an der  High-School, stößt Peter im Keller auf die Aktentasche seines alten Herren und kommt auf diesem Weg langsam an das Geheimnis des fluchtartigen Verschwindens seiner Eltern.
Die Recherche führt zu dem ehemaligen Arbeitskollegen seines Vaters Dr. Curt Connor, der sich damals wie heute mit artübergreifender Genetik befasst und damit die Regeneration verlorener Gliedmaßen am Menschen forcieren will. Zufällig ist Gwen Stacy, Peters Schulschwarm, dessen Assistentin und zufällig ist sie außerdem Tochter des Polizeichefs.
Und so kommt es, wie es kommen muss. Der unvorsichtige Peter wird von einer Spinne aus Connors Versuchsreihe gebissen und wird zum agilen Spinnenmann und Connor selbst pfuscht mit dem von Peter perfektionierten Serum rum und wird nicht nur wahnsinnig, sondern auch zum Lizard – ein hühnenhaftes Echsenwesen, dessen Körperteile im Zeitraffer nachsprießen.
Peter Parker muss nun Gewens Herz gewinnen, deren Vater überzeugen, dass Spider-Man ein herzensguter Kerl ist, die Stadt vor dem Lizard beschützen und nebenbei wichtige Heldenlektionen lernen.

Kritik

Nach einem etwas orientierungslos wirkenden Abschied des Stöpsels Peter von seinen Eltern geht’s direkt in die High-School, wo man erst mal schlucken muss, dass der perfekt gestylte Schönling Andrew Garfield einen Skateboard fahrenden Außenseiter spielt, der keinen Erfolg bei Frauen hat. Zudem er nicht nur niedlich ist, sondern auch noch ein toller Fotograf und überdurchschnittlich gescheit (subtil dargestellt unter anderem dadurch, dass er mehr Klempnerwissen als sein Onkel besitzt, automatische Türverriegler baut, einen gelösten Zauberwürfel auf seinem Schreibtisch stehen hat und googelt wie ein Profi).
Durch den nicht überraschend kommenden Spinnenbiss passiert vor allem eines: Peter wird noch cooler. Und was ihm passiert, wird witziger. Das muss man Webbs Version vom mutierten Streber lassen, ihr Humor ist kein sonderlich innovativer, aber er hat tolles Timing und so ist The Amazing Spider-Man erst einmal für lange Zeit sehr launig zu betrachten und hat sogar durchaus Züge eines Feel-Good-Movies, positive Melancholie verteilender Indie-Rock inklusive. Der Regisseur bleibt seinen – sehr jungen – Wurzeln also treu. Bis dann nach fast 45 Minuten das passiert, was in einem Film über Spider-Man passieren muss. Der gerade zum ersten Mal Beliebtheit schnuppernde Teenie mit Spinnensinn muss lernen, dass große Kraft auch große Verantwortung mit sich bringt. Und das durch ziemlich schluderig zurechtkonstruierten Fatalismus. Ziemlich willkürlich ist es übrigens, wann er mit seinen übermenschlichen Reflexen sogar Kugeln ausweichen kann und wann er fliegenden Projektilen hilflos ausgeliefert ist.
Dass sich vieles mit Raimies Spider-Man überschneidet, liegt wohl in der Natur der Sache, schließlich stützen sie sich auf dieselbe Vorlage. Trotzdem muss man sich gerade an diesen Stellen fragen, wo genau die Daseinsberechtigung dieses eigentlich zeitlich schon frech eng an der vorangehenden Trilogie liegenden Reboots liegt. Da ist es fast schon selbstironisch, wenn die Literaturprofessorin am Ende beteuert, es gäbe eigentlich nur einen einzigen Plot in der Erzählliteratur. Der Film versucht  in seinem eng abgesteckten Kreis des Möglichen aber anders  zu machen, was anders zu machen ist, und das auf eine Weise, die durchweg funktioniert.
Die Seilschwingeinlagen wirken viel realistischer, die Kämpfe dynamischer und der ganze Film ein wenig runder. Aber eben auch ein wenig glatter, weniger verspielt und oberflächlicher. Außerdem fehlen die kleinen Höhepunkte, die ein Raimi einfach so aus dem Handgelenk schüttelt und die ein Webb einfach (noch) nicht auf die Beine stellen kann. Bei ihm ist Größe häufig gleich mit Kitsch, wenn auch gerade noch in verträglicher Dosierung; zumindest bis zum etwas albernen Ende, wo alle Kranführer der Stadt ihr Arbeitsgerät auf wundersame Weise in der Stadt anordnen.  Außerdem fehlt seinem Spidey das Gespür für Verhältnismäßigkeit. Im Teil von 2002 kriegen Heldwerdung inklusive Sozialisierung, Familientragik und Antagonisten-Fehde ihren nötigen Raum, im Spider-Man des neuen Jahrzehnts geraten die Familie und der Feind ein wenig ins Hintertreffen, während der Rest des Filmes fast so wirkt, als sei er sich nie ganz sicher, wohin er möchte. Doch dabei wird es, zugegeben, niemals langweilig wird, auch wenn Andrew Garfield  bei weitem kein Tobey McGuire ist und Emma Stone keine Kirsten Dunst – Gwen Stacy ist hier aber auch wenig mehr als das anhimmelnde und auf Peters Befehle hörende Püppchen.
Allerdings ist die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft hier eine fast schon grotesk tragische Figur, so viel Schlimmes wird aus Nachlässigkeit und Zufall von ihr ins Rollen gebracht.
Wehrmutstropfen ist trotzdem die Echse als Gegenspieler, die einfach nicht mehr hergibt als unreflektierten Wahnsinn in Menschenform und Hulk-Ansätze im Schuppenkleid.

Fazit

Es hätte schlimmer werden können, deutlich schlimmer. Marc Webb ist es gelungen, einen eigenständigen Spider-Man auf die Leinwand zu bringen, der sich von Raimis Figur ausreichend stark abhebt und vor allem die Weichen in ganz neue Gefilde gelegt hat, die in den nachfolgenden Teilen hoffentlich ebenso souverän bereist werden.
Wenn Heldenmär und Menschenleid in The Amazing Spider-Man 2 dann noch etwas ausgewogener unter einen Hut zu kriegen sind, darf man sich durchaus freuen auf die neuen Abenteuer des neuen Peter Parker.

Iron Man 3

Eine große Überraschung war Iron Man, eine ebenso große Enttäuschung war Iron Man 2. Nach dem innovativen, unfassbar frischen Start, der sich allen Befürchtungen zum Trotz mit Leichtigkeit von Konventionen und Erwartungen absetzte, folgte ein müder Schnellschuss, der hektisch, aber arm an Substanz war.
Hoffnung, dass Teil 3 an alte Tugenden anknüpfen kann, war neben dem wunderbaren Ensemble-Bombast The Avengers auch die Bekanntgabe, dass niemand geringeres als Shane Black (Drehbuchautor: Lethal Weapon 1, 2 und 3, Regie: Kiss Kiss, Bang Bang) den Dirigentenstab führen wird.


Stop stopping.

Story

Nach seiner ungewollten Teamarbeit mit den Avengers ist Tony Stark ausgebrannt. Hammerschwingende Göttersöhne, Außerirdische und wohl nicht zuletzt die Erkenntnis, nicht die einzige Übermacht mit guten Absichten auf Erden zu sein, treiben ihn an nervliche Grenzen und lassen Schlaf zur Ausnahme werden. Ablenkung und Flucht findet er im Ertüfteln neuer Anzüge, während Herzensdame Pepper Potts kaum noch zu ihm durchdringen kann.
Dann beginnt ein Terrorist mit einer Reihe grausamer Anschläge auf amerikanische Ziele. Er nennt sich ‚Mandarin‘ und ist nicht nur voll Entschlossenheit, sondern auch in der Lage, jede Sicherheitsvorkehrung der USA mühelos zu unterwandern. Als ein Freund Tonys zu Schaden kommt, schwört er in einem Fernsehinterview kurzentschlossen Rache und fordert den Mandarin offen heraus. Eine Tat, die absehbare Folgen nach sich zieht.

Kritik

Nur ein maßlos peinlicher und sicher nicht die gewollte Wirkung erzielender Autowerbespot mit Robert Downey junior muss durchgestanden werden und schon beginnt Iron Man 3. Der Film, auf dem viele schwere Erwartungen lasteten, denn er ist der erste Schritt nach Josh Whedons monumentalem The Avengers, er läutet Phase 2 von Marvels cineastischem Mammutprojekt ein. Und vor allem beantwortet er eine große Frage: Wie soll es nach der großen Zusammenkunft der Helden funktionieren, dass trotzdem noch jeder für sich die Welt rettet. Die Antwort, die Iron Man 3 auf diese Frage gibt, ist vielleicht das enttäuschendste Moment des Filmes. Nicht, weil sie katastrophal schlecht wäre (sie ist nicht sehr befriedigend, nicht wirklich logisch, aber sie geht in Ordnung), sondern weil der Film schlichtweg gut ist und den Erwartungen durchaus gerecht werden kann.
Den Regieposten mit Shane Black zu besetzen, war ein ähnlich großes Wagnis wie die Wahl von Joss Whedon für The Avengers. In beiden Fällen macht sich der Wagemut bezahlt. Auch hier ist die Handschrift des Regisseurs sofort erkennbar und auch hier tut sie dem Film gut und sorgt für die nötige Menge an Frische, um den Mann in der rot-gelben Rüstung auch zum dritten, respektive vierten Mal zu einer interessanten Hauptfigur zu machen. Was bleibt, ist der zynische Grundton der Figur Tony Stark. Ergänzend hinzu kommt noch mehr gut dosierter Humor als in den Vorgängerfilmen, der manchmal zwar etwas über das Ziel hinausschießt, sich unterm Strich aber nicht krampfhaft und lustlos anfühlt und damit die größten Gefahren schon einmal umschifft.
Sowohl bei den Figuren als auch bei der Geschichte wird sich Zeit gelassen. Die substanzlose Hyperaktivität aus Iron Man 2 gehört der Vergangenheit an. Die Einführung ist angenehm ausführlich geraten, langweilt aber zu keiner Sekunde und wenn die Geschichte ins Rollen kommt, geschieht dies ebenfalls in einer anfangs sanften Kurve, die aber von Minuten zu Minute schärfer wird. Ebenfalls von störender Hektik befreit sind die Kämpfe. Shane Black inszeniert die Reibereien wie eh und je mit ruhiger Hand und ein guter Schnitt sorgt für die notwendige Dynamik, die auf künstliche Unruhe ganz verzichtet.
Neben einem von langer Hand inszenierten Plot Twist, der den Unmut von so manchem Comic-Gläubigen auf sich ziehen dürfte, ist es vor allem eine Kleinigkeit, die dem Science-Fiction-Film eine Sonderstellung in der Reihe verschafft. Das Nervenbündel Iron Man bekommt einen Sidekick an die Seite gestellt. Ein kleiner Junge, der gleichzeitig darauf angelegt ist, süß und witzig zu sein und damit eigentlich alle Voraussetzungen erfüllt, den Film in ganz großem Stil abzuwerten. Die akzentuierte Regie und passende Dialoge sorgen aber dafür, dass dies wundersamer Weise nicht stattfindet und der Kleine sich tatsächlich als große Bereicherung herausstellt.
Kaum eine Figur ist bloße Staffage und alle haben ihre großen und kleinen Momente, die ihr Dasein rechtfertigen. Doch ausgerechnet in der Königsdisziplin der Superheldenfilme, wo die meisten Marvelfilme ihre Schwachstelle haben, macht auch Iron Man 3 keine gute Figur: Der Gegenspieler. Ben Kingsley als diabolischer Mandarin spielt charismatisch fies, hier lässt sich kaum ein Haar in der Suppe finden. Doch Schurke Nummer 2, der im Verlauf gehörig an Wichtigkeit gewinnt, ist blass, glatt, austauschbar und wurde zu deutlich am Antagonisten-Reißbrett entworfen. Dazu kommen die Handlanger, deren Kräfte zwar durch Comicvorlagen verbürgt werden, dadurch aber nicht minder einfallslos und leer wirken. Schade, denn hier verfeuert der Film viel Potenzial, sodass unterm Strich doch „nur“ ein guter, ungemein unterhaltsamer Blockbuster entsteht, dessen größtes Alleinstellungsmerkmal ein Kind und der vielleicht schönste Abspann der Mavel-Geschichte sind. Aber das reicht ja auch.

Fazit

Bessere Figurenzeichnung, bessere Musik, bessere Geschichte, bessere Witze und bessere Technik, bessere Geschichte = Bessere Fortsetzung. Iron Man 3 macht alles besser als der enttäuschende Iron Man 2 und läutet Phase 2 des allumfassenden Marvelplans damit ausgesprochen würdig ein. Damit findet die (mit diesem Teil vermutlich abgeschlossene) Serie von Einzelausflügen des egozentrischen Playboys in High-Tech-Rüstung zu alter Stärke zurück und empfiehlt sich als optimaler Film, den überfälligen Sommer in Empfang zu nehmen.

Sieben Filme im Marvel Cinematic Universe und immer noch ist die Luft nicht raus. Gratulation und Vorhang auf für Thor: The Dark World und Captain America: The Winter Soldier. Beide Filme haben ebenso einen verhältnismäßigen laschen Vorgänger zu übertrumpfen. Und Iron Man 3 hat die Messlatte ziemlich hoch angelegt.

Ghost Rider: Spirit of Vengeance

Erinnert sich jemand an Ghost Rider? Wenn nein, dann Gratulation. Der Schmarrn ist nicht nur die schlechteste Marvelverfilmung aller Zeiten, sondern vielleicht auch der schlechteste Film mit Herrn Cage. Und das ist wirklich eine Leistung, wenn man sich in einem schwachen Moment mal die filmische Biographie des Herren mit Vorliebe für manische Rollen anschaut.
Der Vorteil: Für den zweiten Teil herrschte keinerlei Erwartungsdruck. Und siehe da, es funktioniert.

Um, I know that it’s a little awkward.

Story

Ein junge wird vom Teufel gejagt und entführt. Der perfide Plan des nicht minder perfiden Finsternisfürsten: Durch eine seltene Empfänglichkeit des Knirpses will er in dessen Körper als neue Inkarnation auf der Erde wandeln, um mit alter Stärke seine, nun ja, teuflischen Pläne umzusetzen. Moreau, eine Art Priester in ziemlich cool, ersucht Johnny Blaze alias Ghost Rider um Hilfe. Dieser ist allerdings vollständig damit ausgelastet, seine Kräfte und damit auch sich selbst vor dem Rest der Welt zu verstecken. Erst als Moreau  ihm die Rückerlangung seiner Seele in Aussicht stellt, lässt sich der ehemalige Stuntfahrer überreden, würde er so doch auch sein feuriges Alter Ego los.
Gemeinsam mit der Mutter des Jungen macht sich der mürrische Blaze auf die Suche nach Teufel und Teufelsbraten. Unterwegs macht ihnen nicht nur eine Horde von finsteren Schurken das Leben schwer, die im Auftrag des Höllenherren arbeiten, sondern auch der Ghost Rider, der von Blaze kaum noch unter Kontrolle zu halten ist, sich ständig an die Oberfläche drängelt und wenig mehr als Rache im Sinn hat.

Kritik

Eine knappe Vorstellung von Ort, Figuren und dem Stand der Dinge und nach gerade mal 13 Minuten hinterlässt der Ghost Rider seine rauchende Feuerspur im Asphalt.
Einer der vielen Fehler des ersten Teils, die bisher immer noch niemand alle zählen konnte, war der offensichtliche Umstand, dass man dem in die Jahre gekommenen Cage sein Dasein als heißblutiger Motorrad-Stuntman um keinen Preis der Welt abnehmen wollte, konnte und durfte.
In der Fortsetzung sieht es so aus, als wäre sehr viel Zeit ins Land gegangen und Johnny Blaze hält nicht aus Berufsgründen an seinem Teufelsofen fest, sondern weil in seinem verfluchten nichts anderes zum Festhalten übrig geblieben ist. Ein wenig wie Cage selbst, der sich mit steigendem Alter krampfhaft mehr und mehr Actionrollen zumutet und in jedem Film ein anderes schlechtsitzendes Toupet trägt und sein jüngeres Ich damit auf vermutlich ungewollte Weise tragisch durch den Kakao zieht.
Señor Cage hat bei alledem sichtlich Spaß und sitzt viel erträglicher und lockerer im Sattel als im Debakel, das der erste Ghost Rider war. Vermutlich deshalb, weil er dank halbiertem Budget und verschwundenen Erwartungen nicht mehr an der kurzen Leine gehalten wird und einfach machen kann, was er will und am besten kann. Das heißt nicht, dass er hier auch nur annähernd an seine guten Filme anknüpft, doch Cage ist nun mal Cage. Und hier und da darf er so richtig ausbrechen und seinen patentierten Wahnsinn rauslassen, der ihn so unvergleichlich macht – im Gegensatz zu allen anderen Overacting-Kandidaten.
Das in Verbindung mit dem Dämon, der aus ihm auszubrechen versucht, macht den Film an kurzen Stellen sogar richtig interessant.
Dass die Kämpfe zu peinlich kitschigen Heavy Metal-Riffs stattfinden, gehört ebenso zum guten Ton wie das Verpuffen  in mittelmäßigen Feuereffekten der armen Irren, die sich dem grimmen Unterweltbiker in den Weg stellen. Generell bewegt sich die Kamera bei Auseinandersetzungen um ein vielfaches schneller und häufiger als die mehr oder weniger agilen Kämpfenden selbst es tun.
Aber, und hier überholt der Film seinen Vorgänger im ersten Gang, der gebotene Trash ist niemals langweilig. Ghost Rider: Spirit of Vengeance ist, wie der Titel ja schon hinreichend versichert, allerfeinste B-Ware der hirnlosen Sorte.
Als netten Zusatz gibt es sogar ein paar akzeptable Erklärungen, ein bisschen religiöse Unterfütterung, Abwechslung in Sachen Tempo, Handlungsort und Stimmung, jede Menge stilisierte optische Spielereien und, ich glaube, es wurde noch nicht erwähnt, eine wohltuende Prise Cage-Manie. Über zehn, zwanzig Ungereimtheiten stolpert man natürlich, unterm Strich aber stellt der Film eine überdeutliche Steigerung zum schmerzhaft schlechten ersten Teil dar

Fazit

Tatsächlich kann der zweite Ritt des Ghost Riders Freude bereiten. Cage wirkt nicht mehr so traurig deplatziert wie im Vorgängerfilm, sondern hat sichtlich Freude an der Darstellung des gebrochenen Antihelden mit okkultem Anhängsel. Tempo und Geschichte sorgen für Kurzweil, sofern man mit der richtigen Einstellung an den Film geht, der sich selbst ebenso wenig ernstnimmt, wie der Zuschauer dies tun sollte. Für einen geselligen Abend durchaus tauglich, zudem man auch nicht viel verpasst, wenn man mal 20 Minuten aufs Klo verschwindet oder ungeplant an Stierkämpfen teilnimmt.

Spider-Man

Ob Darkman, Tanz der Teufel, Ein einfacher Plan oder The Gift. Auf Sam Raimi ist Verlass. Abgesehen von Spider-Man 3, was seinerzeit umso ernüchternder gewesen ist, da dies der einzige Spider-Man-Film war, zu dem er auch das Drehbuch beigesteuert hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Entsprechend gespannt war man im Jahre 2000 als feststand, dass nicht James Cameron, nicht Roland Emmerich, nicht Tim Burton, nicht Chris Columbus und auch nicht David Fincher den Film über den blauroten Netzschwinger inszenieren würden, sondern Mr. Raimi.

Bonesaw is ready!

Story

Peter Parker ist unbeliebt, schüchtern und wird in seiner Klasse gehänselt. Ein ganz normaler Teenager also. Als er jedoch auf einer Exkursion von einer ausgebüxten Spinne angefressen wird, welche von der mit Genen panschenden Wissenschaft zu einer Art Spinnen-Best Of herangezüchtet wurde, ändert sich sein Leben schlagartig. Er wird stärker, hat übermenschliche Kräfte, haftet an Wänden, verschießt Seidenlianen und hat einen Spinnensinn, der ihn vor Gefahr warnt.
Die Veränderung führt nicht nur dazu, dass Tante May und Onkel Ben sich über die Pubertät ihres Schützlings zu sorgen beginnen, sondern gibt Peter auch das lang vermisste Selbstvertrauen, die seit der Grundschule angeschmachtete Mary Jane anzusprechen.
Zeitgleich entwickelt Norman Osborn ein Wundermittel, das seine körperlichen Fähigkeiten ebenfalls in großem Maße steigert. Leider hat es den unangenehmen Nebeneffekt, Wahnsinn zu verursachen und so mutiert Osborn zum Green Goblin, der auf seinem Gleiter für Unruhe in New York sorgt.

Kritik

Heute, ein Jahrzehnt nach dem Kinostart von Spider-Man, wird Raimis Superheldenmär häufig belächelt und nicht so recht für voll genommen. Zu bunt, zu überdreht und nie wirklich bedrohlich wirkt der Film mittlerweile auf viele.
Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass es sich – wenn man Singers nur schwerlich als Vergleichsobjekt dienendes X-Men ausklammert – um die erste ernstzunehmende Comicverfilmung handelte, seit Joel Schumacher Batman & Robin blind gegen die Wand gefahren hat. Die Verdüsterung der Mainstream-Comicwelt durch Christopher Nolan fand erst drei Jahre später statt.
Spider-Man ist eine absolut klassische Comicverfilmung, die sich eher an der Batman-Tetralogie des letzten Jahrtausends als am heurigen Stil orientiert – mit all den guten und schlechten Eigenschaften, die damit einhergehen. Das trifft hier in so starkem Maße zu, dass man beinahe die einzelnen Panels, durch die die Geschichte erzählt wird, zu erkennen meint.
Giftiges Gas ist grün, die Charaktere sind maßlos überzeichnet, die Dialoge standardisiert und manches ist schlicht albern. Aber es ist eben, und hier spürt man Raimis Handschrift am deutlichsten, auf liebevolle Weise überzeichnet, standardisiert und albern.
Sicherlich agieren die Schauspieler völlig übertrieben, um sich den Comicfiguren anzunähern, und so manche Höhepunkte erreichen nicht exakt das, was sie erreichen wollen. Aber bei all den Makeln bleibt der Film unentwegt ehrlich und sympathisch.
Eine dieser speziellen Stellen ist fraglos das Wrestling-Match im Käfig, bei dem man schon ein bisschen achtgeben muss, nicht an Mad Max 3 zu denken. Und auch der Friedhofsschwur am Ende wirkt so sehr aus dem Comicbaukasten stammend, dass er nicht anders als augenzwinkernd gemeint sein kann.

Leider gehört der Green Goblin zu der Art von Bösewicht, die nach 10 Jahren einfach nicht mehr richtig ernst zu nehmen ist. Ein Power Ranger-Outfit mit Maya-Maske und dazu diabolisches Gelächter, während er auf seinen Streifflügen durch New York eine Abgasspur hinterlässt. Das alles macht es schwer, sich vor dem Kobold zu fürchten, der auch nicht davor zurückschreckt, im Finale zu reimen. Aber gut, er ist halt ein Comicschurke. Vor allem aber wirkt der Villain in seinem Anzug furchtbar steif – und das, obwohl dieser in Kleinstarbeit aus 580 Einzelteilen zusammengebastelt wurde. Was den Gegenspieler rettet sind all die Szenen, in denen er ohne Kostüm auftritt. Dann lässt Charaktermime Willem Dafoe auch alle sonstigen Hüllen fallen und kann schrankenlos ausrasten.
Er, die hervorragende Chemie zwischen Peter und seinem Onkel Ben und natürlich der gigantische J. K. Simmons als zynischer Zeitungsverleger bilden die kleinen Höhepunkte des Filmes.
2002 war es auch kein Problem, dass die wankelmütige Mary Jane sich noch in den Erstbesten mit großem Auto verliebt und es im Laufe des Filmes insgesamt auf drei Partner bringt (je nach Perspektive sogar mehr). Dennoch schafft sie es spielend, nicht nur den Helden, sondern auch den Zuschauer ganz für sich zu gewinnen.

Und weil schon das Finale angesprochen wurde: Hier fehlte eindeutig eine zündende Idee. Einfach einen Bus mit Kindern aus dem Hut zu zaubern, ist selbst für eine Comicverfilmung unglaublich faule Trickserei.

So sehr der Film bei manchen auch in Verruf geraten sein mag, ist doch nicht von der Hand zu weisen, wie er sich über die Zeit in die Popkultur eingeschlichen hat. Und das wiederum ist vor allem dem Talent des Regisseurs für denkwürdige Szenen zu verdanken.
Sei es der der Anfang, der einem verzweifelt dem Schulbus hinterherhetzenden Peter zeigt, sei es die die unbeschwerte Art, mit der er später schrittweise seine Fähigkeiten entdeckt oder sei es der legendäre Kuss im Regen. Nicht bloß, weil Spider-Man den Comic-Wahn, den X-Men schon vorbereitet hatte, vollkommen zum Ausbruch brachte, handelt es sich um einen ungeheuer wirkmächtigen Film, ohne den unsere heutige Kinolandschaft entschieden anders aussähe. Und dazu hat nicht zuletzt das stilprägende Spiel Tobey Maguires beigetragen.
Immer noch unübertroffen ist der gelungene Zwiespalt zwischen dem Leben des Heroen und dem des des schüchternen Knaben mit stets akkurat gekämmtem Seitenscheitel. Die eine Identität muss mit gebundenen Händen zusehen, wie das Leben der Anderen durcheinandergeschüttelt wird. So sind beide dazu verdammt, zuzuschauen und zu schweigen, weil die enorme Kluft zwischen der Alltags- und der Heldenidentität auch mit den größten Superkräften kaum zu überwinden ist.

Fazit

Ein Comicmeilenstein, der jetzt schon etwas im Schatten seiner eigenen Nachkommen steht. Zusammen mit Spidey durch die Häuserschluchten zu turnen, ist auch heute noch ein großer Spaß. Ein Film, der ganz gewiss nicht perfekt ist, aber sehr gefällig und angenehm frei von Ballast.