The Return of the First Avenger

Das unzusammenhängende Daumenkino vor dem Marvellogo, das Sprechblasen, bleiche Helden und eine Milliarde Geschwindigkeitslinien vorbeiflattern lässt, ist nun schon seit deutlich mehr als 10 Jahren der allen vertraute Einband für ganz besondere Geschichten. Captain America – The First Avenger war 2011 ein Tiefpunkt dieser Geschichten, ein ziemlicher Schnarcher – zusammen mit Iron Man 2. Marvel gelang es aber, sich schnell zu fangen, die Avengers retteten die Welt und verpassten dem Riesen-Franchise wieder frischen Atem.
Nach Iron Man 3 ist Captain America 2 – The Return oft he First Avenger an der Reihe und gibt auch für sich Entwarnung.

This isn’t the age of spies. This is not even the age of heroes. This is the age of miracles… and there’s nothing more horrifying than a miracle.

Story

Steve Rogers hat es den HYDRA-Nazis gezeigt, verbrachte einige Jahrzehnte im großen Eis und schlug gemeinsam mit den Avengers Thalos‘ Schergen zurück.
In der Zwischenzeit hat er sich den Gepflogenheiten der Gegenwart schrittweise angenähert, findet seine Erfüllung insgeheim aber weiterhin in dem Befolgen von Befehlen – in diesem Fall von S.H.I.E.L.D.
Ein Umstand, der sich ändert, als nicht nur ein mysteriöser Antagonist auftaucht, sondern auch die internen Strukturen der S.H.I.E.L.D.-Organisation ganz offensichtlich von Innen heraus verdorben sind. Plötzlich befindet sich Rogers, alias Captain America im Fadenkreuz der Helden-Agenten und muss auf eigene Faust gegen sämtliche Fronten ermitteln. Zur Seite steht ihm nur Natascha Romanoff als Black Widow.

Kritik

Der Anfang lässt sich Zeit und gewährt Wiederholungen zugunsten von Quereinsteigern leider einer tieferen Charakterarbeit gegenüber den Vorzug. Die Witze sind noch ein wenig gezwungen und auch einige Seltsamkeiten, wie die Tatsache, dass Nick Fury offensichtlich nicht in Besitz eines Handys ist, stören das Gesamtbild zwar, doch bereitet auch das Anlaufnehmen durchaus schon eine gewisse Freude, die nur durch die zu hastigen Schnitte kleinen Abbruch findet.
Dann wird es mit einem Schlag sehr wild und dramatisch, wenn die Geschichte endlich richtig loslegt.

Im Gefolge hat die Spionage- und Geheimagentenstory ein paar wirklich beeindruckende Actionsequenzen, die teilweise hochgradig konstruiert und daher ebenso absurd und damit umso temporeicher ausfallen. Doch zur Geschichte, denn The Return of the First Avenger gelingt hier ein kleines Wunder. Einerseits geht man – endlich – weg von der omnipräsenten, mit jedem Film anwachsenden Zerstörung, um die fadenscheinig eine schablonenartige Heldengenese entsteht, und widmet sich, wenn man so möchte, einem ganz anderen Genre. Neben dem ansehnlichen Actionpart ist die Suche nach dem Winter Soldier eine elektrisierende Schnitzeljagd geworden, während dieser Recherche und Kombinationsgabe die beiden Helden durch die Vereinigten Staaten führen. Dies ist der im Durchschnitt wohl ruhigste Film des neuen Marveluniversums, wodurch einiges an Abwechslung entsteht – ein nur scheinbares Paradoxon, das sich Hollywood früher oder später zwangsläufig aneignen muss, um in der werdenden Filmlandschaft weiterhin Erfolge zu verzeichnen. Andererseits vollbringt man das Kunststück, eine halbwegs geerdete Geschichte um Überwachung und Doppelagenten an den richtigen Passagen mit ordentlich Comic-Wind in Fahrt zu bringen, ohne die eine oder andere Ebene wie einen Fremdkörper wirken zu lassen. Das entlastet nicht nur übersättigte Sehgewohnheiten, die auf eine x-te Wiederholung des Heldensage-Schemas gefasst waren, es bringt vor allem das ganze Genre der Comicverfilmungen auf ein neues erzählerisches Niveau, wo weit mehr möglich ist als in den niederen Gefilden der Ein-Mann-Gegen-Den-Superschurken-Penrose-Treppe.
Schade, dass im letzten Akt dann doch auf klassische Kampffinale-Mittel gesetzt wird, anstatt die mutige Linie weiterzuverfolgen. Das funktioniert auf bewährte Weise gut, wirkt aber gerade im Vergleich zum vorwärtsgerichteten Teil der Geschichte ein wenig inkonsequent.

Fazit

Nach dem müden Trip durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs hieven Joe und Anthony Russo den Marvel-Patrioten in die bessere Hälfte dieses Universums. Trotz der angestrengten Dialoge, die den klaren Tiefpunkt des Filmes graben, besticht das Gesamtkunstwerk durch große Stimmigkeit – nicht trotz, sondern wegen ungewöhnlicher Genreeinflüsse im Heldenuniversum.

Arrow – Staffel 1

Der große Erfolg von Marvels ‚Cinematic Universe‘ war ein Ruf, dem bereits viele Leinwandhelden aus deutlich kleinerem Hause folgten. Während Chronicle, Misfits und Konsorten auf der Superhelden-Welle ritten, gelang Comic-Riese DC nie so recht der Aufsprung. Batman ausgenommen, bleiben nur klägliche Versuche wie Green Lantern. Erfolgreich war DC nur mit kleinen Marken wie R.E.D. und Watchmen.
Das soll sich nach dem Abdanken des Nolan-Batman ändern. Nicht nur mit Man of Steel und dem Justice League-Film, sondern auch mit der TV-Serie Arrow, die aktuell im deutschen Fernsehen anläuft.


You know I would never willingly be a part of anything like this.

Story

Oliver Queen ist ein Playboy, wie er im Buche steht. Arrogant, dekadent und ohne respektlos gegenüber allem und jedem. Während er auf der Yacht seines Vaters gerade seine Freundin mit deren Schwester betrügt, bringt ein Sturm das Schiff zum Kentern. Oliver kann sich auf eine scheinbar menschenleere Insel retten.
Fünf Jahre später kann er ein Schiff auf sich aufmerksam machen und in die Heimatstadt Starling City zurückkehren. Der Totgeglaubte gibt sich nicht bloß ungewohnt introvertiert, sondern ist zudem ein perfekter Kämpfer mit Faust, Fuß, Pfeil und Bogen geworden. Seine Mutter teilt sicht mittlerweile mit einem ehemaligen Arbeitskollegen des verblichenen Vaters das elterliche Bett und Olivers damalige Partnerin Laurel hält nur wenig von dessen Rückkehr, schließlich betrog Oliver sie mit ihrer Schwester und brachte ihr anschließend den Tod.
Kurz vor seinem Ableben auf hoher See händigte Olivers Vater Robert seinem Sohn eine Liste aus, auf der die Namen aller stehen, die zusammen mit ihm Unglück über Starling City brachten. Und damit hat der ehemals sinnentleer vor sich hinfeiernde Snob plötzlich eine Mission.
Als Oliver sich ein grünes Kostüm schneidert und als maskierter Arrow anfängt, die Liste seines Vaters abzuarbeiten, stellt er fest, dass seine eigene Mutter bis zum Hals in den zwielichtigen Machenschaften steckt, die er zu beenden trachtet.
Darüber hinaus wird er von der Polizei wegen Selbstjustiz gejagt, insbesondere von Detective Quentin Lance, der Vater von Laurel und ihrer verstorbenen Schwester. Laurel selbst bandelt zwischenzeitlich mit Olivers bestem Freund Tommy an, mit dem Oliver einen Nachtclub aufzieht, um seine Operationen zu tarnen. Nach Außen hin muss Oliver weiterhin den hedonistischen Lebemann spielen, während er die Unterwelt Starling Cities in grünem Kostüm aufmischt und einer großen Verschwörung auf die Schliche kommt.

Kritik

Ein junger Geldsack, der seine eigene Moralität entdeckt und mit Geschick und Technikeinsatz inkognito als Maskenträger die Straßen seiner Heimatstadt reinwäscht. Klingt, als hätte man das schon zwei oder gar dreimal irgendwo gesehen. Und das ist eigentlich auch eine schöne Meta-Synopsis von Arrow. Nach einem vielversprechenden Anfang rutscht die Serie schnell in die generischen Gewohnheiten einer durchschnittlichen Crime-Serie ab. Der Held hat austauschbare Probleme, die halbherzig ausformuliert werden und für das große Ganze völlig irrelevant sind. Zwischendurch sucht er sich ein Ziel und bringt es nach 45 Minuten auf die ein oder andere Weise zur Strecke. Das war’s. Das Ende von Staffel 1 möchte gerne rasant und spannend sein, ist aber weiterhin nur Mittelmaß und steht im Schatten der wirklich gelungenen ersten paar Episoden. Das Finale ist gerüstet mit dem guten alten Zeitbombe-hat-Digitalem-Countdown-Spannungstrick, mit dem man bekanntlich gar nichts falsch machen kann.
Der Punkt ist aber, dass Arrow trotzdem die meiste Zeit über gut zu gucken ist und selten richtig ärgert oder langweilt. Einige Plots sind hochwertiger und weniger löchrig als andere und einige Gespräche, Eingeständnisse und Erkenntnissvorgänge weniger doof und pathetisch als andere. Wenn es dann aber darum geht, Juwelendiebe ins Netz zu bekommen, haben die Plots trotzdem reinrassiges A-Team-Niveau erreicht.
Was die Serie interessant und in gewisser Weise auch merkwürdig macht, ist ihre Hauptfigur. Oliver Queen aka The Hood/Die Kapuze ist ein menschlicher Held mit scheinbar übermenschlichen Kampffertigkeiten. Bemerkenswert ist, dass die ihn verfolgende Polizei durchaus Recht hat. Er ist moralisch keineswegs überlegen, sondern fällt Urteile über Einzelpersonen nach seinem eigenen und selten vollständig nachvollziehbarem Kodex. Er tötet, weil es ihm an Anderem fehlt. Sein Sinn ist es, die Rechnungen eines Mannes zu begleichen, von dem er genaugenommen gar nicht weiß, warum er das tat und ob seine Motive rechtens waren.
Er ist charmant und schlagfertig – jedenfalls möchte die Serie das gerne vermitteln. Jemand, der durch intellektuelle oder gar ethische Überlegenheit punktet, das ist er jedoch nicht. Stattdessen vergleicht er seine Zielpersonen, oder besser Opfer, mit Krebsgeschwüren, die es zu entfernen gilt, um die Stadt zu revitalisieren. Oder zumindest nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Die Bösewichte haben die Stärke des Geldes auf ihrer Seite, der Held die Stärke des Körpers, nicht etwa die der Ethik. Die Ambivalenz seines Charakters ist dabei nur folgerichtig, denn der Junge, der auf der Insel zum Mann heranreifte, war kein guter Mensch. Er konnte dort stärker werden, aber nicht besser. Zudem die Regeln, nach denen er dort zu spielen hatte, um am Leben zu bleiben, ebenfalls keine sauberen waren.
Ob die Macher der Serie, die bezeichnenderweise mehr Krimiserien- als Comicerfahrung haben, das auch im Blick hatten, ist jedoch anzuzweifeln. Denn Arrow versucht den Möchtegern-Helden immer wieder als noblen Rächer mit weißer Weste zu rehabilitieren, indem sie ihn die Ausübung von Selbstjustiz aufs Schärfste zu verurteilen lässt. Nur dass ihn dies in Anbetracht seiner Taten und Motive mehr scheinheilig denn rechtschaffen dastehen lässt. Da Stephen Amell den bogenschießenden Jungspund darüber hinaus als kühlen, unnahbaren Burschen mit starren Gesichtszügen spielt, ist der Protagonist in erster Linie eines: Unsympathisch. Und das war dann ganz gewiss nicht die Absicht der Seriengründer, die hier definitiv ein Prime-Time-Produkt vor Augen hatten.
Dazu kommt, dass in fast jeder Folge unsauber gearbeitet wurde und abstruse Logikfehler, die sich ohne viel Aufwand hätten vermeiden lassen, der dargestellten Welt ihre Glaubwürdigkeit entreißen. In Arrow ist es keine Seltenheit, dass Polizisten am Feierabend enorm wichtige Beweisstücke auf ihren Schreibtischen liegenlassen und jeder Dahergelaufene ins Dezernat spazieren und ungestraft alles einsacken kann. Oder dass der neunmalkluge Held nicht zu wissen scheint, dass es nicht zur Ausbildung eines IT-Spezialisten gehört, die Herkunft von Pfeilspitzen herauszubekommen. Und dass der markierte Bogenschütze nie enttarnt wird, obwohl er lediglich eine Kapuze und manchmal ein wenig Makeup trägt, ist noch einen deutlichen Grad bemerkenswerter als bei z.B. bei DC-Kollege Batman, mit dem er sich außerdem auch noch die Popularität seines Playboy-Gesichts teilt. Nur dass Mr. Arrow sich zehnmal auffälliger verhält als die Fledermaus und in seinem Aufzug ständig vor Verwandten und Bekannten rumturnt.
Dass Figuren beizeiten völlig verquere Entscheidungen treffen und selten dumme Dinge sagen, ist ein Muster der Serie, das immer wieder anzutreffen ist.
Tatsächlich werden die Serie und ihr Protagonist Oliver Queen mit fortschreitender Laufzeit nicht komplexer, sondern weitaus flacher als sie Anfangs noch versprechen. Je mehr man über die Hintergründe in Erfahrung bringt, desto uninteressanter wird die Angelegenheit. Am Ende bleibt als einzig interessanter Aspekt die aufgesetzt wirkende Dichotomie zwischen Comicheld und Selbstjustizfanatiker bestehen. Alle Nebenplots sind blanker Durchschnitt, alle Figuren viel zu statisch. Einzige Ausnahme ist der manische Polizisten-Vater Quentin, dem Paul Blackthorne eine rauchige Noir-Bitterkeit verleiht. Nur leider wird die geschriebene Figur dem sympathischen Schauspiel niemals gerecht.
Später kriegt der Schütze Sidekicks an zur Seite gestellt, die nie mehr als klassische Sidekick-Aufgaben erfüllen. Meist sind sie moralische Instanz oder Stichwortgeber. In erster Linie scheinen sie aber dafür da zu sein, damit die Hauptfigur jemanden hat, mit dem sie Gespräche führen kann, weil die 45 Minuten sonst nicht gefüllt würden.

Fazit

Arrow hätte eine bemerkenswerte Serie werden können, wenn die Geschichte nicht über 23, sondern über 9 Folgen erzählt worden wäre. So gibt’s zwischen dem spannenden Anfang und dem lapidaren Ende viel, viel, viel Leerlauf und uninteressantes Füllmaterial.
Was bleibt, ist gediegene Sonntagnachmittag-Unterhaltung. Eine Crime-Serie, die so tut, als wäre sie ein Comic. Und ein Comicheld, der mit seiner Mischung aus weißem Ritter und gefährlichem Lokalpatriotismus eine ziemlich irritierende Mischung darstellt, von der dank des einschläfernden Spiels Stephen Amells aber nichts übrig bleibt.

Und wieso die Serie hier eine Kritik bekommt, obwohl ein bogenschießender CSI-Verschnitt mit Sci-Fi rein gar nichts am Hut hat? Nun, zum einen wegen dem Technikschnickschnack, der von Gut und Böse ins Feld geführt wird, zum anderen weil sie später unter Garantie ins Justice-League-Universum integriert wird.
Vor allem aber, weil in Staffel 2 Flash auftauchen und die Serie so ihre Sci-Fi-Präfix verleihen wird.