Es ist schwer, ein Gott zu sein

Dass die Besten oftmals nicht auch die Wichtigsten ihrer Zeit sind, liegt vielleicht in der Natur von Gut und Schlecht, von Zeitgeist, hässlicher Ungerechtigkeit aufgrund internationaler Unterschiede und Zufall. Alexei Jurjewitsch German jedenfalls ist einer dieser Besten, während bis vor kurzem kein einziger seiner Filme auch nur auf DVD in Deutschland veröffentlicht wurde.
Sein Œuvre erstreckt sich über viereinhalb Jahrzehnte, umfasst aber nicht einmal ganz 6 Filme. „Nicht einmal ganz“, weil der visionäre Russe die Vollendung von Es ist schwer, ein Gott zu sein nicht mehr erleben konnte.

I see. But it feels like I can’t see.

Story

Auf einem fernen Planeten lebt eine Zivilisation in mittelalterlichen Verhältnissen, die den Menschen sehr ähnlich ist. Doch im Vergleich zu ihnen kam nie eine erlösende Epoche im Stile der Renaissance – man lebt immer noch in Feindschaft im Dreck und jeder ist sich ein Wolf. Intellektuelle werden verachtet, gejagt und aufgeknüpft.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern wurde von der Erde entsandt, die Bevölkerung auf diesem Planeten zu observieren, wobei sie jedoch keinesfalls in die Lebenspraktiken eingreifen dürfen. Einer der Erdlinge ist Don Rumata. Er wird von den Ansässigen zweifelnd als Gottessohn akzeptiert und genießt ein entsprechend hohes Ansehen, doch fällt es ihm selbst immer schwerer die barbarischen Zustände zu ertragen und tatenlos hinzunehmen, ohne selbst von ihnen beeinflusst zu werden.

Kritik

Die Adaption von Arkadi und Boris Strugazkis Science-Fiction-Klassiker war so etwas wie Germans Lebenstraum – und darf auf eine Genese zurückblicken, die der Dramatik von Terry Gilliams Kampf um sein fortwährend scheiterndes Don Quixote-Projekt in nichts nachsteht. Nach vielen Jahrzehnten konnte die Erschaffung des Filmes endlich angegangen werden und die Dreharbeiten sollten sich ber 6 Jahre ziehen. Während der nicht minder langen Postproduktionsphase verstarb Aleksej German; er konnte sein eigenes Magnum Opus nicht mehr erleben. Zusammen mit seiner Frau vollendete Germans gleichnamiger Sohn schließlich Es ist schwer, ein Gott zu sein.
Man kann sich nur schwer vorstellen, was für ein enormer Aufwand in diesen 6 Jahren des Drehs betrieben wurde, um dieses Abschiedswerk zu verwirklichen. Minutenlange Takes ohne Pause, voller Bewegung, voller Aktion. Ein Meer und ein Mehr von Details. Und all das unter den widrigsten Umständen.

Das Königreich Arkanar ist ein Land, das in Matsch errichtet wurde, in einer Welt aus Matsch. Regen fällt wie Steine ohne Unterlass auf die Straßen, weicht die Dächer, Böden und Hirne auf. Es ist, als brächten die Wolken den Wahnsinn, als wären sie Urheber dieser Hölle von einer Welt, die zur ewigen Wiederholung, zum ewigen Stillstand im hässlichsten aller Zustände verdammt ist. Wenn es nicht regnet, zieht in plumpen Schwaden ein schwerer Nebel über die fauligen Plätze und verbindet sich mit dem Rauch, der von ebenso plumpen Feuerstellen aufsteigt. Doch er will nicht in den Himmel. Aus irgendeinem Grund verweilt er auf dem Boden und füllt die aufgeweichten Wege Arkanars, ohne das Elend auf ihnen zu verdecken.
Raue und Schwachsinnige jagen sich müde durch den Schlick, jemand prustet Rotz aus einem Nasenloch  dann wird einen unbedachte Mann gezwungen, an der Unterseite eines Straßenaborts so lange auszuharren, bis sich ihm dampfende Ausscheidungen ins Gesicht legen. Frauen gibt es keine, auf 30 Männer scheint eine zu kommen. Sie bieten ihren Körper feil, befingern sich den Wanst, in dem eine Leibesfrucht die vollen 9 Monate vermutlich nicht überstehen wird. Hundert Meter weiter ragen Speere in die undurchsichtige Luft und tragen die Kadaver unzähliger armer Seelen auf ihren Spitzen zur Schau. Das Wetter frisst von ihnen. Die Bienen töten ihre Königin“, sagt ein spindeldürrer, heruntergekommener Bursche und grient in die Kamera, als hätte er jetzt schon die Pointe des Filmes verraten. Es brummt unruhig in einem Korb.
Durch die Geräusche zertrampelten Unrats, das Quieken sadistischer Dummköpfe und dem heiseren Lamentieren eines linkischen Bettlers dringt der Klang schwerer Stiefel. Ein brutaler Bärtiger schiebt sich nach vorne, seine Augen huschen herrisch durch die Gegend, sein Gesicht ist nicht lesbar. Der Hüne spielt Bluesiges auf etwas, das eine Klarinette sein könnte. Geräusche sind laut, stark, nachdrücklich. Die Kreaturen schmieren sich schwarze Bracke ins Gesicht, ihre Physiognomie verschwimmt mit dem widerwärtigen Land. Mensch, Gefühl, der endlose Marsch auf der Stelle, die kahle, zerklüftete Ebene und ihre Geschichte – alles wird eins.

Es ist schwer, ein Gott zu sein ist eine Art Historien-Science-Fiction. Und, nur fürs Protokoll, wer nun an Zeitreiseklamotten á la Die Besucher denkt, möge das doch bitte unterlassen.
Aleksei Germans letzter Film ist viel mehr ein ehrfurchtgebietendes Monument, beinahe selbst ein sterbender Gott, der sich drei Stunden dabei beobachten lässt, wie er sich würgend und schnaufend auf die Seite wälzt.
Es geht in diesem russischen Epos um eine Geschichte. Sie zu verstehen, ist hingegen nicht Voraussetzung, um auch den Film zu verstehen. Aus den unerklärlichen Extrakten des fremdartigen Alltags der Bewohner dieses Landes, die von Mythologie, Gerüchten, Denunziationen und Betrügereien schwafeln, lassen sich nur vage Schlüsse ziehen. Die wilden Einblicke in das unerbittliche Leben auf diesem in der Zeit gefangenen Planeten lassen erkennen, dass viel vorgeht, verwehren dem Zuschauer zugleich aber auch die ständige Antwort auf die gleichsam ständige Frage, was genau denn nun gerade geschehe. Es geht um einen Krieg von Grauen und Schwarzen, die im kristallenen Schwarz-Weiß des Filmes kaum auseinanderzuhalten sind. Es geht um die systematischen Lynchmorde an Intellektuellen, die in der Schar aus darbenden Rohlingen nur schwerlich auszumachen sind. Es geht um die Frage der Moral und die Last der Verantwortung – beides Worte, deren Bedeutungen sich verlieren in einem Strudel aus Herrschsucht und den daraus hervorgehenden Gräuel.

Es ist oftmals schwer zu erkennen, was passiert, im tatsächlichen wie auch im übertragenen Sinne. Die abstoßenden Gepflogenheiten, die verschiedenen Charaktere, die Fremde. Man erkennt alles klar und die zahlreichen Episoden lassen sich weitestgehend problemlos verfolgen; wie sie zusammengehören, das hingegen bleibt oftmals ein Rätsel. Aber auch das schnell gesprochene Russisch und die ebenso schnell passierenden Untertitel machen den Film zu einer Herausforderung auch inhaltlicher Natur. Trotzdem und vor allem deswegen dann kommt ihm von seiner Faszination nichts abhanden, im Gegenteil. Der Sog wird stärker. Und der Ort, zu dem er zieht, ist einer der Andersartigkeit. Man kann den Schmutz riechen, den Dunst spüren, den Rotz schmecken und in dieser Mammutperversion etwas finden. Man muss dem Film, der so viel Schlimmes zeigt, vertrauen, damit er funktionieren kann. Zum Glück ist es leicht, das zu tun und der Geschichte zu verfallen, sich ihr hinzugeben und sich ohne zu fragen durch ihre rückweglosen Irrungen schleppen zu lassen. Es ist schwer, ein Gott zu sein ist zwar genauso anstrengend und gnadenlos fordernd, wie es hier anklingt, mit der gleichen unwiderstehlichen Kraft aber auch verlockend und verführerisch, faszinierend in seiner Atemlosigkeit.
Denn die Geschichte wird in einer deliriumartigen Logik eines fabelhaften Albtraums erzählt, der genauso fesselnd wie abstoßend ist.

Die fehlenden Farben machen die Bilder nicht trostloser als sie sind, sie machen sie klar und präzise. Und Bilder sind es wahrhaftig, in denen Es ist schwer, ein Gott zu sein erzählt wird, mächtige Gemälde formte Kameramann Yuri Klimenko in der wüsten Szenerie. Und es wird sich gehütet diese kinetischen Kraftakte durch unnötige Schnitte zu ruinieren. Der Film funktioniert in langen, bisweilen ausufernden Plansequenzen, in denen die Kamera durch die Pfade und Felder des sinisteren Königreichs irrlichtert, überall das Gleiche findet und nicht genug davon bekommt. Mit energischer Begeisterung umschleicht sie die großen kleinen Tragödien, die sich auf dem Weg des mürrischen Wissenschaftlers ereignen, wendet den Blick nicht ab und zeigt alles. Es ist die entfesselte Magie der Bilder, die diese Mammut-Dystopie nicht nur ihre vorschlaghammerartige Wirkung, sondern auch die hypnotisierende Intensität verleiht. Es sind Bilder großer, glutofenheißer Kühle und Grausamkeit, ohne die Scheu vor Provokation, aber auch ohne den plumpen Wunsch, provozieren zu wollen.
Dabei ist das mürbe Spektakel der Spielorte keineswegs nur schlimm, es gibt auch erhabene, gar komische Augenblicke, die die Wolkendecke für einen kurzen Augenblick aufreißen lassen. Szenen der Menschlichkeit, die viel kräftiger wirken als jeder Akt müheloser Bösartigkeit und dem Film seinen letzten Schliff verleihen.

Fazit

Aleksei German hinterließ seinen ganz eigenen Essay darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein; eine Oper des Ausuferns und Austrocknens, des Zerfalls und der Konzentration von Fragen, die keine Antworten bekommen. Was hier vorliegt, ist eine morastige Wucht von einem Film, der mahlt und mörsert, um zu zeigen, dass sich Dinge bis in die Unendlichkeit zerkleinern lassen. Und doch strahlt er etwas Essentielles aus, atmet eine Art von Filmmagie aus den perfekten Bildern, den atemberaubenden Einstellungen, der unfassbaren Ambition, der man sich nur schwer entziehen kann. Es ist schwer, ein Gott zu sein zieht einen tief in sich hinein und hinterlässt die Gewissheit, etwas Einmaligem beizuwohnen.
Trotz dessen kann sich Es ist schwer, ein Gott zu sein als Geduldsprobe herausstellen, die so zäh ist wie die Gesellschaft, die sie illustriert. Die vom Film entfesselte Kraft ist eine, die nur allzu schnell verpuffen kann, wenn sich herausstellt, dass jede Anstrengung in der fatalistischen Tretmühle aus Elend und Grausamkeit umsonst ist.

Raining Blood

Japan-Filmfest 2015 Special 5


Story

Naoto fischt eines Tages ein Päckchen aus der Post, das neben dem Roman Live eine ziemlich eindeutige Videobotschaft beinhaltet: Seine Mutter ist in den Fängen eines Entführers und Naoto soll sich an den Verlauf der Romangeschichte – dessen Protagonist ebenso heißt wie er – halten, wenn er nicht den Tod der Entführten verantworten will.
Als er sich zur ersten Station begibt, wo Trikot und Headset auf ihn warten, begegnet er zahlreichen anderen Menschen, die das gleiche Ziel haben und in der gleichen Situation sind.

Kritik

Raining Blood wäre gerne eine professionelle Rebellion gegen den guten Geschmack, perfektionierter Spaß, der einen dann doch das ein oder andere Mal heftig schlucken lässt, ehe sich der Kloß in schallendem Gelächter auflöst.
In erster Linie ist der Film aber eine menschenverachtende Fleischbeschau, der mit seinem offensiven Sexismus – so selbstironisch er sich auch darstellt – weniger Wut auf die hier unglücklich veräppelten Moralkonventionen, sondern eher auf den Film selbst macht, der die gähnend leere Selbstzweckhaftigkeit all seiner vorgetragenen Scheinargumente und Eskapaden nie auch nur ansatzweise verdecken kann.
Zwar sieht der Film gut aus und wirkt mit ausreichendem Budget ausgestattet, doch spielt er sich dann doch zur Hälfte in einem Lagerhaus ab. Zwar gibt es durchaus ein paar gelungene Splatter-Comedy-Szenen, die Spaß machen, doch können die Effekte nie ganz überzeugen. Anders als in Noboru Iguchis vorherigen Filmen ist die nicht zu verhehlende Computerherkunft der Gemetzelsequenzen nicht allzu störend, da die CGI-Natur einem dieses Mal nicht kräftig ins Gesicht springt, dafür fallen die wenigen handgemachten Effekte aber umso negativer auf, die genauso lieblos umgesetzt sind, wie die uninspirierten Slapstickeinlagen. Am meisten aber verärgert das Drehbuch, das oft etwas von angeblicher Relevanz einführt, um es dann einfach aus den Augen zu verlieren, sodass viele Dinge ergebnislos ins Leere verlaufen. Der von den zahlreichen Logikfehlern am offensichtlichsten herausragendste ist zweifelsohne die Tatsache, dass niemand auf die Idee kommt, gleich zu Beginn mal zu überprüfen, die die den Verlauf diktierende Geschichte von Live denn ausgeht.
Sowohl die blutrünstigen Bikini-Assassinen auf Rollerblades als auch einige verstreute, durchaus passable Einfälle sorgen zwar für Kurzweil, zwischendurch ist die Hatz aber nicht nur durchsetzt mit dämlichen Figurenentscheidungen, sondern auch mit Durststrecken und Wiederholungen, bei denen auch der wunderliche Soundtrack nichts zu retten vermag.
Bei der dümmlichen Auflösung des Ganzen kann man mit viel guter Absicht zwar auch unterstellen, dass sich der Film hier absichtlich erbärmlich anstellt, doch wäre auch diese Letztbegründung so selbstzweckhaft, dass man Raining Blood es eigentlich nicht gestatten möchte, sich so billig aus der Affäre zu mogeln.

Fazit

Ohne Frage gibt es launige Momente in Noboru Iguchis Raining Blood und auch die Idee, das Buch Live in der Verfilmung desselbigen eine Rolle spielen zu lassen, ist ein netter Kniff. Das schludrige Drehbuch und viele offenkundige Fahrlässigkeiten machen den Film dann aber zu nicht mehr als einer hysterischen, menschenverachtenden Olympiade für Voyeure, die die Herkunft des Regisseures aus dem Pornofach immer wieder aufblitzen lässt. Dabei ist es fast schon ein kleines Geständnis, dass man zugebeben muss, dass einige der Unterhaltungswerte trotzdem funktionieren und man auch durchaus Spaß an dem Film haben kann.

Control of Violence

Japan-Filmfest Hamburg 2015 Special 2


Story

In Osakas Unterwelt beginnt es zu brodeln, als ein maskierter Killer auf bestialische Weise bestens trainierte Mitglieder der Yakuza exekutiert. Verdächtigt wird das ehemalige Mitglied Goda, der mittlerweile eine Maultaschen-Manufaktur leitet und auf die Vorwürfe nur mit überlegenem Schulterzucken reagiert. Als dann der unberechenbare Psychopath Sub Zero aus dem Gefängnis entlassen wird und eine Schneise aus Leichen hinterlässt, kocht der kriminelle Mikrokosmos über. Drei übermenschlich versierte Bestien und eine Heerschar hilfloser Yakuza-Lakaien steuern unaufhaltsam in einem blendenden Maskeradensturm aus Gewalt und Häme aufeinander zu.

Kritik

Wer die vorherigen Werke von Takahiro Ishihara kennt, wird gewisse Erwartungen gehegt haben. Mit welchem Vorwissen man sich aber auch immer Control of Violence nähert, man kommt gewiss aus der falschen Richtung. Dass es so schwierig ist, mit Worten einem (Kino)erlebnis wie diesem beizukommen, ist vielleicht der glaubwürdigste Zeuge dafür.
Die Welt der Yakuza, in deren Erzählzentrum primär das Ex-Mitglied Goda steht, ist eine absonderliche. Der Anfang des Filmes ist ein ebenso absonderlicher. Nach dem beiläufigen Schlachten der verschleierten Tötungsmaschine folgt der Film dem Alltag des vormaligen Gangsters und schnell wird klar: Control of Violence hat eine höchst eigensinnige Form für seine Geschichte erwählt. Lebendig wird sie durch ihre Figuren, die alle ausreichend Raum für Geheimnisse haben, alle mit einem Knall-Effekt eingeführt werden, ansonsten aber nur ihre Sicht auf die Welt teilen. Sie agieren überlegen, spöttisch, über den Dingen stehend. Davon abgesehen, sind die Charaktere so verschieden wie vielschichtig. Sie alle haben eine eigene Weise, sich zu bewegen, stilbewusst, aufbrausend und äffisch, ohne dass diese Aufteilung motorischer Eigenschaften irgendwie störend wirkt. So ist jeder Figur von der ersten Szene an eine besondere Aura eigen.
Die Art und Weise, wie sie miteinander in Interkation treten, ist einerseits von permanenter Bedrohlichkeit unterlegt, steckt andererseits aber auch voller Humor. Ishihara beweist mit seinem sonderbaren Ausflug ein Meisterhaftes Timing – viel Lustigkeit rührt daher, dass mit Zeit und deren Verstreichen gespielt wird. So entstehen absurde Dialoge und perfekt getimte Auftritte, die in Zusammenarbeit mit den nassforschen, unverfrorenen und angreiferischen Figuren eine Verkettung von herrlich amüsanten Sequenzen ergeben, in denen sich Pointe an Pointe reiht.
Dabei ist Control of Violence beileibe aber keine Komödie, auch wenn die Arbeit mit Genrebegriffen hier sowieso eine vergebliche darstellt. Ständig ist der Film an zischen, immer kurz vor dem Überdruck – die namensgebende Kontrolle ist in vielerlei Weisen deutbar, auf den Stil des Filmes lässt sich ganz eindeutig beziehen. Das Geschehen ist ein stilisiertes, beizeiten fast schon theatergleiches mit Auf- und Abgängen und einstudierten Choreographieren, während es aber stets organisch und flüssig wirkt. Die häufigen Exzesse der aufeinander losgehenden Gruppierungen sind dabei rabiat und schonungslos in ihrer Ausführung, aber zurückhaltend in der Darstellung. Blut spielt nur selten (jedoch an bedeutsamen Stellen) eine Rolle, stattdessen verhalten die sich beharkenden und einander das Leben nehmenden Kontrahenten sich ebenso wie zwischen Theatervorhängen, wenn sie glaubwürdig und schmerzerfüllt zusammenbrechen, aber unversehrte Körper haben. Was klingt wie eine nachlässige Ausführung, ist ein meisterhaft umgesetztes Konzept, das in all seinen Facetten aufgeht. Die unbekannte Mischung aus roher Körperlichkeit und ästhetischer Verfremdung der aufgeweckten Regie gebiert eine eigene Welt, in der Hässlichkeit und Schönheit im Sprint aufeinander zulaufen und schließlich miteinander verschmelzen. Dass all das in Schwarzweiß gehalten ist, ist eine ähnlich gelungene wie auch in Miss Zombie. Gemeinsam mit langen Einstellungen, akzentuierender Ausleuchtung und den an Nicolas Winding Refns Drive erinnernden erfüllt den Film eine rauschhafte Ästhetik, die Zugang zu einer ganz eigenen Welt gewährt.

Fazit

Takahiro Ishiharas jüngstes Werk ist ein überraschender Trip voller Witz, Härte, Stil – ein Bündel von miteinander verkletteten Alleinstellungsmerkmalen und damit starker Anziehungspunkt für große Faszination.
Man kann sagen, Control of Violence bringe damit zur Aufführung, was japanisches Kino in vielen Fällen so besonders macht: Die Unvorhersehbarkeit, mit der sich Witze entwickeln, der berauschende, freigeistige Stil und eine außergewöhnliche Herangehensweise an die zu erzählende Geschichte.

Kingsman – The Secret Service

Mit Der Sternenwanderer, Kick-Ass und X-Men: Erste Entscheidung lieferte Matthew Vaughn, der lange im Schatten Guy Ritchies umherschlich, drei Filme am Stück ab, die durchweg ausgezeichnet waren.
Nach dem rasanten Trailer zu seiner neusten Comicverfilmung von Millars The Secret Service durfte man sich eigentlich sicher sein, dass diese Reihe nicht abbrechen würde.

It’s not that kind of a movie.

Story

Die Kingsmen sind ein international agierender Geheimdienst, der mit dankenswerter Regelmäßigkeit die Welt rettet. Wer dort Mitglied ist, ist quasi ein Superheld ohne Superkräfte, aber mit jeder Menge Wundergadgets, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus sind. Ein wenig wie Iron Man – nur ohne Flugfähigkeit, inkognito, mit maßgeschneidertem Anzug statt Rüstung und einem Höchstmaß an Etikette.
Als Agent Lancelot auf einer Mission ermordet wird, muss die leere Stelle besetzt werden und, wie es die Tradition gebietet, schlagen alle Mitglieder einen vielversprechenden Rekruten vor, der sich gegen die anderen im unerbittlichen Training behaupten muss.
Veteran Harry Hart überrascht – zum wiederholten Male – mit einer unkonventionellen Wahl, als er den unmanierlichen Tunichtgut Eggsy in die Gruppe holt. Einst war es sein Vater, der mit Harry Seite an Seite kämpfte.
Während die Anwärter im Wettkampf ihre Prüfungen durchlaufen, ballt sich im Hintergrund eine globale Katastrophe zusammen – angeleitet von dem lispelnden Milliardär Valentine.

Kritik

Die drei in der Einleitung genannten Filme haben eines gemeinsam: Ihre toll anzusehende Verpackung agiert im Dienste des Inhalts. Sie alle hatten eine Mission; jedenfalls wirkt es so, so sehr schäumen Inspiration und Esprit aus ihnen heraus. Es sind Filme, die auf einer Metaebene angesiedelt sind, immer ein – in der Regel notwendiger – Kommentar zum aktuellen Zustand des jeweiligen Genres.
Vaughns neuster Streich richtet sich nicht nach dieser besonderen Leitlinie. Deswegen ist Kingsman: The Secret Service kein schlechter Film und ganz ohne Frage unterhaltsam. Gemessen am vorherigen Schaffen des Briten stellt er trotzdem eine mittelschwere Enttäuschung dar. Denn plötzlich steht kein cleveres Motiv hinter der Kurzweil. Sondern das Clevere fehlt beinahe zu Gänze.

Da wäre die Story, die nach dem klassischsten Muster verläuft und nicht ein einziges Mal von diesem abweichen will. Die Ereignisse der mehr als zwei Stunden sind zu jedem Zeitpunkt vollkommen antizipierbar. Das reicht bis zu den Beweggründen des Oberschurken Valentine, der in Tun und Wollen austauschbarer kaum sein könnte. Samuel L. Jackson vermag der Figur keine Energie einzuhauchen, nervt im Deutschen dafür aber ungemein durch seinen Synchronsprecher, der den Sprachfehler des Schurken zur vollkommenen Farce werden lässt. Das Resultat ist, dass die Szenen mit ihm zu den schlechtesten des Filmes gehören.
Kick-Ass machte durch seinen unerwarteten Gewaltgrad nicht nur von sich reden, er lebte auch durch ihn. Plötzlich waren Kampf und Tod wieder etwas Furchterregendes im milde gewordenen Superheldenkosmos des vorsichtigen Mainstreams. Funktionieren konnte die mutige Entscheidung nur deshalb so gut, weil Kick-Ass gerade nicht von übermenschlichen Leuchtfiguren erzählte, sondern von durchschnittlichen Menschen mit all ihren dummen und peinlichen Träumen. Das Superhelden-Genre war nach Matthew Vaughns Abrechnung nicht mehr ganz dasselbe.
Kingsman: The Secret Service weidet sich an seiner martialischen Gewaltdarstellung, die gesichtslose Niemande auf brutalste Weise und mit keineswegs scheuer Kamera das Zeitliche segnen lässt. In den durchchoreographieren Schlachtfesten werden Passanten wie Vigilanten gnadenlos hingerichtet, sodass der Film es trotz seiner Lust an der Übertreibung sicher nicht ganz leicht bei der Altersfreigabe hatte. All das dient der Unterhaltung als reiner Selbstzweck, ohne sich auch nur alibihaft auf eine Aussage festlegen zu wollen. Die rauschhaften Kämpfe sind toll anzusehen und Colin Firth als stoischer Todesengel ist definitiv ein Augenschmaus, doch sind sie einfach nur Spektakel um des Spektakels Willen – und haben ob der Art dieses Spektakels einen etwas bitteren Beigeschmack. Besondere Erwähnung verdient die Kamera die gerade in den Handgemengen als selten blinzelndes Auge mit imponierenden Manöver durch das Massaker tourt, auch wenn es manchmal ein wenig zu deutlich wird, dass an diesen Stellen großzügig mit dem Computer getrickst wurde. Besonders fraglich wird das Spektakel in einer späteren Szene, in der auf allen Anstand gepfiffen wird und etwas geschieht, was man dem Film mit nur geringfügig bösen Absichten als den Versuch vorwerfen könnte, auf primitive Weise einen kleinen Skandal provozieren zu wollen.
Wenn man überhaupt so etwas wie einen über das Gesagte hinausgehenden Sinn erkennen will, dann könnte es eine Beschäftigung mit genau diesem Voyeurismus sein. Ein paar Szenen könnten auch durchaus als Hinweis hierauf gelesen werden, genaugenommen gibt sich der Plot aber keine große Mühe, diese Deutungsmöglichkeit wirklich zu erwägen.

All dies steht, wofür Vaughns fünfter Film im Gesamten steht: Für nichts als sich selbst, reine Kurzweil, die wie ein Fisch nur für ein paar Minuten überleben kann, hängt sie erst einmal am Haken an der Luft. Und hier ist ein Vergleich vonnöten, der sich von Anfang an schon aufdrängte: Hier ist viel weniger Kick-Ass, viel weniger Stardust und viel weniger X-Men drin, denn das Freche dieser Filme wich hier routiniertem Handwerk. Dafür findet man aber eine ganze Menge Wanted gemischt mit der Kühle von Vaughns Debut Layer Cake. Und so sehr Wanted seinerzeit durch seine Kampfsequenzen Wind machte, so vergessen ist er heute, läppische 7 Jahre in der Zukunft.
An dieser Stelle wird es auch nicht mehr groß verwundern, dass auch der Humor – immer eine Stärke des Regisseurs und Autors – deutlich durchschnittlicher und voraussehbarer ausfällt. Wirklich witzig ist der Film nur im Ausnahmefall aufgrund eines klugen Wortes, sondern meist nur dann, wenn er in Sachen boshafter Geschmacklosigkeit noch einmal eine Schippe drauflegt und mit einem weiteren visuellen Tabubruch verblüfft.
Was bleibt, sind gute und gut aufgelegte Darsteller in einem blutroten Pudding, der sich selbst nie so ganz sicher zu sein scheint, ob er lieber Hommage oder Persiflage sein will. Man ist nie gelangweilt, fühlt sich nie um sein Eintrittsgeld betrogen, hat aber gleichsam auch nie das Gefühl, etwas wirklich Wichtiges zu sehen. Im ganzen Film existiert nur ein kleiner Moment, der an die bekannte und hier überwiegend unterdrückte Genialität des Autors erinnert. Hier halten Film und Zuschauer kurz inne und suchen nach Neuorientierung. Sind diese kurzen Sekunden verstrichen, kehrt die Geschichte aber nahtlos zurück in ihr Korsett. Das Ganze ist so gefällig, dass es kaum eine Rolle spielt, dass das Buch einige Fehler aufweist, die es lieblos erscheinen lassen, und auch die Figuren nicht immer mit größter Überzeugung in die Geschichte geschrieben worden zu scheinen.

Fazit

Kingsman – The Secret Service beendet den Siegeslauf von Matthew Vaughn vorerst. Doch auch wenn er nicht die Brillanz seiner Vorgängerfilme teilt, ist er doch ein sehr unterhaltsamer, augenzwinkernder und in seinen gewaltreichen Kampfeinlagen berauschend gefilmter Spaß, der sich – genau wie so mancher Agent – an seinem eigenen Stilbewusstsein viel zu sehr erfreut, um etwas darüber Hinauswollendes anzustreben.
Mit 129 ist der Film nur etwas zu lang geworden, um noch als kurzweiliger Snack durchzugehen. Und wer kann, der sollte die deutsche Synchronisation unter allen Umständen umgehen.

KITE – Engel der Rache

Über eine Verfilmung des erfolgreichen Animes KITE von 1998, der 10 Jahre darauf einen Nachfolger erhielt, wurde schon häufig geredet. Der Film, der nun unter dem Namen KITE – Engel der Rache veröffentlicht wurde, hat mit dem Anime nicht allzu viel gemein und verzichtet konsequent dessen Stärken.


Looks like somebody used a landmine to clear the sinuses.
Story

Eine wenig rosige Zukunft. Die schmackhaften Kinder werden an Fleischkartelle verschachert und niemanden stört es, ist doch jeder mit dem poppigem Sumpf aus Polizeikorruption und Bandenrivalitäten beschäftigt, der nun das Weltbild bestimmt.
Als Kind verlor Sawa ihre Eltern durch den Angriff einer Gang. Karl Aker, ein ehemaliger Polizeikollege ihres Vaters, nahm sich ihrer an und trainierte sie. Heute, mit 18 Jahren, kämpft sie gegen die allmächtigen Banden, um den Tod ihrer Eltern zu rächen.

Kritik

Kite gehört zu dieser ganz besonderen Sorte Film. Die Sorte Film, die schäbig ist. Nicht schäbig auf eine Weise, wie man es vielleicht von The Rover oder End of Animal behaupten kann, weil   hervorgerufen wird. Nicht schäbig, weil es dem Film gelingt, bewusst eine Stimmung des Unerträglichen zu kreieren, sondern einfach nur schäbig im Sinne einer Bewertung des Werks.
Schon die Vorlage bietet keine originelle Geschichte, aber immerhin noch ein paar recht interessante Figuren und eine gewisse Düsternis, der man mit viel gutem Willen eine Tendenz zur oben definierten Form der ‚positiven Schäbigkeit‘ attestieren könnte. Ralph Zimans Film bemüht sich, all das aus der Geschichte heraus zu operieren, sodass nichts bleibt bis auf einen ärmlichen Kern reduzierte Erzählung mit grundloser Gewalt. Doch Vergleiche zur Vorlage erübrigen sich genaugenommen sowieso, da sich tatsächliche Gemeinsamkeiten problemlos an einer Hand abzählen lassen, ohne dabei die Gabel beiseitelegen zu müssen.

Ob die Chose besser gelungen wäre, hätte Rob Cohen sie verfilmt, wie es angedacht war, bleibt aber auch fraglich. Snakes on a Plane und Final Destination 2-Regisseur David R. Ellis sollte als nächstes das Ruder übernehmen, verstarb aber unter ungeklärten Umständen, als die Dreharbeiten beginnen sollten. Samuel L. Jacksons Begeisterung hat dies offensichtlich nicht geschürt und folglich befindet er sich noch deutlich stärker in seinem darstellerischen Automatikmodus, als in den meisten seiner auf Typecasting basierenden Rollen der letzten Jahre. Das Resultat ist in der Tat etwas erbarmungswürdig. Dass jeder in dieser Welt ein fabelhafter Kämpfer ist, versteht sich von selbst.
Dem angepasst, üben sich die meisten anderen in penetrantem Overacting und Hauptdarstellerin India Eisley schaut die ganze Zeit so unerträglich bockig drein, dass man sie am liebsten ins Bett schicken würde. Ihre vor sich hin metzelnde Sawa böte aber auch für eine richtige Schauspielerin nur wenig Entfaltungsraum, denn ihre Motivation ist so sehr aufs Marginalste reduziert.
Als grelle Kinder-Amazone wütet sie vor farblich verfremdeten Hintergründen, die manchmal ein wenig zu billig aussehen, durch eine ausgehöhlte Story. Die Gewalt, die regelmäßig aus ihrer poppigen Verpackung geholt wird, soll cool wirken, ist aber – obschon comichaft übertrieben so grausam und unnötig, dass sie anwidert.
Ein weiteres gescheitertes Stilmittel stellt der Versuch dar, den sehr klischeehaft geschossenen Film mit sinnlos flackernden Zwischenschnitten künstlich ungewöhnlich zu machen, was aber lediglich bewirkt, dass das Produkt noch unbeholfener und planloser wirkt. Auch die arg aufdringlichen, andauernd den Fluss störenden Flashbacks nach Schema F, die kaum durch Mehrwert gerechtfertigt werden, schließen sich dem an.
Schon früh bekommt man den Eindruck, der Film wäre ein Versuch, Léon – Der Profi auf eine möglichst unflätige Weise zu beleidigen.
Dass das Ganze auf einen Twist hinsteuert, der sich von Anfang an ohne Aufwand erraten lässt, besiegelt die Gewissheit, dass es sich bei KITE um einen Film handelt, bei dem nur wenig stimmt und der nie das ist, was er zu sein behauptet.

Fazit

Aus dem Ausgangsmaterial hätte durchaus ein sehenswerter Film mit ganz eigener Atmosphäre werden können. Das Ergebnis aber ist ein gescheiterter Pop-Film mit völlig unmotivierten Schauspielern, einer hinkenden Dramaturgie, ohne jede Überraschung und mit unnötiger Freude an der Gewalt, mit welcher sich der Anime kritisch auseinandersetzte, die hier aber einfach nur um ihrer selbst willen aufgeführt wird.

Riddick

Pitch Black kostete 23.000.000 Dollar und spielte ein Vielfaches ein, Riddick: Chroniken eines Kriegers sollte der ganz große Wurf werden, verschlang fast fünfmal so viele Münzen wie der Vorgänger und floppte enorm. Somit musste Teil 3 Riddick: Dead Man Stalking zurück zu den Anfängen der Reihe, finanziell wie inhaltlich.

So this… this ain’t nothing new.

Story

Der frischgebackene Herrscher Riddick will seinen Heimatplaneten finden. Doch sein Stab betrügt ihn. Ein machthungriger Untergebener führt ihn zum falschen Planeten, um ihn dort zu morden. Riddick kann fliehen und scheppt sich verletzt über das feindselige Gestein. Nicht nur die dort ansässige Tierwelt will dem Furianer ans Leder, er muss auch zwei Söldnertrupps gegeneinander ausspielen, denn nach den 10 Jahre zurückliegenden Ereignissen von Pitch Black ist das Kopfgeld auf ihn in den meisten Ecken der Galaxie noch gestiegen. Und einer der Anführer hat eine ganz persönliche Rechnung mit dem Aussätzigen zu begleichen.

Kritik

Der Anfang bestätigt bereits, was der Trailer verspricht: Riddick ist nicht mehr Riddick, sondern wieder Pitch Black und trotzdem – je nach Auffassung vielleicht auch deswegen – durch und durch Riddick. Zusammen mit dem Budget wurden auch die Star Wars-Ambitionen des Sequels Chroniken eines Kriegers zurückgeschraubt. Keine zahlreichen Planeten mehr, keine fantasievollen Völker mitsamt Diplomatie, keine weitgespannte Mythologie und auch keine Necromonger. Die versprochene Reise in die Zwischenwelt bleibt aus. All das wurde über Bord geworfen. Zurück blieb, womit in Pitch Black vor nunmehr 13 Jahren alles seinen Anfang nahm.
Ein kleiner Film über einen wütenden Mann, der seit Teil 1 nichts dazugelernt hat, da er dort schon alles konnte. Aber es fehlen auch die großen Pläne, das Epische und der Mut, ein völlig neues Franchise um den brodelnden Antihelden aufzuziehen. Auch das ist Opfer fehlender Gelder geworden. Und so machte man das Beste draus und Vin Diesel widmete sich seinem Herzensprojekt und Lieblingscharakter. Und er tat was er konnte. Richard B. Riddick ist nun wieder kantiger und schmutziger, taff aber unsympathisch. Wieder der Schwerverbrecher aus dem ersten Teil, der zwar finsteres Charisma ausstrahlt, dem man aber zu keiner Tageszeit begegnen möchte und der nie einen Hehl aus seiner totalen Überlegenheit macht. Er selbst sagt es. Der Fehler, zivilisiert zu werden, muss umgekehrt werden. Gesagt, getan. Seine Zeit als Politiker war ihm ganz offenkundig eine Lehre. Zurück in die Zeiten der raubtierhaften Unberechenbarkeit. Passender Weise mit hyänenhaftem Schoßhund.

Die ersten Minuten vergehen schweigend. Der Held mit umgekehrten Vorzeichen hat mehr Wunden, als er lecken kann, und muss sich gegen die Gefahren eines durch und durch menschenfeindlichen Planeten durchsetzen. Wer Riddick kennt, der weiß aber, er ist zäher, gerissener und im Zweifelsfall eben sturer als jeder mögliche Gegner, ob nun Mensch, Tier oder anderes. Anfangs wird alles, was geschieht, noch mit Riddicks Stimme, grollend, gurgelnd und tief wie der Erdkern mit machohaft knappen und zynischen Sprüchen kommentiert. Schade nur, dass seine zahlreichen Onliner selten einfallsreich und dafür umso öfter ganz schön dämlich sind. So ist der Held nicht annähernd so cool, wie er sein will und könnte. Aber Riddick ist immer noch Riddick und damit immer noch basierter, abgebrühter und so groovy wie fast alle anderen Einzelkämpfer des Filmuniversums zusammen.
Umso gewagter die Entscheidung, eine ganze Weile nach dem Epilog nicht über Riddicks breite Schultern hinweg zu schauen, sondern über die der Söldnergruppen, die Jagd auf den Furianer machen und dabei in bekannter Manier und ohne Kraftanstrengung dezimiert werden. Auch das erinnert an Pitch Black, doch will man spätestens seit dem zweiten Teil schlichtweg mehr vom rüden Glatzkopf sehen und weniger vom Rest, der eh nur dazu dient, den Protagonisten triumphieren zu lassen. Schließlich ist es sein Film. Entsprechend groß ist die Fallhöhe zwischen Einführung dem Katz-und-Maus-Spiel, das nie spannend wird, da Riddick zu keiner Sekunde die Kontrolle zu verlieren scheint. Darüber hinaus behält er sie durch nicht sehr einfallsreiche Mittel. Dieser Part bietet bloß Genredurchschnitt. Inklusive einer duschenden Katee Sackhoff (Battlestar Galactica).
Sobald die Aufmerksamkeit wieder auf dem Titelgeber liegt, macht Riddick aber auch wieder Laune. Das Tempo im letzten Drittel wird ein gutes Stück gesteigert, die Einzelteile fügen sich zusammen und es bleibt unoriginell, dabei aber auch gehörig unterhaltsam.
Die Bezüge zu den ersten beiden Teilen stellen sich als reichlich bemüht heraus, sind aber wenigstens vorhanden. Auch ist es ja leider fast schon guter Genreton, dass sich diverse Figuren reichlich stupide aufführen und die sinnvollsten und naheliegendsten Möglichkeiten nicht ergriffen werden, damit der Film nicht verfrüht endet. So was nagt an Spannung und Stimmung, kann den Sci-Fi-Reißer aber nicht kaputt machen.

Fazit

Riddick kehr wie erwartet ganz tief zu den Wurzeln zurück und setzt alles auf Null. Das funktioniert ähnlich gut wie einst in Pitch Black, lässt die ausufernde Fantasie des zu Unrecht oft gescholtenen Sequels aber wieder in der Versenkung verschwinden.
Ein sehenswerter Genrefilm, aber auch trauriges Zeugnis einer vom zahlenden Publikum abgelehten Chance.

Universal Soldier: Tag der Abrechnung

John Hyams bemüht sich ein zweites Mal, die Universal Soldier-Reihe wiederzubeleben. Dieses Mal mit noch mehr Mut zum Wandel und zu Experimenten. Und mit weniger Jean-Claude Van Damme.

There is no end. Always another.

Story

John lebt ein beschauliches Leben mit Frau und Kindern. Bis eine Gruppe von Maskierten ins Heim eindringt und John ins Koma prügelt, nachdem die Familie vor seinen Augen hingerichtet wurde.
Monate später wacht er im Krankenhaus auf und findet sich vor den Trümmern seines Lebens wieder. Alles, was er hat, ist ein Gesicht. Und dieses Gesicht scheinen auch die Ermittelnden zu kennen. Zu sehen ist  Luc Deveraux, der ihnen und den meisten Zuschauern als Teil des Universal Soldier-Programms bekannt ist.
Schnell muss John feststellen, dass seine Identität nicht das ist, was sie zu sein scheint. Auf der Suche nach Deveraux, Antworten, Rache und sich selbst begegnet er nicht nur einer alten Freundin, sondern auch Magnus einer kaltblütigen Killermaschine, die John auf Schritt und Tritt verfolgt.

Kritik

Nichts für Epileptiker, und das ist keine einfach dahingesagte Spaßwarnung. Gefühlt gibt’s mehr hektisches Geflimmer als in Irreversible und bei einem Hexis-Auftritt zusammen.
Der vierte Auftritt von Universal Soldier ist sehr direkt, sehr grausam, sehr intensiv und hat Mr. Van Damme nur noch als Nebenfigur. Dafür (und man könnte unken, deswegen) gibt es moderates Schauspiel – wenn wir das übliche Sorgenkind Dolph Lundgren mal außen vor lassen – und eine höchst ambitionierte Kamera- und Schnittarbeit. Ambitionen und der vierte Teil einer 90er-Jahre-Action-Filmreihe, das mag sich erst mal tollwütig beißen, doch hat John Hyams, der bereits den Vorgänger um neue Facetten bereicherte, tatsächlich das Vorhaben gehabt, der Serie eine völlig neue Richtung zu geben. Und dies ist ihm gelungen.
Der Anfang ist etwas lang geraten, aber es ist eine dieser stimmungsvollen Längen. Die latente Langeweile, von der man weiß, dass sie nötig ist, um der Intensität des Anstehenden sorgfältig den Weg zu ebnen. Und Intensivität war ganz offensichtlich das Motto beim Dreh, denn mit vielen, meist etwas psychedelisch anmutenden inszenatorischen Spielereien bemüht man sich, den Zuschauer bei Laune, gefesselt und angemessen verwundert zu halten. Das klappt keineswegs durchwegs, doch durchaus ab und zu – und allein dem Versuch, der ollen Serie eine Transfusion völlig neuen Blutes zu spendieren, gebührt eine kleine Würdigung.
Der neue Hauptdarsteller Scott Adkins macht seine Sache höchst anständig und weiß sich standesgemäß zu bewegen, wenn es darum geht, Füße und Fäuste an fremde Körper zu docken.
Als roter Faden zieht sich die Verfolgung des „Klempners“ Magnus durch den Film, der John ständig auf den Fersen ist und ihm mit Flinte, Faust und Truck an den Kragen will. Dieses Element fühlt sich mehr als einmal wie eine Terminator 2-Remnisenz an. Vor allem ist das Ganze nützlich, denn ohne diesen Faden hätte der Film mit seiner brüchtigen Erzählstruktur kaum einen richtigen Bezugspunkt. Der vollbärtige Verfolger hat die nötige Physis (und erinnert dabei latent an den 300-Gerard Butler), um als Bedrohung durchzugehen und die Prügeleien zwischen den beiden sind angenehm ruppig bis ekelhaft brutal. Die ein oder andere kleine Länge schleicht sich trotzdem ein, weil der Film zwar beileibe kein Problem mit schmerzhafter Brachialität hat, wohl aber mit geschickter Inszenierung von Geschwindigkeit. Wie sich bei beiden mit diverser Bewaffnung immer wieder an den Kragen wollen, ist dennoch spannend zu betrachten und vor allem eines: weit weg von der üblichen dumpfen B-Movie-Klopperei, die man von einem van Damme und Dlolph Lundgren-Film erwarten würde. Aber wir sind ja auch nicht mehr in den 90ern.
Dass Universal Soldier: Tag der Abrechnung häufig unmotiviert wirkende Ortswechsel vornimmt, macht die Orientierung schwierig, weil man mehrmals grübelt, warum die Figuren nun ausgerechnet diesen Platz aufsuchen, während man bereits wieder Extremitäten in- und aneinander rammt.
Zwischendrin lassen sich etwas holprige Griechische-Mythologie-Anleihen (der Klassiker) und an Apocalypse Now erinnernde Sequenzen finden. Klingt alles wild zusammengeschustert und so ganz Unrecht hat dieser Klang nicht. Unterhaltsam ist dieses Experiment aber dennoch geworden.

Mehr als fragwürdig hingegen ist die menschenverachtende Brutalität, mit der der Film zu Werke geht. Köpfe zerplatzen, Kinder verenden, Korpora werden durchsiebt und diverse Körperteile müssen Spaltungen über sich ergehen lassen. Die Gewaltdarstellung des Sci-Fi-Filmes ist explizit, sehr explizit. Und die verspielte Kamera genießt das Spektakel. Man kann das als Kritik an der eigenen Thematik lesen, an der Unmenschlichkeit, mit der das Klon-Programm Universal Soldier zu Werke geht. Dafür spricht, wenn man möchte, dass die meisten Figuren ein Grinsen als sadistische Fratze zur Schau stellen. Nur Mr. Van Damme läuft ständig mit stoischer Besserwisser-Miene umher und wirkt dadurch tatsächlich fast wie ein Schauspieler. Man kann es aber auch als dumpfe Gewaltverherrlichung mit fadenscheiniger Ausrede sehen.
Dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass die Sache nicht nur äußerst brutal, sondern auch gut verdammt gut gemacht ist. Die Kämpfe sind roh und nicht übertrieben, aber bravourös in Szene gesetzt und weisen ein paar nette (und deutlich weniger nette) Ideen auf, die tatsächlich überraschen können. Der ausufernde Schlagabtausch Adkins/Van Damme mit Machete und schamanischer Kriegsbemalung (!) zum Ende hin ist dabei natürlich ein definitives Highlight.

Mutig war es, diesen Film als Teil des Franchises und nicht als eigenständiges Werk zu vermarkten. Schließlich ist die Universal Soldier-Marke durch die Sequels mittlerweile so beschmutzt, dass der Film mit anderem Etikett wahrscheinlich erfolgreicher gewesen wäre.
Dennoch – und wär hätte das vor ein paar Jahren noch gedacht – auf Universal Soldier 5 (respektive 7) darf man gespannt sein.

Fazit

Brachiales Actionkino mit psychedelischen Ansätzen, hoher Intensität, ungewöhnlichen Ambitionen und stockendem Erzählfluss. Wer mit dem hohen Gewaltgrad kein Problem hat, kann durchaus einen Blick riskieren. Der Film ist auch ohne das Wissen um die Vorgänger verständlich, auch wenn man die  Hintergründe der einzelnen Figuren zumindest vage kennen sollte, um deren Motivationen zu verstehen.

Dredd

Nach 17 Jahren wird sich ein zweites Mal an der Verfilmung der Comicserie 2000 AD versucht und wieder greift man hierfür auf den prominentesten der Protagonisten zurück. Drehbuchautor und Schriftsteller Alex Garland (Sunshine, 28 Days Later) ist bekennender Fan der Figur und unternahm den Versuch, die Panel auf der Leinwand zum Leben zu erwecken.

Welcome to the inside of your head.

Story

Randgebiete und ländliche Gegend sind bis zur Unbewohnbarkeit verstrahlt, weshalb die Menschheit in gewaltigen Metropolen zusammengepfercht lebt. Eine dieser Städte ist Mega City One, welche zugleich neuer krimineller Schmelztiegel ist. Sechs Prozent der gesamten Delikte können aktiv geahndet werden. Während das Verbrechen sich quantitativ wie qualitativ ins totale Extrem gesteigert hat, rüstet der Polizeistaat mit Einheiten auf, die mehr Maschine als Mensch sind und für das Gesetz in seiner ganzen Radikalität leben, die Judges: Personen, die sich mit Leib und Seele der Verbrechensbekämpfung verschrieben haben, in archaischer Rüstung und mit absoluter Hightech-Ausrüstung gehen sie auf Streife gehen und berechtigt sind, die Gesetzesbrecher nicht nur aufzuspüren, sondern auch an Ort und Stelle zu verurteilen und die Vollstreckung durchzuführen.
Dredd, die Speerspitze dieser wandelnden Gerichtshöfe, wurde gerade beauftragt, die neue Rekrutin Cassandra auf Tauglichkeit für den Beruf zu prüfen. Eigentlich ungeeignet, macht ihre psionische Begabung sie attraktiv für die Institution .
Gemeinsam nehmen sie die Spur einer Drogenbande auf, die das gefährliche Mittel Slo-Mo in der Großstadt verbreiten, das nach Einnahme die Zeitwahrnehmung stark beeinflusst und hochgradig süchtig macht. Als sie einen Verdächtigen in einem Hochhaus festnehmen, kommt Strippenzieherin Ma-Ma auf den Plan. Diese residiert am Einsatzort und hat die vollkommene Kontrolle.
Aus Angst, der Gefangene könnte plaudern, riegelt sie den gesamten Gebäudekomplex ab und eröffnet die Treibjagd auf Judge Dredd und Cassandra.

Kritik

Der 1995er Science-Fiction-Film Judge Dredd mit Sylvester Stallone (Demolition Man), der einen Dredd mimt, der drauf pfeift, den Helm immer auf der Rübe zu haben, hat seine Fans und trägt einen gewissen Kultcharakter. Die Mischung aus Trash und recht hohen Produktionswerten ist durchaus nett anzusehen, eine adäquate Verfilmung des zugrundeliegenden Comics 2000 AD ist sie aber keineswegs.
Genau hier kommt die diesjährige Neuaflage Dredd ins Spiel, bei der als allererstes auffällt, wie wichtig es ihr ist, die Vorlage  zu ehren. So gibt es eine kurze Charakterisierung von Mega City One, Richter Dredd bleibt über die volle Lauflänge brav das gesichtslose Gesetz, fährt sein charakteristisches Motorrad und neigt nicht dazu, Gefangene zu machen.
Ein Aspekt, den beide Adaptionen gemeinsam haben, ist der Umstand, dass sowohl Danny Cannon, Regisseur des ersten Teils, als auch Pete Travis, Regisseur des zweiten Teils, wenige Glanzlichter in ihrer filmischen Vita haben. Dass hier wie da kein Meister am Werk war, merkt man den Filmen fraglos an. Beide sind routiniert und laufen ohne größere Patzer ab, wirkliche Höhepunkte bleiben jedoch aus. Dredd punktet dafür mit einer düsteren Zukunftsvision und der sorgfältigen Vorlagentreue. Das führt dazu, dass der Film auch ohne großartige Geschichte oder Charakterbindung für 95 Minuten effektiv in eine stockfinstere Welt entführt, in der das Böse so übermächtig geworden ist, dass es nur noch mit seinen eigenen Mitteln bekämpft werden kann. Das Grundgerüst stimmt also. Mit passendem Inhalt wurde es nur leider nicht gefüllt.
Dabei wird das brutale Rechtssystem der grimassenhaften Zukunft nicht angeprangert, aber auch nicht glorifiziert. Kritik findet in kleinen Gesten statt, wenn etwa im Prolog ein Kaufhaus im Anschluss an eine Schießerei mit einem Reinigungsfahrzeug von allen hässlichen Anblicken befreit wird, damit die Zivilisten wenige Minuten später wieder ungestört shoppen können. Und natürlich in der Person des Sidekicks Cassandra Anderson, der Dredd begleitet und vormals der anderen Seite der Waffe angehört hat. Der Grund für Cassandras Rekrutierung ist eine einmalige Fähigkeit, die für den Verlauf der Handlung nahezu bedeutungslos ist.
So rasch und gehetzt wie die Welt vorgestellt wird, so knapp fällt auch die Vorstellung der behelmten Gesetzesvertreter aus. Wer genau Dredd ist, darf genau wie seine Klon-Natur ruhig im Dunkeln bleiben, da er schließlich nur ein Krieger unter vielen ist. Doch bietet die Comicwelt auch abseits hiervon viele spannende Details, die man problemlos hätte einführen können, um den Gesichtslosen trotz allem ein wenig Gesicht zu verleihen. So muss sich der Zuschauer mit Karl Urbans Kinn, seinen hängenden Mundwinkeln und grimmig geknurrten Dialogen zufriedengeben, die leider ziemlich platter Natur sind.
Den Rest muss man sich selber denken. Selbiges trifft auch auf Antagonist Ma-Ma zu, die wie so vieles an dem Film nach vielen ungenutzten Möglichkeiten aussieht. Sie delegiert ganz wie der The Raid-Bösewicht die Schergen aus dem obersten Stockwerk und wartet darauf, sich als Endgegner stellen zu müssen, während ihr jedweder Raum für Entwicklung abgesprochen wird. Dennoch hat ausgerechnet Lena Headey (Terminator: S. C. C., 300) in der Rolle des durchtriebenes Narbengesichts als einzige die Gelegenheit, darstellerisch zu glänzen. Sie spielt ihren Charakter auf brüchige Weise kontrolliert, sodass man trotz des Kalküls ihres Treibens ständig die große Explosion erwartet. Das soll übrigens nicht heißen, dass Karl Urban schlecht spielen würde, im Gegenteil. Das, was er mit seinem verdeckten Gesicht zu machen in der Lage ist, bestätigt ihn als ideale Besetzung für die Figur des gnadenlosen Vollstreckers. Nur braucht es dafür einfach nicht viel.
Trotz der wirklich sehr stupiden Sprüche erreicht der Genrefilm aber kein Lockout-Niveau, dafür funktioniert die ganze Sache doch zu gut.

Zu der sehr simplen und von Überraschungen freien Geschichte gesellt sich, dass Dredd das Pech hat, nur kurze Zeit später nach dem bereits erwähnten spektakulären The Raid in die Kinos zu kommen und sich aufgrund des quasi identischen Plots Plagiatsvorwürfe gefallen lassen zu müssen, obwohl man kaum voneinander abgeguckt haben dürfte. Schlechtes Timing.
Die Handlung in kleinem Rahmen ist des Filmes größte Bürde. Dredd bietet bei weitem nicht so viele Staunwerte wie The Raid und auf der anderen Seite mangelt es am räudigen Comic-Charme, wie der leider gänzlich unbeachtete Punisher: War Zone ihn hemmungslos versprüht. Das Ergebnis ist ein kleiner, schwarzer Bastard, dem man ansieht, dass er theoretisch viel mehr hätte sein können. Man stellt sich unweigerlich die Frage, wie der Film wohl geworden wäre, wenn Pete Travis freie Hand gehabt hätte. Der Regisseur hegte nämlich eine Vorstellung vom fertigen Produkt, die das Studio nicht zu teilen bereit war, weshalb er nach Vollendung des Drehs sofort das Weite suchte.
Natürlich ist es nicht zwangsläufig eine Fehlentscheidung, die inhaltlichen und räumlichen Parameter so weit wie möglich zu reduzieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Doch gerade beim Wesentlichen hapert es an zu vielen Stellen.

Die synthetische Droge Slo fungiert gleichermaßen als Starthilfe für die Story wie als Ausrede für einen ganzen Güterzug beladen mit Zeitlupe. Eine Ausrede aber, die recht überzeugend vorgetragen wird. Der Effekt wird so eingesetzt, dass man als Zuschauer annährend nachvollziehen kann, warum diese Droge genommen wird. Die Welt ist, auf langsam gedreht, eine fast schon zur Gänze unbekannte, in der der Alltag in bizarrer Schönheit neu geboren wird und in der selbst das Sterben sich lohnt.
Dredd ist ein Film für Gorehounds. Diese werden ihren Spaß an dem Reißer haben, während sich alle anderen vermutlich angewidert abwenden, sobald nach 20 Minuten zum ersten Mal in einem Zeitlupeneffekt, der an Stillstand grenzt, Köpfe und Körper von Kugeln durchdrungen werden und das CGI-Blut mit einer perversen Ästhetik durch das Bild und in 3D auch durch den Kinosaal flattert. Auch ansonsten besteht der primäre Reiz des Filmes darin zuzusehen, wie ein Mann mit verdecktem Gesicht zu elektronischem Gewummer Leute richtet.

Fazit:


Während Dredd sich atmosphärisch keine Blöße gibt, funktioniert das kompromisslose Spektakel in Sachen Story leider nicht ganz so hervorragend. Wer vor den zelebrierten Gewaltexzessen nicht zurückschreckt, kann ruhig einen Blick in die pessimistische Zukunft werfen, Fans der Vorlage tun dies sowieso.
Für alle anderen dürfte der Film aber zu speziell und zu einseitig ausfallen.
Eine Fortsetzung wäre trotzdem und deswegen mehr als wünschenswert. Einfach deshalb, weil rabiates Genrekino dieser Tage rares Gut ist und das Szenario eine Fülle an unverbrauchten Möglichkeiten bietet.