Bride of the Re-Animator

Vier Jahre nach Stuart Gordons wegweisendem Genre-Erfolg Re-Animator, der geschwind das Kult-Signum erhielt, ereilt die Filmwelt das vorgeschriebene Sequel, während sich der originäre Regisseur mit From Beyond in eine ganz ähnliche Richtung absetzt
Mit Ausnahme von ihm ist das alte Team jedoch wieder beisammen (mit den zusätzlichen Einschränkungen, die der Leichenzähler des Vorgängers vorgab), der vormalige Produzent Brian Yuzna schwingt sich mit eigenem Drehbuch auf den Regiestuhl, das Rezept wird erweitert und die Puppen werden wieder tanzen gelassen.

We start with the heart.

Story

Die blutigen Ereignisse der letzten Experimente haben Dr. Herbert West nur noch verbissener forschen lassen. Mit einem neu entdeckten Mittel lassen sich nun nicht mehr nur Körper als Ganzes, sondern auch einzelne Teile von ihnen reanimieren. In jedem Teil von uns, so die Erkenntnis des Wiedererweckers, wirkt Willenskraft. Da liegt es doch nahe, auch einmal gar nicht zueinander gehörige Komponenten miteinander zu verbinden. Dr. Dan Cain ist weiterhin der Mitbewohner und der Angelegenheit etwas weniger aufgeschlossen.
Da sich beiden für ihre Experimente illegal Leichenteile aus dem Krankenhaus entwenden, kommt ihnen der aufdringliche Polizist Leslie Chapham gefährlich nahe. Zu allem Überfluss scheint auch Dr. Carl Hill noch nicht ganz so tot, wie erwartet.

Kritik

Waren die Verbindungen zu Mary Shelleys Frankenstein (beziehungsweise der Verfilmung von James Whale) bereits im ersten Teil unschwer zu übersehen, wurde Bride of the Re-Animator noch deutlich stärker parallelisiert und darf nun auch schon im Titel verkünden, wessen zweiter Teil da im zweiten Teil Pate stehen darf. Tatsächliche Gemeinsamkeiten zwischen Brian Yuznas Sequel und Frankensteins Braut sind selbstredend nur auf motivischer Ebene auszumachen, vielmehr gereicht das prominente Vorbild zum Anlass, deutlich komödiantischer vorzugehen, als noch in Re-Animator. Diese Entwicklung ist signifikant und der Bezug zur Herzensdame des modernen Prometheus ergibt dahingehend auch Sinn. Wie auch der zitierte Filmklassiker, so gelingt es ebenso dieser Horrorkomödie, die Geschichte des Vorgängers zwar einerseits weiterzuspinnen, andererseits aber nicht in Gefahr zu laufen, einfach nur mehr vom Selben zu liefern, weil die Fortsetzung nicht mehr im exakt gleichen Genre angesiedelt ist. Die Musik klingt nach Schabernack, die Figuren sind bereits von Anfang an allesamt mehr oder weniger überdreht und das gesprochene Wort in der Regel entsprechend.
Auf der anderen Seite gibt es Szenen, die deutlich mehr Ernst besitzen – selbst wenn in diesen 4 lose Finger und ein Auge zu einem glubschenden Wanderwesen verschmolzen werden. Trotzdem ähnelt der Film vom Look wie auch den Grundton unverkennbar seinem Vorgänger, der Beleuchtungsstil ist übernommen, die Ausstattung ähnlich nah dran an Theater wie das Schauspiel. (Dass in diesem Jahrtausend dann ein Musical mit Originalbesetzung auf die Bühne kam, war daher eigentlich nur logisch)
Der größte Zugewinn gegenüber dem Re-Animator-Einstieg unter Stuart Gordons Regie ist allerdings der Wandel, den Jeffrey Combs und seine Figur Herbert West durchgemacht haben. Dieser wird mit einem so souveränen, immer nur einen Hauch überzogenen Irrsinn verkörpert, dass jede Szene mit ihm automatisch Freude generiert. Eine weitere, kaum minder positive Ergänzung ist die simple Tatsache, dass alle wichtigen Elemente schon etabliert sind und daher keine große Introduktion mehr benötigen, um hier in Aktion zu treten. In Folge kann das frohe Wiederbeleben von beliebiger Materie in beliebiger Zusammensetzung direkt angegangen werden und der Film liefert genau das, was man voraussetzt, wenn etwas Re-Animator heißt. Dabei hat das Werk so manche Widerwärtigkeit in petto, die damals wie heute faszinieren und schockieren kann. An wenigen Stellen bewegt sich der Film fast schon ein wenig in die Gore-Richtung, ironisiert derartige Darstellungen aber auch stets wieder mit Eile. Das Gesamtbild ist im Großen und Ganzen runder und kerniger, weil die Geschichte kleiner ausfällt und sich über weniger Orte erstreckt, was dem Geschehen ausgesprochen gut tut.
Gänzlich rund ist die Sache aber dennoch nicht. Manches Element wird anfänglich als bedeutungsvoll eingeführt, verkommt dann aber zur fast schon beliebigen Randnotiz oder zum bloßen Plotwerkzeug. Und auch mit eben diesem Plot stimmt nicht immer alles – aber das ist letztlich Gekrittel an Stellen, wo niemand Perfektion erwartet.
Letztlich bietet auch dieser Film unterhaltsames pseudowissenschaftliches Gefasel von kleinen Männern mit Gotteskomplex, die ihre guten Absichten ein paar Mal zu oft hin und her gedreht haben. Dazu gibt es eine Femme fatal, die wohl selten so indirekt ihren Einfluss auf den Protagonisten nahm, wie es hier geschieht. Und, das wichtigste, es gibt kuriose Wiedererweckversuche in Hülle und Fülle. Den kleinen Originalitätsbonus, den der Erstling noch für sich verbuchen konnte, kommt an dieser Stelle natürlich abhanden.
Woran es dem Film dann gebricht, ist ein wummerndes Finale vom Format des ersten Teiles. Der Tanz der Kadaver hält sich dieses Mal in etwas engeren Grenzen, doch dafür passt dieser Schluss auch nahtloser zum Vorangegangen. Das soll aber nicht bedeuten, dass ein krönendes Spektakel ausbleibt, es fällt lediglich kürzer aus, ist dafür aber auch einen guten Teil abgedrehter. Besonders hier springt der zweite Teil auf ein gänzlich anderes Gleis als noch Re-Animator und beschert einige bizarre Überraschungen, die zwar nicht so laut wie im Vorgänger sind, aber entschieden fantasievoller.

Fazit

Brian Yuznas Regiekarriere lässt sich wahrlich nicht als Vorzeigelauf bezeichnen, doch steckt in all seinen Filmen eine unverkennbare Eigenmarke und der unverfälschte Hinweis auf einen Schwall von Herzblut. Nicht einmal ein Jahr nach der im höchsten Grade verstörenden Kuriosität Society folgte dieses Sequel, dem man nicht vorwerfen muss, es handele sich um eine lieblose Reproduktion.
Die Geschichte wird ungezwungen weitergesponnen, einige Stärken weiter ausgebaut und wieder andere wurden konstant beibehalten. Wie der erste Teil ist auch Bride of the Re-Animator gewiss kein Meisterwerk, wer aber ein Faible für Handgemachtes und charmante Aufmachungen hat, wer eine wohldosierte Lust am Überzogenen, das morbide Flair von entgleister Wissenschaft zu schätzen weiß und zeitgleich bei Dramaturgie und Drehbuchschwächen ein offenes Äuglein entbehren kann, der fügt sich auch mit dem zweiten Teil der Trilogie garantiert keinen Schaden zu.

From Beyond – Aliens des Grauens

Nur ein Jahr nach seinem Überraschungserfolg Re-Animator trommelte Stuart Gordon das gleiche Team noch mal zusammen, um abermals die Lovecraftsche Welt zu betreten und seine gerade mal 7-seitige Kurzgeschichte Von Jenseits zu verfilmen.
Das Werk wurde damals nur stark verstümmelt der Öffentlichkeit preisgegeben. Erst 2006 tauche das verschollen geglaubte Material wieder auf. 2013 verstrich in Deutschland die 25-Jahresfrist und From Beyond verschwand auch hier vom Index.

Whait a Minute! What ate who?!

Story

Crawford Tillinghast und sein Mentor Dr. Edward Pretorius entwickeln in Eigenregie einen Resonator, der die Zirbeldrüse anregt. Die zugrundeliegende Theorie lautet, dass es sich bei ihr um ein verkümmertes Sinnesorgan handelt. Das Experiment glückt. Ist der Resonator aktiviert, erkennen die beiden Wissenschaftler, dass sich die abscheulichsten Kreaturen um uns herum tummeln, die die Menschen aber ebenso wenig wie die Menschen sie wahrnehmen konnten – der Resonator entfernt diese Schranke.

Als die beiden spüren, dass eine fremde Präsenz sich in ihrer Realität manifestiert, deaktiviert Crawford die Maschine, kann aber nicht verhindern, dass ein deformiertes Wesen Pretorius Kopf verspachtelt.
Dem Studenten wird kein Glauben geschenkt und er wird in eine Anstalt verwiesen. Êinzig Dr. Katherine McMichaels zieht in Erwägung, dass an der Zirbeldrüsentheorie etwas dran sein könnte.
Crawford soll unter ihrer Aufsicht das Experiment wiederholen.

Kritik

Re-Animator war ein unverhoffter Coup, der Gordon, Yuzna, Combs, Crampton und Komponist Richard Band plötzliche Bekanntheit bescherte. Für From Beyond, der nur ein Jahr darauf gedreht wurde, hatte man mehr Zeit, mehr Geld und mehr Selbstbewusstsein als beim Vorgängerfilm, was aber immer keineswegs heißt, dass die beiden erstgenannten Dinge in ausreichender Menge vorlagen. Dies resultierte in einem merklichen Zuwachs von so gut wie allem, was dazu führt, dass From Beyond dort, wo Re-Animator noch ein wenig hölzern und staksig wirkte, deutlich geschliffener und eleganter daherkommt.
Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, springt der Film ins Geschehen und macht die anfangs noch ein wenig behelfsmäßig wirkende Ausstattung unter anderem mit transparenten Weltraumfischen mit Gesichtsappetit wett. Fortan spielt der Film immer wieder mit einer Vielzahl von Genremotiven und sympathischen Anspielungen auf den Horror-Kanon, sei es das verflucht anmutende Haus oder die vor Irrsinn berstende Psychiatrie. Dabei zitiert From Beyond aber nicht nur, sondern liefert auch seinerseits in rauen Mengen zitierfähiges Material. Teils an Beetlejuice erinnernde Sequenzen reichen sich die Hand mit dominanten Hellraiser-Anteilen. Letzteres liegt natürlich an der Grundthematik, aber auch an Setting; die bedrohliche Versuchung des Dachbodens ist irgendwie doch ein tief anthropologisches Motiv.
Geboten wird schaurig-schöne Musikuntermalung, eine dezent dynamische Kamera, klare Figuren und die nötige, gekonnt dosierte Portion Selbstironie, ohne dass der Film dadurch je seine Dringlichkeit verlöre. Verbunden werden die Elemente von einer Geschichte, die an sich nicht sehr tiefgreifend ist, aber ökonomisch geschickt und ohne Stillstand erzählt wird. Zu allem Überfluss gibt es im weiteren Verlauf einen unerwarteten Wechsel der Sympathieträger oder vielleicht auch nicht, denn so ganz eindeutig ist die Fokalisierung des wahnwitzigen Science-Fiction-Filmes später nicht mehr. Und damit ist die Geschichte zwar nicht tiefgreifend, aber beileibe auch nicht dumm.
Auch die Dialoge sind wohldurchdacht, nie durchsetzt mit überflüssigen Füllzeilen und überraschen immer mal wieder mit einem gelungenen Scherz oder einer markanten Zeile. Das Schauspiel von Jeffrey Combs mit seinen markanten Nasenlöchern ist immer ein wenig drüber, passt aber gut zur Figur und dem Ton des Filmes, den sie damit zugleich signifikant angibt. Seine angespannte Rolle gibt der Erzählung die nötige Energie, lässt sie manchmal fast atemlos wirken. Ted Sorel mit seinem überambitionierten Gesicht steht ihm dabei gut zur Seite, aber auch seiner – sehr schön geschriebenen – Rolle bringt dies eher Gewinn als Schaden.
Der wirkliche Star des Filmes, ohne die anderen Elemente damit in irgendeiner Weise herabwürdigen zu wollen, sind aber John Carl Buechler, John Naulin, Anthony Doublin und Mark Shostrom, die für die bizarren Effekte und das Make Up verantwortlich waren und ein paar unvergesslich grandiose wie einfallsreiche Widerlichkeiten kreierten.
H.P. Lovecraft lebte bekanntlich zu der Zeit, in der das Bakterium entdeckt wurde. Unsichtbares bekam mit einem Schlag Macht und das Dunkle, Verborgene nahm ein unvorstellbar großes Maß an Einfluss. Dieses Bewusstsein lockte den Schriftsteller in eine Paranoia und ließ ihn Geschichten wie diese ersinnen. Er selbst ließ seine Ungeheuer in gewisser Weise auch immer unsichtbar; beschrieben wurden die schockierenden Gefühle, die ihr Anblick hervorruft, nicht jedoch ihr Anblick selbst.
Hiervon profitiert From Beyond in gewaltigem Maße, hatte man doch absolute Narrenfreiheit, die Kreaturen aus der anderen Dimension zu gestalten. Aus Kondomen, Styropor, Girlanden, Rasierschaum, Marionetten und animatronischen Wundertaten schufen die Künstler ein Monstrositätenkabinett, das den Kreationen eines Screaming Mad George nichts nachstehen. Auch die gut 86 Szenen, welche Effekte enthalten, sehen deutlich geschmeidiger und souveräner aus als in Re-Animator.
Das explodierende Ende, in dem ausufernde Effekte sich überschlagen, erinnert schließlich frappant an Brian Yuznas Regiedebut Society, das drei Jahre später folgte.

Fazit

From Beyond ist weitaus unbekannter als der zum Semi-Kult avancierte Re-Animator, doch lieferte das Team bei seinem Zweitwerk eigentlich die bessere Arbeit ab. Unterhaltsamer, rasanter, gekonnter ist die Tour de Force geworden, deren markantestes Element fraglos die genialen Kreaturendesigns sind, die ein paar unvergesslich Schräge Szenen definieren.

Society

15. Japan-Filmfest Special 7

Brian Yuzna, dessen bekannteste Arbeit zweifelsohne die Re-Animator-Trilogie darstellt, begann seine Regie-Karriere mit etwas Sonderbarem namens Society, der erst in den letzten Jahren Stück für Stück aus der Indizierungskammer treten konnte.

– Fuckin‘ nightmare.
– Last night?
– My Life.

Story

Bill Whitney führt kein schlechtes Leben. Seine Eltern sind wohlhabend, er wohnt in einer schicken Gegend, steht kurz vor der Wahl zum Schulliebling und ist trotzdem verkörperte 80er-Jahre-Coolness, ein Star im Klassenzimmer und mit einem der hinreißendsten Mädchen der Stadt liiert.
Alles wäre also bestens, wenn ihm nicht vermehrt unheimliche Kleinigkeiten in seiner Familie auffallen würden. Anfangs scheint seine Wahrnehmung ihn zu trügen, doch beginnen die Dinge an Relevanz zuzunehmen, als sein Freund ihm ein Tonbandgerät zeigt, auf dem klar zu hören ist, dass Unfassbares in seiner Familie vorgeht.
Doch sein ganzes Umfeld scheint ihm nicht zu glauben, bis wenig später sich sogar der Inhalt des Tonbandes ein anderer zu sein scheint – und sein Freund bei einem Autounfall am gleichen Tag stirbt.

Kritik

Society startet nicht nur langsam und unaufgeregt, sondern regelrech ernüchternd. Eine kaum bemerkenswerte Bildspache, eine grobe, wenig sorgfältige Charakterzeichnung und -entwicklung und eine wahrlich beschämende Synchronisation, in der der Film auf dem Festival mangels beschaffbarer Alternativen gezeigt wurde, verhindern Identifikation und Spannung im üblichen Sinne. Lange Zeit ist ungewiss, wohin der Film möchte und was er eigentlich ist und nur die im Hintergrund überall auftauchenden Gemälde, die vor Obszönitäten strotzen, und die leicht verschrobene Grundstimmung sind als interessante Details auszumachen, während der Rest schlichtweg sonderbar wirkt und bestenfalls narkotisierte Erinnerungen an die Eis am Stil-Zeiten wachrütteln.
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Er nach einer ganzen Weile, wird klar, dass die sonderbare, nicht selten ärmliche Fortbewegung der Geschichte einem ganz eigenen System zu folgen scheint. Nach und nach entwickelt sich die leidlich unterhaltsame Detektivarbeit des arroganten High-Society-Schülers Billy zu einer merkwürdigen Tour de Farce, die sich im letzten Drittel schrittweise, aber unaufhaltsam zu einem surrealen Kompott aufgebläht. Irgendwann sind alle Figuren nach außen gekehrt, verständigen sich mit komplett zusammenhangsfreien Sätzen und tragen Schuhwerk von Nike. Der Schluss öffnet einen Strudel sumpfiger Entartung, die in Sachen Schrägheit wahrhaftig ihres Gleichen sucht und den Zuschauer schließlich fassungslos mit nicht zu erwartenden Eindrücken und der Frage, was zum Geier es mit der Haare verputzenden Mutter auf sich hat, zurücklässt.
Mit Society lotet Yuzna bereits auf höchst eigene Weise die Grenze zwischen Normalität und surrealer Abgründigkeit aus. Das Bizarre wird mit dem Biederen auf eine noch ausführlichere und kontrastreichere und eine viel hemmungslosere Weise konfrontiert, wie wenig später in seinem Kultwerk Re-Animator.

Fazit

So unpassend der Anfang vorerst scheint und so wenig fesselnd dieser anmutet, ist er doch das einzige in Frage kommende Tor, durch das der Zuschauer schreiten muss, um das bizarre Fest fleischiger Obszönitäten am Ende in seiner ganzen Heftigkeit erfahren kann. Auch wenn der Film durch seine rücksichtslose Dramaturgie nicht jedem gefallen wird, ist kaum ein Zuschauer vorstellbar, der Society nicht mindestens als interessante Seherfahrung verbuchen wird.