From Beyond – Aliens des Grauens

Nur ein Jahr nach seinem Überraschungserfolg Re-Animator trommelte Stuart Gordon das gleiche Team noch mal zusammen, um abermals die Lovecraftsche Welt zu betreten und seine gerade mal 7-seitige Kurzgeschichte Von Jenseits zu verfilmen.
Das Werk wurde damals nur stark verstümmelt der Öffentlichkeit preisgegeben. Erst 2006 tauche das verschollen geglaubte Material wieder auf. 2013 verstrich in Deutschland die 25-Jahresfrist und From Beyond verschwand auch hier vom Index.

Whait a Minute! What ate who?!

Story

Crawford Tillinghast und sein Mentor Dr. Edward Pretorius entwickeln in Eigenregie einen Resonator, der die Zirbeldrüse anregt. Die zugrundeliegende Theorie lautet, dass es sich bei ihr um ein verkümmertes Sinnesorgan handelt. Das Experiment glückt. Ist der Resonator aktiviert, erkennen die beiden Wissenschaftler, dass sich die abscheulichsten Kreaturen um uns herum tummeln, die die Menschen aber ebenso wenig wie die Menschen sie wahrnehmen konnten – der Resonator entfernt diese Schranke.

Als die beiden spüren, dass eine fremde Präsenz sich in ihrer Realität manifestiert, deaktiviert Crawford die Maschine, kann aber nicht verhindern, dass ein deformiertes Wesen Pretorius Kopf verspachtelt.
Dem Studenten wird kein Glauben geschenkt und er wird in eine Anstalt verwiesen. Êinzig Dr. Katherine McMichaels zieht in Erwägung, dass an der Zirbeldrüsentheorie etwas dran sein könnte.
Crawford soll unter ihrer Aufsicht das Experiment wiederholen.

Kritik

Re-Animator war ein unverhoffter Coup, der Gordon, Yuzna, Combs, Crampton und Komponist Richard Band plötzliche Bekanntheit bescherte. Für From Beyond, der nur ein Jahr darauf gedreht wurde, hatte man mehr Zeit, mehr Geld und mehr Selbstbewusstsein als beim Vorgängerfilm, was aber immer keineswegs heißt, dass die beiden erstgenannten Dinge in ausreichender Menge vorlagen. Dies resultierte in einem merklichen Zuwachs von so gut wie allem, was dazu führt, dass From Beyond dort, wo Re-Animator noch ein wenig hölzern und staksig wirkte, deutlich geschliffener und eleganter daherkommt.
Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, springt der Film ins Geschehen und macht die anfangs noch ein wenig behelfsmäßig wirkende Ausstattung unter anderem mit transparenten Weltraumfischen mit Gesichtsappetit wett. Fortan spielt der Film immer wieder mit einer Vielzahl von Genremotiven und sympathischen Anspielungen auf den Horror-Kanon, sei es das verflucht anmutende Haus oder die vor Irrsinn berstende Psychiatrie. Dabei zitiert From Beyond aber nicht nur, sondern liefert auch seinerseits in rauen Mengen zitierfähiges Material. Teils an Beetlejuice erinnernde Sequenzen reichen sich die Hand mit dominanten Hellraiser-Anteilen. Letzteres liegt natürlich an der Grundthematik, aber auch an Setting; die bedrohliche Versuchung des Dachbodens ist irgendwie doch ein tief anthropologisches Motiv.
Geboten wird schaurig-schöne Musikuntermalung, eine dezent dynamische Kamera, klare Figuren und die nötige, gekonnt dosierte Portion Selbstironie, ohne dass der Film dadurch je seine Dringlichkeit verlöre. Verbunden werden die Elemente von einer Geschichte, die an sich nicht sehr tiefgreifend ist, aber ökonomisch geschickt und ohne Stillstand erzählt wird. Zu allem Überfluss gibt es im weiteren Verlauf einen unerwarteten Wechsel der Sympathieträger oder vielleicht auch nicht, denn so ganz eindeutig ist die Fokalisierung des wahnwitzigen Science-Fiction-Filmes später nicht mehr. Und damit ist die Geschichte zwar nicht tiefgreifend, aber beileibe auch nicht dumm.
Auch die Dialoge sind wohldurchdacht, nie durchsetzt mit überflüssigen Füllzeilen und überraschen immer mal wieder mit einem gelungenen Scherz oder einer markanten Zeile. Das Schauspiel von Jeffrey Combs mit seinen markanten Nasenlöchern ist immer ein wenig drüber, passt aber gut zur Figur und dem Ton des Filmes, den sie damit zugleich signifikant angibt. Seine angespannte Rolle gibt der Erzählung die nötige Energie, lässt sie manchmal fast atemlos wirken. Ted Sorel mit seinem überambitionierten Gesicht steht ihm dabei gut zur Seite, aber auch seiner – sehr schön geschriebenen – Rolle bringt dies eher Gewinn als Schaden.
Der wirkliche Star des Filmes, ohne die anderen Elemente damit in irgendeiner Weise herabwürdigen zu wollen, sind aber John Carl Buechler, John Naulin, Anthony Doublin und Mark Shostrom, die für die bizarren Effekte und das Make Up verantwortlich waren und ein paar unvergesslich grandiose wie einfallsreiche Widerlichkeiten kreierten.
H.P. Lovecraft lebte bekanntlich zu der Zeit, in der das Bakterium entdeckt wurde. Unsichtbares bekam mit einem Schlag Macht und das Dunkle, Verborgene nahm ein unvorstellbar großes Maß an Einfluss. Dieses Bewusstsein lockte den Schriftsteller in eine Paranoia und ließ ihn Geschichten wie diese ersinnen. Er selbst ließ seine Ungeheuer in gewisser Weise auch immer unsichtbar; beschrieben wurden die schockierenden Gefühle, die ihr Anblick hervorruft, nicht jedoch ihr Anblick selbst.
Hiervon profitiert From Beyond in gewaltigem Maße, hatte man doch absolute Narrenfreiheit, die Kreaturen aus der anderen Dimension zu gestalten. Aus Kondomen, Styropor, Girlanden, Rasierschaum, Marionetten und animatronischen Wundertaten schufen die Künstler ein Monstrositätenkabinett, das den Kreationen eines Screaming Mad George nichts nachstehen. Auch die gut 86 Szenen, welche Effekte enthalten, sehen deutlich geschmeidiger und souveräner aus als in Re-Animator.
Das explodierende Ende, in dem ausufernde Effekte sich überschlagen, erinnert schließlich frappant an Brian Yuznas Regiedebut Society, das drei Jahre später folgte.

Fazit

From Beyond ist weitaus unbekannter als der zum Semi-Kult avancierte Re-Animator, doch lieferte das Team bei seinem Zweitwerk eigentlich die bessere Arbeit ab. Unterhaltsamer, rasanter, gekonnter ist die Tour de Force geworden, deren markantestes Element fraglos die genialen Kreaturendesigns sind, die ein paar unvergesslich Schräge Szenen definieren.

Re-Animator

Im vergangenen Jahr beendete Stuart Gordons Re-Animator in Deutschland seine Index-Existenz. Über zwei Jahrzehnte war der auf Howard Phillips Lovecrafts Kurzgeschichte Herbert West – Der Wiedererwecker basierende Film verboten, was seinem Semi-Kultstatus zugute kam.
Es folgten zwei Fortsetzungen und eine überaus erfolgreiche Musical-Umsetzung.


Birth is always painful.

Story

Über die Jahrhunderte sind wir zu ganz anständigen Medizinern gereift, möchte man meinen. Dabei wird gern vergessen, dass es immer noch den einen oder anderen weißen Fleck auf der Karte unserer Möglichkeiten gibt. Krebs, Demenz, das Altern, der Tod – nichts davon tatsächlich heilbar. Wie unbeholfen ist der Mensch doch, wenn er sich bemüht, ein ausklingendes Leben noch ein wenig länger im Diesseits zu behalten. Mit Elektroschocks wird das Herz malträtiert, die wildesten Elixiere werden intravinös in den sterbenden Leib gepumpt, und dann zieht es die arme Seele doch davon. Dieser Kampf gegen Windmühlen ist für den ambitionierten Arzt von Heute eine frustrierende Angelegenheit. Dr. Herbert West ist ein solcher Arzt und weit davon entfernt, sich geschlagen zu geben. Eines Tages trifft er den überambitionierten Kollegen Dr. Daniel Cain an seiner Uni. Und Cain entwickelt ein Serum, das toter Materie wieder Leben einhaucht.

Kritik

Ein hinreißender Vorspann mit anatomischen Kunstzeichnungen, die in neonfarben und ästhetischen Posen einen schmalen Bereich zwischen Erotik und Morbidität besiedeln, führt in das Lovecraft-Universum.
Das ist umso erstaunlicher, erweist die erste Szene den Film doch als klaren Trash aus. Trash mit hervorquellenden Augen, schäumendem Fleischblut, schrillen Schreien und allerhand Flüssigkeiten von unfeiner Farbe. Die Leichen sind hübsch zerschunden und die ganze Inszenierung eine große voyoristische Ekelschau, vornehmlich darauf angelegt, den Zuschauer zum Quieken zu bringen. Der Film ist in dem Bewusstsein, seine Geschichte mit dem nötigen Maß an Selbstironie erzählen zu müssen, will er nicht in seinem eigenen Glibber ausrutschen.
Wenn der betagte Arzt mit lüstern hervorgestreckter Zunge und fast schon gierigem Blick die Knochensäge anwirft und dabei mit euphorischer Detailversessenheit von der Virtuosität seines Schaffens berichtet, mag man Re-Animator ganz fest umschlingen.
Die Figuren sind gut ausgearbeitet, reden keinen Unsinn und verhalten sich im Genrerahmen nachvollziehbar. Wärehnd Hauptdarsteller Jeffrey Combs in diesem Re-Animator-Teil noch stark an den prototypischen College-Studenten ohne große praktische Erfahrung, aber mit vorzeigbarer Blondine an der Seite erinnert, liefert Bruce Abbott als übereifriger Praxisbefürworter eine angenehm psychopathische Performance ab, die nie über ihr Ziel hinausschießt, aber trotzdem ein paar witzige Spitzen auf Lager hat. Es ist diese Mischung aus klassischen 80er-Jahre-Horrorelementen und dem bösartigen, aber selbstreflexiven und zum Glück sehr leisen, zurückhaltenden Humor, der den Kultstatus von Re-Animator erklärt. Viel trägt die im doppelten Sinne klassische Instrumentalisierung zur Stimmung des Filmes bei, die von Horror-Komponist Richard Band kreiert wurde, der hier erstmalig mit Stuart Gordon zusammenarbeitete. Nicht zurückhaltend, aber niemals aufdringlich und mit schnödem Pomp überladen, sondern in altmodisch-effizienter Weise antizipierend, vorwärtstreibend, vorbereitend und zurückhaltend, niemals subtil, aber immer mit dem richtigen Gespür für die Situation, so nimmt einen die Instrumentalisierung an die Hand, von Anfang bis Ende. Sie führt den Zuschauer durch die vielen kleinen Höhepunkte, durch die die beiden Wissenschaftler schrittweise zu ihrem zweifelhaftem Erfolg geführt werden. Alle paar Minuten hält der Film mit kurzen Schockepisoden bei der Stange, während die Welt schnell ihre eigenen Regeln vergisst. Das grün schimmernde Serum muss anfangs noch gezielt ins Hirn injiziert werden, um die Leichen zu vitalisieren. Später ist es dann aber gleich, wohin der Saft gepresst wird. Die Körper erwachen so oder so zum Leben, wenn sie mit ihm in Berührung kommen.
Nach einer Stunde ist das eh egal. Wenn der Antagonisten-Kadaver wieder rumläuft, driftet die Geschichte vollständig ins Absurde – leider. Kopf und Körper agieren unabhängig voneinander, die bisher angenehm dezente Komik legt eine Schippe zu viel drauf und auch die Musik lässt sich hinreißen, bei der Übertreibung mitzumischen. Dann ist
Re-Animator weniger eklig, weniger ernstzunehmen und dadurch auch weniger gut. Diese sonderbare Hommage an alte Gruselmotive hat ohne Frage etwas für sich, bringt die bisher stringente Atmosphäre des medizinischen Sci-Fi-Filmes aber gehörig durcheinander. Das überbordende Finale vermag es jedoch, diesen Fehltritt vergessen zu machen. Der Film hat dann nicht mehr denselben Ton, wirkt in den ausladenden, fast schon an Braindead erinnernden Gefilden aber trittsicher und fühlt sich sichtlich wohl.

Dem wissenschaftskritischen Aspekt, wenn man den Film denn nicht als puren Unterhaltungsstreifen wahrnehmen möchte, kommt keine allzu große Rolle zu, er bleibt im Hintergrund aber durchweg spürbar. Es sind die Thematik und die agierenden Forscher, die allesamt auf ihre Weise einen an der Klatsche haben, weil sie nicht nur ihr Erkenntnisinteresse über den Rest der Welt und alle Werte erheben, sondern vorrangig von paranoidem Konkurrenzdenken getrieben werden. Anstatt in kooperativem Wirken gesicherte Ergebnisse anzustreben, werden die Wissenschaftler zu narzisstischen Eigenbrödlern, die dem anderen keinen Zentimeter Fortschritt gönnen und sich neidvoll mit fremden Federn behängen. Interessant wird es, wenn man eine andere Lesart zulässt. Der erzkonservative Dekan Halsey lässt Töcherlein Megan nicht bei unserem Wissenschaftler übernachten. Theoretisch ist dies nur durch Eheschließung möglich, praktisch gar nicht, denn ein offizieller Kontakt, der über akademische Belange hinausgeht, würde den jungen West sofort von der Forschungseinrichtung verbannen. Zusammenfinden kann das Paar nur, weil der Vater früh das Zeitliche segnet – und natürlich als grunzendes, instinktgetriebenes Wesen wiederkehrt, das keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es sind gleich zwei Weltbilder, mit denen Gordons Film abrechnet, und einzig der ambitionierte, aber gewissenahfte West kann siegreich hervorgehen, da er die goldene Mitte zwischen alt und neu, Rückwärtsgewandtheit und Hybris verkörpert, um sich gegen die miteinander paktierenden Weltbilder durchzusetzen, bis ihn sein doppeltes Wesen am Ende zerreißt.
Das kann nur gipfeln in einem Splatterfest, in dem Zurückgeholte splitterfasernackt und blutrünstig, aber unter voller geistiger Kontrolle als Armee aufmaschieren.

Fazit

Eine hübsch inszenierte Eskalation mit liebevollen, kaum gealterten Effekten, einer überwiegend gut dosierten Selbstironie, gut aufgelegten Darstellern und einer sehr dynamischen Dramaturgie. Ein unpassender Ausflug ins Absurde bricht nach einer Stunde aber mit der Atmosphäre und der Film benötigt eine Weile, um sein neues Gesicht mit der Geschichte zusammenzubringen.