Alien: Covenant


Am Ende der Produktion von Prometheus, wohl irgendwie auch am Anfang der Marketingkampagne, hieß es, der Film stünde in keiner direkten Verbindung zu Alien – eine Fährte, die falscher nicht hätte sein können. Vor dem Erscheinen von Alien: Covenant versprach ein Stimmenheer einhellig, der Film stünde nicht nur im direkten Bezug zu Alien, sondern verfüge auch über die schauerliche Stimmung, den Geist des Originals. Und wieder war die Fährte falsch.

They’ve made a few upgrades since your time.

Story

Knapp ein Jahrzehnt nach dem Verschwinden der Prometheus befindet sich das USCSS Covenant auf einer Besiedelungsmission, der Androide Walter wartet das Schiff und überwacht die Geschehnisse, während sich die Crew in einem mehrjährigen Kälteschlaf befindet, der just unterbrochen wird, als eine unvorhergesehene Neutrinoexplosion das Schiff in Mitleidenschaft zieht und unter anderem dem Captain Jake Branson das Leben kostet.
Kurz nach den Ereignissen wird ein seltsames Signal empfangen, das eindeutig von einem Menschen kommen muss – inmitten einer unbekannten Zone und offenbar von einem sich in nächster Nähe befindlichen Planeten, der allem Anschein nach habitabler ist als das ursprüngliche Ziel der Kolonialisten. Unter der Leitung des so neuen wie unsicheren Captains Christopher Oram ändert di Covenant ihren vorgeschriebenen Kurs und hält auf den Herkunftsort des Signals zu.
Dort angekommen, bestätigt sich der Verdacht auf lebensfreundliche Zustände, doch trifft die strohdumme Mannschaft auch auf ganz andere Dinge.

Kritik

Tatsächlich beginnt der Film haargenau wie der große Serienstart von 1979 – eine Crew samt Androiden im heimeligen Raumschiff mit einem Zentralcomputer namens Mother, deren Beziehungen vom Film ausgespielt werden, für deren Alltag sich Zeit gelassen wird. Das ist im Prinzip stark – wenn auch ein Nachgeschmack bleibt, da es eben auch haargenau dieselbe Routine wie in Alien ist, inklusive sich selbst feiernder Zitate. Nur dass es eben nicht so gerissen geschrieben ist, die Figuren nie so natürlich-schroff und glaubhaft sind wie damals.
Und dann, mit einem Mal, ist der Film wieder Prometheus. Nach ein paar höchst fragwürdigen Entscheidungen landet die Crew auf einem Planeten, der deprimierend uninteressant wirkt, und verhält sich so, als wären ihr die Konzepte von Wissenschaftlichkeit und gesundem Menschenverstand völlig unvertraut. Man spaziert unbescholten mit der gesamten Crew und ohne Schutzanzug über einen fremden Planeten, trampelt auf alles, was gefährlich sein könnte und hält dIE nASE wie ein neugieriges Frettchen in alles, was irgendwie so aussieht, als könnte es giftige Sporen enthalten. Alle Sachen, die irgendwie merkwürdig erscheinen, werden von den Protagonisten bestenfalls kurz registriert, aber nie hinterfragt, sondern einfach hingenommen. Überhaupt agiert man verblüffend gleichgültig gegenüber der Tatsache, dass man sich hier auf völlig fremdem Terrain bewegt. Und so geht es weiter: Eine dämliche Entscheidung jagt die nächste und jede Spannung wird vermieden, weil das Drehbuch unverständlich schlecht geschrieben ist. Die an sich zahlreich vorhandenen Möglichkeiten, in interessante Richtungen abzubiegen, ignoriert der Film konsequent – und die titelgebende Kreatur des Alien – denn an ihrer Kreatürlichkeit besteht mittlerweile kein Zweifel mehr – spielt einerseits nur eine recht untergeordnete Rolle und hat andererseits alles von ihrer höllischen Schauerlichkeit verloren, wird reduziert auf die Bedrohlichkeit eines tollwütigen Bernhardiners.
An der Form des Films gibt es selbstverständlich nicht zu viel auszusetzen – höchstens, dass die Plumpheit und Einfallsarmut auf inhaltlicher Ebene auch hier dann und wann ihre Entsprechung findet. Davon abgesehen findet der Film fraglos schöne, stimmungsvolle, manchmal auch beeindruckende Bilder und hat in der Hinterhand einen Moment, der ungeachtet der Tatsache, dass er auf der Dekonstruktion des gesamten Alien-Mythos fußt, das Potential hat, eine anhaltende Gänsehaut mitsamt beunruhigt-gerührtem Gefühl in der Magengegend zu verursachen. Auch ist es – das sei hier erwähnt, weil es allerorts als größtes Verkaufsargument gepriesen wird – freilich nett, Michael Fassbender in einer Doppelrolle zu sehen, doch hier die beste Performance in der Karriere des Mimen attestieren zu wollen, wird vor allem Fassbender selbst nicht gerecht.

Am vielleicht Ärgerlichsten ist der Umstand, dass Alien: Covenant der Saga überhaupt nichts hinzufügt, sondern inhaltlich völlig auf der Stelle tritt. Abgesehen davon, dass das Mysterium um das Alien noch etwas weiter zertrampelt wird, verweigert sich der Film stur jeder Erforschung des eigentlich Interessanten Gebietes des Planeten – der Beleuchtung der Konstrukteure. Angesichts des kurzen Blickes, den der Film in diese Richtung gestattet, ist das aber wahrscheinlich auch gar nicht so schlecht.

Fazit

Der neue Alien-Ableger von Ridley Scott ist das nicht, was alle regulären Sequels der Drittregisseure für sich beanspruchen wollen: Eine sinnvolle Ergänzung zum Alien-Universum, sondern eher ein nervöses Auf-Der-Stelle-Treten; eine Stelle, die gut aussieht und anfangs sehr in ihren Ursprung verliebt ist, unterm Strich aber bleibt primär hängen, dass der Alien: Covenant unnachvollziehbar nachlässig geschrieben und schrecklich arm an relevanten Ideen ist.

Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI – Staffel 10

14 Jahre sind vergangen. Für manche auch 15, je nach Verbundenheit zu Mulder. In der Zwischenzeit gab es weniger als Nichts in Form des zweiten Akte X-Kinofilmes namens Jenseits der Wahrheit. Der Film war nicht, wie oft gescholten wurde, eine normale Episode nur länger, sondern wie eine entschieden unterdurchschnittliche Episode in viel zu lang.
14 Jahre sind vergangen. Nun sind die X-Akten wieder geöffnet, zumindest vorerst.

I know it’s hard to believe, but surprisingly I’m great in the sac.

Story

Viel ist geschehen, vor und nach Schließung der X-Akten. Und viele Dinge geschehen immer noch. Deswegen nimmt Fox Mulder sein Telefon ab und hat Direktor Skinner am Apparat. Grund ist ein auffälliger, prätentiöser Webcaster namens Tad O’Malley, an dessen provokanten Thesen über Alien-DNA vielleicht ein Fünkchen Wahrheit sein könnte.
So macht sich das Gespann Mulder und Scully in alter Dynamik irgendwo dort draußen auf die Suche nach der Wahrheit. Über Regierungsverschwörungen, Entführungen durch Außerirdische und die kleinen Wunderlichkeiten des Alltags. Alles ist wie immer. Endlich wieder.

Kritik

Endlich wieder.
Das Wiedersehen von Mulder und Scully ist keineswegs überschwänglich. Es ist von vorsichtiger, aber auch aufrichtiger Freude. Es strömt untilgbar aus: Wir kennen uns. Wir hatten unsere Differenzen, große Differenzen. Und wir wissen viel. Vieles, was wir weiterhin oder nicht mehr aussprechen. Aber wir kennen uns gut, sehr gut.
Wie es zwischen den beiden Galionsfiguren des modernen Serien-Fernsehens zugeht, so erlebt auch der Zuschauer das Wiedersehen mit Akte X. Sicher, man ist gealtert. Aber Innen ist immer noch alles so wie immer. Die Optik, das Schauspiel der anderen Darsteller, das Musik von Marc Snow, der Aufbau der Fälle. Akte X knüpft nicht nur narrativ mit seinen 6 Episoden an den Stil der Serienhochzeit an, sondern auch in jeder anderen Hinsicht. Die Charaktere sind überzeichnet, die Dramaturgie häufig bewusst ungehobelt. Es dröhnt und schillert derselbe, unveränderte Vorspann vor jeder Folge. Ja sogar die Effekte scheinen auf dem Niveau der späten Neunziger hängengeblieben zu sein. Manche nennen es treue, manche Stagnation oder das Schmücken mit alten Federn. Diese Taktik muss nicht zwangsläufig und immer gefallen, löst im Grunde aber genau das ein, was man sich wünschte, als Jenseits der Wahrheit in die Kinos kam. Und was man sich bis heute wünschte. Mehr vom Bekannten, mehr von dem, was man damals, in der Regel die ganze Woche bis und dann wieder von Montag, nervös herbeisehnte.

Es ist schon bezeichnend, dass die Pilotfolge ohne irgendeine Actioneinlage auskommt. Keine Verfolgung, keine Schießerei, nur Gespräche. Und es macht einfach nur großen Spaß, die beiden Veteranen miteinander reden zu sehen. Die Chemie stimmt allen etwaigen Differenzen zwischen Duchovny und Anderson zum Trotz.
Die Geschichten zwischen der erste und der sechsten und letzten Folge sind mehr oder weniger in sich geschlossen. Zwar bleiben die größeren und kleineren, feineren und dramatischeren Verweise auf bisher Erlebtes nie aus, die zu lösenden Fälle sind aber nicht in die die große Verschwörung eingebettet.
Was einem geboten wird, ist ein kunterbuntes Best of von dem, was Akte X in seinem vollen Spektrum zu bieten hatte. Da gibt es die etwas drastischere Splatter-Folge und Anlehnungen zu politischer relevanter Aktualität ebenso wie aus dem heiteren Himmel stürzende Comedy-Folgen, die in gewohnter Manier bis in die Knochen selbstironisch und mit kolibriartigem Augenzwinkern ablaufen. Erst die letzte Episode knüpft dann wieder an die „Hauptverschwörung“ an und macht auch dann alles genau so, wie man es von Akte X kennt und erwartet. Sie endet mit einem Cliffhanger, der sowohl dreist groß als auch liebevoll klischeegeflutet ist.

Natürlich ist nicht alles gut. Gleich Folge 2 ist etwas zu konfus und wirr erzählt, als wäre das Drehbuch obschon der 14 Jahre Pause in letzter Sekunde geschrieben worden. Nicht alle Witze erreichen das Niveau der besten Zeiten unserer Lieblingsermittler und auch die Rahmengeschichte wirkt ein wenig krampfhaft zusammengesteckt. Das dürfte auch am abgespeckten Team hinter den Kulissen liegen. Marc Snows Musik geht einem direkt ins Herz, doch die Gruppe von Autoren und Regisseuren lässt vor allem Vince Gilligan, aber auch den verstorbenen Kim Manners schmerzlich vermissen. Und über kurz oder lang, sollte die Miniserie fortgeführt werden, was im Augenblick noch völlig offen ist, wäre es auch wünschenswert, wenn die Hauptdarsteller in alter Tradition wieder folgen schreiben und inszenieren.
Ungeachtet dessen: Das ganze Verschwörungsgeseier macht immer noch Spaß, der Humbug ist immer noch spannend und hat eine Sogwirkung, wie man sie in dieser bestimmten Ausprägung und mit dieser Aura nur noch selten sah seit 2002.

Mulders Haut ist etwas schlaffer, Scullys Züge sind strenger und schärfer geworden. Sie kämpften gegen die Regierung, gegen das halbe Weltall, gegen vermeintliche Freunde und Verbündete, gegen Lügen und nur allzu oft gegen sich selbst. Und auch gegen die Zeit. Wir erinnern uns an eine Folge, in der wir das Agentenpaar vergreist sehen. Soweit ist es noch lange nicht. Es bleibt also noch viel Zeit für Abenteuer, Händchenhalten, Augenzwinkern, schweißtreibende Ritte und vielleicht ja sogar mal wieder für eine Fernsehrevolution.

Kritik

Vielleicht ließ es sich nicht zur Gänze aus diesem Text raushalten: Der Rezensent ist ein großer Fan von Akte X und konnte sogar Staffel 8 und 9 noch so Manches abgewinnen. Die Vorzeichen waren keine allzu guten. Nach dem Armutszeugnis, das der zweite Film war, waren die Befürchtungen groß. Nach den ersten Insider-Rezensionen noch größer.
Doch man kann aufatmen. Mulder und Scully sind wieder da. Nicht besser, nicht schlechter, sondern genauso wie damals. In Fällen, die sich auf die Qualitäten des Ursprungs besinnen und einem Erzählton, der sich auf eine herrlich unverkrampfte Weise kaum gewandelt hat.

Under the Skin

Jonathan Glazer ist ein Phänomen, das wächst und wächst. 2000 kam quasi aus dem Nichts sein Regiedebut Sexy Beast – unangenehm, sonderbar, bizarr und Ben Kingsley in einer Paraderolle. Vier Jahre später folgte Birth, der einen handfesten Eklat auslöste und eine 9-Jährige Pause Glazers einläutete. Ihr Ende findet sie mit Under the Skin, ein Film, der bestätigt, was sich bereits ahnen ließ: Zwischen den langen Pausen reiften das ästhetische Bewusstsein und die handwerkliche Versiertheit des Briten ungehindert weiter und weiter.

I’m dreamng.
Yes, we are.

Story


Etwas bildet sich. Im Anschluss trägt ein maskierter Motorradfahrer einen leblosen Frauenkörper in das Innere eines Lieferwagens, das ganz und gar nicht wie das Innere eines Lieferwagens aussieht. Eine andere Frau, nackt, eignet sich die Kleidung der Frau an. Dann steigt sie in einen Wagen, fährt nach Glasgow und überredet Männer, sie nach Hause zu begleiten. Doch in dem Heim der Namenlosen erwartet die Verführten kein Sex, sondern ein spiegelglatter schwarzer See, umgeben von Nichts. Sie tauchen ein und es ist das letzte, was sie sehen.

Kritik

Schwarz, dann ein Punkt und wunde Geräusche. Eine Übergangscollage von Bilderfolgen mit hypnotischen Anleihen, meist Kreise, die zu Halbmondformen zusammengleiten. Stammeln, abgehackte Töne, die immer mehr Struktur entwickeln. Wir sehen ein Auge, es blickt zurück. Dann ein kalter, klarer Strom, der einen Berg hinabrauscht. Ist Under the Skind angenehm, optimistisch? Ist Under the Skin beunruhigend, furchteinflößend? Ja. Ja zu beidem. Vor allem aber ist Jonathan Glazers Werk ein psychedelischer Reigen ungenormter, aber streng durchdachter Bilder. Aufgesetzt oder unerträglich verkünstelt wirkt das Geschehen trotzdem nie. Das Gegenteil ist der Fall – viele Aufnahmen fanden mit versteckter Kamera statt, manche Gespräche sind improvisiert. Dieser naturalistische Anstrich stellt ein passendes Gegengewicht zum durchkomponierten Montagemeisterwerk dar, das der Film formal ist. So fühlt er sich nie kühl und künstlich an, sondern wabert stattdessen in der Mitte vieler Extreme, die er allesamt simultan beinhaltet.
Das klingt anstrengend, tatsächlich ist es das aber nicht. Dafür ist es zu sehr aus einem Guss, stilistisch viel zu sehr fesselnd, als Gesamterfahrung zu faszinierend, um durch die strenge Verschwiegenheit abzustoßen, die Under the Skin an den Tag legt. Denn erzählt wird hier nur indirekt, was wieder einmal vor Augen führt, wie sehr klassisches Kino darauf geeicht ist, alles ausführlich und direkt zu erzählen, anstatt darauf zu vertrauen, dass ein Zeigen und Andeuten ebenso funktionell sein kann. Gerade deswegen kann man Under the Skin natürlich anstrengend finden, das zu entscheiden liegt wie immer in letzter Instanz bei jedem Zuschauer selbst. Unorthodox ist der Science-Fiction-Film auf jeden Fall.
Die Idee, das Alien als erstes direkt in ein Shopingcenter zu schicken, welches nicht minder fremdartig wirkt als die bisherigen Schauplätze, lässt der Ahnung Raum, dass wir der Protagonistin nicht nur zuschauen, sondern die Welt durch ihre Augen wahrnehmen. Ein entlarvender Blick, (unabhängig davon, dass Filme über Frauen, die ihre Verführungskünste gegen Männer einsetzen grundsätzlich entlarvend sind) vermittelt durch eine Kamera, der man vielleicht nicht immer trauen kann, deren Bilder kühl, aber schön sind. Das völlig unverständliche Englisch mit dem kruden schottischen Dialekt trägt sein Übriges zum Eindruck völliger Fremde bei. Nicht nur die Geschichte wird indirekt vermittelt, auch unsere alltägliche Welt ist eine, die automatengleich abläuft, von Außen betrachtet aber gewiss nicht durchweg schlüssig wirkt.

Das ist das absolut Bemerkenswerte an dem Film – wie das Fremdartige dargestellt und vermittelt wird. Alles ist mysteriös, auf eine bescheidene, unaufdringliche und doch unleugbare Weise, die das Zentrum des Filmes darstellt, fremd. Und als Fremde erst einmal potenziell alles zwischen hinreißend und furchtbar. Scarlett Johanssons (Lucy, Her) undurchschaubare Figur ist ein stahlharter, eisdünner Stachel im alltäglichen Trott Glasgows. Was ihre direkten Beweggründe sind, das bleibt vorerst unerklärt und ist nur anhand von Andeutungen schätzbar.

Zu sehen ist eine Welt, in der die Männer einsam und die meisten Menschen unerträglich sind, Straßen ausnahmslos ins Verderben führen und die Welt ein grauer Fehler ist. Raumsemantisch ist Under the Skin, nebenbei gesagt, ein ergiebiges Untersuchungsobjekt. Welche Orte Sicherheit versprechen, welche sie versagen, was sich vor und was sich hinter Türen befindet, das sind Fragen, die sich gewinnbringend an den Film richten lassen. Hinzu kommen die zahlreichen Momente im Innenraum eines Autos, das Verhältnis von Stadt und Land. Betrachtet man, nach welchen Regeln diese Orte funktionieren, wird die Entwicklung der Hauptfigur nachvollziehbarer und tragischer.

Als Gegengewicht zur versteckten Kamera ist Under the Skind kreativ geschnitten und ein bösartiges Spiel mit starken Licht- und Schattenkontrasten hält Händchen mit der durchkomponierten Szenenausleuchtung. Dazu liegt fast ständige Musikuntermalung auf den Bildern, die sich immer am Rand zur Dissonanz bewegt. Setzt dies aus, ist die Stille so auffällig, dass man als Zuschauer kurzzeitig leiser und langsamer atmet, bevor er registriert, dass er bereits stärker vom Sog des Filmes erfasst wurde, als er es gewahr haben wollte. Es dauert, bis die Struktur der Musik deutlich wird und analog verhält es sich mit der Geschichte. Aber es macht Spaß, diesem Prozess beizuwohnen, sich von Under the Skin täuschen, verwirren, bezirzen und auch etwas würgen zu lassen.

Fazt

Die außerirdische Venusfliegenfalle ist bekannt aus Species – die Kombination formal ausgeklügelter Töne und Bilder, die hinreißende Verknüpfung einander eigentlich antagonistisch gesonnener Punkte und die daraus resultierenden Bilder, mit denen Under the Skin seine Geschichte erzählt, entwickeln in ihrem Zusammenfall eine zur Gänze eigenständige Gravitation auf jeden Zuschauer, der offen ist für die viel zu ungewöhnliche Form indirekten Erzählens.

Jupiter Ascending

Seit Matrix umweht die Wachowskis ein seltsamer Wind. Immer wieder packen sie was an und scheitern damit, manchmal aber kommt auch Gold dabei heraus. Die Aura, ein Meilenstein wie Matrix geschaffen zu haben, werden sie verdientermaßen nie verlieren und aufgrunddessen auch immer eine gewisse Narrenfreiheit genießen. Den Vorwurf, sich immer nur zu kopieren, müssen sich die Geschwister jedenfalls nicht gefallen lassen. Jupiter Ascending allerdings ist ihr bisher schlechtestes, lieblosestes, unbeholfenstes Werk – von dem sie sich mit der gerade laufenden Netflix-Serie Sense8 gerade ein wenig rehabilitieren.

We need a plan.
We need firepower.

Story

Der Vater von Jupiter Jones war begeistert vom Sternenhimmel und diese Begeisterung kostete ihn das Leben, als Einbrecher sein Teleskop mitnehmen wollten. Als die schwangere Mutter nach Amerika übersetzt, wird das Mädchen unter einem vielversprechenden Sternzeichen geboren, muss im gelobten Land die nächsten Jahre aber erst einmal Toiletten schrubben und Kaffee für die Mutter kochen.
Bis eines Tages extreterrestrische Kopfgeldjäger, ein intergalaktisches Imperium und der smarte Abtrünnige Caine mit seinen schnittigen Licht-Rollschuhen an ihre Tür klopfen und sie in einen Krieg verwickeln, der größer ist, als sie je zu denken gewagt hätte.

Fazit

Oh man. Immer wieder zeigen die Wachowski-Geschwister, dass sie kleine Genies sind. Der erste Matrix, V wie Vendetta und zuletzt Cloud Atlas. Und dann sind da noch die anderen Filme… und zu denen gehört leider auch Jupiter Ascending.
Dabei hätte es so gut werden können. Ein inbrünstiges Märchen in kolossaler Optik, nicht tief, aber episch und teuflisch unterhaltsam. Die Anlagen hierfür sind vorhanden, werden dann aber geschwind erstickt von einem wirrem Durcheinander aus Nichts, Entscheidungsproblemen, überkandideltem Designterrorisms und ganz viel kitschigem Standard anstelle von Einfallsreichtum.
Das Mädchen, das vaterlos auf dem Ozeam im Nirgendwo geboren wird und damit heimatlos in sämtlichen belangen ist, ist eigentlich eine dankbare Heldenfigur. Doch bereits zu Beginn macht skeptisch, dass der Film einem dies nicht nur zeigt, sondern auch meint, es zusätzlich detailliert durch die Münder der Figuren erklären zu müssen, was dazu führt, dass die Figuren stumpf wirken, der Film plump und der Zuschauer sich nicht für voll genommen fühlt.
Anstatt dann eine kohärentes Abenteuer in Form einer kunterbunten Weltraumodyssee zu erzählen, wo Jäger und Gejagte einander die ganze Zeit umkreisen, wie es wohl eigentlich der Plan war, stopften die Wachowskis einfach alles in ihr Herzensprojekt, was sie finden konnten.
Klassische graue Aliens? Aber sicher! Elfenohrige Vagabunden? Warum nicht! Und ein runzeliger Elefant als Pilot? Null Problemo. Aristokratische Mistkerle, die auf ihrem Luxusplaneten darüber schwadronieren, dass sie die Herrenrasse sind? Rein da! Schillernde Cyber-Kopfgeldjäger mit Dreadlocks? Logo! Echsengargoyles? Pff…! Hartherzige Kinder auf Thronen, die einen Sklavenstaat anführen und sich in ihrem Harem ausruhen? Wir haben zwar keinen Platz mehr, aber: Komm in meinen Film!
Und die zu verstreichende Zeit, bis Erdbewohnerin Jupiter verarbeitet, dass sie nicht halluziniert, sondern all das tatsächlich sieht? Keine zwei Sekunden.

Als Gleitmittel gibt es tolle Bilder fantasievoll gestalteter Raumschiffe in wogenden Weltraumnebeln, auf denen sich alles tummelt, was die Wachowski-Geschwister nur mit verschiedenen Ohr-Variationen, knalligen Farben und hübschen Gesichtern in ihren Köpfen versehen konnten. Das ist in der Regel ein Augenschmaus, aber auch furchtbar bedeutungslos. Bedeutungslos und hübsch ist aber immer noch besser als bedeutungslos, langweilig und hässlich – oder, anders gesagt, besser als die Actioneinlagen, in denen einzelne Personen beteiligt sind, die emotionsarm vor expoplodierenden CGI-Hintergründen Dinge tun, die auf dem Papier sicher irgendwann mal cool waren, in der Umsetzung aber nur das sind, was sie nun mal sind: Typen, die vor einm Greenscreen rumhampeln, was manchmal okay und manchmal gar nicht gut aussieht.
Hinzu kommt eine der großen Action-Sünden der letzten Jahrzehnte zum Tragen, die hier mit einer Beiläufigkeit zur Vorllendung gebracht wird, dass man gar nicht glauben will, dass dieselben Personen für Choreographien wie einst in Matrix zuständig waren. Es gibt Bewegung, aber das, was sich bewegt und durch was sich bewegt wird, bleibt ein Schemen. Man weiß schlicht nicht, was die Figuren tun, wenn sie in Gefahr sind. Ein Gleiter rast durch bunten Brei, von dem zuvor behauptet wurde, er wäre eine „Warhammer-Formation“, ab und an wird geschrien, der Gleiter wälzt sich bisweilen zur Seite und der Film tut so, als spiele sich eine pfiffige Dynamik ab, die fortwährend spannender wird, während man tatsächlich aber absolut nichts erkennt und keine Ahnung hat, was genau da passiert und warum die Charaktere tun, was sie tun.
Die erste lange Actioneinlage, nachdem sich Jupiter und Caine über den Weg gelaufen sind, setzt da das Maß. Wenig lässt sich erkennen, wenig nachvollziehen, hauptsache etwas bewegt sich, während die beiden Figuren die ganze Zeit so schauen, als wären sie gar nicht richtig involviert. Jupiter schluckt all das problemlos und klebt fortan dem Weltraumhelden an den Fersen, als hätte sie nicht von der Existenz eines interstellaren Krieges, der sie persönlich zum Mittelpunkt hat, sondern von einer neuen Eis-Sorte erfahren.

Vollkommen langweilig oder auch so richtig, richtig schlecht ist Jupiter Ascending keineswegs, dafür waren auch zu talentierte Profis am Werk. Immer wieder gibt es Ansätze, die gefallen, weil sie eben nicht ganz so plump sind, wie vieles andere des Filmes. Aliens, die Maisfelder verunstalten, Man in Black-Anspielungen und die schon erwähnten coolen Designeinfälle Wenn aber selbst die guten Eigenschaften offensichtlich nur Leihgaben von anderen Geschichten sind, kann der Film seine Probleme kaum verhehlen. Hier wurde sich alles irgendwie zusammengeklaut, um es dann zusammenzuklumpen. Herausgekommen ist ein Brei aus 1000 Elementen, die eigentlich gar nicht zusammenpassen, sodass er am Ende nach allem und nichts schmeckt. Wahnsinnige Klopper, die an Mad Max erinnern, dann wieder Figuren, die auch aus Ghost in the Shell kommen könnten, natürlich allerhand Star Wars-Anbiederungen und jede Menge pseud-kluges Technikgeplapper in einem Muß aus Esoterik, Religionsanspielungen und klassischen Fantasy-Strukturen.
Selbst das könnte ja noch funktionieren und dafür sorgen, dass Jupiter Ascending nicht nur nicht richtig, richtig schlecht ist, sondern auch nicht richtig schlecht. Allzu weit entfernt von richtig schlecht ist der Film immer dann nicht, wenn das Drehbuch mal wieder versagt, indem es nicht nur mühsam einzelne Etappen aneinanderheftet, sondern diese auch noch sehr undurchdacht und lieblos abspult. Wieso nimmt man einen gefährlichen Krieger gefangen, lässt ihm aber seine mächtigste Ausrüstung? Wieso handelt die Protagonistin regelmäßig völlig unnachvollziehbar und naiv, während sie zugleich als Intelligenzbestie, die jede fremde Kultur sofort versteht, und als Dummerchen, das auf alles reinfällt und Offensichtlichkeiten übersieht, inszeniert?
Irgendwie scheint das Elaborat auch um seine Probleme zu wissen, weshalb gar nicht erst so getan wird, als seien Actioneinlagen gefährlich oder brenzliche Situationen… brenzlich. Da schwebt jemand mutterseelenallein im All und hat (woher auch immer) einen Raumanzug mit Restluft für gerade mal 37 Minuten? Stoff für einen dramatischen Überlebenskampf, könnte man meinen. Jupiter Ascending überspringt die interessanten Stellen und zeigt in der nächsten Szene, wie die Person an Bord eines Raumschiffes aufwacht, das sie augenscheinlich gerettet hat. Nervenzerfetzend geht anders. Und das ist keine Ausnahme, sondern die Regel, wie das Wachowski-Abenteuer mit Konflikten umgeht.

Fazit

Die Figur der Jupiter ist konzentriert das, was auf den gesamten Film zutrifft: Ein inkohärentes Flickwerk, in das man viel zu viel hineingesteckt hat, von dem aber nichts richtig aufgeht oder Tiefe besitzt. Das Ergebnis ist eine in alle Richtungen zugleich gezogen werdende Hülle, der man ihre Bausteinnatur jederzeit anmerkt. Während Jupiter aber stets darauf zählen kann, dass ein stattlicher Mann mit Inlineskates sie rettet, muss der Film scheitern. Großteils scheitert er zwar hübsch und effektbeladen, gegen frühe Ermüdungserscheinungen im Laufe der zweistündigen Laufzeit vermag das aber rein gar nichts auszurichten.
Man kann aber auch Folgendes als Metapher für den Film hernehmen: Damit Channing Tatum so ein unsympathisch verformtes Gesicht haben kann, benötigte er eine Prothese. Diese war derart störend, dass sie es ihm nicht gestattete, den Mund zu schließen und sich vernünftig zu artikulieren. Das sieht man der Figur nicht nur an, es sagt auch jede Menge über den Film aus.

Monsters: Dark Continent

Jemand, der quasi ausschließlich durch die Serie Misfits bekannt ist, dreht einen zweiten Teil zu Monsters, dem Film, mit dem Gareth Edwards (Godzilla) zurecht in Hollywood wie eine Bombe einschlug.
Ein Kriegsfilm als Sequel zu einem stillen Liebesfilm vor Sumpfkulisse. Mit längerer Laufzeit als das Original. Wenig verwunderlich, dass Fans und Presse Tom Greens Film gierig zerfleischen.
Was hingegen verwunderlich ist: Sie tun ihm Unrecht.

Why am I here!?

Story

10 Jahre sind vergangen, die Monster haben sich ausgebreitet, sind aber auch zum Teil des menschlichen Alltags voller Feindbilder geworden.
Vier Freunde ziehen zum ersten Mal in den Nahen Osten in den Einsatz, wo die außerirdischen Riesen genaugenommen nur ein Nebenproblem darstellen. Zusammen mit den Offizieren Forrest und Frater werden sie auf eine Rettungsmission geschickt, die sie direkt ins Herzen des pulsierenden Nahost-Konflikts bringt. Immer im Schatten der durch die Wüste wogenden Ungetüme.

Kritik

Monsters – Dark Continent ist ein Kriegsfilm; und damit nicht unbedingt die logische Fortsetzung zu Edwards Indie-Perle, die auf eine Handvoll Personen und viel Grün setzte. Und irgendwie doch. Zum einen ist dem Film zu danken, dass er das Rezept des ersten Teils nicht einfach noch einmal kocht und damit schon Vorhandenes in schlecht aufgewärmt abliefert. Zum anderen sind sich die Filme, auf das Wesentliche reduziert, beim näheren Hinsehen keineswegs so unähnlich wie behauptet. Erneut befinden wir uns in einer lebensfeindlichen aber brisanten Umgebung, die Herd eines Konflikts ist. Wieder sind die Monster eigentlich nur die bedeutungsschwangere Kulisse dafür, dass sich vor ihr etwas dezidiert Menschliches abspielen kann. Nur dass dieses in Monsters – Dark Continent der Krieg ist.

Anfangs lernen wir Michael kennen, der von seiner fadenscheinigen Motivation berichtet, gegen die Aliens in den Krieg zu ziehen. Was er dabei zwangsläufig auch erzählt, ist, wie der Zustand der dargestellten Welt ist.
Viel Zeit vergeht nicht, bis klar wird: Die Hauptperson ist genau wie alle anderen seines Trupps ein dümmlicher Widerling Wir folgen keinem Helden und stetig tritt stärker hervor, dass Michael ein reichlich verblendeter Fan seines Arbeitgebers ist. Die Idee, in der Armee zu sein, ist für ihn ohne Konkurrenz.
Und an diesem Punkt nimmt der Film sich die Zeit für Orientierung – etwas, das er ebenso vom Zuschauer einfordert. Denn nach einer Weile kann man skeptisch werden.
Wieso werden die so kritisch anmutenden Szenen blindwütiger Soldaten mit fetziger Rockmusik unterlegt? Wieso bekommt die Harte-Männer-Sind-Freunde-Romantik, die zum Militär als Tempel der Jungenfreundschaften gehört, keinen einzigen richtigen Riss? Werden hier vielleicht doch auf die dreisteste Art und Weise die weißen Soldaten als Friedensengel und Philanthropen inszeniert; handelt es sich um einen eigentlich gar nicht getarnten Propogandafilm?
Wäre dem so, dann wäre dies das Perverseste, was man aus der Prämisse von Monsters machen konnte.

Was irritiert, ist, dass immer wieder klingen Zwischentöne anklingen. Soldaten sind dann plötzlich doch arme Würstchen und nervliche Wracks, außer Kontrolle geratene, aber auch alleingelassene Kinder. Die Selbstsicherheit, Weltpolizei zu sein, eine gefährliche Droge, Krieg kein keimfreies Zuckerschlecken. Entsprechende, teils sehr schockierende Szenen gibt es als Beweis in erschreckend effizienter Inszenierung, die eine markerschütternde Eindringlichkeit an den Tag legen kann. Tom Greens Händchen für intensive Atmosphäre ist ohne Zweifel bemerkenswert, auch abseits von drastischen Schockszenen.
Orientalische Gesänge, zwischen von Sand zerriebenen Häusern huschen in einer Welt der Braun- und Orangetöne durch körniges Bild finster blickende, dunkelhäutige Männer mit Turbanen. Tonnenschwere Ungetüme aus dem All stampfen über die Erdoberfläche, aber die wahren Kernprobleme zwischen den Menschen sind eigentlich unverändert, als wäre der ewige Zank und Symbole etwas untilgbar Athropologisches. Die Bilder sind staubig, die Gesichter ängstlich, das Gefühl von Fremde und Verlorenheit wächst schnell. Monsters: Dark Continent ist ein stimmungsvoller Streifen, der viel aus seinem Nahost-Setting holt und damit ein stark trauriges Bild zeichnet. Dass man, wenn man es konnte, gut sichtbar auf handwerkliche Effekte setzte, macht die Sache außerdem angenehm anzusehen.
Bedient wurde sich an einer großen Tugend, die Gareth Edwards Monsters ausmachte: Die außerirdischen Besucher sind meist nur kurz und verschwommen im Hintergrund, mal aus großer Höhe, mal knapp in Miniaturversionen zu sehen, bleiben sie aber immer seltene Gäste. Nicht nur von dem Soldatenteam, auch vom Film wird die Tatsache, dass es überhaupt eine Alienbedrohung gibt, zeitweise kaum noch bemerkt. Trotzdem bleibt sie präsent – allem voran das macht den Film zu einem letzten Endes irgendwie doch sehr außergewöhnlichen. Dadurch, dass die fremdartigen Titanen nicht ständig das Bild dominieren, stellen sie stets eine Besonderheit dar und teilen etwas von der geheimnisvollen Aura ihrer Verwandten aus dem Erstling.
In solchen Momenten meint man zu wissen, wieso gerade solch ein Film den Indie-Hit Monsters fortsetzt. Die Titelgebenden Monster sind mehr denn je die Menschen, unfähig, aus ihrem Käfig zu kommen, sich in ihm selbst zugrunde richtend und selbst in Gefahrensituationen, die die gesamte Spezies betreffen, bleiben sie kleben an ihren belanglosen, aufgesetzten Konflikten, als bräuchten sie sie, um sich selbst zu erkennen. Kommt mal ein Alien vor, wird es verhöhnt, verachtet, überfahren. Road Kill! Auf eine Weise, die gänzlich unerwartet ist, hat Monsters: Dark Kontinent eine subtile Seite, ein starkes Konzept das dem Vorgänger auf sehr aufrichtige Weise treu bleibt, obwohl doch bis über das Genre hinaus so viel verändert wurde.
Lange Zeit ist unklar, ob der Film sich für die extraterrestrischen Einwanderer mit der fremdartigen, unangenehmen, aber auch seltsam anmutigen Anatomie mehr als nur als exotische Bedrohungskulisse schätzt. Schließlich wurde spätestens im Finale von Monsters überdeutlich, dass in den Wesen durchaus Potenzial steckt.
Das bedeutet aber nicht, dass es bei Monsters: Dark Continent keine Schauwerte gäbe. Der Film ist durchweg superb geschossen und liefert vor allem in der zweiten Hälfte einige fast schon poetische Shots.

Dennoch setzen immer wieder auch befremdliche Zeitlupenmomente ein, während fast schon würdigende Rockmusik so manche Aufbruchs- und Konfliktsituation untermalt. Fast wirkt es so, als hätte man die Army als Sponsor gehabt und sich dadurch verpflichtet, ein gewisses Werbeniveau zu gewährleisten. Spätestens dann, wenn das Feindbild zwar bestätigt wurde, unsere Soldaten aber mit keinem Deut Heldenhaftigkeit, sondern in einer Drastik reagieren, die der der Gegner in gar nichts nachsteht, nimmt die Situation in ihrem schizoid anmutenden Darstellungskontext verstörende Ausmaße an.

Monsters: Dark Continent profitiert sehr von seinem Vorgänger. Von der Welt und dem Hintergrund, die aufgebaut wurden. Gleichzeitig tut es dem Film gut, wenn er nicht mit Teil 1 verglichen wird. Gemein ist den Filmen nicht ihr Setting, nicht ihr Genre, sondern einzig der Wille, etwas über den Menschen auszusagen. Dies, so könnte man argumentieren, war ja seit Anbeginn des Genres das Bestreben von Science-Fiction, doch drangen die eigentlichen Sci-Fi-Elemente selten so weit in den Hintergrund wie hier. So könnte man Monsters: Dark Continent einen Etikettenschwindel vorwerfen. Doch würde man dann eine flirrende Mischung aus Jarhead, Starship Troopers, Black Hawk Down, The Hurtlocker und sogar ein wenig Apocalypse Now versäumen, die Krieg auf eine ehrliche, irritierende, schlimme Weise darstellt, ohne je prätentiös zu wirken – einen Film, der eine durchaus beachtliche Reflektion auf das Thema Krieg liefert.

Fazit

Dass ausgerechnet dieser Film den Wahnsinn des Krieges mit solcher Nachdrücklichkeit offenlegt, war kaum zu erwarten. Zwar irritieren patriotisch anmutende Ausflüge, doch ist auch gerade diese Irritation, diese verstörende Ambivalenz von Monsters: Dark Continent, die die Kraft des Filmes ausmacht.
Mit außerirdischen Störenfrieden aber hat Tom Greens Sequel noch weitaus weniger zu tun als schon der sehr aufs Zwischenmenschliche konzentrierte Vorgänger. Hier dienen sie tatsächlich nur noch als Metapher und einnehmende Kulisse.

Invasion vom Mars (1986)

Der visionäre Regisseur William Cameron Menzies (Things to Come) drehte 1953 einen sehr modernen Sci-Fi-Jugend-Film. Dass ausgerechnet Tobe Hooper (The Texas Chain Saw Massacre, Poltergeist) sich 33 Jahre später am Höhepunkt seiner Karriere an einer Neuverfilmung versuchte, wirkte nur auf den ersten Blick sonderbar.

Well, maybe a penny will do it!

Story

Als David eines Nachts aus dem Fenster seines Kinderzimmers sieht, traut er seinen Augen nicht. Nicht weit entfernt landet ein UFO hinter einer Anhöhe. Natürlich schenkt der Geschichte des aufgebrachten Jungen niemand so richtig Glauben. Bereits am nächste morgen aber fällt sein Vater durch ausgesprochen merkwürdiges Verhalten auf.
Auch in der Schule agieren viele Menschen plötzlich auffallend. Sie sind emotionslos und führen Alltagstätigkeiten auf teils recht affektierte Weise aus. David entdeckt, dass ihnen ein Implantat in den Nacken gesetzt wurde, ihr Willen ist gebrochen von Aliens.
Ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu handeln, während sein Umfeld unaufhaltsam von den Außerirdischen infiltriert wird.

Kritik

Wenn schon der Vorspann auditiv und grafisch mit einer hauchend-rauschenden Wucht die Credits in großem Bogen durch das Bild sausen lässt, dies weiße Streifen hinter sich herziehen, welche mehr an Spinnenweben als an Space-High-Speed erinnern, sodass die eigentlich mitzuteilenden Namen mit dieser Verzierung absolut gar nicht mehr lesbar sind, wird klar, dass Hoopers kulissen- und farbverliebter Stil hier wie die Faust aufs Auge passt. Hier wird all das, was seinen grandiosen Eaten Alive ausmachte, dafür genutzt, eine Jugendfantasie zu bebildern.
Erst einmal geht es um eine rissfreie Familienidylle der 80er vor kaum versteckter Kulisse, als hätte Spielberg persönlich Pate gestanden. Was er mit E.T. – Der Außerirdische zweifelsohne auch getan hat.
Prompt fällt die Hooper-typische Wunderlichkeit in den Film ein. Die Musik und auch die immer bewegte und ihre Objekte fast schon zärtlich umschmiegende Kamera bewahren zwar den Anschein von Vorstadtheimeligkeit und Familienfreuden, spooky Soundeffekte, schräge Figuren und andere beunruhigende Kleinigkeiten lassen nicht nur keinen Zweifel daran, dass etwas Fremdes eindringen wird, sondern kreieren vor allem einen rigorosen Kontrast.

Nach nachvollziehbaren Handlungen darf und soll man nicht suchen. Invasion vom Mars geht es im Grunde um den Effekt. Die Wirkung von Sonderbarem, Fremden, von unerwarteten Taten und überzogenen Entwicklungen, um Einstellungen, Sounds und Schreckeffekte. Im Gegensatz zu heutigen Filmen mit dieser Ausrichtung ist hier vor allem aber auch Seele anzutreffen. Vieles davon kennt man z.B. aus Eaten Alive, nur geschieht es hier eben im Schatten jugendfreundlicher Abenteuerfilme. Absolut sehenswert und ebenso eklig sind die Spezialeffekte. Das Getier vom Mars ist so herrlich widerlich deformiert, voller Zähne, Drüsen und Fleisch, dass man sich gar nicht daran sattsehen kann und mag. Insbesondere der Anführer mit seiner optischen Mischung aus Kobra, Gehirn und Klitoris kann einige Szenen für sich beanspruchen.
Neben den sorgfältig platzierten, dafür aber umso fantastischeren Effekten ist die Kamera zweifelsfrei das Highlight des Filmes. Verspielt und zügellos reiht sich eine ausgelassene Fahrt an die andere. Dass die Geschichte aus der Sicht eines Kindes erlebt wird, gewinnt hier eine ganz neue Bedeutung hinzu. Daniel Pearl, der auch schon Hoopers The Texas Chain Saw Massacre filmte, war hier am Werk und lieferte nach diesem Film nie wieder eine so markante Leistung ab.

Später gibt es einen schrägen Dreh, der den Horror erst einmal verschwinden lässt und Grundschüler David Gardener quasi zum Kommandeur der Armee werden lässt und eine ganz eigenartige Wandlung der Stimmung bedingt. Es ist schwer zu sagen – und wohl nur von jedem selbst zu entscheiden -, ob das dem Film gut tut, außer Frage steht hingegen, dass es auf eine merkwürdige Weise unterhaltsam, in dieser letzten Phase aber zu lange verharrt. Spätestens hier verliert der Film aber jede klare Zielgruppe. Für Kinder erst zu unheimlich und brutal, für Erwachsene zu kindlich und so richtet sich dieses wunderliche Produkt vorrangig an Liebhaber des Merkwürdigen und vieler Überraschungen, während Logik vom Drehbuch völlig bewusst gänzlich auf der Strecke gelassen wird. Anspielungen auf andere Perlen des Genres, allem voran natürlich Ed Woods Kreationen, bleiben natürlich nicht aus.

Zu lesen ist Hoopers Version von Invasion vom Mars ebenso wie Menzies Originalstoff am besten als die Fantasie eines Jungen, der sich abends im Bett ein Abenteuer mit sich als Helden ausmalt. Sich höchst eigenartig verhaltene Erwachsene, die alle ein großes Geheimnis zu teilen scheinen, während man als Kind doch eigentlich besser weiß, wo es lang geht, einem aber keiner Glauben schenken will. Im Alleingang Klettereien bestehen und geheime Nachforschungen anstellen. Und Mut. Jede Menge Mut, den all die Bewährungsproben einfordern. So wie wir Jungen eben sind, ausdauernde Kämpfernaturen, leidenschaftlich und ehrlich gesagt auch ziemlich drollig.
Vor diesem Hintergrund ist es besonders schade, dass Kinderschauspieler Hunter Carson häufig etwas zu steif spielt und schlichtweg nicht sehr überzeugend spielt, während seine Stimme überraschender Weise sehr gut zum Geschehen passt.
Tatsächlich funktioniert der Film auch nur mit dieser Sichtweise, denn bei jeder anderen wäre das Drehbuch unannehmbar. Das weiß auch Hooper. Und vielleicht kann man Invasion vom Mars als größten Kritikpunkt vorwerfen, dass er wohl sorge hatte, das Publikum könne dies nicht verstehen, weshalb er ein Ende wählte, das die einzig vernünftige Lesart zu etwas werden lässt, das sich narrativ aufdrängt.

Fazit

Invasion vom Mars ist das Abenteuer eines Kindes, das sich nicht nur, aber überwiegend an Erwachsene richtet. Wer sein Faible für das Wunderliche und Fantastische nicht verloren hat, wer Film als Entdeckungsreise, Eskapismus und Wunderkiste begreifen kann, der wird sich in Tobe Hoopers Remake pudelwohl fühlen. Trotz einer Entwicklung, die dem letzten Akt der Geschichte den Charme abspricht, den sie bis dahin hatte, funktioniert der Film auch heute noch anstandslos, um kurz ein paar Schritte zurück in die eigene Kindheit zu machen.

Falling Skies – Staffel 2

Robert Rodats Military-SciFi-Serie geht in die zweite Runde, nachdem die erste Staffel den erhofften Erfolg bei Zuschauern und Publikum hatte. Auch Produzent Steven Spielberg ist wieder mit von der Partie.

And no matter how each of us survive, maybe we owe it to those who didn’t to become the best of mankind.

Story

Drei Monate ist es her, dass der ehemalige College-Professor Tom Mason an Bord des Skitter-Rauschiffes ging. Unterdessen geht der Widerstand weiter, auch wenn die Entwicklungen nur langsamer Natur sind.
Als Mason plötzlich wiederkommt, herrscht nicht nur Freude, sondern auch skeptisch, schließlich weiß man nicht, ob er nicht – ähnlich den versklavten Kindern – ein Instrument der Invasoren ist, ob bewusst oder nicht.
Zusätzlich spitzt sich die Lage an der Front zu, Zwischenmenschliches verkompliziert sich und nicht zuletzt scheint auch die Fraktion der Alien nicht so eindeutig eins, wie bisher angenommen.

Kritik

Der Grundton von Season 2 ist ernster als der bisherige, weil auch die Figuren es sind. Die ganze Serie scheint erwachsener; das ist teils gelungen, weil etwa der Einsatz kitschiger Musik deutlich runtergeschraubt wurde, an einigen Stellen aber auch weniger gut geglückt, wie zum Beispiel an den erzwungen wirkend herangereiften Söhnen, die von den Jugendschauspielern nun einfach mit grimmigerer Mine dargestellt werden. Die machen das nicht schlecht, haben aber natürlicherweise mit der Diskrepanz zwischen ihrem kindlichen Äußeren und dem erwachsenen Inneren ihrer Figuren zu kämpfen.
Dass die Serie gesteigerten Anspruch an die eigene Ernsthaftigkeit hat, zeigt exemplarisch für alles eine ausgesprochen unangenehme Operationsszene in Folge 2, was so in der klar familientauglicheren ersten Staffel nicht vorgekommen wäre. Gut so, denn Falling Skies erlangt damit einen neuen Grad an Eigenständigkeit und Persönlichkeit, der der Science-Fiction-Serie anfangs nicht vollkommen abging, aber doch weit weniger deutlich präsent war. Dazu gibt es weitaus mehr Nachtszenen
Die finsterere Stimmung tut der Serie aber fraglos viel Gutes, eliminiert sie doch einige der vorherigen Schwachstellen. Auch die Dialoge haben qualitativ merklich zugelegt. Die Figuren wirken insgesamt nicht nur reifer, sondern haben auch an Profil zugelegt und bereichern ihren doch etwas klischeehaften Grundstock – der in der Vorgängersstaffel nicht schlecht funktionierte, die Geschichte aber nicht über weitere Seasons hätte tragen können – um ein paar individuellere und vor allem ausbaufähige Facetten.
Es sind da aber auch diese Folgen, in denen Figuren plötzlich irrationale Entscheidungen treffen, nur damit der Plot irgendwie in Gang kommt, und in denen nur pure Kontingenz ein paar Mal zu oft Entscheidendes herbeiführt. Besonders Ersteres ist jedes Mal ein Verlust für die Serie, denn so werden die Figuren doch wieder entmündigt und verkommen zu bloßen Werkzeugen, was der ehrenhaften Bestrebung, ihnen komplexere Hintergründe zu verleihen, entgegenwirkt. Natürlich, irgendwie sind Figuren ja auch immer zu gewissen Teilen Werkzeuge der Geschichte – doch ein gutes Drehbuch sollte sich bemühen, dies zu verbergen. Und ein sehr gutes Drehbuch ist sich dessen selbst nicht mal bewusst, so ernst nimmt es die eigenen Charaktere.

Logiklöcher gibt es in Hülle und Fülle. Da werden die wichtigsten 5 Menschen der ganzen Gruppe auf eine Mission geschickt, die wahrscheinlich mit dem Tod endet – ganz offensichtlich nur deshalb, damit der Zuschauer sich um sie sorgt und nicht, weil irgendein klar denkender Kommandant ein Himmelfahrtskommando mit den besten und wichtigsten Entscheidungsträgern der verbliebenen Menschheit tatsächlich anordnen und sich selbst sogar anschließen würden. Der rechtfertigende Vorteil ist wie schon in Staffel 1, dass mit derlei Überstürztheit ein halbwegs hurtiges Tempo ohne viel Leerlauf gewährleistet wird.
Erzählerisch wählt die Serie aber einen sehr seltsamen Weg. Grundsätzlich ist man bemüht, noch mehr Zusammenhang zu stiften. Waren die einzelnen Episoden schon in Staffel 1 streng miteinander verbunden, ist man nun noch stärker bestrebt, die Folgen zwar thematisch zu ordnen, sie aber trotzdem so wirken zu lassen, als seien sie ein langer Film. Leider ist die Relevanz von vielen Ereignissen, auch wenn sie allesamt mit großem Ernst inszeniert werden, bei nur leicht genauerer Betrachtung höchst gering. Das überwiegende Geschehen ist verhältnismäßiger Kleinkram, der so wirkt, als habe man ihn eingefügt, um die Geschichte zu dehnen. Falling Skies macht in der zweiten Staffel einige Schritte, aber die meisten davon führen kaum voran.
Die Effekte sind immer noch etwas ungeschlacht, aber doch professioneller, weniger aus dem Gesamtbild herausragend, als noch in Staffel 1. Der Schritt von der ersten zur zweiten Staffel ist auch hier ein merkbarer gewesen. Sieht die ganze Serie im Prinzip gut aus und ist zumeist auch ordentlich fotografiert, fallen gerade die Kampfszenen aus der Glaubwürdigkeit heraus. Nicht nur dass die Aliens und ihr Geschütz weiterhin zu unecht aussehen, auch Kamera und Drehbuch fallen bei den Scharmützeln immer wieder überraschend ab. Weil es nicht gut aussieht, wird gewackelt und weil gewackelt wird, sieht es noch schlechter aus.
Das Staffelfinale beginnt mit ungewohnt viel und schlimmem Pathos und nimmt direkt im Anschluss einen Umweg voller Unnötigkeiten. So geht es weiter, als hätte der Plot sich sein plumpestes Element für den Schluss aufgespart. Dazu ist der aus dem Nichts kommende Plotfaden, der dieses Ende einläuten soll, einer unsauber in den Rest gewobener, der sich nur notdürftig in die ebenfalls schwammigen Neuerungen der letzten Folgen einfügt.

Fazit

Insgesamt ist Staffel 2 von Fallin Skies eine zwiespältige Angelegenheit. Auf den ersten Blick scheint es so, als habe sie mehr Sicherheit und einen selbstständigeren Stil gefunden, der sich durch größeren Ernst und geringere Kompromissbereitschaft auszeichnet. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Geschichte nur scheinbar vorankommt, während viele Ereignisse tatsächlich nur Stillstand bedeuten und höchstens den Figuren dienlich sind. Das ist beileibe kein Makel, doch wirken eben jene dann doch noch etwas zu unausgereift und manchmal auch zu zweckdienlich, um der angepeilten Eigenständigkeit gerecht zu werden.
Der angedeutete Wandel und auch die wachsend Sicherheit in technischer Umsetzung stehen der Serie aber gut zu Gesicht und rechtfertigen eine Weiterführung allemal. Freunde der ersten Staffel werden nicht enttäuscht werden.