Alien: Covenant


Am Ende der Produktion von Prometheus, wohl irgendwie auch am Anfang der Marketingkampagne, hieß es, der Film stünde in keiner direkten Verbindung zu Alien – eine Fährte, die falscher nicht hätte sein können. Vor dem Erscheinen von Alien: Covenant versprach ein Stimmenheer einhellig, der Film stünde nicht nur im direkten Bezug zu Alien, sondern verfüge auch über die schauerliche Stimmung, den Geist des Originals. Und wieder war die Fährte falsch.

They’ve made a few upgrades since your time.

Story

Knapp ein Jahrzehnt nach dem Verschwinden der Prometheus befindet sich das USCSS Covenant auf einer Besiedelungsmission, der Androide Walter wartet das Schiff und überwacht die Geschehnisse, während sich die Crew in einem mehrjährigen Kälteschlaf befindet, der just unterbrochen wird, als eine unvorhergesehene Neutrinoexplosion das Schiff in Mitleidenschaft zieht und unter anderem dem Captain Jake Branson das Leben kostet.
Kurz nach den Ereignissen wird ein seltsames Signal empfangen, das eindeutig von einem Menschen kommen muss – inmitten einer unbekannten Zone und offenbar von einem sich in nächster Nähe befindlichen Planeten, der allem Anschein nach habitabler ist als das ursprüngliche Ziel der Kolonialisten. Unter der Leitung des so neuen wie unsicheren Captains Christopher Oram ändert di Covenant ihren vorgeschriebenen Kurs und hält auf den Herkunftsort des Signals zu.
Dort angekommen, bestätigt sich der Verdacht auf lebensfreundliche Zustände, doch trifft die strohdumme Mannschaft auch auf ganz andere Dinge.

Kritik

Tatsächlich beginnt der Film haargenau wie der große Serienstart von 1979 – eine Crew samt Androiden im heimeligen Raumschiff mit einem Zentralcomputer namens Mother, deren Beziehungen vom Film ausgespielt werden, für deren Alltag sich Zeit gelassen wird. Das ist im Prinzip stark – wenn auch ein Nachgeschmack bleibt, da es eben auch haargenau dieselbe Routine wie in Alien ist, inklusive sich selbst feiernder Zitate. Nur dass es eben nicht so gerissen geschrieben ist, die Figuren nie so natürlich-schroff und glaubhaft sind wie damals.
Und dann, mit einem Mal, ist der Film wieder Prometheus. Nach ein paar höchst fragwürdigen Entscheidungen landet die Crew auf einem Planeten, der deprimierend uninteressant wirkt, und verhält sich so, als wären ihr die Konzepte von Wissenschaftlichkeit und gesundem Menschenverstand völlig unvertraut. Man spaziert unbescholten mit der gesamten Crew und ohne Schutzanzug über einen fremden Planeten, trampelt auf alles, was gefährlich sein könnte und hält dIE nASE wie ein neugieriges Frettchen in alles, was irgendwie so aussieht, als könnte es giftige Sporen enthalten. Alle Sachen, die irgendwie merkwürdig erscheinen, werden von den Protagonisten bestenfalls kurz registriert, aber nie hinterfragt, sondern einfach hingenommen. Überhaupt agiert man verblüffend gleichgültig gegenüber der Tatsache, dass man sich hier auf völlig fremdem Terrain bewegt. Und so geht es weiter: Eine dämliche Entscheidung jagt die nächste und jede Spannung wird vermieden, weil das Drehbuch unverständlich schlecht geschrieben ist. Die an sich zahlreich vorhandenen Möglichkeiten, in interessante Richtungen abzubiegen, ignoriert der Film konsequent – und die titelgebende Kreatur des Alien – denn an ihrer Kreatürlichkeit besteht mittlerweile kein Zweifel mehr – spielt einerseits nur eine recht untergeordnete Rolle und hat andererseits alles von ihrer höllischen Schauerlichkeit verloren, wird reduziert auf die Bedrohlichkeit eines tollwütigen Bernhardiners.
An der Form des Films gibt es selbstverständlich nicht zu viel auszusetzen – höchstens, dass die Plumpheit und Einfallsarmut auf inhaltlicher Ebene auch hier dann und wann ihre Entsprechung findet. Davon abgesehen findet der Film fraglos schöne, stimmungsvolle, manchmal auch beeindruckende Bilder und hat in der Hinterhand einen Moment, der ungeachtet der Tatsache, dass er auf der Dekonstruktion des gesamten Alien-Mythos fußt, das Potential hat, eine anhaltende Gänsehaut mitsamt beunruhigt-gerührtem Gefühl in der Magengegend zu verursachen. Auch ist es – das sei hier erwähnt, weil es allerorts als größtes Verkaufsargument gepriesen wird – freilich nett, Michael Fassbender in einer Doppelrolle zu sehen, doch hier die beste Performance in der Karriere des Mimen attestieren zu wollen, wird vor allem Fassbender selbst nicht gerecht.

Am vielleicht Ärgerlichsten ist der Umstand, dass Alien: Covenant der Saga überhaupt nichts hinzufügt, sondern inhaltlich völlig auf der Stelle tritt. Abgesehen davon, dass das Mysterium um das Alien noch etwas weiter zertrampelt wird, verweigert sich der Film stur jeder Erforschung des eigentlich Interessanten Gebietes des Planeten – der Beleuchtung der Konstrukteure. Angesichts des kurzen Blickes, den der Film in diese Richtung gestattet, ist das aber wahrscheinlich auch gar nicht so schlecht.

Fazit

Der neue Alien-Ableger von Ridley Scott ist das nicht, was alle regulären Sequels der Drittregisseure für sich beanspruchen wollen: Eine sinnvolle Ergänzung zum Alien-Universum, sondern eher ein nervöses Auf-Der-Stelle-Treten; eine Stelle, die gut aussieht und anfangs sehr in ihren Ursprung verliebt ist, unterm Strich aber bleibt primär hängen, dass der Alien: Covenant unnachvollziehbar nachlässig geschrieben und schrecklich arm an relevanten Ideen ist.

The Purge: Anarchy

The Purge war letztes Jahr einer der großen Überraschungserfolge. Für wenige Dollar produziert, spielte er in kürzester Zeit ein Vielfaches seiner Kosten wieder ein, schuf aufgrund seines Erfolges und des stimmigen Trailers große Erwartungen und enttäuschte in großem Maße.
Mit The Purge: Anarchy soll alles besser werden, noch besser. Denn der kreative Kopf James DeMonaco hat nun endlich das Budget, das er sich schon beim ersten Teil wünschte, um das zu machen, was er mit der Prämisse versprach.

People like us, we don’t survive tonight.

Story

Wir schreiben das Jahr 2023 in Amerika und immer noch geht es den Leuten blendend. Kaum Arbeitslosigkeit, reduzierte Armut, noch weniger Kriminalität. Dank gebührt natürlich dem Purge-Day, an dem alle einmal im Jahr für eine Nacht gewaltig ausrasten dürfen und nach Belieben um sich ballern.
Kurz bevor der Startschuss zum totalen Chaos erfolgt, stranden Shane und Lize mit dem Auto auf dem Highway, während Sanchez und ihre Tochter Cali vergeblich darauf hoffen, die Nacht in ihrem sozial schwachen Viertel im Innern der Wohnung zu verbringen. Das Schicksal treibt diese Personen zusammen auf die gewaltgefluteten Straßen der Purge, wo sie auf Asphaltcowboy Leo Barnes treffen, der sich zwar als versierter Beschützer herausstellt, dessen tatsächliche Ziele aber unklar sind. Schließlich streift er waffenstarrend durch die Nacht der Jagd.

Kritik

Einiges, was am ersten Teil Probleme machte, ist auch beim zweiten Anlauf nicht besser. Dauerpräsenter, lästiger Pathos, bei dem die Kamera steif auf Familienfotos schwenkt, die den Figuren Vergangenheitsprofil verleihen sollen, und nie verstecken können, dass dies nur leere Bemühung ist, oder – natürlich schwarze – Fernsehprediger, die mit platten Reden die platte Logik der Purge-Nacht hinterfragen. Natürlich ist die Grundidee des Filmes immer noch genauso hanebüchen und unschlüssig, wie schon in The Purge; alles andere wäre sonderbar gewesen. Auch hier bemüht sich der Film wieder, durch einen gescheiterten Anschein von Gesellschaftskritik zu verschleiern, dass er doch eigentlich nur Spektakel sein will. Gerade dieser Punkt ist es, der ein unwohles Erinnern an die größte Schwäche des Vorgängers verursacht, der bis zum Ende einfach nicht zu Potte kam und mit seinem Plot und dessen Aufbau etwas versprach, was er nie einzulösen imstande war, da er einfach nur lahm durch die Minuten sickerte. In The Purge: Anarchy beginnt es ähnlich. Nur sind hier die tragenden Figuren wenigstens einfach nur blass und nicht zusätzlich so unnachgiebig unsympathisch, wie Ethan Hawkes James Sandin es letztes Jahr gewesen ist. Dass das Personal einfach so ausgewechselt wird, zeigt noch einmal eindeutig auf, wie egal die Geschichte an sich ist. Es könnten unzählige Sequels folgen, die immer wieder die gleiche Geschichte mit wechselnden Gesichtern erzählen. Die Nacht der totalen Gesetzlosigkeit ist Vorwand, um Terror und Grausamkeit zu zeigen. Wer sie ausübt und an wem sie ausgeübt wird, ist letztlich egal. Die Protagonisten sind ähnlich gesichtslos wie die Widersacher, die hinter ihren starren Masken gruselig und geheimnisvoll wirken sollen, aber wie schon in The Purge in erster Linie dadurch lächerlich wirken, da unentwegt zum Vorschein kommt, dass sich eben keine geheimnisvollen Anarchisten, sondern einfach nur plumpe Rüpel darunter verbergen. Die spannungsgeladene Inszenierung der einzelnen Marodeure rutscht damit häufig mal ins Lächerliche ab, weil der Grund für diese Mystifizierung und somit auch jede Glaubwürdigkeit fehlt. Hinzu addiert sich, dass die Handlungen einiger Figuren kaum nachvollziehbar bis schrecklich dumm sind. Hinzu addiert sich, dass die Handlungen einiger Figuren kaum nachvollziehbar bis schrecklich dumm sind.

Es gibt mehr von allem und überhaupt mal was von dem, was schon der erste Teil versprochen hat, ja. Doch all das nutzt nur wenig, weil Autor und Regisseur James DeMonaco auch bei der zweiten Säuberung daran scheitert, eine funktionierende Dramaturgie zu kreieren. Dass die Leute sterben, lässt einen erschreckend kalt, weil der Film dies scheinbar willkürlich in Szene setzt. Die Dinge sollen cool und erschreckend wirken, erreichen davon in der stark überwiegenden Zahl der Fälle jedoch gar nichts.
Neben seiner distanzierten Darbietung ist das zu Sehende an vielen Stellen einfach zu übertrieben und gleichzeitig zu unoriginell, um packen zu können. Besonders das Anprangern bösartiger Wohlhabenden-Dekadenz debil grinsender Hedonisten durch maßlose Übersteigerung nimmt Formen an, die fast schon so nervig wie in The Hunger Games sind – wenn auch nicht so durchdringend penetrant. Stellen, an denen es intensiv wird, sind rar – immerhin aber gibt es sie überhaupt, womit der zweite Teil seinem Vorgänger einiges voraushat.
Zustandekommen können diese aber auch nur deshalb, weil das Drehbuch irrsinnig viele Zufälle stapelt, die einen Wahrscheinlichkeitsstatus innehaben, der gegen Null tendiert.

Fazit

In The Purge: Anarchy bekommt man das, was der Titel verspricht. Endlich. Nämlich das Treiben da draußen gezeigt und nicht nur behauptet. Viel besser als seinen Vorgänger macht das den Film aber nicht, weil abermals die gleichen dramaturgischen Schwächen auftauchen abermals, das Schicksal der Protagonisten daher nur leidlich interessant ist und die Bedrohung an sich letztlich viel zu basal formuliert wird.