Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI – Staffel 10

14 Jahre sind vergangen. Für manche auch 15, je nach Verbundenheit zu Mulder. In der Zwischenzeit gab es weniger als Nichts in Form des zweiten Akte X-Kinofilmes namens Jenseits der Wahrheit. Der Film war nicht, wie oft gescholten wurde, eine normale Episode nur länger, sondern wie eine entschieden unterdurchschnittliche Episode in viel zu lang.
14 Jahre sind vergangen. Nun sind die X-Akten wieder geöffnet, zumindest vorerst.

I know it’s hard to believe, but surprisingly I’m great in the sac.

Story

Viel ist geschehen, vor und nach Schließung der X-Akten. Und viele Dinge geschehen immer noch. Deswegen nimmt Fox Mulder sein Telefon ab und hat Direktor Skinner am Apparat. Grund ist ein auffälliger, prätentiöser Webcaster namens Tad O’Malley, an dessen provokanten Thesen über Alien-DNA vielleicht ein Fünkchen Wahrheit sein könnte.
So macht sich das Gespann Mulder und Scully in alter Dynamik irgendwo dort draußen auf die Suche nach der Wahrheit. Über Regierungsverschwörungen, Entführungen durch Außerirdische und die kleinen Wunderlichkeiten des Alltags. Alles ist wie immer. Endlich wieder.

Kritik

Endlich wieder.
Das Wiedersehen von Mulder und Scully ist keineswegs überschwänglich. Es ist von vorsichtiger, aber auch aufrichtiger Freude. Es strömt untilgbar aus: Wir kennen uns. Wir hatten unsere Differenzen, große Differenzen. Und wir wissen viel. Vieles, was wir weiterhin oder nicht mehr aussprechen. Aber wir kennen uns gut, sehr gut.
Wie es zwischen den beiden Galionsfiguren des modernen Serien-Fernsehens zugeht, so erlebt auch der Zuschauer das Wiedersehen mit Akte X. Sicher, man ist gealtert. Aber Innen ist immer noch alles so wie immer. Die Optik, das Schauspiel der anderen Darsteller, das Musik von Marc Snow, der Aufbau der Fälle. Akte X knüpft nicht nur narrativ mit seinen 6 Episoden an den Stil der Serienhochzeit an, sondern auch in jeder anderen Hinsicht. Die Charaktere sind überzeichnet, die Dramaturgie häufig bewusst ungehobelt. Es dröhnt und schillert derselbe, unveränderte Vorspann vor jeder Folge. Ja sogar die Effekte scheinen auf dem Niveau der späten Neunziger hängengeblieben zu sein. Manche nennen es treue, manche Stagnation oder das Schmücken mit alten Federn. Diese Taktik muss nicht zwangsläufig und immer gefallen, löst im Grunde aber genau das ein, was man sich wünschte, als Jenseits der Wahrheit in die Kinos kam. Und was man sich bis heute wünschte. Mehr vom Bekannten, mehr von dem, was man damals, in der Regel die ganze Woche bis und dann wieder von Montag, nervös herbeisehnte.

Es ist schon bezeichnend, dass die Pilotfolge ohne irgendeine Actioneinlage auskommt. Keine Verfolgung, keine Schießerei, nur Gespräche. Und es macht einfach nur großen Spaß, die beiden Veteranen miteinander reden zu sehen. Die Chemie stimmt allen etwaigen Differenzen zwischen Duchovny und Anderson zum Trotz.
Die Geschichten zwischen der erste und der sechsten und letzten Folge sind mehr oder weniger in sich geschlossen. Zwar bleiben die größeren und kleineren, feineren und dramatischeren Verweise auf bisher Erlebtes nie aus, die zu lösenden Fälle sind aber nicht in die die große Verschwörung eingebettet.
Was einem geboten wird, ist ein kunterbuntes Best of von dem, was Akte X in seinem vollen Spektrum zu bieten hatte. Da gibt es die etwas drastischere Splatter-Folge und Anlehnungen zu politischer relevanter Aktualität ebenso wie aus dem heiteren Himmel stürzende Comedy-Folgen, die in gewohnter Manier bis in die Knochen selbstironisch und mit kolibriartigem Augenzwinkern ablaufen. Erst die letzte Episode knüpft dann wieder an die „Hauptverschwörung“ an und macht auch dann alles genau so, wie man es von Akte X kennt und erwartet. Sie endet mit einem Cliffhanger, der sowohl dreist groß als auch liebevoll klischeegeflutet ist.

Natürlich ist nicht alles gut. Gleich Folge 2 ist etwas zu konfus und wirr erzählt, als wäre das Drehbuch obschon der 14 Jahre Pause in letzter Sekunde geschrieben worden. Nicht alle Witze erreichen das Niveau der besten Zeiten unserer Lieblingsermittler und auch die Rahmengeschichte wirkt ein wenig krampfhaft zusammengesteckt. Das dürfte auch am abgespeckten Team hinter den Kulissen liegen. Marc Snows Musik geht einem direkt ins Herz, doch die Gruppe von Autoren und Regisseuren lässt vor allem Vince Gilligan, aber auch den verstorbenen Kim Manners schmerzlich vermissen. Und über kurz oder lang, sollte die Miniserie fortgeführt werden, was im Augenblick noch völlig offen ist, wäre es auch wünschenswert, wenn die Hauptdarsteller in alter Tradition wieder folgen schreiben und inszenieren.
Ungeachtet dessen: Das ganze Verschwörungsgeseier macht immer noch Spaß, der Humbug ist immer noch spannend und hat eine Sogwirkung, wie man sie in dieser bestimmten Ausprägung und mit dieser Aura nur noch selten sah seit 2002.

Mulders Haut ist etwas schlaffer, Scullys Züge sind strenger und schärfer geworden. Sie kämpften gegen die Regierung, gegen das halbe Weltall, gegen vermeintliche Freunde und Verbündete, gegen Lügen und nur allzu oft gegen sich selbst. Und auch gegen die Zeit. Wir erinnern uns an eine Folge, in der wir das Agentenpaar vergreist sehen. Soweit ist es noch lange nicht. Es bleibt also noch viel Zeit für Abenteuer, Händchenhalten, Augenzwinkern, schweißtreibende Ritte und vielleicht ja sogar mal wieder für eine Fernsehrevolution.

Kritik

Vielleicht ließ es sich nicht zur Gänze aus diesem Text raushalten: Der Rezensent ist ein großer Fan von Akte X und konnte sogar Staffel 8 und 9 noch so Manches abgewinnen. Die Vorzeichen waren keine allzu guten. Nach dem Armutszeugnis, das der zweite Film war, waren die Befürchtungen groß. Nach den ersten Insider-Rezensionen noch größer.
Doch man kann aufatmen. Mulder und Scully sind wieder da. Nicht besser, nicht schlechter, sondern genauso wie damals. In Fällen, die sich auf die Qualitäten des Ursprungs besinnen und einem Erzählton, der sich auf eine herrlich unverkrampfte Weise kaum gewandelt hat.

Das Wunder in der 8. Straße

Da Weihnachten vor der Tür steht und man sich nichts sehnlicher herbeiwünscht als ein wenig Ablenkung von der Gewissheit, längst noch nicht alle Geschenke beisammenzuhaben, versucht sich auch scififilme.net an etwas festlicherem Filmstoff:
Ursprünglich als Serienfolge von Amazing Stories geplant, wurde die Idee hinter Das Wunder in der 8. Straße schlussendlich für einen ganzen Spielfilm genutzt. Produzent Steven Spielberg war es, der das Potenzial hinter dem Gedanken von Regisseur und Drehbuchschreiber Matthew Robbins erkannte und das Projekt unterstützte.


Did we miss the sunset?

Story

Einige Gegenden in New York mussten viel erleiden in der letzten Zeit. Zerfallene und zerfallende Häuser, Bau- und normaler Schutt bestimmen das Bild. Trotzdem mögen die Bewohner der 8. Straße ihr bescheidenes Mietshäuschen.
Bauunternehmer Mr. Lacey kümmert es aber nicht, ob irgendjemand irgendwas mag. Er will die Gegend planieren und das Wohnviertel zu einer funkelnden Hochhauslandschaft umgestalten. Um die widerspenstigen Anwohner zu vergraulen, schickt er Schlägertrupps durch die Nachbarschaft, die harte Argumente und Geld dafür bieten, dass die Wohnungen geräumt werden.
Während die meisten Betroffenen das Angebot annehmen und mit frischen Scheinen in der Tasche das Feld räumen, bleibt eine kleine Gruppe aus sehr unterschiedlichen Menschen hartnäckig und will die Heimat nicht aufgeben. Doch haben entschlossene Senioren nur sehr geringe Chancen gegen Schläger mit Baseballschlägern.
Dann aber tauchen eines Nachts UFOs auf, die die Größe einer Handfläche haben und mit Vorliebe Sachen reparieren. Die zurückhaltenden Mini-Aliens brauchen nichts weiter als eine Energiequelle, die ihnen Strom liefert. Schnell freunden sich die Bewohner mit den Außerirdischen an und wachsen durch den unerwarteten Besuch von Außerhalb immer enger zusammen.

Kritik

Senior Frank, seine senile Lady Faye, der erfolglose Künstler Mason, der schweigsame Ex-Boxchampion Harry und die spanische Einwanderin Lisa kriegen Hilfe von stromsüchtigen Schrumpf-Untertassen mit Reparaturstrahl. Eine wirklich selten dämliche Prämisse, herzallerliebst jedoch umgesetzt.
Matthew Robbins, übrigens ein guter und langjähriger Freund von Steven Spielberg, Guillermo Del Toro und George Lucas (in dessen THX1138 hat er sogar einen kleinen Camo), verweilt nicht zu lange bei den einzelnen Figuren, lässt sich aber gerade am Anfang ausreichend viel Zeit, mit den Persönlichkeiten vertraut zu werden und Verständnis für die Situation zu entwickeln. Die Protagonisten sind intelligent angelegt, sympathisch und haben sämtlich ein großes Kitsch-Potenzial, das aber niemals angezapft wird. Man mag das sture Grüppchen und so mag man auch das Haus, um das sie kämpfen. Und das, obwohl – oder vielleicht auch weil – die jeweiligen Gründe dafür, dem Ort treu zu bleiben, nicht bei jedem ersichtlich und nachvollziehbar sind. Besonders die beiden rüstigen Hauptdarsteller machen ihre Sache gut. Die durch und durch kontrollierte Mimik und die unverblümt ehrliche Darstellung des Alltags im gehobenen Alter überraschen in einem Film aus der Traumfabrik. Sie können zusammen mit der respektvoll dargestellten Demenz von Faye der positiven Botschaft des Filmes zum Trotz aber auch ein wenig deprimieren. Dass die beiden Schauspieler mit einer glaubhaften Selbstverständlichkeit harmonieren, liegt übrigens daran, dass Hume Cronyn und Jessica Tandy auch im echten Leben über ein halbes Jahrhundert verheiratet waren.

Während der junge Künstler rationale Erklärungen sucht, erkennt der Alte die Wahrheit als evident. Raumschiffe von einem Planeten. Einem sehr kleinen Planeten. Durch das vielfältige Personal leistet das ruhige Sci-Fi-Märchen fast schon nebenbei auch Diskursbeiträge zu sehr ernsten Themen. Demenz, vertane Gelegenheiten, alte Menschen, die selbstbestimmt ihren Lebensabend gestalten wollen, so lange sie noch können, Treue und Freundschaft sind die eigentlichen Themen von Das Wunder in der 8. Straße oder *batteries not included, wie der Film im Original heißt und mit diesem Titel in pfiffiger Weise auf den hohen Strombedarf der fliegenden Untertassen anspielt.

Besagte UFOs selbst sind erst einmal beeindruckend, da die Effekte auch Jahrzehnte später immer noch hervorragend sind – und auch zukünftig nicht nennenswert altern werden. Die putzigen Flugobjekte wirken dank ihrer blinzelnden Augen ähnlich menschlich wie die anthropomorphen Kreaturen aus den Welten Pixars – allen voran liegt natürlich der Vergleich mit WALL-E auf der Hand. Das mag sicherlich auch dem Umstand zu verdanken sein, dass Simpsons- und Pixar-Mastermind Brad Birt damals als Co-Writer für diesen Film tätig war. (Obwohl dieser mit WALL-E natürlich direkt nichts am Hut hatte, aber sicher stilprägend gewesen ist.)
Als eigentliche Stars des Filmes beeindrucken die freundlichen Aliens mit durchdachtem Design und vielen überraschenden Funktionen, die sie auf ihre Umwelt reagieren lassen und zu kleinen Gadget-Wundern machen.
Selbstverständlich werden von ihnen nicht nur Haushaltsgegenstände geflickt, sondern letztlich und vor allem die Beziehungen der Bewohner untereinander, das Klima im Viertel und der Glauben an ein gutes Ende.

Wenn die Besucher später an die AT-AT-Kampfläufer aus Star Wars erinnernden Nachwuchs zeugen und beim Burger braten zur Hand gehen, wird’s für manch einen vielleicht etwas zu viel des Guten, aber so ist es nun mal mit Märchen. Der wackelige Holzverschlag auf dem Hochhausdach wird zum Schrein, Strom bedeutet Lebenssaft und ein paar kleine Schrott-UFOs sorgen dafür, dass das Leben wieder lebenswert wird. Die Sonne, die in dieser Welt wie eine riesige Orange aussieht, ist nur folgerichtig.
Dass eingangs geschrieben steht, der Film würde sich am Anfang Zeit lassen, bedeutet nicht, dass er anschließend Beschreibungen wie „temporeich“ verdient. Das Wunder in der 8. Straße ist von vorne bis hinten behäbig. Der eigentliche Plot ist dennoch schnell abgehandelt, dient aber auch nur als Aufhänger, um auf die wichtigen Kleinigkeiten zu sprechen zu kommen. Und das ist gut, denn inmitten der gehetzten, sehr eng gewordenen Welt der industrialisierten Filmschaffung von heute kann es eine Wohltat sein, eine unaufgeregte kleine Geschichte zu verfolgen, wie fast nur das naive 80er-Jahre-Hollywood sie erzählen kann.
Oder um es mit den Worten der Nebenfigur Pamela zu sagen: „This is the ’80s! Nobody likes reality any more.“

Fazit

Ein harmloser, aber rührender Spaß über intergalaktische Heinzelmännchen und große Werte in kleinen Menschen. Sauber inszeniert und mit schönen handgemachten Spezialeffekten ausgestattet.