Eolomea

Erstaunlich ist es, was unter der Schirmherrschaft der DEFA alles entstanden ist. Neben famosen Dokumentationen wie Rangierer, Bergmänner oder Wer fürchtet sich vor’m schwarzen Mann gab es auch immer wieder Spielfilme aus dem Filmland DDR, die so überraschend, frisch, wagemutig und schlicht gut waren, dass man meinen könnte, all die Probleme dieses diktatorisch regierten realsozialistischen Staates irgendwo in Mitteleuropa hätten, wenn die Möglichkeit zum künstlerischen Ausgleich gegeben war, die Energien für großes künstlerisches Schaffen freisetzen können.
Unter diesen bemerkenswerten Filmen gibt es (gottseidank) auch Science-Fiction. Einer dieser Handvoll an Genreausflügen ist der poetische Eolomea von Regisseur Herrmann Zschoche.

Anmerkung: Es existiert im Augenblick leider kein angemessener Trailer im Internet, sondern nur eine mäßige Schwarzweiß-Version. Stattdessen gibt es hier die Anfangsszene zu bestaunen.
Er hat noch nie die Flüsse gesehen. Und die Wälder.

Story

Im direkten Umfeld der Raumstation Margot gehen Raumschiffe verschollen. Wieder und wieder. Als das achte Schiff in kürzester Zeit seinen Kontakt zur Erde abbricht, tritt ein Rat zusammen und erteilt ein Startverbot für sämtlichen interstellaren Verkehr. Interessengemeinschaften beharken sich gegenseitig, Theorien werden geboren und direkt wieder verworfen. Niemand hat eine Idee, was hinter dem mysteriösen Abhandenkommen der Schiffe samt Crew stecken könnte.
Dann bricht auch noch der Funkkontakt zur selbst Margot ab. Die Wissenschaftlerin Maria Scholl versucht, das intrigante Durcheinander zu durchschauen und macht sich auf die Suche nach Wahrheit.
Unterdessen, weit entfernt, schlagen sich Kapitän Danial Lagny und sein Lotse Olo Tal auf ihrem Raumschiff in der Nähe eines mit persönlichen Quälereien, Dienst nach Vorschrift und Regelverstößen rum.

Kritik

„Und nie wieder Kosmos! Nie wieder!“, johlt ein Mann und lässt sich rückwärts in die Wellen des Meeres fallen. Schnitt in den Vorspann: Sternennebel und ein Soundgewand, das sich irgendwo zwischen träumerischer Lounge.-Musik, Free Jazz und ein wenig Synthiegedudel austobt.
Was geschieht da? Die DEFA geschieht.

Eolomea fällt, abseits des zu lallenden und trotzdem schlecht einprägsamen Namens, weniger durch Einzeldinge auf als vielmehr durch deren geschickte Kombination. Weltraumfahrt ist an der Tagesordnung, fast täglich scheinen Schiffe jeder Art in die weite, aber auch schrecklich leere Schwärze des Alls aufzubrechen. Die Erde hat einfach nur den Bereich ausweiten können, in dem repetitive Arbeit unter fragwürdigen Bedingungen ausgeführt wird. Wecker stehen auf den Tischen dieser Schiffe und misslingender Funkverkehr quittiert sein eigenes Scheitern mit einem analogen Besetztzeichen. Die Szenenbilder sind teils putzig, die Ausstattung immer überzeugend, bisweilen aber nur gerade so noch glaubwürdig. Dass man nicht aus einem endlosen Geldfüllhorn schöpfen konnte, um den Film zu verwirklichen, ist ohne größere Mühe zu erkennen, aber keinesfalls ein Problem. Denn die Geschichte entspinnt sich nicht in üppigen Prachtbildern, sondern ganz natürlich aus vielen Gesprächen, die in tollen langen Einstellungen fotografiert sind und in erster Linie fantastisch geschrieben sind. Man hängt den Figuren schon in kürzester Zeit gebannt an den Lippen, wenn sie allesamt auf ihre charakteristische Weise Zynismus, Grübelei und Alltagsgeplänkel verbinden und mit philosophischen Exkursen versehen. Auf diese Weise vermittelt Eolomea immer mehr Details über den Zustand der Welt dieser Zukunft, sodass sich nach und nach ein erstaunlich klares Bild von Gesellschaft und politischer Situation ergibt, obwohl man von beidem nur Bruchstücke zu sehen bekam. Das mag trocken oder sogar aufgesetzt klingen, ist aber nichts davon, sondern einfach nur unaufdringliches, sehr angenehmes Konversationskino, das einen nach den ersten Sätzen mitzunehmen weiß.
Dabei springt die Erzählung hin und her zwischen den beiden Freunden Daniel und Olo an Bord ihres Raumschiffs, die eine sehr milde Form von Obrigkeitszweifel praktizieren, und der Erdprotagonistin Professor Maria Scholl, die dem Geheimnis auf den Grund zu gehen versucht. Aber nicht nur räumlich wird ein Spagat vollzogen, auch zwischen Gegenwart und Vergangenheit springt der Film immer wieder hin und her. Damit wird neben weiteren Einblicken in den Alltag und Zustand der Zukunft außerdem auch etwas Urlaubs- und sogar Agentenatmosphäre geliefert, die sich ebenso harmonisch ins Ganze fügt wie der Rest.

Sowohl an der Soundkulisse als auch an der Kameraführung von Günter Jaeuthes entzünden sich hie und da fantastische Ideen und immer wieder blitzen feine inszenatorische Einfälle durch, die das sowieso schon lockere Geschehen mit ästhetischem Fingerspitzengefühl noch weiter auflockern und manchmal sogar ein andächtiges Schaudern hervorrufen.
Das heimliche Highlight des Filmes ist aber ein Kurzauftritt des Roboters Nr. 0560, der nicht nur ein hinreißend provisorisches Aussehen vorzuweisen hat, sondern vor allem auch den insgeheimen Gipfel der sowieso schon alles andere als ironiebefreiten Dialoge erklimmt und darüber hinaus wohlig an Robby aus Alarm im Weltall erinnert.

Fazit

Stimmungsvolle Bilder, spannende Charaktere mit Profil, eine sich schlüssig entfaltende Geschichte und vor allem fantastisch geschriebene Gespräche, die all das zusammenhalte, sorgen auch heute noch für großes Sehvergnügen. . Eolomea ist also  dialoglastiger, aber nicht geschwätziger Science-Fiction-Film mit mutigen Ansätzen in einer gewieft erdachter Welt spielend – das ist tatsächlich etwas, das heute nur schwer vorstellbar ist.

Der Marsianer

Ridley Scott, dank Alien, Blade Runner und Gladiator einer der ganz Großen der Filmgeschichte, hatte es in den letzten Jahren nicht leicht. Robin Hood überflüssig, das Alien-Prequel Prometheus eine Enttäuschung, The Counselor verschmäht und Exodus: Götter Könige ein fast schon wahnwitziger Ausflug in das Reich der Bibel.
Mit Der Marsianer liefert er nun Science-Fiction-Kino, das in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist – wenn auch erst bei genauerem Hinsehen. Die Chance darauf, an Scotts wirklich großen Werke anzuschließen, verwehrt sich der Film letzten Endes aber selbst.

I’m gonna have to science the shit out of this.

Story

Ein plötzlicher Sturm zwingt die Mannschaft der Ares 3, einer bemannten Marsmission, dazu, unplanmäßig die Zelte abzubrechen. Während es alle unbeschadet ins Schiff schaffen, wird Mark Watney von einem Trümmerstück getroffen und weggeschleudert. Alles deutet darauf hin, dass der Astronaut sein Leben ließ, kommunizieren die Anzeigen doch noch, dass sein Anzug bei der Kollision beschädigt wurde.
Schweren Herzens gelingt es der Ares 3 in letzter Sekunde den Mars zu verlassen.
Wie durch ein Wunder überlebt Watney ausgerechnet aufgrund des Trümmerstückes. Als er erwacht, ist er allein auf dem lebensfeindlichen Planeten. Nur eine verlassene Station und er als alleiniger Mensch. Ohne Nahrung, ohne realistische Chance auf Rettung, ohne Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Doch Mark Watney entschließt, zu überleben.

Kritik

Vielleicht ist es ausnahmsweise angebracht, damit zu beginnen, was Ridley Scotts Der Marsianer nicht hat. Außergewöhnlich wird der Film nämlich gerade durch das Fehlen von ansonsten wie selbstverständlich anwesenden Bestandteilen des Science-Fiction-Kinos.
1. Der Marsianer ist keine Dystopie. Es ist Usus, dass in Science-Fiction-Filmen ausgerechnet das Science-Fiction-Element zugleich auch das Problem ist. Der Grund dafür ist die ungeschriebene Regel des Genres, dass unterschwellig Kritik an der Gesellschaft geübt werden soll, indem in der dargestellten Zukunft alle problematischen Aspekte der Gegenwart übersteigert auf das fiktive Zukunftsportrait projiziert werden. Hier jedoch ist die Technik die Umsetzerin von Wundern, macht den Menschen größer, überwindet mit ihm Grenzen. Der Marsianer ist nicht nur keine Dystopie, sondern ganz klar utopisch. Und damit quasi allein auf der weiten Genreflur.
2. Es gibt keine Liebesgeschichte. Wir wissen nicht einmal, ob auf Mark Watney eine Familie wartet. Tatsächlich wissen wir gar nichts über den Astronauten und seine Biographie – wir sehen ihn ausschließlich im Jetzt und ohne soziale Verknüpfung an die Erde. Es geht darum, wie er Probleme in der Gegenwart und nur in der Gegenwart löst. Das unterstreicht noch einmal den – so paradox es klingt – ungewöhnlichen Science-Fiction-Ansatz, nicht auf die Vergangenheit Bezug zu nehmen.
3. Es gibt keinen personifizierten Antagonisten. An dem Problem des Gestrandeten hat niemand Schuld. Es muss keiner bezwungen werden. Auch für dieses Phänomen gilt, dass es nur um die Situation geht, und darum, wie sie gemeistert werden kann. Ein Ansatz, wie er das letzte Mal in klassischen Abenteuerfilmen wirklich en vogue war.

Für das Fehlen dieser drei Punkte darf man den Film bewundern, sollte ihn zumindest achten, stellt er sich doch ohne Anstrengung und Stolz gegen Erzählkonventionen, die bereits so erstarrt sind, dass sie beinahe schon alternativlos erscheinen. Der Marsianer erinnert daran, dass sie es nicht sind und Geschichten sich nicht in diesem vorgegebenen Rahmen aufhalten müssen, um aufregend zu sein.

Wobei es zu viel des Lobes wäre, die Geschichte als aufregend zu bezeichnen. Sie ist nicht langweilig, aber auch fernab von Nervenaufreibend. Primär liegt das an der Figur des Mark Watney, der angesichts dieser Extremsituation niemals verzweifelt, sondern eine beispiellose Frohnatur bleibt, die kein Wässerchen zu trüben in der Lage wäre. Selbst in der aussichtslosesten Lage zuckt der Protagonist mit den Schultern, lässt ein spitzes, schiefes Lächeln aufblitzen und scherzt in die Kamera. Dadurch wirkt der Raumfahrer dann und wann allerdings auch etwas komisch, fast schon beunruhigend mit seiner stoischen, aufs Funktionieren und Weitermachen abzielenden Heiterkeit. Führt man sich vor Augen, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder einen Menschen sehen und nie wieder etwas anderes als Kartoffeln zu sich nehmen wird, dass er alleine auf einem lebensfeindlichen Planeten festsitzt, den Naturgewalten ausgeliefert und unentwegt mit einem Bein im Grab, kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass mit diesem Mark etwas nicht stimmt. Natürlich würde niemand sehen wollen, wie jemand sich in seine Verzweiflung wickelt und 144 Minuten jammert. Seine absolute Gelassenheit, die höchstens mal etwas spöttischen Sarkasmus zulässt, verhindert in vielen Momenten aber auch das Gefühl tatsächlichen Ernstes.
Vor allem deshalb wird Der Marsianer gerne als Wohlfühlfilm bezeichnet. Ein Road-Movie, das Positivität ausstrahlt und nebenbei eine Geschichte darüber erzählt, wie großartig menschlicher Wille und Artefakt zusammen arbeiten können. So ganz geht das aber nicht auf. Warum das so ist, liegt dafür an zwei weiteren Dingen, die fehlen.
1. Es fehlt eine Exposition. Es vergehen keine fünf Minuten, bis Mark Watney nach einer intensiven Actionsequenz, die im Film solitär bleibt, alleine auf dem roten Planeten ist und die Weichen allesamt gestellt sind. Anfangs lässt sich der Film einfach gar keine Zeit. Das hat seine Vorteile, gibt der ganzen Geschichte aber auch einen merkwürdigen Rhythmus, mit dem ihr Rest einfach nicht harmoniert.
2. Es fehlt an pittoresken Marspanoramen. Das als Mangel zu bezichtigen, mag etwas krude wirken, doch hätte genau das dazu beigetragen, Der Marsianer tatsächlich zu Ridley Scotts erstem Wohlfühlfilm zu machen. Gemeint sind nicht einfach irgendwelche hübschen Bilder, sondern ein Mut zu Ruhe in der Erzählung. Ein Mark Watney, der nicht nur aktionistisch wie optimistisch Probleme angeht, sondern auch mal ehrfürchtig in der monumentalen Präsenz eines fremden Planeten erstarrt, mutterseelenallein, aber umgeben von Wundern. Dass es das Potenzial dafür gibt und es vielleicht auch mal eine entsprechende Absicht gab, deutet sich manchmal an, wenn im Hintergrund etwa Windhosen über eine Ebene wandern oder ferne Gebirge einen Eindruck von Erhabenheit vermitteln. Aber das ist immer nur Kulisse hinter dem arbeitsamen Überlebenskünstlers. Sähe man ihn auch einmal innehalten, die Schönheit aufsaugen, den Mars kennenlernen, hätte das nicht nur dem Grundgefühl des Filmes gut getan, sondern auch seinen Charakter sinnvoll erweitert.
So spielt sich die Handlung zwar auf dem Mars ab, der Mars selbst spielt aber keine Rolle als Ort mit all seinem Potenzial, all seiner Faszination.

Warum gerade diese beiden Punkte fehlen, kann nur gemutmaßt werden. Eine naheliegende Vermutung: Ein Film über ein so lebensgefährliches wie einmaliges Abenteuer völlig ohne konventionelle Konflikte erschien dem Studio (oder Scott?) wohl doch zu gewagt. Deswegen finden Probleme in die Handlung Einlass, die mit der eigentlichen Kerngeschichte nichts zu tun haben und zu alledem auch noch etwas konstruiert und teilweise sogar völlig unlogisch sind. Der Crew von Ares 3 nicht mitzuteilen, dass der Zurückgelassene am Leben ist, obwohl man bereits seit vollen drei Monaten weiß, dass er sich auch erfolgreich selbstversorgen kann, ergibt auch unter dem Vorwand, dass dies ihre Konzentration bei der Rückkehr stören könnte, keinerlei Sinn. So treten als Ersatz-Antagonisten dann doch ein paar halsstarrige Schlipsträger die Bühne, doch im Prinzip haben sie dort nichts zu suchen und bereichern den Film bestenfalls marginal. Da das Zusammenspiel zwischen Mars- und Erdenschauplatz ansonsten überraschend gut funktioniert, fällt dies umso stärker auf, weil es unnötig am Tempo knabbert und das eigentlich Interessante blockiert. Vor allem aber: Hätte man darauf verzichtet, wäre genügend Raum für eine längere (bzw. überhaupt eine) Einführung und, noch wichtiger, für ein paar kontemplative Momente des Marsbewusstseins gewesen.

Fazit

Dass Der Marsianer strukturell ein Science-Fiction-Film außer der Reihe ist, ist besonders deshalb bemerkenswert, weil er selbst keine große Sache daraus macht. Dadurch, dass die Komponenten Gegenspieler und Liebesnot keine Rolle spielen, hat der Film in der Theorie alle Zeit der Welt, sich ganz auf das extraordinäre Abenteuers des Pioniers zu konzentrieren. Praktisch lässt sich Scotts Romanverfilmung leider ein paar Chancen entgehen, den Film zu etwas wirklich Außergewöhnlichem zu machen.
Trotzdem ist Der Marsianer ein erfreulich technikfreundlicher Ausflug geworden, der die Zukunft ausnahmsweise nicht als Zeit des Schreckens darstellt, sondern als eine, in der die Menschheit von ihren Errungenschaften auch profitiert. Matt Damon spielt – und dass man das mal schreiben würde, wäre vor 10 Jahren undenkbar gewesen – gewohnt gut und passt ausgezeichnet in die nicht ganz einfache Rolle des Verlassenen.

Apollo 18

Apollo 18 vom Spanier Gonzalo López-Gallego war kurz vor Kinostart relative gut beworben und nahm auch einige Leinwände mit. Ganz im Gegenteil zu dem zuvor gedrehten Survival-Thriller The King of the Mountain oder dem nachfolgenden Zombiestandard Open Grave.
Warum gerade der Mondhorror so viel Aufmerksamkeit bekam, kann nur das halbwegs frische Setting erklären, nicht aber der Film als Gesamtpaket.

I can’t believe you haven’t heard that story.

Story

Strenggeheime stille Post im Dezember des Jahres 1974: Das US-Verteidigungsministerium sagt der NASA, sie sollen ein paar Astronauten auf einer Party anrufen und ihnen mitteilen, dass eine Mondlandung mit ihnen bevorstünde. Verraten werden dürfe das aber keinem.
So machen sich Captain Ben Anderson, Commander Nathan Walker und Lieutenant Colonel John Grey also auf in ihre Rakete und auf die Mondoberfläche. Im Gepäck sind allerhand Kameras.
Auf dem Trabanten angekommen, häufen sich die unheimlichen Vorfälle und es drängt sich die Frage auf, warum die ganze Geheimnistuerei Seitens der guten alten Regierung eigentlich notwendig ist. Und dann stellen die patriotischen Mondmänner fest, dass sie dort oben nicht alleine sind.

Kritik

Es ist ein nettes Mittel, Personen über eine Charakterisierung in Form eines Voice-Over-Rückblicks zu etablieren, ohne sie dabei gleich als minderbemittelt vorzuführen, weil sie versteckte Vorstellungsmonologe aufsagen. Das gilt auch und insbesondere in einem vermeintlichen Found-Footage-Film. Wenn die Figuren aber einerseits trotzdem vollkommen (auch untereinander) austauschbar bleiben und der FOund-Footage-Film genaugenommen nur ein Footage-Film ist, der sich aus beliebigen Kameraaufnahmen bedient, darf man kurz skeptisch werden.
Letzteres macht der Apollo 18 dann auch geschickt zu einem riesigen Problem für den Film; nicht wegen der fraglichen Logik, wieso überhaupt so eine Collage über einen so tragischen wie geheim zu haltenden Einsatz angefertigt und nachträglich auch eindeutig verändert wurde, sondern weil die vielen verrauschten Bilder mit teils arg heterogenem Bild unzusammenhängend, wahllos und viel zu schnell aufeinanderfolgen und so besonders die ersten Minuten zu einem Stresstest werden lassen. Die Handlung selbst straft die Inszenierung Lügen, denn zu sehen gibt es lange Zeit gar nichts Spannendes außer eingeübte Astronautenroutine im Zeitraffer. Wenn jemand „No words can describe how it feels to be here.“ keucht, und der Zuschauer grelle Milchigkeit aus einer alles verdeckenden – gäbe es denn was zu verdecken – Perspektive aufgetischt bekommt, fühlt man sich um mehr als nur den Ausblick betrogen.
Doch muss man dem Prinzip zugutehalten, dass es einen nicht uninteressanten Effekt auf den Zuschauer ausübt, wenn die Hektik nicht durch die – unspektakulären – Geschehnisse, sondern den Wechsel der Perspektiven erzeugt wird. Das Gewitter an Perspektivwechseln ist mit normalem Schnitt nämlich kaum zu vergleichen.

Ein wenig spannend, oder besser: stimmungsvoll, wird es dann trotzdem nach einer Weile, und das ausgerechnet, weil man beginnt, das eh schon fragwürdige Footage-Konzept immer fahrlässiger umzusetzen, indem Aufnahmen gemacht werden, für die ein Kameraführender keinerlei Anlass gehabt hätte. Hier wird nicht für einen fiktionalen Adressaten in der Filmwelt, sondern für uns, den Zuschauer gefilmt. Und damit entlarvt sich dann vollends, dass es keine dramaturgischen Gründe für das gerade wieder abebbende Subgenre gab, sondern nur finanzielle und manipulative– plus die Tatsache, dass man beliebig viel mit der Kamera wackeln darf. Dass trotzdem versucht wird weiszumachen, das alles wäre authentisches Material, ist ein kleiner Akt an Frechheit gegenüber der Wahrnehmungsfähigkeit des Zuschauers.
Die Story läuft dabei aber nach klassischem Muster ab, nur dass man dieses rapide beschnitt und die meist Zeit einfach nichts passiert, was sich doch sehr auf den grundsätzlichen Unterhaltungswert auswirkt. Zwischen all dem Leerlauf zählt das Weltraumfahrer-Duo (Nummer drei wartet im Orbit) dann kurz das allen bekannte Sci-Fi-Horror-Alphabet auf, lässt die Sache beim Buchstaben D aber wieder sein und begnügt sich damit, noch ein bisschen auf der Stelle zu stehen.

Viele Dinge sind nicht etwa vorhanden, weil sie Nützlich für die Narration wären, sondern um andere, später auftauchende Filmelemente zu rechtfertigen: Der erwähnte figureneinführende Zusammenschnitt zu Beginn, der Grund des Ausflugs, sogar der Abspann. Der will nämlich die Laufzeit des Filmes rechtfertigen, drückt er sie doch um fast 9 Minuten nach oben, sodass vertuscht wird, dass der Film äußerst kurz geraten ist. Dass er sich zudem äußerst lang anfühlt, ist allerdings eine weit erfolgreichere Vertuschungsaktion.

Fazit

Die Stimmung geht in Ordnung und das beendende Gefühl dort oben in der Finsternis unter der Erde wird anständig transportiert. Auch spannende Momente sind vorhanden, im Vergleich zu den langen Phasen, in denen gar nichts passiert, aber immer noch zu rar.
Das Schlimmste (neben dem beliebigen Ritt auf der stinkenden Found-Footage-Welle) ist aber schlicht, dass der Film überhaupt keine eigenen oder gar halbwegs neuen Ideen aufzuweisen hat, sondern einfach nur ein paar altbekannte Sci-Fi-Horror-Stationen besucht, um dann sehr früh zu enden.

Moontrap

Moontrap ist Robert Dykes erster Film gewesen. Erst 11 Jahre später solllte er mit Timequest wieder als Regisseur in Erscheinung treten. Als Effektkünstler war er zuvor aber auch für unter anderem Tanz der Teufel 2 tätig. Dort lernte er Bruce Campell kennen, der neben Walter Koenig (Stark Treks Pavel Chekov) die Hauptrolle in Moontrap ausfüllt.


That’s what we are – spare parts.

Story

Eigentlich sollte nur ein orientierungsloser Satellit geborgen werden, doch auf ihrer Routinemission stoßen Jason und Ray auf ein großes, unbekanntes Raumschiff. Als sie mit einem nicht identifizierbaren Artefakt und einem uralten menschlichen Leichnam zurückkehren, muss die gesamte Forschungsstation fast mit dem Leben dafür bezahlen.
Jason und Ray machen sich auf den Weg, die zweite besatzte Mondlandung in die Tat umzusetzen, um den Ursprung des Unheils ausfindig zu machen. Doch auf den Mond erwarten sie noch größere Geheimnisse.

Kritik

Moontrap beginnt holprig, aber rasant, wirft viele Fragen auf, ködert mit spannenden Andeutungen und verspricht eine Reise, die womöglich etwas Mitreißendes entdecken lässt. So stört es zu Beginn nur wenig, dass das vermutlich Antagonistische, in jedem Fall aber Mysteriös-Unheimliche, schon in den ersten Minuten so eingeführt wird, als handele es sich um die lebende Nummer 5. Dadurch hat man zwar keine konsistente Erwartungen mehr an einen Horrorfilm, ist aber immer noch auf eine eigenständige Geschichte gespannt. Wenn anschließend auf der Raumfähre, die ausgerechnet Camelot heißt, uninspiriert wirkende Albernheit in den Dialogen ausgetauscht werden, hält das Gefühl an, obwohl der Kontrast zwischen der oberflächlich intakten und der sich aus diesem Schein herausschälenden Welt des Grauens nicht auf diesem Weg nicht glaubhaft hergestellt werden kann. Das scheitert weniger aufgrund des fragwürdigen Humors, sondern weil die Charaktere durchgehend ein arg irrationales Verhalten an den Tag legen. In den ersten Minuten entdeckt man ein unbekanntes Raumschiff in Erdnähe, tut aber so, als handele es sich bei einem solchen Ereignis genaugenommen um Routine. Und nicht nur die Personen spielen Normalität, die ganze Inszenierung stellt die Entdeckung dar, als handele es sich um einen stinknormalen Tag im eintönigen Leben von Astronauten in den 90ern. Da wirft man mit lockeren Sprüchen um sich, haut sich gegenseitig in die Pfanne und beschreibt beiläufig für die Zuhörenden, was man gerade am Interessantesten findet. Auf diese Weise misslingt es dem Film immer wieder, eine schlüssige Dramaturgie aufzubauen. Doch langweilig wird es dadurch immer noch nicht, da die Prämisse eben so vielversprechend ist. Wie kommen die Maschinen auf den Mond? Wieso schwebt ein großes Raumschiff in seinem Orbit, zusammen mit den Überresten eines 14.000 Jahre alten Menschen?
Es wäre ein leichtes gewesen, die Ausgangssituation zu einem intensiven und sehr interessanten Ausflug in dunkle Fantasien zu entfalten. Das abstruse Verhalten ausnahmslos aller Figuren und die häufig widersprüchliche Inszenierung eines Science-Fiction-Filmes, bei dem die wichtigste Entscheidungen der Menschheitsgeschichte in einem Fahrstuhl oder einem Stripclub getroffen werden, machen es dem Zuschauer aber schwer, eindringliche Erfahrungen zu machen. Das geht so weit, dass man sich beim Betrachten mehrmals unsicher ist, ob man nun Traum oder Wirklichkeit zu sehen bekommt – und das in einem Film, der nicht eine einzige Traumsequenz bereithält. Doch egal, denn – genau, die Geschichte, an der auch eine inkonsequente Figurenführung erst einmal nichts ändert, die durch unergründliche Verhaltensänderungen auffällt und tatkräftige Unterstützung von hochgradig abstruser Dialogregie bekommt. Zwischen den einzelnen gesprochenen Zeilen gibt es außerdem auch durchaus helle und auch sehr helle Momente.
Dabei stimmt die ästhetische Grundrichtung, die Farbgebung ist stimmig, die Ausstattung lässt nicht klagen und ein paar nacheiferungswürdige Vorbilder hat man sich auch ausgesucht. Wie das Meiste schwankt aber auch die Effektqualität irgendwo zwischen ganz ordentlich und – mit fortschreitender Dauer – staubig und sehr unbeholfen. Selbiges triff auf die Musik zu, die in einigen Szenen so verwirrend unpassend einsetzt, dass man gar nicht so recht zu urteilen weiß, ob das nun gut oder schlecht – oder, der wahrscheinlichere Fall, etwas gänzlich anderes auf einer gänzlich anderen Skala ist.
Witzigerweise legte man großen Wert darauf, einer von nur wenigen Filmen zu sein, die den Weltraum physikalisch halbwegs korrekt darstellen, und verbot die Schallübertragung im luftleeren Raum – auch wenn dies nicht ganz konsequent eingehalten wird. Dass der vermeintlich prähistorische Weltraummensch, mit dem die Tour überhaupt erst beginnt, ausgerechnet von einem Mondkrater stammen soll, der den Namen Prometheus trägt, ist ein weiteres witziges Detail.

Kleinere Logiklöcher (Wieso trägt jeder in der Forschungsstation eine Waffe?) stören kaum, was aber nachträglich schwer ins Gewicht fällt, ist der enttäuschende Zustand, in dem die Geschichte dann letzten Endes doch ist. So interessant die Ausgangslage auch ist – abgesehen davon, dass es kaum Fortschritt in der Story gibt, bleibt viel unbeantwortet. Und die Antworten, die gereicht werden, sind so fade und unbefriedigend, dass man sich rückwirkend selbst verflucht, auf Moontrap reingefallen zu sein.

Fazit

In der Summe ein sehr verrückter Streifen, bei der vieles nicht richtig läuft. Die vielen wirren Eigenheiten beschaffen Moontrap aber auch einen speziellen Eigenwert und verhindern allem voran, dass so etwas wie Einönigkeit vorkommt. Zwar ist der Film, wenn man es streng betrachtet, ein dusseliges Flickwerk dramaturgischer Patzer, die eigentliche Geschichte vermag aber ausreichend in Beschlag zu nehmen – bis man sich dann am Ende eingestehen muss, dass sich alles in völlig belanglosen Blödsinn auflöst.

Der Film lässt übrigens nicht nur sperrangelweit eine Tür für Fortsetzungen auf, diese scheinen tatsächlich auch anzustehen. Letztes Jahr war jedenfalls noch hieß es, dass die Dreharbeiten für Moontrap: Target Earth (und nicht, wie lange geplant, Moontrap II: The Pyramids of Mars) im Gange seien.

Endstation Mond

Der gut gealterte Sci-Fi-Film von 1950 wurde auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären prämiert. 11 Jahre bevor der erste Mensch den Mond betrat, nimmt Irving Pichels Fantasie dieses Ereignis vorweg – und das in gar nicht so abwegiger Weise. Rockets do not employ propellers.

Story

Da die staatliche Raumfahrt in Stocken gerät, liegt es in der Hand von Privatmänner, den Menschen aus dem Schoß der Erde zu katapultieren. Weil man den Russen nicht den Vortritt lassen kann – schließlich könnten sich auf dem Mond ja Raketen stationieren lassen – nimmt ein Großindustrieller den Bau und Start einer Rakete zum Erdtrabanten in die Hand. Nach dem Beseitigen einiger Stolpersteine steht dem ersten Trip auf einen anderen Himmelskörper nichts mehr im Wege. Doch die Reise ins Unbekannte birgt ihre ganz eigenen Gefahren.

Kritik

Genau wie jüngst auch Gagarin handelt Endstation Mond von einem interstellaren Wettlauf. Dieses Mal aber nicht nur in den Weltraum, sondern gleich hin zu dessen erster und bisher – für menschliche Präsenz – auch letzte Station. Ein Wettlauf auf unseren innig geliebten Mond. Zwar schwingt die ganze Zeit ein deutlich patriotischer Grundton mit, Regisseur Irving Pichel war aber weitsichtig genug, diesen im ausreichenden Maße zu ironisieren, sodass man sich beim Schauen nicht allzu penetrant missioniert oder rekrutiert fühlt. Dass man sich ganz individuell trotzdem am zurückhaltend blühenden Nationalstolz des Films stoßen kann, steht außer Frage. Dieser Tage ist man aber auch entschieden Propagandistischeres und vor allem entschieden Schlimmeres gewohnt. All das ist Interessant, da der Wettkampfcharakter der Mission kaum Raum einnimmt. Feinde und Konkurrenten werden im Vorbeistreifen erwähnt, einen tatsächlichen Auftritt bekommen sie aber nicht. Das hingegen ist gut, denn so kann sich der Film in seiner ersten Hälfte auf seine große Stärke konzentrieren. Endstation Mond besticht durch eine stringente Erzählart mit pfiffigem Aufbau und stets der richtigen Gewichtung von Ernst und Beschwingtheit. Das wohl auffälligste Phänomen ist ein mittlerweile zu kleinem Kultstatus gelangter Film im Film, in dem Comicfigur Woody Woodpecker sowohl den skeptischen Figuren, die als Financiers gewonnen werden sollen, wie auch dem skeptischen Zuschauer der 50er das Prinzip Raumfahrt beibringt. Auch hier ist der Spaß nicht frei von politischem Subtext. Das Rückstoßprinzip wird beispielhaft an einem Gewehr vorgeführt. Ein Gewehr, mit dem man, schießt man nach unten, in der Theorie auch wie mit einer Rakete abheben kann. Die Gleichsetzung von Waffe (in diesem Fall dem Lieblingsexemplar Selbstschutz-Amerikas) und Allgeschoss unterstreicht noch einmal fett, dass es eben nicht nur um die Freude am Entdecken geht.
Einnehmend ist das Seherlebnis deshalb, weil Wert auf die Figuren gelegt wird – und das nicht in einer Form, die sich nach bloßer Pflichtübung anfühlt. Spannung entsteht durch diese sympathischen Protagonisten in ihrer Ausnahmesituation, welche sich aus vielen netten Ideen zusammensetzt. Die G-Kräfte beim Raketenstart, Einige Vorstellungen bemannter Raumfahrt sind freilich grober Unfug, viel mehr aber ist in beachtlichem Maß visionär und nahm vorweg, was später eintreffen sollte –sowohl in Sachen technischer Durchführung als auch hinsichtlich unvorhersehbarer Ereignisse. In gewisser Hinsicht ist Endstation Mond eine kleine Kristallkugel der damals noch ausstehenden Pionierzeit des erdnahen Weltraums. Frappant ist, dass der Film nicht besser wird, wenn es ab circa der Hälfte endlich in den Weltraum geht. Stattdessen wird das zügige, leichtfüßige Vorgehen der Vorbereitungsphase sogar ein wenig vermisst. Im luftleeren Raum verlässt sich das Drehbuch zu sehr auf die erstaunlichen Wunder des Kosmos, die aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr ganz so beeindruckend sind. Der launige Grundton bleibt zwar auch hier bestehen, insgesamt schwächelt Endstation Mond  an dieser Stelle aber ein wenig. Die Probleme, mit denen die Kosmonauten zu kämpfen haben, wirken zu sehr an den Haaren herbeigezogen und aneinandergereiht. Bemerkenswerterweise ist auch eine Szene vorhanden, die quasi in Zeitlupe vorwegnimmt, was Gravity zur Prämisse nimmt. Nicht mehr ganz ernstzunehmen wird das Treiben ab dem Zeitpunkt, wo klar wird, dass die tapferen Astronauten keinerlei Wissen über das haben, was sie erwartet. Die basalsten Grundlagen waren damals auch dem durchschnittlichen Erdenmenschen bekannt – und von den ersten Himmelsstürmern der Menschheitsgeschichte dürfte dies auch erwartet werden, wenn man dem eigenen geliebten Land keine Nachlässigkeit und Auswahl und Ausbildung seiner Spezialisten unterstellen möchte.

Fazit

Endstation Mond überzeugt nach wie vor mit geschliffenen Dialogen, einer durchdacht eingesetzten Kamera, seinem beschwingt-humorvoller Grundton und dem straffen Tempo. Die leichten Drehbuchschwächen in der zweiten Hälfte sind bedauerlich, bereiten dem Vergnügen aber keinen nennenswerten Abbruch.