Endstation Mond

Der gut gealterte Sci-Fi-Film von 1950 wurde auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären prämiert. 11 Jahre bevor der erste Mensch den Mond betrat, nimmt Irving Pichels Fantasie dieses Ereignis vorweg – und das in gar nicht so abwegiger Weise. Rockets do not employ propellers.

Story

Da die staatliche Raumfahrt in Stocken gerät, liegt es in der Hand von Privatmänner, den Menschen aus dem Schoß der Erde zu katapultieren. Weil man den Russen nicht den Vortritt lassen kann – schließlich könnten sich auf dem Mond ja Raketen stationieren lassen – nimmt ein Großindustrieller den Bau und Start einer Rakete zum Erdtrabanten in die Hand. Nach dem Beseitigen einiger Stolpersteine steht dem ersten Trip auf einen anderen Himmelskörper nichts mehr im Wege. Doch die Reise ins Unbekannte birgt ihre ganz eigenen Gefahren.

Kritik

Genau wie jüngst auch Gagarin handelt Endstation Mond von einem interstellaren Wettlauf. Dieses Mal aber nicht nur in den Weltraum, sondern gleich hin zu dessen erster und bisher – für menschliche Präsenz – auch letzte Station. Ein Wettlauf auf unseren innig geliebten Mond. Zwar schwingt die ganze Zeit ein deutlich patriotischer Grundton mit, Regisseur Irving Pichel war aber weitsichtig genug, diesen im ausreichenden Maße zu ironisieren, sodass man sich beim Schauen nicht allzu penetrant missioniert oder rekrutiert fühlt. Dass man sich ganz individuell trotzdem am zurückhaltend blühenden Nationalstolz des Films stoßen kann, steht außer Frage. Dieser Tage ist man aber auch entschieden Propagandistischeres und vor allem entschieden Schlimmeres gewohnt. All das ist Interessant, da der Wettkampfcharakter der Mission kaum Raum einnimmt. Feinde und Konkurrenten werden im Vorbeistreifen erwähnt, einen tatsächlichen Auftritt bekommen sie aber nicht. Das hingegen ist gut, denn so kann sich der Film in seiner ersten Hälfte auf seine große Stärke konzentrieren. Endstation Mond besticht durch eine stringente Erzählart mit pfiffigem Aufbau und stets der richtigen Gewichtung von Ernst und Beschwingtheit. Das wohl auffälligste Phänomen ist ein mittlerweile zu kleinem Kultstatus gelangter Film im Film, in dem Comicfigur Woody Woodpecker sowohl den skeptischen Figuren, die als Financiers gewonnen werden sollen, wie auch dem skeptischen Zuschauer der 50er das Prinzip Raumfahrt beibringt. Auch hier ist der Spaß nicht frei von politischem Subtext. Das Rückstoßprinzip wird beispielhaft an einem Gewehr vorgeführt. Ein Gewehr, mit dem man, schießt man nach unten, in der Theorie auch wie mit einer Rakete abheben kann. Die Gleichsetzung von Waffe (in diesem Fall dem Lieblingsexemplar Selbstschutz-Amerikas) und Allgeschoss unterstreicht noch einmal fett, dass es eben nicht nur um die Freude am Entdecken geht.
Einnehmend ist das Seherlebnis deshalb, weil Wert auf die Figuren gelegt wird – und das nicht in einer Form, die sich nach bloßer Pflichtübung anfühlt. Spannung entsteht durch diese sympathischen Protagonisten in ihrer Ausnahmesituation, welche sich aus vielen netten Ideen zusammensetzt. Die G-Kräfte beim Raketenstart, Einige Vorstellungen bemannter Raumfahrt sind freilich grober Unfug, viel mehr aber ist in beachtlichem Maß visionär und nahm vorweg, was später eintreffen sollte –sowohl in Sachen technischer Durchführung als auch hinsichtlich unvorhersehbarer Ereignisse. In gewisser Hinsicht ist Endstation Mond eine kleine Kristallkugel der damals noch ausstehenden Pionierzeit des erdnahen Weltraums. Frappant ist, dass der Film nicht besser wird, wenn es ab circa der Hälfte endlich in den Weltraum geht. Stattdessen wird das zügige, leichtfüßige Vorgehen der Vorbereitungsphase sogar ein wenig vermisst. Im luftleeren Raum verlässt sich das Drehbuch zu sehr auf die erstaunlichen Wunder des Kosmos, die aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr ganz so beeindruckend sind. Der launige Grundton bleibt zwar auch hier bestehen, insgesamt schwächelt Endstation Mond  an dieser Stelle aber ein wenig. Die Probleme, mit denen die Kosmonauten zu kämpfen haben, wirken zu sehr an den Haaren herbeigezogen und aneinandergereiht. Bemerkenswerterweise ist auch eine Szene vorhanden, die quasi in Zeitlupe vorwegnimmt, was Gravity zur Prämisse nimmt. Nicht mehr ganz ernstzunehmen wird das Treiben ab dem Zeitpunkt, wo klar wird, dass die tapferen Astronauten keinerlei Wissen über das haben, was sie erwartet. Die basalsten Grundlagen waren damals auch dem durchschnittlichen Erdenmenschen bekannt – und von den ersten Himmelsstürmern der Menschheitsgeschichte dürfte dies auch erwartet werden, wenn man dem eigenen geliebten Land keine Nachlässigkeit und Auswahl und Ausbildung seiner Spezialisten unterstellen möchte.

Fazit

Endstation Mond überzeugt nach wie vor mit geschliffenen Dialogen, einer durchdacht eingesetzten Kamera, seinem beschwingt-humorvoller Grundton und dem straffen Tempo. Die leichten Drehbuchschwächen in der zweiten Hälfte sind bedauerlich, bereiten dem Vergnügen aber keinen nennenswerten Abbruch.