Critters

Knappe zwei Jahre nach Joe Dantes Gremlins – Kleine Monster fallen die nächsten ungezogenen Taschenmonster über die Erde her. Dieses Mal kommen sie aus dem All und müssen sich für ihre zerstörerische Form nicht erst verwandeln.

You have an seriuous attitude problem.

Story

Die Critters sind kindskopfgroße, fellige, gut bezahnte Kreaturen (hier schließt sich der Kreis, nuschelt man ‚Creatures‘ in betrunkenem Zustand, erhält man sowas wie ‚Critters‘) mit chronischem Heißhunger auf alles, die mit einem Gefängnisasteroiden (Eine Weiter- oder Rückentwicklung des Gefängnisplaneten, bei der nicht klar zu entscheiden ist, ob sie cool oder dusselig) ist getade durchs All transportiert werden. Bevor die Überschiffung dem Protokoll gemäß ablaufen kann, brechen die gefürchteten Biester aus, Kapern ein Raumschiff und nehmen Kurs auf die Erde.
Die Verantwortlichen, schlucken besorgt, fackeln dann aber nicht lange und rekrutieren zwei Kopfgeldjäger, die die Gefahr möglichst ohne Kollateralschäden eliminieren sollen.
Nur ein paar Kilometer vom Hof der Familie Brown landet das erbeutete Schiff und die Besatzung strömt aus.

Kritik

Nach einem kurzen Blick auf ein paar bürokratische und englischsprechende Außerirdische mit schicken Designs, von denen man eigentlich gerne viel mehr sähe, geht es prompt in die intakteste Kleinfamilienidylle des Amerikanischen Provinztraums, die an sich nur vorstellen kann. Der fleißige Handwerkermann in Latzhose erzieht seine Kinder auf altmodische aber herzliche Art, die nicht minder fleißige Hausfrau in Schürze arbeitet eifrig in ihrer mintfarbenen Küche, die sich kabbelnden, aber liebenswerten und gewieften Geschwister kratzen an den beiden Seiten der Pubertät und die Familienpackung Orangensaft steht in der Mitte von allem, während es draußen grünt.
So unerträglich das sein könnt, es funktioniert und bereitet absolut Freude, für eine Weile in diesem Mikrokosmos zu weilen. Dabei liegt im Grunde eine durch und durch klassische Struktur mit durch und durch klassischen Spannungsfeldern vor. Was die für Freude sorgt, ist die enorm liebevolle Ausstattung, eine große Liebe zu Details und die rassige Regie von Stephen Herek, der neben etlichen Disney-Hits auch für Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit verantwortlich war. Und so ist diese Einführung der Figuren ohne eine Länge.
Ausgerechnet Billy Zane als schüchterner Lustobjekt von April ist etwas zu kurz gekommen – auch wenn das der Rolle vollkommen angemessen ist. Lediglich die Figur des Ug ist zu verwaschen in der unverortbaren Mitte zwischen Trinker, Schussel, Paranoia, Medium und geistig Zurückgebliebenem. Die Darstellung von Terrence Mann, dessen denkwürdigste Rolle er ausfüllt, sorgt aber dafür, dass dieses ziellose Mäandern nicht weiter stört. Und so vergeht ziemlich genau ein Drittel der Laufzeit, ehe die außerirdischen Hedonisten ins Bild zotteln – und man vermisst bis dahin nichts. Den häufigsten vorwurf, den man Horrorfilmen macht, muss sich Critters also nicht gefallen lassen.
Und auch dann geht es weiter ohne Längen, ohne Unterhaltungsstopp. Die Invasion erfolgt mit der erwartbaren Steigerung, verteilt aber ausreichend viele Leckerbissen, um den Zuschauer nie vor den Kopf zu stoßen. Auch Ernsthaftigkeit und Witz geben sich stilvoll die Hand, ohne dass das eines das andere zu schlucken versucht, womit der Film auch diese brenzlige Linie ohne Blessuren hinter sich lässt. Inhaltlich hebt sich Critters von ähnlichen Werken durch die Science-Fiction-Elemente ab. Durch die wenig unauffälligen Formwandler gesellt sich zum Puppenhorror eine weitere Ebene, die sich in den meisten anderen Filmen niemals mit dem ersten Handlungsstrang vertragen hätte, sich hier aber nahtlos einfügt.
Bei alledem ist Critters in höchstem Maße 80er – dass die außerirdischen Kopfgeldjäger im Weltraum nietenbesetzte Lederjacken tragen, erübrigt sämtliche weiteren Ausführungen.

Lästern lässt sich somit nur über Kleinigkeiten.
Zum Beispiel gehen die anfangs noch häufigen Point-of-View-Einstellungen der lauernden Critter nicht auf. Denn während die Kamera in klassischen, gemächlichen Kamerabewegungen und ihrer Größe entsprechend über den Grund „schwebt“, sind die trippelnden oder rollenden Viecher, deren blick sie eigentlich wiedergeben soll, wendig und geschwind, weshalb die Plausibilität der dargestellten Welt an dieser Stelle ein paar Sprünge in Kauf nehmen muss. Das ist aber nur ein kleines Detail, das im Gesamtbild nicht weiter stört. Was etwas schwerer ins Gewicht fällt, ist das recht unglaubwürdige Verhalten so mancher Charaktere in Gefahrensituationen. So schreiten Familienmitglieder nicht ein, wen der Vater in Gefahr schwebt, einfach nur, damit die Kamera mehr Zeit hat, Spannendes einzufangen.
Ebenfalls nicht ganz korrekt sind die zeitlichen Abläufe. Denn dass ein Akt zwischen Teenagern einen ganzen Abend andauert, ist naturgemäß alles andere als der Normalfall.

Ziemlich erheiternd hingegen ist das Bild der Behörden, die viel zu leiden haben und nur in sehr beschränktem Ausmaß in der Lage sind, zu agieren. Das trifft auf die gesamte Galaxie zu, auf die irdischen Cops und die extraterrestrischen Kopfgeldjäger. Heiter ist auch der Rest. Critters gelingt es hervorragend, Witz und Schauer zu vereinen, ohne jemals plump einfallslos oder albern zu werden. Da auch die Detailfülle ihr Niveau konstant beibehält, sind all die kleinen und mittelgroßen Fehler im Grunde kaum von Bedeutung, denn der Sehgenuss wird davon nie beeinträchtigt geschmälert. Viel zu spleenig und naiv gestaltet sind die – ebenso naiven und spleenigen – Kopfgeldjäger aus dem All, viel zu dynamisch die Erzählung. Und so gelingt es dem Film tatsächlich, einem Genre gerecht zu werden, das sich Familien-Sci-Fi-Horror nennen darf, weil das Gezeigte trotz teils nicht von der Hand zu weisender Brutalität immer auch klassisch 80er-Jahre-Charmant bleibt.

Darüber hinaus spielt der Film, so konventionell er in seiner eigenen Struktur ist, mit althergebrachten Systemtraditionen, lässt sowohl John Wayne verenden als auch den Jungen das Zepter in die Hand nehmen und seinen Mann stehen, während Paps akzeptieren muss, handlungsuntauglich zu sein. Die Initiative des Kleinen geht sogar so weit, dass Critters sich problemlos auch als Appell auffassen lässt: Das Fremde dringt in unsere Welt, die etablierten Ordnungshüter versagen vollends, die heranwachsende Generation aber obsiegt auch ohne hütende Instanz. Sie betätigt sogar das Licht am Fahrrad, wenn es um Leben und Tod gibt. In gewisser Weise wird die Menschheit hier mündig.
Und damit ist Critters um Längen besser als der sehr ähnlich gestrickte Invasion vom Mars von Tobe Hooper.

Fazit

Auch heute ist Critters noch der gut aufgelegte Film mit seinen gut aufgelegten Darstellten, der mit im richtigen Maß überzeichneten Charakteren und sympathischem Witz eine formschöne Verbindung mit seinen bereichernden Science-Fiction-Elementen eingeht und jede kleinere Schwäche unwichtig erscheinen lässt, weil die Gesamterscheinung durch und durch angenehm ist.

Und dass sich ein brennender Critter ins Wasser rettet und dort später doch seinen Tod findet, darf gewiss auch als Anspielung auf die Gremlins-Vorbilder gesehen werden.
Trivia: Während die Herkunft der Gremlins im Film nicht geklärt wird, ist das Buch auskunftsfreudiger. Auch sie kommen aus dem All – ein blauäugiger Wissenschaftler schuf dort die Mogwais. Ihre Verwandlung ist ein unerwünschter Nebeneffekt.

The Purge

Der Trailer von The Purge schuf Erwartungen, die griffen: Dank des Minimalbudgets konnte der Film in den USA in Windeseile ein Vielfaches seiner Kosten einspielen und bekam daher auch hier rasch einen Starttermin.
Erwartungen, leider, die im Film selbst durchweg enttäuscht werden.

Nothing is ever going to be okay again.

Story

In 11 Jahren ist es bereits schon ein paar Sonnenumkreisungen her, dass sich Amerika am Riemen gerissen und einen klugen Schritt Richtung Kriminalitätsbekämpfung unternommen hat. Zumindest glaubt ganz Amerika, einen klugen Schritt hinter sich zu haben: Einmal im Jahr herrscht für 12 nächtliche Stunden völlige Anarchie in den Staaten. Jeder, der mag, kann sich auf den Straßen mit Rauben, Vergewaltigen, Plündern und Morden beschäftigen und muss keinerlei rechtliche Folgen befürchten. Kriminalität und Arbeitslosigkeit sind daher kein Thema mehr und alles ist sonnig, denn eine Nacht völliger Zügellosigkeit genügt, um den in dir und mir schlummernden Aggressivitätstrieb ausreichend zu befriedigen. Das glaubt man zumindest und deswegen stimmt es auch.
James Sandin hat sich durch den Verkauf von Sicherheitssystem eine goldene Nase verdient und lebt in wohlhabender Nachbarschaft mit Ehefrau und Kindern. Wenn die besagten 12 Stunden – The Purge bzw. Die Säuberung genannt – anstehen, igelt sich die Familie in ihrer Hochsicherheitsvilla ein und erfreut sich via Liveübertragung am amoklaufenden Amerika.
Als der Sohnemann unerlaubt einen hilfsbedürftigen Fremden einlässt, gerät die anfängliche Sicherheit in Gefahr, denn die Verfolger des Flüchtlings sind keineswegs gewillt, ihr Opfer entkommen zu lassen, und stellen ein Ultimatum, nach dessen Ablauf nicht nur der Entkommene, sondern auch die schutzbietende Familie zur Jagdbeute erklärt werden.

Kritik

Die erste von vielen problematischen Drehbuchentscheidungen: Der Protagonist wird als überheblicher Schnösel eingeführt, der keinen Funken Sympathie verdient. Dass die Nachbarn ihn nicht auf ihrer alljährlichen Purge-Sause haben wollen, ist das verständlichste Verhalten der Welt. Er ist ein geldgieriges Ekel, das nicht mit seinem Nachwuchs umzugehen weiß. Und seine Frau ist offenbar eine, die geldgierige Ekel mag. Die Kinder sind dann das, was sie nur sein können: Eindimensionale Durchschnittsfiguren. Töchterchen hat die Hauptfunktion, Papa Kopfschmerzen zu bereiten, weil sie einem Älteren schöne Augen macht, und Sohnemann ist der kluge aber wenig beachtete Bastler und Technikkenner. Und beide haben keine nennenswerte Funktion in diesme Bluff von einem Sci-Fi-Film. Die vorgeschriebene Wandlung des Familienvaters kommt dann nicht nur völlig grundlos, sondern auch viel zu spät, um die Sympathien noch irgendwie anzuheben.
Zeit und Verspätung ist sowieso ein großes Thema in The Purge. Die in der Vorschau so stimmungsvoll angekündigte Bedrohung macht über einen Großteil des Filmes nicht mehr als das: Drohen. Das Reden einstellend und gewaltsam die Grenzen ins Haus überschreitend, erleben wir sie nur für läppische 15 Minuten. Selbst dann sind die Eindringlinge aber kaum für Gänsehaut und Anspannung gut. Nicht nur, dass sie eingangs in voller Breite als eindimensionale Yuppies Marke ‚Reich geerbt‘ vorgestellt werden und ihnen damit das ganze Mysteriöse, das der Trailer verspricht, vollkommen fehlt, es mag sich auch einfach kein rechtes Bedrohlichkeitsgefühl einstellen. Und ein Home-Invasion-Thriller ohne ständige Hochspannung, ist nun mal wenig mehr als ein Film über Leute, die in einer schlecht beleuchteten Hütte hocken. Wer also auf ein The Strangers im Sci-Fi-Setting gehofft hat, wird enttäuscht. Selbst, was das Sci-Fi-Setting angeht. Denn die Behauptung, dass wir uns im Jahre 2022 befänden,  bleibt eine sehr blasse. Nicht Technik, nicht Mode – gar nichts hat sich verändert. Die Zukunft ist nicht mehr als eine Krücke, um das unsinnige Szenario nicht weiter rechtfertigen zu müssen. Wer sich wenigstens deftige Szenen von dem Film erwartet, sollte ebenfalls die Hoffnung fahren lassen, denn The Purge ist zahm (um nicht zu sagen: feige) und mutet dem Zuschauer nicht allzu viel zu.
Wenn man die Nachbarn grimmigen Blickes im Garten ihre Waffen schärfen sieht, ist das ein beunruhigendes Bild, das genauso lange funktioniert, wie es braucht, sich an die Grundsituation zu erinnern. Eine Welt, die nur noch um die medial aufgebauschte Eventnacht namens ‚Die Säuberung‘ dreht, welche offenbar ganz Amerika in eine unwirkliche Sekte verwandelt hat. Und damit der Zuschauer nicht beginnt darüber nachzudenken, was für ein hanebüchener Unfug dieses ganze Szenario ist, erklärt am Anfang ein Weißkittel im Fernsehen, dass der Mensch ein aggressives Wesen ist und sich durch einen Tag Anarchie für das ganze Jahr läutern lässt. Wie die irre gewordenen USA wohl von dem Rest der Welt bewertet werden, wird logischer Weise einfach nicht gefragt. Und wie es kommt, dass der ganze Kontinent scheinbar hellauf begeistert von diesem Zustand ist, ist sowieso nicht Thema des Filmes.
The Purge macht vieles an vielen Stellen falsch. Es sind nur Kleinigkeiten, doch in Summe  ergeben sie Großes. Warum riegelt man sein Haus an solch einem Tag erst punktgenau zum Ausbruch ab, sodass man die lebenswichtige Verriegelung  fast beim Essensgespräch vergisst? Weshalb können die Fieslinge auf einen Bunker-Auseinandernehmer-Fuhrpark zurückgreifen, führen aber kein vernünftiges Arsenal mit sich? Wie kann ein derart nutzloses Sicherheitswsystem in einer Welt zum Bestseller werden, die nichts anderes als die Amok-Nacht in Blut-Und-Spiele-Mentalität interessiert? Und würde sich nicht jeder bei Verstand einen Panikraum herrichten, wenn das ach so tolle ‚Sicherheit’ssystem schon keinen von Haus aus besitzt?
Diese und weitere Fragen machen es dem Zuschauer nicht leicht, die ganze Kiste mitsamt Besatzung ernst zu nehmen. Das wäre nicht weiter wild, wenn die Essenz funktionieren und der vorgebliche Sci-Fi-Streifen geschickt mit Urängsten spielen würde.
Der Film ernährt sich ausschließlich von Schreckmomenten in seinem Terrorszenario. Das Problem ist, dass die Schocks so altbekannt und uninspiriert sind, dass man fast alle bereits eine Meile gegen den Wind wittert. Überraschungen jeder Art sind in The Purge Mangelware und die eigentlich spannend klingende Ausgangsidee kann darüber keine 5 Minuten hinwegtäuschen.
So verhält es sich auch mit dem Antagonistengrüppchen. Austauschbare Pappfiguren, deren gruselig gemeintes und bemüht irres Verhalten vor all der Klischeeverliebtheit mehr lächerlich als furchteinflößend wirkt.
Die sozialkritische Note ist dabei unübersehbar und wird anhand von Gegnern und Nachbarn reichlich plump, am Protagonisten aber überraschend sublim aufgezeigt. So sublim, dass man ernsthaft zweifelt, ob die Macher dieser laffen Gurke sich ihrer einzigen Stärke überhaupt bewusst waren.

Fazit

Ethan Hawke (Total Recall), Lena Headey (Dredd), ein Aufhänger zum Aufmerken und ein beeindruckender Trailer ergeben zusammen ein leeres Versprechen.
The Purge ist ein ideen- und substanzloser Thriller ohne echte Eigenleistung, dafür aber mit schlechtem Timing, verpuffenden Schockmomenten und keiner Geschichte. Sauber gefilmt ist das Geschehen aber.
Doch das Einspielergebnis ist das einzige, was zählt. Und selbstverständlich ist ein zweiter Teil längst beschlossene Sache.