Farscape – Staffel 4

Nicht nur die Biographie von Moya und Crew, auch die Serie hatte qualitative Hochs und Tiefs und natürlich am Ende nicht so viele Zuschauer erreicht, wie gefordert war, um die Geschichte mit der fünfen Staffel nach Plan zu beenden. In Deutschland ist Season 4 nicht einmal veröffentlicht worden, weshalb bis heute auch keine synchronisierte Version existiert. Dies ist auch der Grund, weshalb der hübsche Stil der Coverartworks hier nicht fortgeführt wird. Doch wie immer lohnt sich ein Abstecher auf den sensiblen Leviathan, denn auch das letzte Viertel hat einiges zu bieten.
Vielleicht lag der Misserfolg am folgenden Trailer, mit dem sich die Serie wahrhaftig einen Bärendienst erwiesen hat.

I know you can see me. The bad guys always see me. Cause my plans suck. People die. It’s always a mess.

Story

Moya ist fort, Chrichton sitzt ohne Treibstoff auf einem Weltraumfriedhof für Leviathan-Schiffe fest
und wartet, wartet, wartet. Seine einzige Gesellschaft ist ein Schiff, das sich auf den interstellaren Totenacker begeben hat, um gemeinsam mit seinem greisen Pilot den Tod zu empfangen.
Als Chiana und Rygel völlig unerwartet auftauchen, sind sie alleine. Die treue Moya ist verschwunden und mit ihr die restliche Besatzung. Chrichton wünscht sich derweil nichts sehnlicher, als bei der schwangeren Aeryn zu sein.
Die erhoffte Wiedervereinigung wird nicht nur spät, sondern auch unter überraschenden Umständen stattfinden.
Und wie gewohnt geht nach und nach alles noch viel schiefer als man fürchtet. Drogen spielen eine Rolle, ein Crewmitglied erhält eine außergewöhnliche Gabe zu einem außergewöhnlichen Preis, weite Reisen stehen bevor und Gut wie Böse, Freund wie Feind sind schwieriger zu trennen als je zuvor.

Kritik

Staffel 4 beginnt so, wie Staffel 3 endete: Bizarr. In Folge 1 ist nicht nur ein Aufeinandertreffen von Peter Pan, Robinson Crusoe und klingonischen Invasoren zu bewundern, sondern auch das erste rein computeranimierte Wesen. Ein Bruch mit der Tradition, der später, z.B. in Folge 14, leider Wiederholung finden wird.
Außerdem präsentiert die erste Episode jedem, der in Staffel 2 darüber gemeckert hat, dass die Zitationsdichte abnimmt, genug Filmreferenzen für zwei vollständige Serien. Vergiss, was dir in der letzten Staffel durch den Kopf ging, Fan – die Luft ist noch lange nicht raus.
Auch sonst kriegt Farscape vorerst genau das, was der Science-Fiction-Serie noch fehlte: Eine Frau, die an der Decke gehen kann.

Die ausgetüftelten, wendungsreichen Storyfolgen sind dramatisch wie eh und je, während die inhaltlich eher schwächeren Einzelabenteuer ganz auf den anarchistischen Humor der Science-Fiction-Serie setzen und so trotz narrativer Flaute im Regelfall erfolgreich für Kurzweil sorgen.
Die Serie bleibt der in Staffel 3 eingeschlagenen Spur treu, der Rahmenhandlung den Vortritt gegenüber Minigeschichten zu lassen. Der Grund hierfür mag in der Tatsache zu finden sein, dass der Stoff für bedeutsame versiegelte Plots einfach aufgebraucht ist. Folge 4 gibt ein gutes Beispiel dafür – eine kollektive Magenverstimmung dient als Aufhänger für eine durch und durch generische Geschichte. Sogar eine Schrumpf-Folge hat es nun ins Programm geschafft.
Aber natürlich haben die Schreiberlinge nicht ihr Erfolgsrezept vergessen – je schwächer die Geschichte, desto großartiger der Humor, weshalb auch die banalste Kurzerzählung durch Komik zum sehenswerten Exkurs wird. Es wird sich also weiterhin, wenn auch nicht ganz so inflationär wie bisher, auf fremde Dinge verlassen, die in Moyas heimelige Sphäre dringen und die Crew auf die eine oder andere Weise beeinflussen. Das ist nach wie vor verzeihbar, weil eine Geschichte, die von einer Handvoll Personen auf einem kleinen Schiff handelt, sich einfach nicht anders vorantreiben kann. Bei jeder anderen Serie wäre es trotzdem enervierend, immer wieder dasselbe Spiel in anderen Farben zu sehen. Farscape schafft es aber irgendwie, jedes Mal wie das erste sein zu lassen. Immer noch wirkt die Reaktion der Figuren auf den irgendwie gearteten Eindringlich frisch und natürlich, intensiv und smart.
Das geht bis zu einer riesigen Spinne, die die promineste Charaktereigenschaft einer jeden Figur stiehlt. Normalerweise hochgradig plemplem, im Farscape-Universum aber quasi Alltag.
Trotzdem merkt man deutlich, dass die Quelle der Monster-of-the-Week-Episoden langsam am Versiegen ist, denn auch eindeutige Füllerfolgen haben ihren Platz in der Staffel; etwas, das insbesondere Season 2 schlicht nicht nötig hatte.
Wie immer ist Farscape  nicht nur mit allerhand klug platzierten Zitaten und Filmanspielungen gespickt, sondern bietet in beinahe jeder Folge selbst äußerst zitierwürdige Linien. Was sich hingegen nur schwer zitieren lässt, ist das phänomenale Timing der Dialoge, das seit jeher Markenzeichen der Serie war. Ansonsten protzt man fortwährend mit meisterhaft geschriebenen Diskussionen und Witzen, die Stück um Stück in Schwarze treffen. Dazu gehören auch weiterhin die Schlagabtausche zwischen Crichton und dem auf Moya inhaftierten Scorpio, bei dem es die Serie auch in der vierten Runde immer noch schafft, einen Großteil seiner Persönlichkeit im Zwielicht zu lassen.
Die Farscape-Magie, das unvergleichliche Flair der Serie, das unikale Taktgefühl, all das ist also noch enthalten, wenn auch sich ein leicht fader Nachgeschmack einschleicht. Erwähnte Füllerfolgen, erzählerische Redundanzen und eigenartige Geschehnisse, deren Gründe teils im Verborgenen bleiben.
Irgendwann muss sich die Serie die Frage gefallen lassen, wieso plötzlich diese seltsamen neuen Figuren in die Gruppe mit ihrer perfekten Dynamik gepresst werden. Eine Saft-Alchemistin, deren Aussehen zwar in bester Farscape-Tradition steht, deren Herkunft aber zum einen nie so ganz klar wird und die zum anderen selten mehr als eine faltige Deus ex machina für jede zweite Folge darstellt. Auch mit der hohen Fluktuation der weiblichen Gäste auf Moya tut sich die Serie keinen Gefallen. Möglicherweise hätten die Elemente in Staffel 5 ihren Sinn erhalten – aber Staffel 5 hat es nun mal nie gegeben.
Ab der Mitte hält man voller Kraft aufs Finale zu, strandet an einem markanten Ort (Chrichton-Darsteller Ben Browder darf hier beweisen, welch eindringliche Erzählstimme er besitzt) – und erlebt trotzdem den ärgsten Tiefpunkt seit Staffel 1, weil Tempo und Rhythmusgefühl während des eigentlich aufreibendsten Abenteuers unseres Erdmenschen plötzlich ins Stocken geraten.
Hat man das Tief überwunden, fängt sich die Story allerdings und rüstet sich in bester Manier für den Abschied.
Wieder einmal fährt die Serie alle nur denkbaren Geschütze auf, um ein dramatisches, die vorherigen Ereignisse ganz in den Schatten stellendes Ende zu zelebrieren.

Sagen wir einer außergewöhnlichen Science-Fiction-Serie Dank, die geschafft hat, was man eigentlich nicht schaffen darf. Sympathie für Leute in Kostümen, die in jeder anderen Serie lachhaft wären. Sympathie für grausame Egomanen, Helium furzenden Puppen, gedungene Verräter, Mörder und den reinen Irrsinn. Sympathie für das Besondere. Etwas, das nur sehr wenige Serien von sich behaupten können.
Umso bedauerlicher, dass die Serie nicht nach Plan beendet werden konnte. Fürchtete man nach der (nichtsdestotrotz tollen) dritten Staffel noch, Farscape könnte den Zenit überstiegen haben, zeigt das letzte Viertel dieser Staffel, wie viel Potenzial tatsächlich noch in dem Konzept schlummert. Ein Jammer, dass die geplante Endigung niemals realisiert wurde, in Anbetracht der kleineren Schwächen in der Staffelmitte vielleicht aber auch ein Segen.
Doch sagen wir genau deshalb Dank für den Umstand aus, dass mit der Miniserie Peacekeeper Wars dafür ein dreistündiges Mammutwerk entstehen durfte, das die Serie mit der angemessenen Würde verabschiedet und die noch bestehenden Fragen befriedigend schließt.

Fazit

Noch nicht ganz, aber fast zu Ende. Die letzte Staffel von Farscape ist nicht der Serienhöhepunkt, aber fügt sich nahtlos in den außerordentlich hochwertigen Schnitt der Serie ein. Neben jeder Menge sympathischen Unfug und großen Charaktermomenten gelingt es die Serie auch zum vierten Mal, eine mitreißende Geschichte zu erzählen und zu beweisen, dass großartige Science-Fiction alles andere als scheu und bieder zu sein hat, um erfolgreich zu sein.

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