Primeval – Rückkehr der Urzeitmonster – Staffel 1

Tim Haines wurde in den späten 90ern dafür bekannt, sein Wissen über Dinosaurier populärwissenschaftlich aufzuarbeiten und so in guter Infotainment-Tradition an den Mann zu bringen. Bereits während der Produktion seines Prestigeprojekts Dinosaurier – Im Reich der Giganten hatte er den Wunsch, die digital erschaffenen Kreaturen mit einer zeitgemäßen Thrillerhandlung zu verbinden. Mit Primeval gelang ihm die Umsetzung seines Traumes 8 Jahre später. Somit ist die obligatorische deutsche Beifügung „Rückkehr der Urzeitmonster“ zwar so unnötig wie fast sämtliche Titelergänzungen unserer eifriger Übersetzer, lässt sich aber immerhin mit etwas gutem Willen auch auf Haines‘ Filmographie beziehen.

Story

Hellen, Die Frau des Evolutionsbiologen Professor Nick Cutter, verschwand spurlos im Forest of Dean in England.
Als sich acht Jahre später seltsame Vorkommnisse um diesen Wald herum häufen, ist Cutter schnell zur Stelle. Was er entdeckt, ist eine Art Tor in die Vergangenheit – eine sogenannte Anomalie, die das Bindeglied zwischen Gegenwart und Erdmittelalter zu sein scheint. Und diese Anomalie spuckt Dinos aus, die prompt anfangen, das englische Eiland zu ihrem Jagdrevier zu erklären.
Zeitgleich mit Cutter stoßen noch weitere Personen auf das gefährliche Phönomen: Die kesse Abby, die im Zoo arbeitet, der nerdige Connor, der eigentlich Student von Professor Cutter ist, und Stephen, Galan und Cutters Assistent. Selbstverständlich lässt sich auch die verschollene Gemahlin alsbald wieder blicken.
Kurz darauf schaltet sich die Regierung ein und als klar wird, dass Anomalien in ganz England auftauchen, um biestige Reptilien durchzulassen und dann wieder zu verpuffen, wird das zusammengewürfelte Grüppchen, das sich im Forest of Dean zusammengefunden hat, einfach mal zum strenggeheimen Einsatzteam ernannt, das fortan die Anomalien und alle Probleme, die sich dank ihnen ergeben, in Schach halten darf.

Kritik

Der Inhaltsangabe merkt man schon an, dass Primeval nicht übermäßig ernstgenommen werden sollte. Nicht die Charaktere, nicht die Handlung, nicht einmal die Werbung. Denn egal, wie oft man liest, dass die Effekte mit ihrer wegweisenden Qualität die Dinos direkt ins eigene Wohnzimmer brächten, ist und bleibt diese Behauptung doch eine dreiste Lüge. Die Urzeitmonster sind stets unscharf dargestellt und bewegen sich längst nicht so geschmeidig, wie man es von zeitgemäßer Animationen gewohnt ist, weshalb sie auch immer wie der künstlich ins Bild gefügte Fremdkörper wirken, der sie sind. Die Krone setzen aber die Anomalien selbst auf, die aussehen, als hätte man eine Discokugel fotographiert, die im Begriff ist zu bersten. Wirklich katastrophal ist aber die Musikuntermalung, die ungeschlachter kaum sein könnte und bei so gut wie jedem Einsatz eine Gänsehaut der wirklich unangenehmen Art verursacht.
Etwas verwunderlich ist zudem, dass gerade ein Dinonarr wie Tim Haines in drei von sechs Folgen keine Echsen ins Feld schickt, die nachweislich existiert haben, sondern Fantasiewesen wie etwa einem überdimensionierten Tausendfüßler den Vortritt lässt.
Passend zu den trashigen Animationen sind auch die Charaktere gezeichnet, die fast ausnahmslos in den drei Konfigurationen „unvermutet smart“, „selten dämlich“ und „attraktiv“ agieren, wobei jede Figur in den meisten Episoden alle Stationen wenigstens kurz einmal besetzen darf.
Natürlich gibt es da auch noch den zwielichtigen Regierungsbeamten, der einer ominösen Deeskalationseinheit angehörig ist und als undurchsichtiger Vormund für das Protagonistenhäufchen dient.
Um es kurz zu machen: Überall finden sich kleinere wie größere Fehler. Sei es Hellen, die nicht gekämmt ist, weil sie bei Dinos lebt, wohl aber in einwandfreier Kleidung rumläuft. Oder die einfache Tatsache, dass man Zeitportale zwar etwas sonderbar, nicht aber als ausreichend bedeutsam genug empfindet, um tatsächliche Spezialisten für deren Betreuung anzuheuern. Stattdessen zieht man einen wackeligen Zaun um die Zeitfenster und betraut einen Haufen dahergelaufener Zivilisten mit dieser brisanten Aufgabe.

Spätestens dann aber, wenn der gerade zu Beginn haarsträubende Mysteryplot um das Geheimnis der Anomalien ins Rollen kommt, bemerkt man schnell, dass diese Science Fiction-Serie gar nicht mit klassischem Anspruch geschaut werden möchte.
Der seichte Trashcharme gibt eigentlich ab der ersten Folge bereits den Ton an. Zwar streift die Komik in und Wort und Situation nur selten das angepeilte Ziel, das Gesamtbild versprüht aber doch eine merkwürdige Heiterkeit, gegen die man sich irgendwann einfach nicht mehr sperren kann. Und wären die Plots der Einzelepisoden nicht so schrecklich generisch, würde jene eigene Stimmung beinahe genügen, der Serie zumindest auf dieser speziellen Rezeptionsebene eine Empfehlung auszusprechen.
Durch die trägen Geschichten schleicht sich außerdem allzu oft Langeweile ein, die von der lockeren Stimmung nie zur Gänze aufgewogen werden kann und einigen der 45-minütigen Folgen die Dauer eines ganzen Spielfilmes zu geben scheint.
Was jedoch in jeder Szene unverkennbar zum Vorschein tritt, ist der Spaß, den die ganze Crew beim Dreh gehabt haben muss. Permanent hat der Zuschauer das Gefühl, die Akteure verschmitzt grinsen zu sehen. Und auch dieses Gefühl ist bis zu einem gewissen Grade ansteckend.

Fazit

Primeval ist fernab von toll, hat aber unbestreitbar seine Momente. Die britische Herkunft steht der Serie definitiv gut zu Gesicht. Es handelt sich nun mal nicht um eine geleckte Produktion aus irgendeinem staubigen Hollywoodstudio. Auch unterschwellige Selbstironie muss man Primeval zugutehalten.
Doch all der europäische Charme kaschiert nicht die gigantischen Krater in Drehbuch und Figurenzeichnung. Und die muntere Atmosphäre macht aus den müden Einzelstories halt auch keine fesselnden Geschichten.
Erst gegen Ende kommt ein wenig des Potenzials zum Vorschein, das eine Serie mit Zeitreisethematik von Natur aus hat. Aber dann ist es auch schon vorbei und ein schnöder Cliffhanger ist das einzige, was einen dazu bringen soll, sich auch das halbe Dutzend Folgen von Staffel zwei zu Gemüte zu führen.