Ender’s Game

Orson Scott Cards Roman, der 1985 aus einer deutlich älteren Kurzgeschichte entstand und bisher vier (je nach Auffassung auch 5) Fortsetzungen nach sich zog und weitere folgen lassen wird, galt lange Zeit als unverfilmbar. Gavin Hood (Wolverine: Weg des Kriegers) nahm das Ruder an sich, das mehrmals schon fast von anderen bedient worden wäre.


No. The way you win matters.

Story

Der Angriff der Formics, fiese insektoide Unholde aus dem Weltraum, konnte vor einem halben Jahrhundert nur mit großen Anstrengungen und dem unverschämten Glück eines Einzigen, der im richtigen Augenblick die richtige Entscheidung traf, zurückgeschlagen werden.
Die Menschheit hat sich wieder aufgerappelt, die Furcht vor einem erneuten Invasionsversuch ist aber allgegenwärtig.
Die Streitkräfte rekrutieren und trainieren Kinder, um besondere strategische Talente so früh wie möglich zu erkennen und zu fördern. Auf diesem Weg will man einen außergewöhnlichen Flottenkommandanten finden, um der außerirdischen Bedrohung Herr zu werden.
Colonel Hyrum Graff meint im Jungen Ender Wiggin das erhoffte Potenzial zu erkennen und schickt ihn von der Rekrutenschule direkt eine Raumstation, wo die Besten der Besten gegen- und miteinander trainieren.

Kritik

Auch nach starker Verkrümmung der Geschichte, um sie zu einem standardisierten Drehbuch zu verbiegen, bleibt der ambitionierte und interessante Grundgedanke der Story erhalten, liefert der Film doch eine recht ungewohnte Sicht auf die Führung eines martialischen Sternenkrieges. Der Feind ist eigentlich völlig unbekannt. Seine Flottenstärke, seine Motive, seine Strategien. Einfach alles von ihm. Was man tut, fühlt sich genaugenommen nicht richtig an, da man nur die eigene Seite kennt und genaugenommen im Dunkeln stochert. Da aber der Mensch seine elementaren Handlungsmuster nie verlieren wird, wird er  zur vor Angst um sich beißenden Bestie, sobald er bedrohlich in die Ecke gedrängt wird.
Es bleibt unklar, wer und was gut und böse ist. Einfach deswegen, weil Gut und Böse in dieser einfachen Form nicht existieren.
Während die Moral angenehm diffus und – egal, wie man sich entscheidet –  unangenehm klebrig bleibt, trifft das auf viele Charaktere leider nicht zu. Während Ender und Fords störrischer Colonel Hyrum spannende Figuren sind, lassen sich alle anderen allesamt auf eine einzige maßgebliche Eigenschaft reduzieren, die darüber hinaus lediglich dafür da ist, die klare Bahn zu definieren, die Ender zu nehmen hat. Das in Verbindung mit ein paar irritierend nachlässig geschriebenen Dialogen führt dazu, dass einige Figuren fast schon zu Witzen verkommen. Das lächerliche Harter-Ausbilder-Klischee mit peinlich provokanten Schreiphrasen oder der dämliche Schulrowdy, der neben seiner kindlichen Aggressivität keinerlei Qualifikation hat, die sein Dasein in der Ausbildungsstätte rechtfertigt, sind da nur die schlimmsten Beispiele.
Etwas kurios sind außerdem einige Handlungen, die von Grund auf nicht nachvollziehbar sind – zum Beispiel wenn die Kinder zum ersten Mal in einem Raum ohne Schwerkraft trudeln und anfangen, aus purem Spaß am Experiment, die noch unbekannten Waffen aneinander auszuprobieren. Nach dem Motto: „Was mag wohl passiere, wenn ich mir diese Gabel ins Auge drücke?“.
Ja, was mag da wohl passieren. Gut so Jungs, und dann rettet ihr die Menschheit. Sicher, das soll verdeutlichen, wie ahnungslos und verspielt die Rasselbande ist. Aber mal ernsthaft, ist das der beste Weg, dies zu tun?
Im Laufe des Filmes mit anzusehen, wie der  schmächtige Ender nach und nach zur emotionsarmen, kühl kalkulierenden Kampfmaschine wird, die Gegner und Situationen automatisiert auf Schwachstellen abscannt, ist dann aber wieder durchaus ergreifend.
Das liegt vor allem daran, dass gelungen vermittelt wird, wie unbeholfen, unschuldig und hilflos die Kinder in ihrem Umfeld tatsächlich sind. Die Umstände zwingen sie, sich als Erwachsene zu fühlen und aufzuführen, was ihnen aber unmöglich gelingen kann. Die ungewöhnlich engen, graugelben Anzüge führen dazu, dass die völlig überforderten Nachwuchs-Helden unsicher und verloren wirken. Ganz wie ein normaler Teenager also.

Interessante Kameraperspektiven (Predator-Kameramann Donald M. McAlpine, immerhin 80 Jahre alt, läuft noch mal zu Hochtouren auf) und ein sphärisch-melancholischer Soundtrack schaffen es glücklicherweise häufig, auch eigentlich platten Szenen eine Ahnung von Bedeutsamkeit zu verleihen. Die Inszenierung ist hier definitiv dem sehr ungeschmeidigen Drehbuch überlegen. So gelingen dem Film Akzente, die er allein durch seine Geschichte kaum hätte setzen können. Wobei es zu kurz gegriffen wäre, es so zu sagen. Die Geschichte an sich ist dank der klugen Romanvorlage natürlich keine schlechte, wenn auch der Film sich viele eklatante Änderungen erlaubte, um den Stoff publikumsverträglich auf die Leinwand zu befördern.
Nur die Darstellung der Figuren ist der große Schwachpunkt, der den Film immer wieder zum bluten bringt.
Ab der zweiten Hälfte endet die klassische Ausbildungsphase und mit ihr die Dominanz der Stereotypen, Tausendsassa Sie Ben Kingsley taucht auf und der Film gewinnt gehörig an Faszination dazu.

Fazit

Man merkt Ender’s Game natürlich überall an, dass der Stoff auf Hollywoodtauglichkeit heruntergebrochen werden musste, doch bleibt die Story im Kern aufregend und ungewöhnlich genug. Plumpe Nebenfiguren und ebenso plumpe Dialogausfälle machen aber leider auch vieles kaputt. Trotzdem entwickelt der Sci-Fi-Film seinen ganz eigenen Sog und fasziniert durch die ungewohnte Betrachtungsweise der Geschehnisse in besonderem Maße.
Ender’s Game könnte der Auftakt zu einer sehr ambitionierten Serie sein, sofern das definitiv vorhandene Potenzial der erkannt und genutzt wird. Es bleibt also zu hoffen, dass sich das Studio trotz des mauen Einspielergebnisses zu diesem Wagnis entschließt.

One Reply to “Ender’s Game”

  1. hat mich gut unterhalten und auch zum nachdenken angeregt, auch übers Filmemachen an sich.,…
    ich bin 60 Jahre alt und kam mir allerdings an vielen Stellen etwas lächerlich vor, ist wohl mehr ein Kinderfilm.Aber als dieser ist er doch recht gut. und die schauspielerischen, bzw. Dialogschwächen zählen da nicht mehr so sehr. Wertvoll gerade auch für Jugendliche ist die Frage nach dem Sinn des Militärs, dem Sinn des Tötens und lebens, die Fragen nach dem Wesen des Kampfes und der rolle des Individuums darin. Der stärkste Moment des Films ist zweifellos der Zusammenbruch des Siegers nach dem Sieg, hier auch sehr gut gespielt.

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