Avengers: Age of Ultron

Da ist er nun. Begleitet von einem Kinoboykott startet Avengers: Age of Ultron immer noch weiter über dem sich träge reckenden DC-Konkurrenten und stellt damit zwischen Guardians of Galaxy und den im Juli schrumpfenden Ant-Man den (irdischen) Höhepunkt von Marvels Phase 2 dar.
Dass sich die zweite Teamarbeit der heterogenen Heldenkumpel mit dem großartigen Vorgänger schmücken kann, ist für das Ergebnis erwartungsgemäß Fluch und Segen gleichermaßen.

No matter who wins or loses, trouble always comes around.

Story

Als Lokis Zepter aus den Händen Hydras entwendet werden konnte, sieht Tony Stark endlich die Gelegenheit gekommen, seine ganz persönliche Vision einer ‚sicheren Erde‘ in die Praxis umzusetzen. Mit einem mysteriösen Stein, der sich im eroberten Artefakt befindet, kann er Ultron erschaffen, eine künstliche Intelligenz, die dazu dienen soll, Krieg – vornehmlich durch außerirdische Invasoren – von der Menschenheimat fernzuhalten. Da das Zeitfenster, das zur Forschung offensteht, sehr knapp bemessen ist, überredet er Bruce Banner zur Komplizenschaft und lässt den Rest des Teams über sein Vorhaben im Dunkeln; Zeit für Diskussionen über Ethik sei nicht gegeben, findet der Playboy.
Als Ultron dann aber seine ersten Gehversuche wagt, manifestiert sich der Verdacht, dass der ein oder andere Disput der Sache vielleicht doch gut getan hätte. Die forsche KI schlussfolgert etwas übereifrig, dass eine befriedete Erde nur dann möglich ist, wenn die kriegslüsterne Spezies Mensch von ihr verschwunden ist.
Als Handlanger des amoklaufenden Programms fungieren ausgerechnet die von Hydra ausgebildeten Geschwister Pietro aka Quicksilver, flinker als das Auge (als Figur bekannt aus X-Men: Zukunft ist Vergangenheit), und  Wanda Maximoff aka Scarlet Witch, eine Adeptin der Chaos-Magie.

Kritik

Wir schreiben das Jahr 2012, Marvel’s The Avengers kommt in die Kinos und die Welt ist skeptisch. Der Konzern kann sich doch nur übernommen haben, denn dass man die rebellischen Charakterköpfe Thor, Hulk, Iron Man und Captain America mit all ihren Side-Kicks und noch zu etablierenden Zusatzfiguren in einer einzigen Geschichte vernünftig unter einen Hut bekommt, wo doch schon die Soloauftritte relativ knapp bemessen schienen für derartige Schwergewichte der Comickultur, schien einfach zu schön, um wahr zu sein – und damit schlicht nicht praktikabel. Dann kam Joss Whedon und hat sein feines Drehbuch mit seiner pointierten Regie zu etwas gemacht, was ohne Übertreibung die gigantischste Blockbuster-Überraschung des vergangenen Jahrzehnts war.
Drei Jahre später läuft der zweite Teil in den Kinos an, wieder ist Joss Whedon Kapitän und Steuermann in Personalunion und als jemand, in dem immer noch das drei Jahre zurückliegende Kinoereignis nachwirkt, wünscht sich der Zuschauer einfach nur mehr vom Gleichen.
Doch das „Gleiche“, nach welchem man sich sehnt, ist nicht eine inhaltliche Erweiterung oder gar Erweiterung – tatsächlich sehnt man sich nach einer Wiederholung des psychologischen Effekts, den die Rächer mit ihrem ersten Ensemble-Abenteuer bewirkten. Die unerwartete Neuheit, die freche Leichtigkeit, mit der Undenkbares geschaffen wird und vier Figuren, die für sich nicht immer isoliert funktionierten, plötzlich eine Allianz schmieden, die besser, unterhaltsamer und bisweilen sogar cleverer ist, als es die einzelnen Recken in ihren Solofilmen je waren. Das ist natürlich etwas, dass der Film nicht zu leisten vermag, denn das – überaus gelungene – Experiment, das Marvel mit seinem Cinematic Universe wagte, hatte seinen phänomenalen Moment naturgemäß am Tag seines Aufkommens.
Nun kann erst einmal nur mehr vom Gleichen auf Inhaltsebene geliefert werden, was ja keineswegs Schlechtes bedeutet. Doch leider wirkt die liebgewonnene Heldentruppe in Avengers: Age of Ultron ein wenig steif in der Hüfte, als wüssten sie genau, dass ihr erstes Abenteuer einen Maßstab generierte, dem gerecht zu werden ist. Der Humor, der im ersten Film in seltener Lockerheit und wie natürlich funktionierte, wirkt nun fahrig und bemüht. Der mehr als maue Running Gag, dass Captain America keine Schimpfworte mag, aber selbst mal ein loses Mundwerk hat, ist symptomatisch dafür. Auch die Schauspieler wirken müder – oder einfach nur weniger inspiriert, weil auch der Film als Ganzes weniger inspiriert wirkt und gerade am Anfang etwas orientierungslos wirkend Szenen aneinanderreiht, ohne dass diese mit natürlich-dramaturgischer Konsequenz auseinanderhervorgehen würden. Gerade die Kampfsequenzen wirken somit einige Male wie arg selbstzweckhaftes Geschepper und darüber hinaus nur mit zweitklassigen Ideen umgesetzt. Auch so etwas gab es in Teil 1 noch nicht. Dessen ungeachtet lässt sich eine gewisse betörende Dynamik aber keiner Szene absprechen und auch der grundsätzliche Charme dieser selbstironischen Heldenarmee ist immer spürbar, das lodernde Feuer jedoch, das den Motor von Teil 1 fast 2 ½ Stunden auf Hochtouren laufen ließ, ist längst nicht mehr so majestätisch.
Genau deshalb ist es an der Zeit, Avengers: Age of Ultron aus dem Schatten seines Vorgängers herauszuziehen. Denn für sich genommen ist die Comicverfilmung natürlich immer noch mustergütiges Unterhaltungskino, das keine merklichen Längen aufweist, bildhübsch daher geritten kommt, stets bei Laune hält und vor allem die gute alte Truppe wieder zusammenführt. Gerade an diesem, dem wohl wichtigsten Punkt, wiederholt sich einer der zentralsten Errungenschaften des ersten Teils. In der Zwischenzeit ist die Mannschaft weitergewachsen und stellt mittlerweile eine Anzahl an Figuren in die erste Reihe, die andere, menschenähnlichere Regisseure als Joss Whedon nie harmonisch in einen Film bekommen hätten. Ganz unbeirrt davon gewährt das Drehbuch sämtlichen Charakteren genügend Raum, ohne dies je unnatürlich wirken zu lassen (nun gut, über Hawkeyes zusätzliche Figurendimension kann man sicher verschiedener Meinung sein).  Jeder hat seine Funktion und Aufgabe, jeder stellt ein bestimmtes Teil dar, ohne das das Gesamtteam spürbar ärmer wäre. Und das ist für sich genommen ein kleines Wunder. Dass Bruce Banners innere Zerrissenheit eingehender zum Thema wird, ist ein dankenswerter Bonus, weil der Hulk als einzige Figur keinen Film im Kanon für sich beanspruchen kann. Weitere solcher Momente, die über die kurze Andeutung von Romanzen hinausgehen, wären wünschenswert und wohl auch eine bessere Wahl als so manche Actionminute gewesen.

Der wirkliche Dämpfer, den der Film neben seinem leider etwas bemühten Witz hat, ist daher nicht die banale Nichteinlösung der bizarren Forderung, noch einmal eine so plötzliche Revolution wie sein Vorgänger darzubieten. Das, was dem Film viel von seinen Möglichkeiten abzwackt, ist viel mehr die Geschichte, die er erzählt.
Dass sich der Rächerhaufen aus reinem Hochmut heraus die eigene Nemesis vor die Haustür setzt, ist fraglos eine attraktive Ausgangssituation, doch schon in der Comicvorlage bot die Geschichte um Handlung nur wenig Bemerkenswertes. Die Künstliche Intelligenz ist nicht etwa überlegen, weil sie dank ihrer bestechenden Logik entwaffnende Argumente anführt – tatsächlich verhält sich das Programm wie ein Dreijähriger –, sondern schlicht aus dem Grund, dass sie stark und, Internet sei Dank, allgegenwärtig ist. Weder der Antagonist noch der Weg, ihm das Handwerk zu legen, kann irgendwie überraschen. So unterbeleuchtet Loki seinerzeit war, hatte er doch einen großen Batzen Charisma und darüber hinaus ein fantastisches Reich in seinem Rücken. Ultron hat nichts davon und ist nur eine kurzsichtige Maschine mit im O-Ton eindrucksvoller Stimme.
Und nach den bisher bestandenen Prüfungen gönnt man den Helden eigentlich eine etwas angemessenere Herausforderung.
Zudem wirkt das Ende sonderbar gehetzt. Nach der Finalschlacht, die selbst etwas fragwürdiger Natur ist, werden alle offenen Enden innerhalb weniger Minuten provisorisch miteinander verknotet und dann zusammen in Richtung „Fortsetzung folgt“ geworfen. Gerade bei einem Film, der so viel Wert auf seine Figuren legt, ist das eine recht glanzlose Maßnahme. So zeigt sich dann zum Schluss in aller Deutlichkeit, dass die so oft verlachte Forderung, etwas vom Actiongewitter einzusparen und dafür mehr Raum für das Drama im Kleinen zu lassen, hier nicht ganz fehl am Platze ist.

Fazit

Avengers: Age of Ultron ist ein guter Film, der zu den fraglos besseren Marvel-Werken gehört, aber spürbar hinter The Avengers und vielleicht soger etwas hinter The Return of the First Avenger zurückbleibt.
Zwar sind Kämpfe dynamisch, das WG-Gefühl der Helden bleibt erhalten und beim Abspann drängt sich die Frage auf, ob der Film nicht viel kürzer war, als es die Laufzeitangabe prophezeite, aber man vermisst auch die unbekümmerte Ausgelassenheit des Vorgängers, seinen szenischen Einfallsreichtum und eine Einlösung des Versprechens, dass es in Sachen Größe und Wichtigkeit nun erst so richtig losgeht. Stattdessen macht Avengers: Age of Ultron einen zaghaften Schritt zurück und präsentiert eine Geschichte, die eher das Format eines Einzelabenteuers trägt, der geschichtsträchtigen Wiedervereinigung der Avengers aber nicht ganz gerecht werden kann. So scheitert der Film zwar am Unmöglichen, bietet aber immer noch Sommerkino der oberen Liga.

Außerdem: Die Sterne stehen gut, denn 2018 und 2019 steht mit dem Doppelabenteuer Avengers – Infinity Wars ein Projekt ins Haus, das viele Versprechen endlich einlösen kann.

Universal Soldier

Die ungeschriebene Regel, hier nichts zu rezensieren, was alt und bekannt – im besten Fall auch noch vermeintlich kultig, was auch immer das heißt – ist, wird ab und an gebrochen. So auch bei Roland Emmerichs fünften Film Universal Soldier, der Jean-Claude Van Damms Karriere-Scheitelpunkt markiert, und bis dato ganze 5 Sequels mit sehr wechselnder Qualität nach sich zog.

Hey, punk, I been slavin‘ all day makin‘ that slop.

Story

1969, Vietkong; US-Soldat Andrew Scott trägt seine Frisur ähnlich, aber genauso albern, wie es Dolph Lundgren einige Jahre später tun wird und hat im Kriegsgrauen einiges seines Verstandes eingebüßt. Als sein Untergebener Luc Deveraux dem sadistischen Treiben des Kriegsverrückten Einhalt gebieten will, kommen beide zu Tode.
Wie es häufig bei Helden der Fall ist, dürfen sie erst sterben, wenn sie ihre Pflicht erfüllt haben. Und da Helden nun mal auch einen würdigen Kontrahenten benötigen, werden gleich beide Kadaver im Geheimen vom Militär genutzt, um das tote Fleisch zu revitalisieren und aus den gestählten Kämpfern gehorsame Übersoldaten zu machen, die bar ihrer früheren Persönlichkeit in der Gegenwart und unter strengster Geheimhaltung heikle Einsätze bestreiten.
Während die vorlaute Reporterin Veronica Roberts kurz nach ihrem Arbeitsplatzverlust und in Hoffnung auf eine brisante Story das Supersoldaten-Geheimnis zu lüften droht, erlangen die alten Rivalen Scott und Deveraux schleichend ihre Erinnerungen zurück und lassen sowohl die alte Feindschaft als auch den Krieg mit ihren gesteigerten Kräften wieder aufleben.

Kritik

Der Schweizer Roland Emmerich ist 37 Jahre jung und bisher mäßig erfolgreich mit seinen sich großen Vorbildern anbiedernden Filmen. Auch Universal Soldier möchte von der anhaltenden Begeisterung für einen ganz besonderen Science-Fiction-Film schmarotzen – die Parallelen zu James Camerons Indiependent-Hit Terminator sind so klar wie hilflos. Trotzdem war sein Science-Fiction-Actioner über ferngesteuerte Zombies, die sich robotisch bewegen, entsprechend hüftsteif wirken, aber dennoch brachial mit Händen und Füßen austeilen, der Film, der ihm zum Durchbruch in der Traumfabrik verhalf und dazu führte, dass er zu einem der größten und erfolgsreichsten Lieferanten ausschweifende, der Zerstörung huldigende Kassenschlager wurde.
Dass es schon ein wenig laienhaft aussieht, wie die Herren Van Damme und Lundgren eine Maschine spielen, liegt nicht nur an der verstrichenen Zeit zwischen damals und heute, sondern eben auch an Van Damme und Lundgreen, die nun mal nie die geborenen Mimen waren. Andererseits gelang es auch Schwarzenegger wenige Jahre zuvor, glaubwürdig einen Cyborg darzustellen, dessen Existenz und Erfolg, wie schon gesagt, zweifelsohne auch der Dünger für die Universal-Soldier-Reihe gewesen ist.
Dass man dem Klon-Soldaten die Haare zu einer Igelfrisur gelen wollte, das hingegen ist schon ein Sündenfall der 90er.
Bereits zu dieser frühen Zeit lässt sich die Handschrift von Emmerich klar identifizieren. Die Regie ist kontrolliert und stimmig, die kindliche Freude am Gewaltvoyeurismus bereits zur Gänze ausgeprägt. Dass es sich um ein Cameron-Film mit einem Drehbuch von Dean Devlin (der bis 2000 mit Emmerich zusammenarbeiten sollte) handelt, sieht man daran, dass viele Plotpoints völlig lustlos an den Haaren herbeigezogen wirken und die für sie verantwortlichen Figuren so zweckmäßig flach sind, dass man sich in einem der guten alten US-Actionfilme früher 90er wähnen könnte. Besonders auffällig ist die arrogante Dumpfbacken-Reporterin, die wenig dafür tut, um für irgendeinen – inklusive Zuschauer – sympathisch zu erscheinen, und stattdessen auf nervenzehrend tumbe Weise dafür sorgt, dass die Geschichte irgendwie weitergeht. Hinzu kommt ein immer wieder durchbrechender Holzhammerhumor, der seine Rolle zum Glück aber nur am Rande spielt.

So kommt eine Mischung zustande, die auch heute noch irritiert. Einerseits gibt es Humor und familienfreundliche, leicht alberne Nebenfiguren, denen nie was passiert, andererseits bedient der Film den Zuschauer in regelmäßigen Abständen und relativ unvorhersehbar mit kurzen Gewaltspitzen. Es scheint fast so, als wäre Emmerich noch uneins mit sich selbst gewesen, ob man sich dem Mainstream-Publikum vollkommen anbiedern oder aber rohere Streifen für eine kleinere Zielgruppe drehen sollte.
Auch Superschurke Andrew Scott macht, wenn er seine Erinnerung im letzten Drittel wiedererlangt hat, trotz seiner geradlinigen Ernsthaftigkeit, die aus Blick und Handlungen sprechen, ständig völlig unangebrachte Scherze, die ihn bösartig wirken lassen sollen, ihn vorrangig aber als ziemlich unbeholfenen Witzeerzähler präsentieren.
Trotzdem muss man so fair sein zu sagen, dass Lundgren und Van Damme ihre Sache nicht vollkommen schlecht machen. Ersterer wirkt durchaus so abstoßend böse und unberechenbar, wie er sein soll, letzterer zwar ein wenig blass als unbedarfter Zeitreise-Untoter, der die meiste Zeit über ohne Erinnerung ist, tut mit seinem gewinnenden unschuldigen Ausdruck aber dennoch sein Bestes, um nicht schlimm zu nerven. Für die zum Teil wirklich beschämenden Dialoge können die beiden schließlich nur peripher etwas.
Die kriegsbedingten postraumatischen Fesseln sind deutlich weniger glaubhaft eingebracht, als in Rambo, um auch das zweite große Vorbild direkt zu nennen.

Viel lässt sich zu diesem ein wenig grau gewordenen Film nicht sagen. Formelhaft wechseln sich Actionsequenzen mit Verschnaufpausen ab und die Geschichte plätschert gleichmäßig durch ihre tiefen Plotlöcher, bis sie schließlich zu dem erwarteten Ende gelangt. Aufgelockert wird das Ganze durch eine der kürzesten Verfolgungsjagden der Filmgeschichte und sehr vielen Fußtritten von eben jenem Kämpfer, der in den 90ern für eine kurze Zeit als mythischer Unbekannter im Kinderzimmer eines jeden Jungen hing, der ein bisschen was auf sich hielt.

Fazit

Mit Universal Soldier endete die Stilsuche von Roland Emmerich. Hier kommt zum ersten Mal alles zusammen, was später die Formel für sämtliche Filme werden sollte, die unter seinem Namen erschienen. Man bediente sich viel bei Filmen, die groß im Gespräch waren, fügte ein paar Stereotypen hinzu und hielt das Drehbuch gegenüber den schnellen Fußtritten und Tankstellenexplosionen für nachrangig.

Mad Max II – Der Vollstrecker

War Mad Max noch ein – gutes – Drama, das die Postapokalypse, in der es spielt, nur andeutete, schuf George Miller mit dem zweiten Teil der Trilogie ein Werk, das ein ganzes Genre definierte und ganz nebenbei auch Kinostandards ins Wanken brachte. Jetzt, da der Trailer zum neusten Teil veröffentlicht wurde, ist es an der Zeit, einen Blick auf diesen Klassiker zu werfen.


Everybody is looking for something.

Story

Drei Jahre sind vergangen, seit Max Rockatansky Frau und Kind verlor. Seitdem rollt er mit seinem Ford Interceptor durch eine Welt, die mehr und mehr auseinanderfällt. Wasser und Benzin sind rarer dennje und das matte, damals schon ungesunde Grün wich ewiger Wüste. Max ist abgeklärter, aber auch gefasster.
Als er einen Tragschrauber inspiziert, wird er von dessen Besitzer überrumpelt, aber Max geht siegreich aus der Auseinandersetzung hervor. Um sein Leben zu retten, bietet der Pilot eine wertvolle Information im Austausch für seine Unversehrtheit an. Wenige Meilen entfernt soll eine zur Trutzburg umfunktionierte Raffinerie große Mengen an Treibstoff lagern.
Die Geschichte stellt sich als wahr heraus, doch befindet sich die kleine Siedlung in einem permanenten Belagerungszustand. Humungus und seine marodierenden Krieger wollen ebenso an das Benzin.

Kritik

Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film. Das ist die Kritik in aller Kürze und das ist es, was unten im Fazit ein zweites Mal zu lesen sein wird.
Schon das clevere Intro, das aus entkontextualisierten Historienaufnahmen und – gleichwertig als Vergangenheit markiert – Sequenzen des ersten Mad Max verklebt ist, introduziert ohne Umschweife in die Diegese und gibt mit seiner scheinbar schwerelosen (was nicht bedeuten soll ‚unbekümmerten, im Gegenteil) Direktheit den Ton des ganzen Filmes an. Aus diesem Intro setzt sich der Werdegang der Welt und jener des Protagonisten zusammen, um dann direkt in eine Actionsequenz überzugehen, die alles bietet, was Ikonisch an der Mad-Max-Reihe ist. Nämlich aus Restfetzen der Zivilisation zusammengetrümmerte Selbstbauboliden, atemberaubende Verfolgungsjagden mit eben diesen, schrille Figuren mit grellen Irokesenschnitten und sandige Steam-Punk-Stimmung par excellence.
Es ist direkte, aber nie überladene, recht authentische Action, die – genau wie die schrägen Gestalten – von sämtlichen Figuren des Films ebenso wie von der Inszenierung selbst ernst und für voll genommen wird. All das vermag Dean Semler (der danach etwas auf Abwege geraten ist) mit einem angenehm beherrschten Kameraauge zu durchschweifen, angereichert mit gänzlich unverkranften Schnitten, die einen sonderbaren, aber perfekt sitzenden Kontrast zu dem Geschehen ergeben.
Die Action ist die ganze Laufzeit über einfach schlichtweg sehr gut und ganz besonders die perfekt eingebundenen Verfolgungssequenzen sind grandios inszeniert und bis heute einmalig unterhaltsam. Hier kommt auch der Soundtrack voll zur Geltung, der herrlich altmodisch aus den Boxen scheppert und den alles andere als altmodischen Szenen ein sehr spezielles Flair verpasst. Brian Mays (der ebenfalls im Anschluss keine Glanztaten mehr verbuchen konnte) Instrumentalisierung ist fast immer angemessen pompös, trägt in einer ganz bestimmten Szene dann aber doch merklich zu dick auf. In einer so kuriosen, nach außen hin abstrusen, nach innen hin durchgängig stimmigen Welt von „zu dick auftragen“ zu sprechen, ist eine sonderbare Formulierung. Doch genau das macht den Mittelteil der Trilogie aus. War Part 1 noch recht gediegen und klassisch – deswegen aber auch die intensivste Erfahrung von allen dreien – und trieb es Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel in allen Belangen zu weit, besetzt Mad Max II die goldene Mitte, in der alle Zutaten perfekt abgemischt und im korrekten Zeitabstand zusammengetragen wurden. Kleine Makel machen sich bemerkbar, können das Gesamtbild aber nicht verschlechtern.
Es tut dem Film auch gut, bei seinem Protagonisten einen Schritt zurückzuweichen und Max zu einem Helden nach klassischerem Vorbild werden zu lassen, fort von dem gebrochenen, von Schmerz halb zersetzten Max, hin zu Mad Max, dem besonnenen, durchaus charismatischen Überhelden, einem Fremden mit solidem Ehrenkodex, der Tragik mit Dynamik ersetzt, aber trotzdem nicht ganz befreit von seiner Vergangenheit ist.
Alle Figuren neben der Hauptperson sind ziemlich einseitig und sämtlich auf eine einzige überspitzte Eigenschaft reduzierbar, doch dafür sind sie zahlreich und das Geschehen ist derart abwechslungsreich, dass man eine tiefere Charakterzeichnung gar nicht zu vermissen beginnt; auch deswegen, weil die komischen Wesen in ihrer Einseitigkeit doch irgendwie für sich und miteinander funktionieren können. Ein formaler Fehler, der in der Praxis nicht mehr als solcher zu erkennen ist.

Zur neuen Wüste kam die Westernausrichtung hinzu, die noch stärker als im ersten Teil zutage tritt. Mad Max II – Der Vollstrecker könnte auch als Town-Tamer-Geschichte im Italowestern-Gewand durchgehen. Fahrzeuge statt Pferde, Benzin statt Gold. Das sind die einzigen Elemente, mit denen das Genre verfremdet wurde. Der australische Outback als Kulisse, wodurch die postapokalyptische Welt nicht selten wie ein ganz anderer Planet wirkt, trägt seinen Teil dazu bei.
Wer zu lange draußen, jenseits der kargen Überbleibsel von Zivilisation, lebt, der wird Wahnsinnig – der endlos erscheinende Strom gieriger, barbarischer Punks und Wrestlern mit ihrem flatternden Blick und ihren wahnwitzigen Konstruktionen aus Rost und Nägeln, beweisen dies. Jene, die in der Stadt ausharren, sind noch halbwegs gefestigt, denn sie haben Strukturen und, wenn nicht eine Heimat, so doch einen Ort, für den es sich zu Kämpfen lohnt.
Bei den archaischen Glücksrittern des Ödlands regiert jener, der am skurrilsten, unberechenbarsten, mitleidslosesten und wunderlichsten ist. Zum Stammesanführer werden eingeölten Gladiatoren, die mit ihren Masken und mit ihren totalitären Neigungen wie besessen in die trockene Weite hineinbrüllen. Es gilt das Vorrecht der imposantesten Aura.
In der Siedlung waltet ein Anführer mit Verstand und einer absurd weißen Erscheinung, der seine Leute koordiniert zu administrieren weiß und sich mit Bedacht der Masse an Feinden zu widersetzen weiß. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Probleme auf ein Maß anschwellen, dem nur Mad Max gewachsen ist.
Während die Verstoßenen sich schon zu weit von der Zivilisation entfernt haben, um in einem zivilisierten System funktionieren zu können, sind Die Städter zu schreckhaft, naiv und regelverliebt, um den Gefahren der Wildnis zu trotzen. Fähig werden sie nur durch einen Helfer, der zu gleichen Teilen Wildnis und Zivilisation ist. Auch hier tritt wieder in aller Deutlichkeit der Western hervor, der eine Aufgabe zu erfüllen hat, zuvor und im Anschluss aber alleine mit der Feststellung bliebt, keiner der Fraktionen angehören zu können und deshalb ewig getrieben durch die Winde pilgern muss, unentwegt auf der Suche nach neuen Aufgaben.
Dass das einzige Kind im Film in der Siedlung lebt, zugleich auch das tierhafteste Wesen im gesamten Film ist, das nur aus purem, empathielosen Instinkt heraus zu handeln scheint, ergänzt dieses Bild um eine ungewöhnliche wie wertvolle Facette. Nicht mehr lange und auch die wenigen Reste der Kultur, die jetzt noch mühsam aneinandergehalten werden, werden vollkommen dekonstruiert und auf ein primitives Grundgerüst runtergebrochen sein.
In Anbetracht dieser Sichtweise hat es eine traurige Ironie, dass Max ein ehemaliger Polizist ist, bevor die Anarchie in ihrer nihilistischsten Form ihm alles entriss, was Wert für ihn besaß.

Fazit

Mad Max II – Der Vollstrecker machte die staubige Postapokalypse erst so richtig salonfähig. Damals wie heute ist der Film ein Highlight des Genres, hat keine einzige Länge und ist trotz seines speziellen Settings fast immer ernst zu nehmen. Mel Gibson verleiht dem gebrochenen Max eine neue, gefestigtere Identität und lässt den wüsten Ausflug des Road Warriors unter Millers Regie zum vielleicht effizientesten Western der 80er werden.
Mad Max II – Der Vollstrecker ist ein rundes, ungemein unterhaltsames Stück Film, ist Abenteuerlust mit ganz viel detailversessener Einfallsreichtum, noch mehr Passion und gesalzen mit einer ordentlichen Prise Irrsinn.

Falling Skies – Staffel 2

Robert Rodats Military-SciFi-Serie geht in die zweite Runde, nachdem die erste Staffel den erhofften Erfolg bei Zuschauern und Publikum hatte. Auch Produzent Steven Spielberg ist wieder mit von der Partie.

And no matter how each of us survive, maybe we owe it to those who didn’t to become the best of mankind.

Story

Drei Monate ist es her, dass der ehemalige College-Professor Tom Mason an Bord des Skitter-Rauschiffes ging. Unterdessen geht der Widerstand weiter, auch wenn die Entwicklungen nur langsamer Natur sind.
Als Mason plötzlich wiederkommt, herrscht nicht nur Freude, sondern auch skeptisch, schließlich weiß man nicht, ob er nicht – ähnlich den versklavten Kindern – ein Instrument der Invasoren ist, ob bewusst oder nicht.
Zusätzlich spitzt sich die Lage an der Front zu, Zwischenmenschliches verkompliziert sich und nicht zuletzt scheint auch die Fraktion der Alien nicht so eindeutig eins, wie bisher angenommen.

Kritik

Der Grundton von Season 2 ist ernster als der bisherige, weil auch die Figuren es sind. Die ganze Serie scheint erwachsener; das ist teils gelungen, weil etwa der Einsatz kitschiger Musik deutlich runtergeschraubt wurde, an einigen Stellen aber auch weniger gut geglückt, wie zum Beispiel an den erzwungen wirkend herangereiften Söhnen, die von den Jugendschauspielern nun einfach mit grimmigerer Mine dargestellt werden. Die machen das nicht schlecht, haben aber natürlicherweise mit der Diskrepanz zwischen ihrem kindlichen Äußeren und dem erwachsenen Inneren ihrer Figuren zu kämpfen.
Dass die Serie gesteigerten Anspruch an die eigene Ernsthaftigkeit hat, zeigt exemplarisch für alles eine ausgesprochen unangenehme Operationsszene in Folge 2, was so in der klar familientauglicheren ersten Staffel nicht vorgekommen wäre. Gut so, denn Falling Skies erlangt damit einen neuen Grad an Eigenständigkeit und Persönlichkeit, der der Science-Fiction-Serie anfangs nicht vollkommen abging, aber doch weit weniger deutlich präsent war. Dazu gibt es weitaus mehr Nachtszenen
Die finsterere Stimmung tut der Serie aber fraglos viel Gutes, eliminiert sie doch einige der vorherigen Schwachstellen. Auch die Dialoge haben qualitativ merklich zugelegt. Die Figuren wirken insgesamt nicht nur reifer, sondern haben auch an Profil zugelegt und bereichern ihren doch etwas klischeehaften Grundstock – der in der Vorgängersstaffel nicht schlecht funktionierte, die Geschichte aber nicht über weitere Seasons hätte tragen können – um ein paar individuellere und vor allem ausbaufähige Facetten.
Es sind da aber auch diese Folgen, in denen Figuren plötzlich irrationale Entscheidungen treffen, nur damit der Plot irgendwie in Gang kommt, und in denen nur pure Kontingenz ein paar Mal zu oft Entscheidendes herbeiführt. Besonders Ersteres ist jedes Mal ein Verlust für die Serie, denn so werden die Figuren doch wieder entmündigt und verkommen zu bloßen Werkzeugen, was der ehrenhaften Bestrebung, ihnen komplexere Hintergründe zu verleihen, entgegenwirkt. Natürlich, irgendwie sind Figuren ja auch immer zu gewissen Teilen Werkzeuge der Geschichte – doch ein gutes Drehbuch sollte sich bemühen, dies zu verbergen. Und ein sehr gutes Drehbuch ist sich dessen selbst nicht mal bewusst, so ernst nimmt es die eigenen Charaktere.

Logiklöcher gibt es in Hülle und Fülle. Da werden die wichtigsten 5 Menschen der ganzen Gruppe auf eine Mission geschickt, die wahrscheinlich mit dem Tod endet – ganz offensichtlich nur deshalb, damit der Zuschauer sich um sie sorgt und nicht, weil irgendein klar denkender Kommandant ein Himmelfahrtskommando mit den besten und wichtigsten Entscheidungsträgern der verbliebenen Menschheit tatsächlich anordnen und sich selbst sogar anschließen würden. Der rechtfertigende Vorteil ist wie schon in Staffel 1, dass mit derlei Überstürztheit ein halbwegs hurtiges Tempo ohne viel Leerlauf gewährleistet wird.
Erzählerisch wählt die Serie aber einen sehr seltsamen Weg. Grundsätzlich ist man bemüht, noch mehr Zusammenhang zu stiften. Waren die einzelnen Episoden schon in Staffel 1 streng miteinander verbunden, ist man nun noch stärker bestrebt, die Folgen zwar thematisch zu ordnen, sie aber trotzdem so wirken zu lassen, als seien sie ein langer Film. Leider ist die Relevanz von vielen Ereignissen, auch wenn sie allesamt mit großem Ernst inszeniert werden, bei nur leicht genauerer Betrachtung höchst gering. Das überwiegende Geschehen ist verhältnismäßiger Kleinkram, der so wirkt, als habe man ihn eingefügt, um die Geschichte zu dehnen. Falling Skies macht in der zweiten Staffel einige Schritte, aber die meisten davon führen kaum voran.
Die Effekte sind immer noch etwas ungeschlacht, aber doch professioneller, weniger aus dem Gesamtbild herausragend, als noch in Staffel 1. Der Schritt von der ersten zur zweiten Staffel ist auch hier ein merkbarer gewesen. Sieht die ganze Serie im Prinzip gut aus und ist zumeist auch ordentlich fotografiert, fallen gerade die Kampfszenen aus der Glaubwürdigkeit heraus. Nicht nur dass die Aliens und ihr Geschütz weiterhin zu unecht aussehen, auch Kamera und Drehbuch fallen bei den Scharmützeln immer wieder überraschend ab. Weil es nicht gut aussieht, wird gewackelt und weil gewackelt wird, sieht es noch schlechter aus.
Das Staffelfinale beginnt mit ungewohnt viel und schlimmem Pathos und nimmt direkt im Anschluss einen Umweg voller Unnötigkeiten. So geht es weiter, als hätte der Plot sich sein plumpestes Element für den Schluss aufgespart. Dazu ist der aus dem Nichts kommende Plotfaden, der dieses Ende einläuten soll, einer unsauber in den Rest gewobener, der sich nur notdürftig in die ebenfalls schwammigen Neuerungen der letzten Folgen einfügt.

Fazit

Insgesamt ist Staffel 2 von Fallin Skies eine zwiespältige Angelegenheit. Auf den ersten Blick scheint es so, als habe sie mehr Sicherheit und einen selbstständigeren Stil gefunden, der sich durch größeren Ernst und geringere Kompromissbereitschaft auszeichnet. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Geschichte nur scheinbar vorankommt, während viele Ereignisse tatsächlich nur Stillstand bedeuten und höchstens den Figuren dienlich sind. Das ist beileibe kein Makel, doch wirken eben jene dann doch noch etwas zu unausgereift und manchmal auch zu zweckdienlich, um der angepeilten Eigenständigkeit gerecht zu werden.
Der angedeutete Wandel und auch die wachsend Sicherheit in technischer Umsetzung stehen der Serie aber gut zu Gesicht und rechtfertigen eine Weiterführung allemal. Freunde der ersten Staffel werden nicht enttäuscht werden.

Lucy

Über den Gallier Luc Besson, der gefühlt in allen auch nur annähernd französischen Produktionen seine Finger im Spiel hat, wurde hier schon das eine oder andere Wort im Vorbeigehen verloren.
Dass sein erstes Science-Fiction-Regieprojekt seit Das Fünfte Element sein wohl bestes Werk seit Léon – Der Profi ist und nun ohne großen Trubel Einzug in die Kino hält, war nicht wirklich zu erwarten.

We never really die.

Story

Lucy soll für ihre Liaison Richard einen Koffer an einer Rezeption abgeben. Nach einem gescheiterten Ablehnungsversuch und einer wenig freundlichen Antwort Seitens Richard stellt sie sich der Aufgabe und wird prompt von ein paar ruppigen Gangstern in den Fahrstuhl gezerrt. Der Koffer, so erfährt sie mit leichter Verspätung, enthält synthetisches CPH4, was als neuartige Droge den Markt fluten soll. In geringen Dosen eingenommen, steigert sie die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns.
Lucy und 3 andere Unglückliche werden mittels einer kurzen Operation in der Bauchgegend zu Drogenkurieren umfunktioniert, um den Stoff an Distributoren über den Globus weiter zu verteilen. Wer sich auflehnt, dessen Familie muss büßen.
Als sie einen Tritt in den frisch vernähten Bauch bekommt, öffnet sich der Drogenbeutel in ihrem Inneren und eine gewaltige Menge der kristallinen Substanz löst sich in ihrem Blutkreislauf auf. Lucy, die zuvor wie jeder andere Mensch auch nur 2 % der theoretisch zur Verfügung stehenden Gehirnkapazität nutzen konnte, erfährt Leistungssprünge in ungeahnten Ausmaßen, die es ihr alsbald nicht nur erlauben, in Hochgeschwindigkeit zu denken, sondern auch die Umwelt durch reinen Willen zu beeinflussen.
Lucy in the Sky with Diamonds.

Kritik

Dieser Luc Besson ist schon ein seltsamer Kauz. Nicht alle, aber doch die meisten Filme, in deren Schaffungsprozess er auf die eine oder andere Weise einbezogen war, ähnelten sich in gewissen Punkten. Meistens geht es um eine Person, die sich ekstatisch und brachial gegen eine Übermacht auflehnt, fast immer inszeniert mit spürbar zu viel buntem Kleber, fettigem Glamour, seltsam deplatzierten Humor und „Wooosh“-Geräuschen, wenn sich etwas schnell an der Kamera vorbeibewegt. Besson-Werke macht häufig aber ebenso aus, dass diese Mixtur als Summe ihre beharrlichen Teile nach einer Weile auf ihre Weise funktioniert – mal mehr, mal weniger gut.
So auch Lucy, der hier keine Ausnahme macht und schon direkt zu Beginn mit dämlichen Gleichnissen nervt, weil zu jeder Handlung ein mehr oder weniger gut passendes Szenenäquivalent aus der Natur reingeschnitten ist. Nähert sich Lucy den Bösen, lauert das Raubtier dem Opfer auf, erzählt Morgan Freeman von den Wundertaten der Menschheit, sehen wir eben diese. Das alte Romankonzept: Lass nichts sagen, was du auch durch Taten beschreiben kannst, wird hier nicht statt, sondern zusätzlich zu Sprache angewendet und wirkt darüber hinaus sehr plump. Dieses Stilmittel gewinnt ein wenig an Berechtigung dazu, wenn man den Film zur Gänze gesehen hat, bleibt aber trotzdem der größte Makel, den Lucy hat.
Die erste wirkliche Überraschung ist die unerwartete Brutalität, die vor allem die Protagonistin an den Tag legt und die Freigabe ab 12 Jahren höchst fraglich erscheinen lässt. Ihr Vorgehen ist fast immer so kaltblütig und direkt, dass man sich auch als geübter Zuschauer leicht erschrecken kann.
Das Hauptargument des Filmes ist sein Einfallsreichtum. Lucys immer weiter ansteigende Fähigkeiten setzen schon am Anfang jede Konkurrenz Schachmatt. Eine wirkliche Gefahr existiert für sie nicht, abgesehen von sich selbst. Dank des zurückhaltenden Drehbuchs führt dies aber nicht zu Langeweile, sondern heizt die Spannung im Gegenteil an. Lucy ist einer der wenigen Filme, bei denen man sie nie sicher sein kann, was die nächst Szene bringen und wohin die Geschichte führen wird. Nicht einmal eine vage Ahnung gesteht der Science-Fiction-Film dem Zuschauer zu. Dieses ungemein präsente Potential, den Kinobesucher zu überraschen, bannt ihn in den Kinosessel – und gehört zugleich zu den erfreulichsten Dingen, die man einem Film nur attestieren kann.
Dass die einzelnen Sequenzen, in denen sich Lucy, die von einer klassischen Tussi mit schäbigem Nagellack und den hässlichsten Ohrringen der Welt zur transzendierenden Superheldin mutiert, mit ihren neuen Kräften gegen allerhand Widrigkeiten behaupten muss, zwar immer interessant und unterhaltsam, aber nicht durchweg wirklich gut sind, verkommt angesichts dessen zur Nichtigkeit. Genaugenommen wäre viel des Spektakels gar nicht nötig, weil sie sich aller Probleme auf die gleiche, deutlich subtilere Weise annehmen könnte, aber verzichten möchte man darauf auch nicht. Überhaupt schleichen sich derartige Gedanken erst nach dem Abspann ein, denn unterdessen ist der Film zu atemlos, um Raum für hinterfragende Zweifel zu lassen. Zudem sind es gar nicht die Actionszenen, die die größte Spannung bergen, sondern jene, in denen Lucy Erkenntnis begegnet und diese dann jenen Menschen zu vermitteln versucht, die ein um 98% geringeres Denkvermögen haben. Hinsichtlich philosophischer Exkurse bleibt der Film natürlich weitestgehend bei den Erwartungen, die man an einen Populärfilm hat, vollzieht den Spagat zwischen rabiater Action und dem Stellen existenzieller Fragen aber doch mit einer erstaunlichen Selbstsicherheit. Einen wichtigen Beitrag liefert natürlich Scarlett Johansson, die ein weiteres Mal mit ihrem Gespür für ungewöhnliche Rollen mit ungewöhnlichen Körperbildern überzeugt und hier kaum wiederzuerkennen ist.
Inhaltlich wie auch vom Tempo her gelingt es Lucy nicht zuletzt aufzuzeigen, wie kolossal andere Versuche in diese Richtung wie zuletzt erst Transcendence an ihrem eigenen Anspruch eigentlich scheitern. Auch wenn es für den einen oder anderen etwas zu viel des Guten sein könnte, dass ein Luc Besson-Film sich tief und unverkennbar vor Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum verneigt.

Fazit

Dass einiges unnötig und anderes zu überkandidelt inszeniert ist, hat kaum noch Relevanz, wenn ein Film es schafft, die Antizipation schon allein der nächsten Szene so schwierig zu gestalten, dass Überraschungen en masse garantiert sind.
Dass Lucy es nebenbei auch noch schafft, durch eine eindeutige Antiheldin zu fesseln, auf Konventionen zu pfeifen und dabei hervorragend zu unterhalten, lässt die eine oder andere Ungehörigkeit mit Freuden vergessen.
Es ist, als hätte Herr Besson mit vielen Jahren Verspätung nun doch das Versprechen eingelöst, das er einst mit seinen einflussreichen Frühwerken gab.

Ghettogangz – Die Hölle vor Paris

Französische Zukunftsfantasie, Luc Besson als Produzent. Bisher keine Überraschung und kein Grund für gehobene Erwartungen. Ghettogangz – Die Hölle vor Paris oder Banlieue 13 – Anschlag auf Paris hat mit seiner satten Action aber etwas, das sich vom Durchschnitt scheidet.

Dann gehen wir mal auf Safari.

Story

Als die Kriminalitätsrate in dem verruchten Pariser Vorort nicht mehr zu senken war, schnappte sich die Stadt ein paar Steine und zog eine Mauer um den Brennpunkt. Banden führen dort nun ihr eigenes Regime und wer das Pech hat, im abgestoßenen Slum geboren zu werden, der, nun ja, hat Pech. Der fidele Leito ist Kind dieser Gegend, wird aber im Grenzbereich inhaftiert, als er sich gerade einen Kleinkrieg mit dem Anführer der schlimmsten aller Banden liefert. Leito landet im Kitchen und seine Schwester in den Fängen des grundbösen Anführers Taha. Als einige Jahre später eine Massenvernichtungswaffe in Tahas Besitz kommt, wird der alleskönnende Supercop Damien an die vorderste Front beordert. Und damit er sich da zurechtfindet, muss er sich mit Leito zusammentun.

Kritik

Eine Kamerafahrt mit einer Million versteckter Schnitte, ein zurrender Beat und Zeitlupenhagel. So wird das Paris der Zukunft vorgestellt und so stellt sich der Film selbst noch während seiner ersten Sekunden repräsentativ und ausreichend vor. Die graffitibeschmierten Stahlbetonwände, Obdachlosenstapel in den Gassen und finstere Gesichter eingefallener Kerle, die das gebrochene Paris einer sozial ausgebrannten Zeit präsentieren, tun dies in Hochglanz und mit adrenalintreibendem Schnitt.

Aber der Film ist nicht nur Oberfläche. Es ist eine düstere, dichte  Milieustudie, die in der alles deutlich überzogen ist, sich dabei aber selbst konsequent sehr ernst nimmt, was dem Film recht gut zu Gesicht steht. Parkour-Erfinder David Belle gibt einen charismatischen, aber undurchsichtigen Helden ab und bekommt mit dem wuchtigen K2 einem Feind ins Visier, der von Tony D’Amario mit wunderbarer Widerwärtigkeit, aber auch imponierender physischer Präsenz gespielt wird. Die Figuren sind markant, räudig, überzeichnet und bekommen zum Glück so zahl- wie einfallsreiche Dialoge in den Mund gelegt. Die glaubwürdige Sprache ist tatsächlich eines der Herzstücke des flinken Actionfilmes und trägt eine Menge zur Intensität seiner Welt bei. Das heißt freilich nicht, dass hier irgendwas plausibel wäre. So comichaft wie die Figuren sind, so verläuft auch die Geschichte und Logik muss hinter Geschwindigkeit zurückbleiben. In einer Welt, wo Straßenkampf wie Synchrontanzen funktioniert und hünenhafte Fettwanste mit Endboss-Charakter balroggleich in die Kamera grunzen, ist das vollkommen legitim. Ghettogangz will Spaß machen und das gelingt ihm. Das ist der einzige Anspruch des Filmes und er wird ihm mit Bravour gerecht, auch wenn das Ende sich mit seinen erzwungenen Bonus-Konflikten dann doch etwas zu viel rausnimmt.
Außerdem gilt hier in besonderem Maße: Finger weg von der Übersetzung. Auch wer kein Wort Französisch beherrscht, ist mit dem originalen Ton und Untertiteln besser aufgehoben. Die eingedeutschte Fassung ist eine Tortur für sich. Wer das nicht glaubt, der soll sich nur mal zum Vergleich den deutschen Trailer ansehen. Kern von Ghettogangz sind fraglos die atemberaubenden, aber etwas zu selten vorkommenden Parkour-Einlagen und die darin eingeflochtenen martialischen Prügeleien. Die Kämpfe sind so bretthart wie athletisch inszeniert, alles stets getrieben vom drückend-klaren Beat. Schläge, Tritte, Würfe, Sprünge, gefilmt in einer Musikvideoästhetik, die trotz allem nie glatt, sondern angenehm rau und dreckig ist.

Die beiden Protagonisten zusammen sind testosterongeschwängerte Coolness, natürlich. Aber das ist es eben, was diese Welt braucht und womit diese dekadenten, diabolisch-engstirnigen Unterweltbosse mit ihrer Heerschar an böse geschminkten und zerbrechlichen Leibwächtern bekämpft werden müssen.  Ja, es ist ein Machofilm. Aber im Vergleich zu uninspirierten Kaffeekränzchen á la Lockout, welcher sich ja ebenso ins Klapperschlangen-Subgenre einordnen lässt, ist dies ein Machofilm, der eine ordentliche Portion Energie und eine weitere Portion Ideen mitbringt.
Mit Moral darf man hier selbstverständlich nicht kommen. Menschenleben werden gegeneinander abgewogen und die ungezählten Kriminellen, die Gliedmaßen und Leben lassen, bleiben unkommentierte Bauernopfer. Und das, obwohl Ghetto-Junge Leito selbst uns mit vor Überzeugung bebender Brust  berichtet, wie scheinheilig es doch sei, Personen zu verurteilen, die nichts dafür können, unter welchen Umständen sie wo auf die Welt gekommen sind. Aber dann kommt auch schon der nächste sich über mehrere Stockwerke ziehende Kampf und der Wunsch, pingelig nach Fehlern zu suchen, wird von Adrenalin fortgespült.

Fazit

Der Film strahlt ein gehöriges Maß an Selbstverliebtheit aus, hat sich das mit seiner schweißtreibenden Inszenierung, den aufregend choreographierten Kämpfen und kernigen Dialogen aber auch verdient. Natürlich spielt Ghettogangz – Die Hölle vor Paris nie in einer Liga mit Filmen wie The Raid, fühlt sich in seinen besten Momenten aber ganz ähnlich an.

2009 erhielt der Film die Fortsetzung und Regisseur Pierre Morel empfahl sich mit Ghettogangz für Hollywood. Er drehte als nächstes 96 Hours mit  Liam Neeson.


Gravity

Nach Children of Men hat man eigentlich nur eines getan: Darauf gewartet, dass Regisseur und Autor Alfonso Cuarón sich endlich wieder ins Science-Fiction-Gebiet wagt und seinen Erfolg wiederholt. Nach vielen Jahren der Abstinenz tut er das mit Gravity und beweist, dass alles beim Alten geblieben ist. Nämlich etwas zu konstruiert, aber dafür ziemlich packend.


I hate space!

Story

Das Space-Shuttle STS-157 fristet ungestört sein Dasein neben der Erde. Während Veteran Matt Kowalski seinen letzten All-Abstecher macht, ist dies der Jungfernflug von Dr. Ryan Stone. Man schraubt gewissenhaft am  Hubble-Weltraumteleskop rum, bis Houston mitteilt, dass die Russen einen ihrer eigenen Satelliten abgeschossen hätten und dessen nun um die Umlaufbahn der Erde schnellenden Trümmer bald mit ihrer Position kollidieren würden.
Nun geschieht alles Schlag auf Schlag. Während Kowalski, Stone und ihr Begleiter den Außeneinsatz abbrechen wollen, treffen die ersten Bruchstücke ein. Stone treibt plötzlich hilflos und ohne Halt im All, das Shuttle ist zerstört und der dritte Kollege tot. Zwar kann Kowalski die Verschollene erreichen, doch ist dies erst der Startschuss zu einem alles fordernden Spießroutenlaufs in der Schwerelosigkeit.

Kritik

Gravity wurden Ersten gezeigt und sofort war das Internet voll mit innig geschmetterten Lobeshymnen und ebenso innigen Versicherungen, dass hier ein neuer 2001 – Odyssee im Weltraum vorläge. Ein stolzer IMDB-Wert von aktuell 8,7 stimmt dem zu und gewährt dem Sci-Fi-Film einen Platz in der Top 100.
Alles beginnt mit dem Besten, was Filme haben können – einer ellenlangen Plansequenz. Der Ticketpreis hat sich bereits gelohnt, der Rest ist Bonus. Sofort danach schaltet Gravity in den höchsten Gang und lässt ihn bis zur letzten Minute drin – egal, was das Getriebe davon hält. Als erstes fällt aber die unglaublich perfektionistische Inszenierung auf, zu welcher fast ausschließlich der Kameraführung zu gratulieren ist. Der exotische Schauplatz Weltraum als alleiniger Handlungsort ist etwas gänzlich Unverbrauchtes. Emmanuel Lubezki (The Tree of Life) berauscht sich an dieser Neuheit und macht aus dem Weltraum einen Ort der Schönheit und des im doppelten Sinne Überirdischen. Vor allem die Kameras, die aus den Helmen heraus filmen, liefern atemberaubende Bilder. Doch auch sonst reiht sich eine geniale Einstellung an die nächste, wodurch pittoreske Eindrücke am laufenden Band entstehen. Hinzukommt, dass man – vor allem, weil im Weltraum ablenkende Objekte fehlen – ständig ganz nah an den Gesichtern dran ist. Dies schafft eine Nähe und Verbundenheit, die ganz unabhängig von der Geschichte entsteht. Und das wiederum ist einzig Sandra Bullocks Verdienst. Die Bullock, die olle, schnöde, dröge, töfte Bullock kann endlich mal wieder zeigen, dass sie mit Gründen für große Filme gecastet wird und dicke Schecks einstreicht. Nicht nur die Kamera, auch die Hauptdarstellerin hat wenigstens eine Nominierung verdient.
Das 3D ist nicht nötig, für sich aber wunderbar gelungen. Und das ist wohl das Schönste, was man über einen 3D-Film und seinen Effekt verkünden kann. Beide sind für sich gut und gemeinsam noch etwas besser.
Nicht ganz so elegant wie bei den berauschenden Weltraumimpressionen geht es im Mikrokosmos der Figuren zu. Mit dem altgedienten, nonchalanten Profi-Astronauten, der nie aus der Fassung zu bringen ist und immer einen forschen Spruch auf der Lippe hat, und der zaudernden Ärztin, die in der Schwerelosigkeit mit rebellierendem Magen kämpfen muss, hat man sich zweier Figuren mit möglichst extremen Gegensätzen bedient. Entsprechend grob ist deren Profil geworden, weil sie sich mehr durch ihre überpräsenten Haupteigenschaften Erfahren/Cool und Unerfahren/Unsicher definieren statt über tatsächliche Charakterarbeit. Dass die mittelmäßigen Figuren sich über mittelmäßige Dialoge verständigen, fällt aufgrund der bravourösen Inszenierung umso stärker auf. Man muss dem Film aber zugutehalten, dass es fraglos realistisch ist, dass Menschen in einer solchen Extremsituation häufig nur reden, um sich mit dem Klang ihrer eigenen Stimme zu beruhigen und nicht, um gehaltvolle Dinge zu sagen.
Dazu kommt eine Musik, die ständig anwesend scheint, aber niemals zurückhaltend ist. Laut und aufdringlich ist die klangliche Untermalung aufgefallen. All das passt aber zu dem, was Gravity dann tatsächlich ist. Kein Film über die Schönheit des Weltraums und nichts, was einen tief in die menschliche Psyche tauchen lässt, sondern ganz einfach ein Actionfilm. Nach dem Unfall, der die Astronauten aus ihrem Alltag schleudert, startet eine Kettenreaktion der Unglücksfälle sondergleichen. Ein Schicksalsschlag folgt dem nächsten und jeder Schritt aus dem Regen bringt die gebeutelte Protagonistin tiefer in die Traufe. Luftknappheit in verschiedenen Variationen, vielfach feindlich gesonnene Elemente und todbringende Geschwindigkeiten… das Ableben lauert an jeder Ecke und damit wirkt der Film mit seiner überdramatisierten fatalistischen Art häufig wie eine Sci-Fi-Version von Final Destination, so viele aus dem Nichts kommende Unglücksfälle setzt das Drehbuch der Heldin ohne Atempause entgegen. Auch hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Hätte man sich auf eine Auswahl der Probleme konzentriert und diesen mehr Zeit zum Wirken gelassen, anstatt sie wie Perlen einer Kette aneinanderzureihen; hätte man sich mit dem Bombast der musikalischen Diktatur deutlich zurückgehalten und mal Stille erlaubt; hätte man die Figuren nicht am laufenden Band plappern, sondern auch mal ihre stummen Gesichter zu Wort kommen lassen, was für ein einmalig intensives Meisterwerk hätte Gravity werden können.
Und was ist nun mit den endlosen Paralleleisierungen mit Kubricks Odyssee? Wie gesagt, Gravity ist ein reinrassiger Actionfilm. Als Entwicklungsweg einer Frau kann er ebenso gelesen werden – und die reichlich platte, zum Glück aber nicht sehr aufdringliche Symbolik am Ende besagt, dass er das auch möchte. Der Kampf gegen die Urängste ist gewonnen. Das Leben findet seinen Neubeginn. Letztlich aber ist die private Leidensgeschichte und Hauptfigur zu aufgesetzt und wirkt wie ein Fremdkörper in der Geschichte. Was am Ende bleibt, ist Adrenalin.
Der Rausch der Bilder und die kleinen Menschen, die in ihren plumpen Raumanzügen unbeholfen hin und her zuckeln, laden ihrerseits tatsächlich dazu ein, über Leere, Ferne, Wesen und Bedeutung nachzudenken. Doch lenkt der Actionteil immer wieder von derlei ab. Das ist beileibe nichts Schlimmes, schließlich ist die Action denkwürdig intensiv und mitreißend choreographiert.
Trotzdem lässt Gravity einen mit leicht lakonischem Gefühl zurück, denn er hätte noch so viel mehr sein können als ein hochkarätiger Action-Parcour.

Fazit

Ein fesselnder, antreibender Actionfilm mit überwältigen Bildern eines Spielortes, der auf diese Weise noch nie genutzt wurde. Das reicht, um 90 verdammt erstaunliche und in erster Linie kurzweilige Minuten zu verbringen. Viel mehr als das ist Alfonso Cuaróns Weltraum-Hatz aber nicht. Die überragende Kamera und eine endlich mal geforderte Bullock sind zudem starke Argumente dafür, den Film auf der großen Leinwand zu genießen. Denn der größte Pluspunkt dieses Filmes sind seine einmaligen Bilder.

Surrogates – Mein zweites Ich

Jonathan Mostow ist eine merkwürdige Erscheinung. Thriller, U-Boot-Film, der merkwürdige Terminator 3 als Symptom für all das, was seit Anfang des Jahrtausends in der Filmbranche falschläuft, und dann die Verfilmung der Graphic Novel Surrogates von Robert Venditti und Brett Wedele. Vielseitig ja, aber nicht immer erfolgreich.

– That’s the way it is.
– That’s not the way it is!

Story

In knapp 40 Jahren geht der Mann von Welt nicht mehr vor die Tür. Er hat hübsche Androiden bei sich parken, in die sein Bewusstsein schlüpfen und mit denen er den Tag bestreiten kann: Beruf, Lebensmitteleinkauf, Zwischenmenschlichkeit jeder Art. Nicht nur vermeidet man es so, das traute Heim zu verlassen und sich allerlei Unannehmlichkeiten auszusetzen, man kann außerdem ein beliebiges Äußeres haben. Geschlecht, Alter, Aussehen – jeder läuft mit seinem ganz persönlichen Katalog-Menschen herum. Surrogates heißen diese Avatare.
Als die robotische Hülle des Sohnes vom Surrogates-Erfinders gemeuchelt wird, stirbt auch er daheim an seinem Terminal.
Der altmodische Ermittler Tom Greer wird auf den Fall angesetzt und kommt schon bald einer Verschwörung auf die Schliche. Dies war nicht der einzige Fall, bei dem Surrogates angegriffen werden und die räumlich getrennten Besitzer mit ihnen das Zeitliche segnen.
Militante Widerstandsgruppen von Surrogatesgegnern und die Entfremdung von seiner geliebten Ehefrau, die er seit Jahren nicht mehr im eigenen Körper getroffen hat, erschweren die Untersuchungen des Polizisten nicht nur, sondern treiben ihn zusehends an seine psychischen Grenzen.

Kritik

Auf den ersten Blick bietet Surrogates einen zutiefst zynischen, bitterbösen Zukunftsentwurf, in dem der Mensch sich und seiner Umwelt so fremd geworden ist, dass er sich nicht mehr vor die Tür wagt. Der natürliche Körper ist bloß noch lästiges Symbol für Anfälligkeit, Alter und Scham. Die permanente Verkleidung ist eine Lösung, die dazu führt, dass die Straßen nur noch mit puppenhaften Vorzeigefiguren bevölkert werden, die immer am Puls der aktuellen Mode sind, während die eigentlichen Menschen im heimischen Zwielicht kauern und schon seit Jahren keinem richtigen Lebewesen mehr begegnet sind. Krieg ist nur noch Spiel, bei dem sich Avatare auf dem Gefechtsfeld die blauen Bohnen um die synthetischen Ohren schießen, deren Ableben nur den verschmerzbaren Ausfall einer ersetzbaren Maschine bedeutet. Ganz nebenbei ist auch noch die totale Überwachung perfektioniert, denn jedes Maschinen-Alter-Ego ist problemlos aufzuspüren.
So erschreckend die Zukunftsversion auch ist, wirkt es nicht ganz nachvollziehbar, dass dieser offensichtliche Missstand von aller Welt völlig widerstandslos bejubelt wird.  Aber dass die Menschheit in den meisten Dystopien nicht nur älter, sondern auch dümmer wird, ist ja quasi Usus im Science-Fiction-Genre und die Parallele zur fortschreitenden Digitalisierung des privaten Alltags in der heutigen Zeit ist überdeutlich.
Wie die ganze Sache im Detail funktioniert, ist trotzdem eine Frage, die ein Film mit einem so schweren Szenario beantworten können müsste, wenn die aufgebaute Bedrohlichkeitssituation den Prüfungen des Publikums standhalten soll. Wenn so gut wie jeder nur noch rumliegt und einen Roboto-Stellvertreter für sich leben lässt, wie halten die eigentlichen Menschen sich am Leben? Was schützt sie davor, an Fettleibig und Muskelschwund zu verenden? Wie pflanzt sich die Menschheit überhaupt noch ausreichend fort, wenn sie das Wohnzimmer nicht mehr verlässt und nur noch simuliertem Sex über ihre ferngelenkten Avatare frönt? Das sind nur zwei von vielen Fragen, die man sich im Laufe des Filmes stellt und die theoretisch zu beantworten wären – doch darauf verzichtet Surrogates. Kurioser Weise wirkt der echte Tom Greer noch etwas stämmiger als sein eigentlich besser trainierter Surrogate. Hinter dem ja beileibe nicht uninteressanten, logisch aber kaum haltbaren Ausgangsszenario verbirgt sich dann doch nur eine innovationslose Geschichte, die nach Standardmustern verläuft und fast schon unmotiviert die einzelnen Stationen abklappert.
Eine Identifikation mit der Hauptfigur fällt schwer, da ihr Tun an ein paar Punkten kaum mehr nachvollziehbar und wenig sympathisch ist. Das ist besonders schade, da Bruce Willis eigentlich nur den „too old for this shit“-Prototypen variiert, sich und seine dem fortschreitenden Alter trotzende Festsetzung auf halsstarrige Actionhelden aber augenzwinkernd auf die Schnippe nimmt. Sein Surrogate sieht deutlich jünger aus (Willis selbst scheint ja auch eine Art Jungbrunnen zu besitzen) und stolziert mit blonder Mähne umher, während er selbst mit Stoppelbart und kahlköpfig wie immer in seinem Wohnzimmer liegt.
Surrogates versucht gleichzeitig eine Thrillerhandlung abzuspulen und das Drama um einen verzweifelten Mann und dessen wurmstichige Ehe zu erzählen. Und das ist vor diesem exotische Setting in weniger als 90 Minuten viel zu viel. Die Konsequenz ist, dass nichts von beidem  so richtig gelingen mag. Der Thrillerpart ist nicht spannend, das Drama wirkt steril und aufgesetzt und keines von beiden ist besonders interessant. Das soll nicht heißen, dass es langweilig würde, doch von Nägelkauer- und Lehnenkraller-Qualitäten ist der Science-Fiction-Film sehr weit entfernt. Man schaut sich das Treiben an, erfreut sich daran, dass Actionpassagen und ruhige Szenen ein anständiges Gleichgewicht halten, und versucht dabei, sich nicht allzu viele Gedanken über die zahlreichen Ungereimtheiten zu machen. Aus der Prämisse, dass man nie genau weiß, ob man einem echten Menschen oder einer Maschine gegenübersteht  hätte man wie z.B. Real Humans viel herausholen können, theoretisch wären Auslotungen bis in Philip K. Dick-Tiefen möglich gewesen. Aber für so etwas ist der Film zu lahm und ambitionslos.

Fazit

Eine reizvolle Grundidee, der der nötige Halt fehlt und die von einer zu gewöhnlichen Geschichte umgeben wird. Surrogates bietet unterm Strich kaum aufregende Exkurse in Thriller und Drama, die für sich genommen unschlüssig wirken, und bietet einen routiniert spielenden Bruce Willis.
Als zeitkritischer Kommentar hat der Film zwar den nötien Biss, ist aber zu zahnlos, um auf Facebook, Second Life und Konsorten ernsthafte Spuren zu hinterlassen.

Am Rande: Der japanische Robotiker Hiroshi Ishiguro, der privat seine Tochter mit einem Maschinennachbau von sich selbst spielen lässt, hat einen kurzen Auftritt im Vorspann des Filmes.

Gantz – Die ultimative Antwort

Dass Gantz – Spiel um dein Leben für eine achtbare Dauer die japanischen Kinocharts anführte, hatte keinen Einfluss darauf, dass ein zweiter Film erschien. Dieser war bereits im Vorfeld geplant und wurde von den eingefleischten Fans der Vorlage(n) fast ebenso misstrauisch beäugt wie Teil 1. Das Ergebnis war dennoch – trotz kleinflächigerer Auswertung – erfolgreich und ließ die meisten Gantz-Gläubiger ein zweites Mal zufrieden zurück.

Der Typ hat mich umgebracht.

Story

Ein knappes halbes Jahr verstrich seit den Geschehnissen der schicksalshaften Abenteuerkette, die im Tod von Kato ihr vorläufiges Finale fand. Kei hat zwischenzeitlich weiter fleißig die vorgegebenen Ziele der schwarzen Kugel eliminiert und einen beachtlichen Erfahrungs- und natürlich auch Punktestand angesammelt. Sein erklärtes Ziel ist es, Freund Kei in die Welt der Lebenden  zurückzuholen. Bekanntlich ist dies bei 100 erreichten Punkten eine Option.
Parallel zu den Geschehnissen wird dem Mädchen Eriko eine Miniversion von Gantz zugespielt und mit ihr die Instruktionen, ebenfalls bestimmte Zielpersonen auszulöschen. Nur dass  diese in der alltäglichen Realität existieren und offensichtlich nicht außerirdischer Herkunft sind. Die Nächste auf ihrer Abschussliste: Keis Freundin Tae.
Unterdessen kommt der Privatschnüffler Masamitsu Shigeta dem verdeckten Treiben von Gantz auf die Schliche und ermittelt immer verbissener auf eigene Faust.

Kritik

Die grundsätzlichen Schwächen aus Teil 1 sind natürlich nicht einfach verschwunden. Konnten Anime und Manga noch damit punkten, dass die profane Umwelt, aus der die Figuren in das abgehobene Science-Fiction-Elitekiller-Computerspiel-Szenario geworfen werden, glaubwürdig fahl und authentisch wirkt, hat die schnöde Menschenwelt in Gantz 2 immer noch das Problem, zwar ebenfalls fahl aber nicht sehr glaubwürdig zu sein. Die Szenen, die sich um die Aufträge herumlegen, wirken in ihrer leichten Überflüssigkeit aber nicht mehr ganz so erdrückend wie noch im Vorgänger.
Was zum Beispiel der Protagonist an der unheimlichen Stalkerin findet, die ihn im Geheimen beobachtet, analysiert und mit irrem Blick zeichnet, ist weiterhin nicht ersichtlich – davon abgesehen, dass sie nun einmal ganz hübsch ist. Trotzdem findet er ihre offensichtliche Besessenheit reizend und macht sie zur Leitfigur seines Lebens. Merkwürdig.
Schwülstig und pathetisch ist es ebenfalls immer noch und auch in der zweiten Runde lässt sich Gantz nicht davon abhalten, die betroffenen Szenen mit klebrigen Streichern- oder Pianoklängen zuzukleistern.
Wird sich den Behufen und dem Seelenleben der Figuren zugewendet, wird’s platt, gekünstelt und schlichtweg dilettantisch.
Die Grundkonstellation mit der pechschwarzen Richtermurmel und ihrem hageren Insassen ist immer noch dieselbe. Leicht an Sklaverei erinnernd, wird dem fragwürdigen Konzept gefolgt, dem Tode Geweihte zu retten, woraufhin ihr vermeintlicher Retter das wieder- oder neugewonnene Leben nach Gutdünken verwenden kann.

Doch um all das mundane Rahmengefüge geht es natürlich nur oberflächlich. Im Kern will Gantz: Die ultimative Antwort seine Auseinandersetzungen gegen die wunderlichen Aliens zeigen und genau das will der Zuschauer auch aufgetischt bekommen. Hier wartet auch gleich eine mächtige Enttäuschung: Anstatt die bekannten überdrehten Gegnertypen noch einmal zu toppen, werden den Protagonisten plötzlich stinknormale Menschen vorgesetzt. Zwar verfügen diese wenigstens über übermenschliche Zerstörungskräfte, doch erinnern sie in ihrer wenig befriedigenden Erscheinung ein wenig an die guten alten Akte X-Kopfgeldjäger und sehen neben den überspitzten Weltraumgeschöpfen aus Teil 1 reichlich blass aus. Doch sei’s drum, denn damit sind die Nachteile des Sci-Fi-Filmes auch schon aufgezählt.

Shinsuke Sato Hat aus den 120 Minuten des Vorgängers gelernt und ist trotz des kaum nennenswerten zeitlichen Abstands zwischenzeitlich ein merklich versierterer Regisseur geworden, was sich zuallererst in ausgefalleneren und besser getimten optischen Sperenzchen äußert.
Die Kämpfe sind deutlich spektakulärer, allerdings dauert es auch, bis die Sache Fahrt aufnimmt. Erst nach einer Dreiviertelstunde, die deutlich gemächlicher ausfällt, als man es erwarten würde, gibt es das erste Scharmützel zu sehen, das dafür aber auch alles in Teil 1 Präsentierte mit Paukenschlag in den Schatten stellt.

Gantz 2 weiß sehr wohl, dass es seinen ersten Teil nicht einfach wiederholen sollte, und setzt sich einen komplett anderen Fokus. Die starre Missionsstruktur wird durchbrochen und dafür geht es in erster Linie um die Entschlüsselung des Kugel-Geheimnisses. Der Film versucht demnach zu halten, was sein Titel verspricht – die Klärung offener Fragen. Wirklich spektakulär fallen die Antworten allerdings nicht aus. Eigentlich bestätigt Gantz 2 brav das, was man sich nach Teil 1 sowieso schon gedacht hat.
Aufgrund genannter Punkte sieht Gantz 2 an manchen Stellen aus wie ein besseres G.I. Joe. In Szene gesetzt wird das Gerangel mit jeder Menge Stilraub aus so gut wie jedem prägenden Sci-Fi-Kampf dieser Generation. Aber wenigstens bereichert man sich erlesen und an den Richtigen Quellen, sodass all das Diebesgut am Ende doch so etwas wie eine eigene Note erhält. Und diese Note macht Spaß –  was letztlich ist, worauf es unterm Strich ankommt. Auch wenn  die Schwerpunktverlagerung nicht nur Gutes mit sich bringt. Zwar sieht der Film über weite Strecken nett aus, vertuschen, dass er kein riesen Budget hatte, kann er aber nicht. Außerdem legt man den gesteigerten Wert auf Dramatik und Pathos auch in den Kämpfen, was nicht immer zur Gänze gelingt, wo wir wieder bei den oben beklagten Überspitzungen in Sachen Musik und Kamera wären.
Der zweieinhalbstündige Sci-Fi-Film hält sich darüber hinaus selbst für deutlich größer als er ist. Die lange Vorlaufzeit wird vom abstrusen Abschluss nur zum Teil gerechtfertigt, die eigentliche Geschichte wartet letzten Endes mir nur sehr wenigen und keineswegs spektakulären Antworten auf und so stellt sich immer mal wieder Leerlauf ein. Etwa wenn sich der Film in einer schmalzigen Drama-Szene verliert oder die eigentlich hübschen Ballereien so zäh und ideenarm geraten, dass man sich fast wieder zurück in die dröge Welt der Menschen sehnt.
Und dann ist da auch noch der Storyfaden mit dem Ermittler, der versucht, hinter das Geheimnis der zerstörten Stadtregionen und den Gerüchten von der merkwürdigen schwarzen Kugel zu kommen. Ein Faden, der beginnt, als hätte er enorme Relevanz, und bei dem sich früh herausstellt, dass er vollkommen sinnlos ist und ebenso auch endet. Der Privatdetektiv bringt die Geschichte kein Stück weiter, bereichert sie um überhaupt gar nichts und wirkt paradoxer Weise trotzdem wie der interessanteste Charakter, weil sein klischeehaft verbissenes Hard Boiled-Gebaren immer noch angenehmer ist als die leichtfertig umrissenen Abziehbilder der Gantz-Rekruten.

Fazit

Klar, herausragendes Kino ist auch der zweite Teil der Manga-Verfilmung nicht. Aber das ist auch gar nicht das Ziel. Allen inhaltlichen Mängeln – die im Einzelnen nie gravierend, dafür aber umso zahlreicher sind – zum Trotz macht die Hatz sogar noch etwas mehr Spaß als im Vorgänger, weil die Gefechte direkter und actionreicher inszeniert sind und einen deutlich größeren Teil des Filmes einnehmen.
Die versprochenen Antworten sind weder ultimativ noch im Ansatz überraschend. Aber das dürfte auch niemand ernsthaft erwartet haben.

Gantz – Spiel um dein Leben

Der Manga Gantz von Zeichner Hiroya Oku brachte es auf viele Bände, wurde aber erst durch die Anime-Umsetzung durch Studio GONZO weltweit berühmt. Eine Berühmtheit, die neben Romanen und einem Videospiel im Jahr 2011 auch den ersten Realfilm hervorbrachte. Die Überraschung: Dieser funktioniert in entscheidenden Punkten besser als die Serie.

Ich geb‘ euch meine Zwiebel.

Story

Ein alkoholisierter Passant stürzt auf die Gleise einer U-Bahn und bleibt regungslos liegen. Als Schüler Kei Kurono beherzt auf die Schienen springt, um den verunglückten Trunkenbold vor dem nahenden Untergrundzug zu retten, befindet er sich plötzlich selbst in großer Lebensgefahr. Denn niemand der herumstehenden Passanten fühlt sich dazu berufen, ihm wieder auf den Bahnsteig zu helfen.
Erst in letzter Sekunde reicht ihm Mitschüler Masaru Kato die Hand. Doch in anstatt Kei in Sicherheit zu bringen, zieht dieser ihn unbeabsichtigt mit auf die Gleise. Der Zug erfasst beide.
Im nächsten Augenblick finden sich die Jungen im Appartement eines Hochhauses wieder, zusammen mit anderen Personen, die allesamt eigentlich tot sein sollten. Das Zimmer ist leer bis auf eine große schwarze Kugel mit glatter Oberfläche.
Während die Gruppe Quasi-Toter noch über Grund und Art ihres Aufenthalts rätselt, erscheinen Order auf dem schwarzen Artefakt.
Zu verrauschter Volksmusik öffnet sich das Rund und stattet die Anwesenden mit futuristischen Waffen und Rüstung aus. Im Inneren kauert ein nackter Mann, der mit Schläuchen am Leben gehalten wird.
Die Vorgabe: Innerhalb eines bestimmten Zeitlimits sollen außerirdische Ziele eliminiert werden. Für jeden Abschuss gibt es Punkte. Weigerung ausgeschlossen.

Kritik

Der Sci-Fi-Anime Gantz warb mit einer tollen ersten Folge und besaß so manchen guten Ansatz, konnte über die Laufzeit aber mit zu wenig Substanz dienen. Erklärt wurde wenig, stattdessen gab es repetitive Strukturen, unpassende Sexismus-Eskapaden und ein irgendwie sehr hohles Finale der ersten Staffel.
Der Film hat von Vornherein also keinen leichten Stand. Nicht nur, dass die ursprüngliche Adaption kein glänzendes Stück Animegeschichte ist, auch das Setting ist eigentlich viel zu abgehoben, um einen ernsten Film mit ernsten Schauspielern daraus zu machen, der am Ende funktioniert. Gantz versucht dies trotzdem und und allein der Versuch darf positiv angerechnet werden. Vor allem deshalb, weil man tatsächlich das Risiko eingeht, ungeheuer eng an der Serie zu kleben. Szenen, oft auch einzelne Bilder, sind identisch und geben der Geschichte daher – wenn man mit der Geschichte bereits vertraut ist – einen Wiedererkennungswert, der gleichermaßen negativ wie positiv wirken kann. Verblüffend ist es darüber hinaus, wie akkurat man sich auch bei den Aliens an den zugrundeliegenden Zeichnungen orientiert hat. Die hinterhältigen Zwiebel- und Musik-ETs besitzen auch in der Live-Action-Adaption ihre skurrile wie verstörende Aura. Auch auf die comichafte Brutalität wurde nicht verzichtet und so platzen Kinder, fliegen Beine und sprühen die Blutwolken nur so durch die Räume, dass man sich bei der Altersfreigabe von 16 Jahren eigentlich an den Kopf fassen möchte.
Bei aller Vorlagentreue schafft man es aber trotzdem, den Film an entscheidenden Momenten besser zu machen als den Anime. Und wie oft kann man das schon von einer Verfilmung sagen?
Das Tempo stimmt und Regisseur Shinsuke Sato besitzt das richtige Gespür für Suspense, was aber auch der einfachen Tatsache zu verdanken ist, dass Stimmungen durch Schatten in der echten Welt viel leichter als in ihrem Zeichentrick-Pendant zu generieren sind. Und manchmal funktioniert selbst der Humor. Zudem sind die Actioneinlagen deutlich dynamischer gestaltet und der Ghettoblaster liebende Plastik-Nussknacker-Androide ist noch einen Zacken wunderlicher als eh schon. Außerdem nutzt der Film Möglichkeiten, die auch in der Serie schon völlig offensichtlich waren, von dieser unbegreiflicher Weise aber ungenutzt geblieben sind. Hier wie da kann aber nicht verhindert werden, dass es schnöde wird, wenn die – zum Glück nur seltenen – emotionalen Redundanzen aufkommen und mit aufgesetzter Rührseligkeit à la „ich wollte schon als Kind so sein wie du, stirb doch noch nicht!“ zu punkten versuchen. Dramatik kann die hölzerne Stereotypen-Konstellation im trashigen Action-Szenario einfach nicht leisten. Zum Glück unternimmt man diese unbeholfenen Versuch aber wirklich nur am Rande und geht schnell wieder dazu über, nett auszusehen und anständig die Fetzen fliegen zu lassen. Nur am Ende muss man ein wenig Kitsch-Toleranz hochschrauben. Oder einfach 10 Minuten früher abschalten.
Trotz der positiven Seiten kann der Film es nicht vermeiden, dass das Präsentierte aufgrund des absurden Mischverhältnisses aus Science-Fiction, Mystery, Surrealismus und schwankender Comedy zwar immer noch bedrohlich, durch den erhöhten „Sonderbar-Anteil“, weil der schlichtende Anime-Stil hier einfach fehlt, aber auch ein wenig harmloser und dafür eben skurriler wirkt. Gerade deswegen ist es aber beachtlich, dass Blödsinn, der sich selbst so ernst nimmt, sich dergestalt inszenieren kann, ohne sich zugleich der Lächerlichkeit preiszugeben. Und das ist vielleicht die größte Schwierigkeit gewesen, vor der der Film stand – und die er im Endeffekt relativ souverän meistert. Es mag aber auch gut angehen, dass Zuschauer, die mit der Vorlage nicht vertraut sind, einen ganz anderen und womöglich weniger nachsichtigen Blick auf das Produkt haben.
Die Schauspieler sind Mittelmaß und haben sich außerdem nicht nur mit sehr gestelzten Dialogen, sondern bei uns auch mit der üblichen lieblosen, unglücklich auf albern getrimmten Synchronisation zu kämpfen.
Was die Figuren für einen Unfug von sich geben, ist teils schon fast lähmend. Wenn ein knurrendes Ungeheuer die Protagonisten in eine Ecke drängt, soeben einen Kameraden pulverisiert hat und sich nun daran macht, dem Rest ein ähnliches Schicksal zu bescheren, wird allen Ernstes Vorgeschlagen, die Polizei zu rufen.

Fazit

Die geheimnisvolle Jagd auf die extraterrestrischen Gemüsemutanten funktioniert in zwei Stunden Film einfach besser als auf Serienlänge. Viele, wenn auch bei weitem nicht alle Schwächen der Vorlage konnten entschärft werden, was bleibt, ist ein manierliches und durchaus auch hübsches Action-Spektakel, das alles aus seiner Vorlage rausholt.

Die ähnlich unterhaltsame Fortsetzung schloss ein Jahr später an und hört auf den vollmundigen Titel Gantz – Die ultimative Antwort.