Dracula 3000

Der Südafrikaner Darrell Roodt hat seit 1983 mehr oder wenig konstant Erfolg mit afrikanischen Dramen – 1992 flimmerte sein Sarafina! auf Cannes und 2012 schrammte er sogar kurz an einer Nominierung für den Auslands-Oscar vorbei. Immer wieder wagt sich Roodt auch in die USA… um dort Filme zu drehen, die schlechter kaum sein könnten. Dracula 3000 ist das wohl bekannteste Werk dieser Art, da es auf IMDB Platz 26 der schlechtesten Filme aller Zeiten belegt, was ihn noch schlechter dastehen lässt als Sternenstunden á la Die Maske 2 oder Titanic – La leggenda continua.


Did I ever tell you how many times I’d see you and want to ejaculate all over your bazonkas… 

Story

Wir schreiben das Jahr…. 3000. Der Rettungskreuzer Mother III, dessen Besatzung sich an einer Hand abzählen lässt, stößt auf die verschollen geglaubte Demeter, welche ziellos im All umhertrudelt.
Um es kurz zu machen: Transportgut ist der Staub des Grafen Dracula (Herkunftsplanet Transsilvanien, Karpatensystem). Die saublöde Crew blutet in den Sarg, der Fürst der Finsternis schlägt die Augen auf und die Crew wird noch blöder.

Kritik

Casper Van Dien, Udo Kier, Coolio und Alexandra Kamp in einem Film. Eigentlich reicht das ja als Einschätzung. Doch es geht nichts über einen ausufernden Text zu einem Film, den niemand sehen will.

Dabei schlägt sich Roodts Sci-Fi-Filmchen gar nicht übel. Mit seinen sicherlich völlig unbeabsichtigt trashig karikierten Figuren der Marke Kraftschleuder, Sonderling, Intelligenzwunder, Sexbombe und legerer Playboy mit Führungsqualitäten bemüht sich Dracula 3000, einen laschen Mikrokosmos zu kreieren, von dem leichtfüßig erzählt wird und der dabei voller Details ist. Das hält 6 ½ Minuten an und dann bewegt der Sci-Fi-Horror überraschend eine ganze Reihe an Levels nach unten, wenn die unbeholfenen Darsteller plötzlich damit anfangen, ganz viel Unsinn zu reden und zu machen. Und das ist der Film.
In dunklen, blau ausgeleuchteten Gängen, durch die die Darsteller mit ihren umfunktionierten Schnorchelmasken wieder und wieder stolpern, huschen geisterbahnartig Schatten durchs Bild. Das ist, abgesehen von bedeutungslosen Außenaufnahmen des Schiffes, auch das einzige, was man an Sci-Fi zu sehen bekommt. Ein paar Laserpistolen, anfängliche Ausführungen über das Leben in der Zukunft und kilometerweise die immer gleichen Gänge, die Aufschluss darauf geben, dass Raumschiffe zukünftig von Innen aussehen wie Fabrikgänge aus der Vergangenheit.

Nur sehr wenigen Filmen gelingt es, das wichtigste, Ihren tiefsitzenden Kern, in einem Nebensatz gekonnt auf den Punkt zu bringen. Dracula 3000 gelingt dies mit den Zeilen „My name is Abraham van Helsing“ ganz ohne Anstrengung.

Der Zuschauer ist in der ungewohnten Situation, entscheiden zu müssen, was er da schaut. Denn die Horde unsympathischer Rohlinge, die als Protagonisten verkauft werden, sind so schwer zu ertragen, plump und dumm, dass die Filmerfahrung eine ganz besondere wird. Wann trifft man schon mal auf ein Pack, das sexuelle Übergriffe wie Rassismus verharmlost, gleich mehrere unverkennbare Merkmale von geistiger Behinderung aufweist und zugleich agiert wie eine Horde nervöser Besucher eines Kindergeburtstages, der aufgrund von angestauter Energie und Müdigkeit kurz vor der Eskalation steht? Genauso verhalten sie sich auch untereinander – unentwegt ist man am Nölen, foppt sich gegenseitig und streitet genervt. Um Missverständnisse zu vermeiden: Gemeint ist kein sympathisches Gekabbel unter Kumpeln, sondern blanke Aggression gegenüber einander, die in der Geschichte aber nie erklärt wird. Die Figuren sind schlichtweg Arschlöcher, basta.
Dass die Charaktere immer, wenn sie den Mund aufmachen, puren Müll fabrizieren, daran kann man sich im Laufe der 80 Minuten einfach nicht gewöhnen.
Weder der Sexbesessene, hochgradig vulgäre, nach Standardprotokoll aufmüpfige Schwarze noch der ehemals angeblich geniale, durch Marihuana aber verblödete und nun nur noch an Gras und schlechte Witze denkende andere Schwarze schaffen es, sympathisch zu sein oder den Film sympathisch zu machen. Nicht sind einem einfach nur die Figuren unsympathisch, was grundsätzlich nichts Schlechtes ist, sondern der Film selbst ist es, bei dem man gar nichts anderes kann, als ihn dafür zu verachten, dass er diese alle möglichen Vorurteile füttert und dabei auch noch wahnsinnig nervt.

Dieser Trupp gerät nun in ein mehr oder weniger klassisches Haunted-House-Szenario. Nur dass das Haus – zumindest auf der Behauptungsebene – ein umhertreibendes Raumschiff ist (nicht allzu originell) und der Spukaspekt natürlich etwas, das angeblich Dracula sein soll (immerhin ein wenig originell beziehungsweise derart unoriginell, dass es wieder originell ist). Zwischendurch erzählen Auszüge von Videologbüchern die Geschichte der vormaligen Crew des Geisterschiffes (wiederum nicht so originell).
Wenn dann die ersten Mitglieder gebissen und in Folge zu Vampiren wurden, haben sie sich unerträglich rote Kontaktlinsen besorgt, sind ansonsten aber eigentlich unverändert feindselig, aggressiv und streitsüchtig, nur dass sie dabei NOCH unerträglicher in ihrem Infantilismus sind. Das als „Verwandlung zum Vampir“ zu bezeichnen, lässt sogar das Eddy-Murphy-Vehikel Vampire In Brooklyn (immerhin von Wes Craven persönlich inszeniert) so wirken, als ehre es Bram Stokers Andenken. Nun ja. Und nach 40 Minuten kommt dann der titelgebende Dracula (weshalb man diese Info wohl auch nicht als großen Spoiler verstehen sollte) dann ins Spiel, der in klassischer Montur (inklusive Stehkragen und Fingerring aus dem EMP-Katalog) über den Särgen levitiert, zwischen denen plötzlich unerklärliche Nebelschwaden wehen, und einen Befehl ausspricht, wie er nur aus den adeligen Gehirnwindungen einer Kreatur stammen kann, die mehrere Jahrtausende Weisheit ansammeln konnte: „Kill ‘em all!“
Immerhin bemüht sich der Graf vom Planeten Transsilvanien aus dem Karpatensystem (in der deutschen Synchronisation: „Es ist der der Planet der Vampire“), etwas gesitteter zu sprechen, sich etwas eleganter zu bewegen. Dass sein Gebiss zu groß ist und seinen – wie den aller Vampire – Mund so die ganze Zeit offen stehen lässt, macht diesen Effekt souverän zunichte. Die Effekte sind dafür so etwas wie vielversprechend: Die erste auftauchende, eingefallene Leiche mit Sperrholz-Kruzifix ist handgemacht und erinnert entfernt an Geschichten aus der Gruft. Leider bleibt es bei diesem einen, höchst staubigen Effekt, der nicht negativ auffällt.

Fragen wie „Warum erforscht die gesamte Crew – samt Rollstuhlfahrer – das herrenlose Schiff und lässt dabei das eigene Schiff vollkommen leer, obwohl der vorzunehmende Eingriff doch eigentlich mit wenigen geschulten Handgriffen einer Person vorzunehmen sein müsste, sind hier selbstverständlich fehl am Platze. Es geht darum, einfältige Leute, die möglichst verschieden sein sollen, sterben zu sehen. Ganz im Sinne klassischen Teenie-Horrors, wobei positiv anzumerken ist, dass die Zahl der Teenies sich angenehm zurückhält.
Wieso Brecheisen griffbereit neben zur Sicherheit verschlossenen Särgen gelagert werden, ist übrigens auch eine solche Frage. Ganz zu schweigen von dem Missgeschick Orlocks, nicht einfach auch seine mitreisenden Vampirfreunde mit Blut wiederzuerwecken. Stattdessen spielen die restlichen Särge mit Vampirstaub einfach keine Rolle – weder im Plan des Grafen noch im Film als Ganzes.
Doch Dracula 3000 hat durchaus auch Aspekte, die lediglich unterdurchschnittlich, anstatt maßlos ärgerlich sind. Kamera, Musik und Soundeffekte gehören zu

Irgendwie, irgendwie ist da noch mehr. Neben den Ansätzen, eine Geschichte zu erzählen ist da noch eine Spur, eine winzig kleine Spur, die an Dracula 3000 reizt. Was auch immer es ist, das da gereizt wird. Sie und dieses eigentümlich süße Kitzeln, das man verspürt, wenn etwas untragbar schlecht ist und damit in Aussicht stellt, noch schlechter zu werden, machen einen der angeblich schlechtesten File aller Zeiten zu etwas, das immerhin nicht vollkommen ungenießbar ist. Wenn man sich aber erst mal nach über der Hälfte an die Figuren gewöhnt hat und selbst in die richtige Position für derartigen Trash gerutscht ist, unterhält der Film nämlich tatsächlich auf eine ganz gewisse Weise. Als wäre es eine zwar nicht gute, aber außergewöhnliche Folge einer totlangweiligen Sci-Fi-Serie der 90er. Bis wieder eine dieser Szenen kommt, die einfach nur durch und durch falsch sind, in denen sich eine Fürchterlichkeit an die nächste reiht und man zwar sonderbar hypnotisiert davon ist, den sich als durch und durch beschönigend herausstellenden Serienkommentar aber tief bedauert.

Fazit

Die unsympathischsten Filmfiguren, die man sich ausmalen kann, sind in gleich aussehenden Gängen ein konstant großes Ärgernis, während ein planloser Vampir ihnen viel zu lange den Garaus macht.
Trotzdem erträglicher als Jason X.

Gravity

Nach Children of Men hat man eigentlich nur eines getan: Darauf gewartet, dass Regisseur und Autor Alfonso Cuarón sich endlich wieder ins Science-Fiction-Gebiet wagt und seinen Erfolg wiederholt. Nach vielen Jahren der Abstinenz tut er das mit Gravity und beweist, dass alles beim Alten geblieben ist. Nämlich etwas zu konstruiert, aber dafür ziemlich packend.


I hate space!

Story

Das Space-Shuttle STS-157 fristet ungestört sein Dasein neben der Erde. Während Veteran Matt Kowalski seinen letzten All-Abstecher macht, ist dies der Jungfernflug von Dr. Ryan Stone. Man schraubt gewissenhaft am  Hubble-Weltraumteleskop rum, bis Houston mitteilt, dass die Russen einen ihrer eigenen Satelliten abgeschossen hätten und dessen nun um die Umlaufbahn der Erde schnellenden Trümmer bald mit ihrer Position kollidieren würden.
Nun geschieht alles Schlag auf Schlag. Während Kowalski, Stone und ihr Begleiter den Außeneinsatz abbrechen wollen, treffen die ersten Bruchstücke ein. Stone treibt plötzlich hilflos und ohne Halt im All, das Shuttle ist zerstört und der dritte Kollege tot. Zwar kann Kowalski die Verschollene erreichen, doch ist dies erst der Startschuss zu einem alles fordernden Spießroutenlaufs in der Schwerelosigkeit.

Kritik

Gravity wurden Ersten gezeigt und sofort war das Internet voll mit innig geschmetterten Lobeshymnen und ebenso innigen Versicherungen, dass hier ein neuer 2001 – Odyssee im Weltraum vorläge. Ein stolzer IMDB-Wert von aktuell 8,7 stimmt dem zu und gewährt dem Sci-Fi-Film einen Platz in der Top 100.
Alles beginnt mit dem Besten, was Filme haben können – einer ellenlangen Plansequenz. Der Ticketpreis hat sich bereits gelohnt, der Rest ist Bonus. Sofort danach schaltet Gravity in den höchsten Gang und lässt ihn bis zur letzten Minute drin – egal, was das Getriebe davon hält. Als erstes fällt aber die unglaublich perfektionistische Inszenierung auf, zu welcher fast ausschließlich der Kameraführung zu gratulieren ist. Der exotische Schauplatz Weltraum als alleiniger Handlungsort ist etwas gänzlich Unverbrauchtes. Emmanuel Lubezki (The Tree of Life) berauscht sich an dieser Neuheit und macht aus dem Weltraum einen Ort der Schönheit und des im doppelten Sinne Überirdischen. Vor allem die Kameras, die aus den Helmen heraus filmen, liefern atemberaubende Bilder. Doch auch sonst reiht sich eine geniale Einstellung an die nächste, wodurch pittoreske Eindrücke am laufenden Band entstehen. Hinzukommt, dass man – vor allem, weil im Weltraum ablenkende Objekte fehlen – ständig ganz nah an den Gesichtern dran ist. Dies schafft eine Nähe und Verbundenheit, die ganz unabhängig von der Geschichte entsteht. Und das wiederum ist einzig Sandra Bullocks Verdienst. Die Bullock, die olle, schnöde, dröge, töfte Bullock kann endlich mal wieder zeigen, dass sie mit Gründen für große Filme gecastet wird und dicke Schecks einstreicht. Nicht nur die Kamera, auch die Hauptdarstellerin hat wenigstens eine Nominierung verdient.
Das 3D ist nicht nötig, für sich aber wunderbar gelungen. Und das ist wohl das Schönste, was man über einen 3D-Film und seinen Effekt verkünden kann. Beide sind für sich gut und gemeinsam noch etwas besser.
Nicht ganz so elegant wie bei den berauschenden Weltraumimpressionen geht es im Mikrokosmos der Figuren zu. Mit dem altgedienten, nonchalanten Profi-Astronauten, der nie aus der Fassung zu bringen ist und immer einen forschen Spruch auf der Lippe hat, und der zaudernden Ärztin, die in der Schwerelosigkeit mit rebellierendem Magen kämpfen muss, hat man sich zweier Figuren mit möglichst extremen Gegensätzen bedient. Entsprechend grob ist deren Profil geworden, weil sie sich mehr durch ihre überpräsenten Haupteigenschaften Erfahren/Cool und Unerfahren/Unsicher definieren statt über tatsächliche Charakterarbeit. Dass die mittelmäßigen Figuren sich über mittelmäßige Dialoge verständigen, fällt aufgrund der bravourösen Inszenierung umso stärker auf. Man muss dem Film aber zugutehalten, dass es fraglos realistisch ist, dass Menschen in einer solchen Extremsituation häufig nur reden, um sich mit dem Klang ihrer eigenen Stimme zu beruhigen und nicht, um gehaltvolle Dinge zu sagen.
Dazu kommt eine Musik, die ständig anwesend scheint, aber niemals zurückhaltend ist. Laut und aufdringlich ist die klangliche Untermalung aufgefallen. All das passt aber zu dem, was Gravity dann tatsächlich ist. Kein Film über die Schönheit des Weltraums und nichts, was einen tief in die menschliche Psyche tauchen lässt, sondern ganz einfach ein Actionfilm. Nach dem Unfall, der die Astronauten aus ihrem Alltag schleudert, startet eine Kettenreaktion der Unglücksfälle sondergleichen. Ein Schicksalsschlag folgt dem nächsten und jeder Schritt aus dem Regen bringt die gebeutelte Protagonistin tiefer in die Traufe. Luftknappheit in verschiedenen Variationen, vielfach feindlich gesonnene Elemente und todbringende Geschwindigkeiten… das Ableben lauert an jeder Ecke und damit wirkt der Film mit seiner überdramatisierten fatalistischen Art häufig wie eine Sci-Fi-Version von Final Destination, so viele aus dem Nichts kommende Unglücksfälle setzt das Drehbuch der Heldin ohne Atempause entgegen. Auch hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Hätte man sich auf eine Auswahl der Probleme konzentriert und diesen mehr Zeit zum Wirken gelassen, anstatt sie wie Perlen einer Kette aneinanderzureihen; hätte man sich mit dem Bombast der musikalischen Diktatur deutlich zurückgehalten und mal Stille erlaubt; hätte man die Figuren nicht am laufenden Band plappern, sondern auch mal ihre stummen Gesichter zu Wort kommen lassen, was für ein einmalig intensives Meisterwerk hätte Gravity werden können.
Und was ist nun mit den endlosen Paralleleisierungen mit Kubricks Odyssee? Wie gesagt, Gravity ist ein reinrassiger Actionfilm. Als Entwicklungsweg einer Frau kann er ebenso gelesen werden – und die reichlich platte, zum Glück aber nicht sehr aufdringliche Symbolik am Ende besagt, dass er das auch möchte. Der Kampf gegen die Urängste ist gewonnen. Das Leben findet seinen Neubeginn. Letztlich aber ist die private Leidensgeschichte und Hauptfigur zu aufgesetzt und wirkt wie ein Fremdkörper in der Geschichte. Was am Ende bleibt, ist Adrenalin.
Der Rausch der Bilder und die kleinen Menschen, die in ihren plumpen Raumanzügen unbeholfen hin und her zuckeln, laden ihrerseits tatsächlich dazu ein, über Leere, Ferne, Wesen und Bedeutung nachzudenken. Doch lenkt der Actionteil immer wieder von derlei ab. Das ist beileibe nichts Schlimmes, schließlich ist die Action denkwürdig intensiv und mitreißend choreographiert.
Trotzdem lässt Gravity einen mit leicht lakonischem Gefühl zurück, denn er hätte noch so viel mehr sein können als ein hochkarätiger Action-Parcour.

Fazit

Ein fesselnder, antreibender Actionfilm mit überwältigen Bildern eines Spielortes, der auf diese Weise noch nie genutzt wurde. Das reicht, um 90 verdammt erstaunliche und in erster Linie kurzweilige Minuten zu verbringen. Viel mehr als das ist Alfonso Cuaróns Weltraum-Hatz aber nicht. Die überragende Kamera und eine endlich mal geforderte Bullock sind zudem starke Argumente dafür, den Film auf der großen Leinwand zu genießen. Denn der größte Pluspunkt dieses Filmes sind seine einmaligen Bilder.