Robot & Frank – Zwei diebische Komplizen

Die Idee für Robot & Frank begann schon 2002 ihre Entwicklung. 10 Jahre später kam der Film als erster Langfilm von Jake Schreier und Christopher D. Ford als eine Mixtur aus Buddy-Movie, Heist-Movie, Science-Fiction und Tragikomödie.

You two are funny.

Story

Frank ist ein älterer Herr, der zunehmend dementer wird, sich aber weigert, diese Entwicklung zur Kenntnis zu nehmen. Er lebt alleine in einem etwas abgeschiedenem Haus in ländlicher Gegend, geht seine täglichen Wege ab, flirtet mit der Bibliothekarin und vergisst regelmäßig, dass sein Lieblingsrestaurant seit Jahren geschlossen ist.
Sohnemann Hunter fährt einmal die Woche hunderte Kilometer, um nach seinem alten Herren zu sehen, und wird angesichts der verwahrlosten Bleibe von Franks verzweifelter und ungeduldiger. Eines Tages platzt ihm der Kragen – gegen die Willen seiner technophoben Schwester und Franks stellt er letzterem einen Altenpflegeroboter zur Seite.
Nach der anfänglich zu erwartenden mürrischen Reaktion auf seinen aufgezwungenen neuen Alltagsbegleiter fängt Frank jedoch an, einen Freund in dem überambitionierten Robotergefährten zu sehen. Und die Freundschaft geht so weit, dass Frank, der außerdem erfolgreicher Juwelendieb im Ruhestand ist, mit seinem neuen Begleiter Raubzüge zu planen beginnt, was gleich mehrere Verwicklungen mit sich bringt.

Kritik

Science-Fiction, wenn – was für gewöhnlich der Fall ist – in der Zukunft spielend, ist zwangsläufig eine Hochrechnung der Gegenwart. Die Welt von  Robot & Frank unterscheidet sich nur in Details von der unsrigen. Die Autos sind schmaler, Kommunikation noch etwas hipper und es existieren eben die etwas schlichten und klobigen Roboter, die nach und nach den Menschen einfache Arbeiten aus der Hand nehmen. Eine dieser „einfachen Arbeiten“ ist Altenpflege. die einfachen Arbeiten von Robotern übernommen wurden. Allein das sorgt natürlich schon für ausreichend Zunder, um einen Film zu tragen. Robot & Frank ist ein glaubhafter Ausblick nicht nur, weil er sehr zögerliche SF-Elemente bei ansonsten unveränderter Gesellschaft hat, sondern vor allem, weil er geschickt mit ihnen und seinen sensiblen Themen umgeht.
Frank ist ein Mann, der durchmacht, was viele durchmachen. Er sieht, wie er sich verändert, wie ganz ohne sein Zutun seine Persönlichkeit in eine Richtung entwickelt, die er nicht bestimmen, sondern nur akzeptieren oder beklagen kann. Auch das kann als Kommentar auf subtile Veränderungen im Leben und Umgang mit diesem angesichts einschneidender technischer Veränderungen gesehen werden: Die zunehmende Technisierung des Alltags ist da, weder gut noch böse, aber eklatant in ihrer Auswirkung. Was uns bleibt, ist darauf zu reagieren, während wir immer schon von ihr beeinflusst sind. Wächst man mit ihr auf, existiert kein Unterschied zur Natur oder gesellschaftlichen Konventionen – sie bildet uns zwangsläufig mit und wenn wir sie hinterfragen, dann immer schon implizit unter ihrem Einfluss.
Unter allem räkelt sich ein trockener Humor, der dem Thema nicht den Ernst, durchaus aber das bedrückende Moment nimmt. Es sind fast ausschließlich Franks Kommentare, die für Heiterkeit sorgen – gerade diese Sprüche sind es aber, die ausnahmslos geschickt erdacht und vom vom begnadeten Charakterdarsteller Frank Langella perfekt vorgetragen werden, der die perfekte Besetzung für die tragisch-komische Hauptfigur darstellt und für einige hinreißende Momente sorgt. Frank ist ein liebenswerter, angenehm selbstironischer Griesgram, der das Spiel liebt. Mit dem Bild, das andere von ihm haben, dem Bild, das er von sich hat, und der Gefahr.

Unterm Strich ist Robot & Frank ein durch und durch typisches Buddy-Movie mit allem, was dazugehört. Der etwas verbitterte Alte, der sich nichts und vor allem bloß keinen Partner wünscht, der Junge, der überambitioniert in sein starres System kommt und es zu verändern versucht. Und die goldene Mitte, die beide letztlich erreichen müssen, indem sie sich gegenseitig bereichern. Der Clou, dass es sich beim „jungen Partner“ nicht um einen Menschen, sondern um eine Maschine handelt, beschert der Geschichte eine weitere Ebene, die sie angenehm unprätentiös zu nutzen weiß.
Das Verhalten des Roboters ist zwar nicht sonderlich glaubwürdig, so spart sich der Film aber auch Leerlauf und hangelt sich recht elegant von einem Plotpoint zum nächsten. Dazu gehören auch die obligatorischen Fragen über künstliche Existenz, Bewusstsein und Willensfreiheit, die keinesfalls Neues zum Thema beitragen können, aber wenigstens im selben charmanten Tonfall vorgetragen werden wie der Rest des Filmes.
Zum Ende hin überraschen dann gleich zwei kleine Wendungen, die beide alles andere als hieb- und stichfest sind, aber dafür unerwartet starke Effekte erzielen.

Fazit

Ein Spielfilmdebut, das auch nicht einen Hauch von Unerfahrenheit an sich hat. Zwar werden hier einige der sympathischen Genres kombiniert, im Grunde ist Robot & Frank aber ein klassisches Buddy-Movie mit kleinem Twist. Das Besondere, neben dem offensichtlichen Sci-Fi-Einschlag, ist jedoch die immer wieder thematisierte Demenz, das Damoklesschwert, das über allem baumelt, dessen Bedrohung durch Witz und Leichtfüßigkeit aber so weit abgeschwächt werden, dass Robot & Frank stets lebensfroh und heiter daherkommt.
Im Grunde ist der Film nicht übermäßig besonders – durch seinen sympathischen Tonfall und den Mut, richtige Entscheidungen auf Drehbuchebene zu treffen und dafür auch ein paar Schwächen in Kauf zu nehmen, machen ihn jedoch zu einem frühlingshaften Sehvergnügen.

Ghettogangz – Die Hölle vor Paris

Französische Zukunftsfantasie, Luc Besson als Produzent. Bisher keine Überraschung und kein Grund für gehobene Erwartungen. Ghettogangz – Die Hölle vor Paris oder Banlieue 13 – Anschlag auf Paris hat mit seiner satten Action aber etwas, das sich vom Durchschnitt scheidet.

Dann gehen wir mal auf Safari.

Story

Als die Kriminalitätsrate in dem verruchten Pariser Vorort nicht mehr zu senken war, schnappte sich die Stadt ein paar Steine und zog eine Mauer um den Brennpunkt. Banden führen dort nun ihr eigenes Regime und wer das Pech hat, im abgestoßenen Slum geboren zu werden, der, nun ja, hat Pech. Der fidele Leito ist Kind dieser Gegend, wird aber im Grenzbereich inhaftiert, als er sich gerade einen Kleinkrieg mit dem Anführer der schlimmsten aller Banden liefert. Leito landet im Kitchen und seine Schwester in den Fängen des grundbösen Anführers Taha. Als einige Jahre später eine Massenvernichtungswaffe in Tahas Besitz kommt, wird der alleskönnende Supercop Damien an die vorderste Front beordert. Und damit er sich da zurechtfindet, muss er sich mit Leito zusammentun.

Kritik

Eine Kamerafahrt mit einer Million versteckter Schnitte, ein zurrender Beat und Zeitlupenhagel. So wird das Paris der Zukunft vorgestellt und so stellt sich der Film selbst noch während seiner ersten Sekunden repräsentativ und ausreichend vor. Die graffitibeschmierten Stahlbetonwände, Obdachlosenstapel in den Gassen und finstere Gesichter eingefallener Kerle, die das gebrochene Paris einer sozial ausgebrannten Zeit präsentieren, tun dies in Hochglanz und mit adrenalintreibendem Schnitt.

Aber der Film ist nicht nur Oberfläche. Es ist eine düstere, dichte  Milieustudie, die in der alles deutlich überzogen ist, sich dabei aber selbst konsequent sehr ernst nimmt, was dem Film recht gut zu Gesicht steht. Parkour-Erfinder David Belle gibt einen charismatischen, aber undurchsichtigen Helden ab und bekommt mit dem wuchtigen K2 einem Feind ins Visier, der von Tony D’Amario mit wunderbarer Widerwärtigkeit, aber auch imponierender physischer Präsenz gespielt wird. Die Figuren sind markant, räudig, überzeichnet und bekommen zum Glück so zahl- wie einfallsreiche Dialoge in den Mund gelegt. Die glaubwürdige Sprache ist tatsächlich eines der Herzstücke des flinken Actionfilmes und trägt eine Menge zur Intensität seiner Welt bei. Das heißt freilich nicht, dass hier irgendwas plausibel wäre. So comichaft wie die Figuren sind, so verläuft auch die Geschichte und Logik muss hinter Geschwindigkeit zurückbleiben. In einer Welt, wo Straßenkampf wie Synchrontanzen funktioniert und hünenhafte Fettwanste mit Endboss-Charakter balroggleich in die Kamera grunzen, ist das vollkommen legitim. Ghettogangz will Spaß machen und das gelingt ihm. Das ist der einzige Anspruch des Filmes und er wird ihm mit Bravour gerecht, auch wenn das Ende sich mit seinen erzwungenen Bonus-Konflikten dann doch etwas zu viel rausnimmt.
Außerdem gilt hier in besonderem Maße: Finger weg von der Übersetzung. Auch wer kein Wort Französisch beherrscht, ist mit dem originalen Ton und Untertiteln besser aufgehoben. Die eingedeutschte Fassung ist eine Tortur für sich. Wer das nicht glaubt, der soll sich nur mal zum Vergleich den deutschen Trailer ansehen. Kern von Ghettogangz sind fraglos die atemberaubenden, aber etwas zu selten vorkommenden Parkour-Einlagen und die darin eingeflochtenen martialischen Prügeleien. Die Kämpfe sind so bretthart wie athletisch inszeniert, alles stets getrieben vom drückend-klaren Beat. Schläge, Tritte, Würfe, Sprünge, gefilmt in einer Musikvideoästhetik, die trotz allem nie glatt, sondern angenehm rau und dreckig ist.

Die beiden Protagonisten zusammen sind testosterongeschwängerte Coolness, natürlich. Aber das ist es eben, was diese Welt braucht und womit diese dekadenten, diabolisch-engstirnigen Unterweltbosse mit ihrer Heerschar an böse geschminkten und zerbrechlichen Leibwächtern bekämpft werden müssen.  Ja, es ist ein Machofilm. Aber im Vergleich zu uninspirierten Kaffeekränzchen á la Lockout, welcher sich ja ebenso ins Klapperschlangen-Subgenre einordnen lässt, ist dies ein Machofilm, der eine ordentliche Portion Energie und eine weitere Portion Ideen mitbringt.
Mit Moral darf man hier selbstverständlich nicht kommen. Menschenleben werden gegeneinander abgewogen und die ungezählten Kriminellen, die Gliedmaßen und Leben lassen, bleiben unkommentierte Bauernopfer. Und das, obwohl Ghetto-Junge Leito selbst uns mit vor Überzeugung bebender Brust  berichtet, wie scheinheilig es doch sei, Personen zu verurteilen, die nichts dafür können, unter welchen Umständen sie wo auf die Welt gekommen sind. Aber dann kommt auch schon der nächste sich über mehrere Stockwerke ziehende Kampf und der Wunsch, pingelig nach Fehlern zu suchen, wird von Adrenalin fortgespült.

Fazit

Der Film strahlt ein gehöriges Maß an Selbstverliebtheit aus, hat sich das mit seiner schweißtreibenden Inszenierung, den aufregend choreographierten Kämpfen und kernigen Dialogen aber auch verdient. Natürlich spielt Ghettogangz – Die Hölle vor Paris nie in einer Liga mit Filmen wie The Raid, fühlt sich in seinen besten Momenten aber ganz ähnlich an.

2009 erhielt der Film die Fortsetzung und Regisseur Pierre Morel empfahl sich mit Ghettogangz für Hollywood. Er drehte als nächstes 96 Hours mit  Liam Neeson.