Godzilla

Dass Gareth Edwards, der zuvor lediglich den günstigen, aber ungemein erfolgreichen Film Monsters vorzuweisen hatte, zum Regisseur der neusten amerikanischen Godzilla-Verfilmung erhoben wurde, war eine mittelschwere Überraschung. Auf den zweiten Blick aber erschien die Wahl alles andere als abwegig, denn Monsters hatte gewissermaßen all das, was Emmerchs Godzilla aus dem Jahre 1998 fehlte, um kein furchtbar schlechter Film zu sein.

You have no idea what’s coming!

Story

Joe Brody glaubt nicht, dass der Tod seiner Frau während einer Atomkraftwerkkatastrophe durch ein Erdbeben ausgelöst wurde. Er glaubt an etwas Anderes. Etwas Größeres. Fünfzehn Jahre später sucht er wie besessen in Japan nach den Antworten und gerät in Konflikt mit den Behörden.
Was gemeinsam mit seinem entfremdeten Sohn Ford in einem Sperrgebiet findet, übertrifft seine kühnsten Erwartungen. Ein prähistorisches Monster – Muto genannt – erwacht und hinterlässt eine Schneise der Zerstörung.

Kritik

Mit dem Independentfilm Monsters aus dem Jahr 2010 bewies Gareth Edwards, dass er verstanden hat, was einen Monsterfilm – was überhaupt einen Film – ausmacht. Der Film nimmt seine Figuren ernst, räumt ihnen den nötigen Platz ein, macht sie notwendig, lebendig, glaubhaft, leidensfähig und nachvollziehbar. Dieser Regel bleibt er auch in Godzilla treu. Ein Monster ist nur dann zum Fürchten, wenn das Bedrohte es nicht verdient. Die Welt mag den grünen Götterkoloss verdient haben, die Protagonisten des Filmes jedoch nicht. Es sind tragische Wesen, deren Schicksal eng mit dem Ungeheuer verwoben ist. Dies ist phasenweise eine Spur zu dramatisch inszeniert, ist aber fortwährend bewegend. Auch deshalb, weil die Charaktermomente ebenso brillant fotografiert sind wie die große Destruktion und sich klug eingesetzte Point-of-View-Perspektiven durch den ganzen Film ziehen, um das Geschehen drastisch zu intensivieren.
Bis zum Auftritt der Giganten vergeht einiges an Zeit – und bis Godzilla höchstselbst die Bildfläche betritt, dauert es umso länger. Die Zeit davor ist aber kein ungeduldiges Warten, kein sinnloses Hinhalten, sondern Spannungsaufbau par excellence, der genauso hübsch, relevant und unterhaltsam ist, wie der eigentlich zentrale Akt. Das alles ist nicht nur Vorbereiten, sondern Essenz. Nur deswegen sind die folgenden Bilder der Zerstörung auch nicht imponierend, sondern ergreifend, und nur auf diese Weise können Katastrophenszenarien mehr bedienen als die bloße Schaulust.
Wenn es dann aber so weit ist und die Ungetüme ansetzten, die Welt in Schutt zu verwandeln, erwartet einen keine Emmerich-Zerstörung wie in seinen sich zu Tode leiernden Katastrophenschinken, sondern ein durchkomponiertes, durchdacht aufgebautes Zusammenfallen. Godzilla ist wie eine Oper, nur wird nicht gesungen, sondern Dekonstruiert, und das in biblischen Bildern. Unterstrichen wird dies von den wunderschönen Designs der Kreaturen, das, brachial insektoid, unendlich fremd, ehrfurchtgebietend und furchteinflößend zugleich wirkt.
Mit Zunahme der Wuchtigkeit und Erhöhung der Monsterpräsenz rund um den Globus im zweiten Teil des Filmes geht der Fokus zwangsläufig zurück, vergrößert sich und kann nicht mehr dauerhaft auf seinen singulären Figuren verharren. Die Untergangsimpressionen gehören zu dem Besten, was das Kino zu bieten hat. Es wird nie so laut und dynamisch wie bei Pacific Rim, dafür speisen die gezeigten Bilder aber von ihrem eindringlichen Realismusanspruch. Somit bleibt die Intensität erhalten, die Spannung fällt aber etwas ab, weil die Protagonisten sich das Bild plötzlich mit der Geißel der Welt und dem von ihr verursachten Leid teilen müssen. Um sie nicht vollends aus den Augen zu verlieren, kreuzen sich die Wege von Hauptfiguren und prähistorischen Amoktieren öfter, als der Zufall es gestatten würde. Etwas weniger Willkür beziehungsweise raffiniertere Erzählweise wäre wünschenswert gewesen, doch stört dieser Umstand nur auf formaler Ebene, während das Sehvergnügen nur marginal berührt wird.
An einem Godzilla-Film zu bemängeln, er wirke an wenigen Stellen einen Deut zu überdramatisiert und konstruiert, ist fast schon lachhaft. Dass es hier dennoch angebracht ist, beweist nur, mit wieviel Geschick und Eleganz der ikonische Rüpel seinen Thron nach vielen Jahren wieder erklommen hat. Puristen könnten bemängeln, dass Godzilla zu wenig Raum in seinem eigenen Film bekäme. Doch was ist schon zu viel und zu wenig, wenn ein Werk so gut funktioniert wie dieser. Zudem gerade Puristen dank der vielen Anspielungen und Zitate früherer Auftritte des Wüterichs besonders zufriedengestellt sein dürften.
An Roland Emmerichs beinahe geglückten Versuch des Jahres 1998, den Godzilla-Mythos für immer zu Grabe zu tragen, sollte hier wie sonst irgendwo eigentlich nicht erinnert werden. Trotzdem sei hier gesagt, dass ein Godzilla-Film wohl sich wohl kaum besser in die Gegenwart übersetzen lässt, als es hier geschehen ist. Vergessen Emmerich. Vorhang auf für Edwards.

Fazit

Ob nun im stadtgrößten Kinosaal oder der besten Heimkinoanlage des Bekanntenkreises – Godzilla ist groß, das Monstrum wie der Film; und sie wollen groß genossen werden. Senkrechtstarter Edwards formte den unzählige Male wiederverwerteten Godzilla-Stoff zu etwas Ernstem, Düsterem, Frischem, das sich verflucht unverbraucht anfühlt. Dass die Figuren ab der zweiten Hälfte nicht mehr ganz im Fokus gehalten werden können, ist verschmerzbar und wohl kaum zu vermeiden. Das ändert nichts daran, dass mit Godzilla feines Atmosphärekino geschaffen wurde, dem es gelingt, große Zerstörung auf ein neues Level zu heben, ohne dabei nur plump die Quantität hochzuschrauben.

Society

15. Japan-Filmfest Special 7

Brian Yuzna, dessen bekannteste Arbeit zweifelsohne die Re-Animator-Trilogie darstellt, begann seine Regie-Karriere mit etwas Sonderbarem namens Society, der erst in den letzten Jahren Stück für Stück aus der Indizierungskammer treten konnte.

– Fuckin‘ nightmare.
– Last night?
– My Life.

Story

Bill Whitney führt kein schlechtes Leben. Seine Eltern sind wohlhabend, er wohnt in einer schicken Gegend, steht kurz vor der Wahl zum Schulliebling und ist trotzdem verkörperte 80er-Jahre-Coolness, ein Star im Klassenzimmer und mit einem der hinreißendsten Mädchen der Stadt liiert.
Alles wäre also bestens, wenn ihm nicht vermehrt unheimliche Kleinigkeiten in seiner Familie auffallen würden. Anfangs scheint seine Wahrnehmung ihn zu trügen, doch beginnen die Dinge an Relevanz zuzunehmen, als sein Freund ihm ein Tonbandgerät zeigt, auf dem klar zu hören ist, dass Unfassbares in seiner Familie vorgeht.
Doch sein ganzes Umfeld scheint ihm nicht zu glauben, bis wenig später sich sogar der Inhalt des Tonbandes ein anderer zu sein scheint – und sein Freund bei einem Autounfall am gleichen Tag stirbt.

Kritik

Society startet nicht nur langsam und unaufgeregt, sondern regelrech ernüchternd. Eine kaum bemerkenswerte Bildspache, eine grobe, wenig sorgfältige Charakterzeichnung und -entwicklung und eine wahrlich beschämende Synchronisation, in der der Film auf dem Festival mangels beschaffbarer Alternativen gezeigt wurde, verhindern Identifikation und Spannung im üblichen Sinne. Lange Zeit ist ungewiss, wohin der Film möchte und was er eigentlich ist und nur die im Hintergrund überall auftauchenden Gemälde, die vor Obszönitäten strotzen, und die leicht verschrobene Grundstimmung sind als interessante Details auszumachen, während der Rest schlichtweg sonderbar wirkt und bestenfalls narkotisierte Erinnerungen an die Eis am Stil-Zeiten wachrütteln.
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Er nach einer ganzen Weile, wird klar, dass die sonderbare, nicht selten ärmliche Fortbewegung der Geschichte einem ganz eigenen System zu folgen scheint. Nach und nach entwickelt sich die leidlich unterhaltsame Detektivarbeit des arroganten High-Society-Schülers Billy zu einer merkwürdigen Tour de Farce, die sich im letzten Drittel schrittweise, aber unaufhaltsam zu einem surrealen Kompott aufgebläht. Irgendwann sind alle Figuren nach außen gekehrt, verständigen sich mit komplett zusammenhangsfreien Sätzen und tragen Schuhwerk von Nike. Der Schluss öffnet einen Strudel sumpfiger Entartung, die in Sachen Schrägheit wahrhaftig ihres Gleichen sucht und den Zuschauer schließlich fassungslos mit nicht zu erwartenden Eindrücken und der Frage, was zum Geier es mit der Haare verputzenden Mutter auf sich hat, zurücklässt.
Mit Society lotet Yuzna bereits auf höchst eigene Weise die Grenze zwischen Normalität und surrealer Abgründigkeit aus. Das Bizarre wird mit dem Biederen auf eine noch ausführlichere und kontrastreichere und eine viel hemmungslosere Weise konfrontiert, wie wenig später in seinem Kultwerk Re-Animator.

Fazit

So unpassend der Anfang vorerst scheint und so wenig fesselnd dieser anmutet, ist er doch das einzige in Frage kommende Tor, durch das der Zuschauer schreiten muss, um das bizarre Fest fleischiger Obszönitäten am Ende in seiner ganzen Heftigkeit erfahren kann. Auch wenn der Film durch seine rücksichtslose Dramaturgie nicht jedem gefallen wird, ist kaum ein Zuschauer vorstellbar, der Society nicht mindestens als interessante Seherfahrung verbuchen wird.

Horrors of Malformed Men

Wunder beleidigen. Deshalb sprang der Filmexzess Horrors of Malformed Men von Fließband-Regisseur Teruo Ishii, der selbst einen Takashi Miike wie einen drehfaulen Müßiggänger aussehen lässt, quasi direkt nach Release auf die Indexe dieser Welt und erblickte erst viele Jahrzehnte nach Erscheinung – nämlich im August 2007 – in Form einer DVD-Veröffentlichung das Licht dieser bis dato viel zu normalen Welt.
Da Wunder aber nicht nur empören, sondern auch über die Dekaden hinweg Wunder bleiben, ist diese Mischung aus Frankenstein-Ekstase mit Hiroshima-Aufarbeitung, Detektiv-Groteske und Slapstick-Horror auch heute noch in der Lage, in Begeisterung zu versetzen.


A warped dream…

Story

Hitomi Kousuke ist Medizinstudent, wacht in einem Irrenhaus auf und hat so ziemlich keine Ahnung, warum er wer wo ist. Er bricht aus und besucht einen Zirkus, wo er eine Akrobatin trifft, die ebenfalls an Amnesie leidet, daraufhin aber recht bald das Zeitliche segnet, woraufhin der Unglücksrabe nun auch noch als Mörder gejagt wird. Folglich lässt sich erst einmal massieren – eine gute Idee, denn die Masseurin setzt ihn davon in Kenntnis, dass sich ein merkwürdiges Mal auf seiner Fußsohle befindet, das, ganz nebenbei, verblüffende Ähnlichkeit mit einer Swastika aufweist. Da ein kürzlich verstorbener und zudem sehr reicher Mann ihm bis aufs Haar ähnelt und selbiges Zeichen aufweist, nimmt er prompt die Identität des Doppelgängers an, indem er vorgibt, lediglich scheintot gewesen zu sein. Ein Beutelchen Intrigen und Verwicklungen später findet sich Hitomi auf einer geheimnisumwitterten Insel ein, wo ein wahnsinniger Wissenschaftler, der zugleich Vater seiner neuen Identität ist, gräuliche Ungeheuer erschafft, indem er die Körperteile verschiedener Menschen zusammenflickt und dabei finster lacht.
Irgendwo in dieser Armee aus Entartung wartet die verdrehte Antwort auf die Fragen, die sich Hitomi und Zuschauer stellen. Zum Beispiel, weshalb ihm dieses eine Schlaflied so verdammt bekannt vorkommt.

Kritik

Es ist eine Herausforderung, die Handlung von Horrors of Malformed Men (江戸川乱歩全集 恐怖奇形人間 Edogawa Rampo Zenshū: Kyoufu Kikei Ningen) anzudeuten, weil dieser Film in seinen weniger als 100 Minuten so wahnsinnig (hier steht absichtlich ‚wahnsinnig‘ und kein Synonym wie ‚unfassbar‘) viel ist, tut, will und kann.
Weise Zeitgenossen widmen sich einem Werk im besten Fall mit einem Minimum an Vorwissen, um für ein unbefangenes Erlebnis zu sorgen und kommen so sehr wie noch nie auf ihre Kosten: Trailer und Titel suggerieren ein bestimmtes Genre und bereiten damit niemanden auf das vor, was der Film tatsächlich zu bieten hat. Nach einem Vorspann aus wimmelnden Insekten kredenzt Szene eins vor Wahnsinn tanzende Geishas mit Hang zum Oberteilverlust, bevor im  Anschluss die kriminalistische Rekonstruktionsgeschichte und Doppelgängerkomödie beginnt, die erst nach einer ganzen Weile auf die Insel der namensgebenden Männer führt. Köstlich amüsieren tut man sich dabei von Anfang an, obwohl man sich dabei unentwegt im falschen Film wähnt. Durchsetzt ist das ganze mit herrlich skurrilem Humor der Marke Japan-Extrem-Situationsirrsinn. Während die üblichen Filme mit Doppelgängerthematik einen oder zwei Fehltritte zeigen, die den Schwindler bis kurz vor die Enttarnung führen, wartet man hier einfach mit allen nur Denkbaren aus dieser Richtung auf. Egal, ob Hände, Hunde oder Höschen – Hitomis Schwindel droht mit jedem Schritt aufzufliegen. Was den ganzen Film hinweg ungemein zur Erheiterung beiträgt, ist das ständig verdatterte Gesicht des Protagonisten, welches er bis zum konsequent inskonsequenten Ende nicht abzulegen gedenkt. Die Sympathiefigur schaut permanent so, als würde sie soeben aus dem Schlaf gerissen und ohne Übergang und Vorbereitung den immer abstruser werdenden Situationen ausgesetzt worden. Genaugenommen trifft das ja aber auch zu. Und genaugenommen kann der Zuschauer sich nur aus diesem Grund ein wenig in ihr wiederfinden.

Und gerade, wenn man sich anfängt heimisch zu fühlen in diesem vergnüglichen Wirrwarr, geht es auf die Insel und der Film schlägt eine Richtung ein, die jenseits von allem liegt, was man aufgrund von Titel, Trailer oder bisheriger Filmerfahrung erwarten könnte. Da wäre der Ausdruckstanz liebende Doktor (Japans Exzentriker-Größe Kichijirô Ueda) mit Spinnweben-Händen, der mit seinen bebenden, gedrungenen Bewegungen und ständigen Kurzauftritten immer wieder für zuckende Augenlider sorgt. Da wären seine Geschöpfe, die irgendwo zwischen purem Leid und neuer Daseinsfreude pendeln und dabei einer Spannbreite gerecht werden, die von billiger Maskenbildner-Knete bis hin zu wunderbarem Kreationen zwischen Jodorowsky und Tool reicht. Der Höhepunkt ist wohl eine gedehnte, surrealistische Sequenz kurz nach der Ankunft auf dem Eiland, in der verstörend-schöne Impressionen aus dem Moloch des Doktors vorgeführt werden. Jenseits von Trash und überzeichnetem (nie aber unangemessen übertriebenem) Humor finden sich immer wieder erschreckende und zugleich erschreckend eindringliche Szenen ein, die zusammen mit der beschwörenden Musikuntermalung eine seltsam erhabene Atmosphäre zwischen Anziehung und Abstoßung generieren.

Manch einer wird dem Drehbuch vorwerfen, ein lückenhaftes, aus Versatzstücken bestehendes Flickwerk zu sein. Aber gerade hier liegt das Geheimnis der tranceartigen Rhythmik des Filmes verborgen, der immer wieder von Neuem verblüfft und schockiert.
Das Ganze Abenteuer, in dem sich übrigens allen Gerüchten zum Trotz kaum ausgezogen wird, kulminiert schließlich in der wunderlichsten, unpassendsten und zugleich auch unnötigsten Pseudo-Aufklärung aus dem Reich des Unwägbaren, indem es in letzter Sekunde wieder auf die detektivische Szene springt und damit auch dem letzten Fass den Boden ausschlägt. Schlichtweg wunderbar.

Fazit

Es grenzt an Anstrengung, Horrors of Malformed Men mit einer angemessenen Synopsis einzufangen. Eine passende Kritik zu verfassen, ist unweit schwieriger, das Ganze dann mit einem Fazit zu vollenden, schlicht unmöglich. Die einzigartige Atmosphäre des Filmes, der mehr als 50 Jahre nach seinem Erscheinen auch heute noch Einmaliges zeigt, zu beschreiben, ist Worten kaum möglich. Filmische Irritation als Schnittmenge von zig dekonstruierten Genres und irgendwo zwischen Trash, Kunst, Überheblichkeit und Wahnsinn – vor allem und ganz nebenbei aber ein Meiststück in Sachen Kurzweil.
Schauen, nein: Erleben. Nicht lesen.

Die einfachste Methode, an dieses viel zu lang verpönte und deswegen entschieden zu unbekannte Schmuckstück zu gelangen, ist der Umweg über einen Import aus Amerika.

Fantasy-Filmfest-Special: Frankenstein’s Army

Frankensteins Monster – nun auch im Plural. Richard Raaphorst lässt in seinem ersten Langfilm handgemachten Wahnsinn posieren, pfeift auf Charakterarbeit und Story und konzentriert sich ganz auf seine unikalen Fleisch-Maschine-Perversionen. Mit Erfolg.
http://www.youtube.com/watch?v=dOF8GiIXtGY
Things the Doctor makes.

Story

Der zweite Weltkrieg ist am Toben und Dimitri ein Filmstudent mit großem Engagement. Er und seine 16mm-Kamera begleiten einen kleinen Stoßtrupp der russischen Armee, um ein paar werbewirksame Propagandaaufnahmen einzufangen.
Als sie einen Hilferuf über Funk empfangen, folgen sie dem Signal und erreichen ein kleines Dorf, das wie ausgestorben scheint. Dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht, kündigt sich schon auf dem Hinweg an, wo höchst eigenwillige Kadaver von Kriegsgreuel zeugen, die jenseits des Vorstellbaren liegen. Die toten Körper werden entstellt durch merkwürdige Mutationen und mechanische Modifikationen.
Im Gangsystem unter einer zum Labor umfunktionierten Kirche stößt man schnell auf die Quelle dieser entmenschlichten Wesen: Wütende Kreaturen, von einem irren Doktor wiederbelebt. Von einem Nazi-Frankenstein der sich mit lascher Wiedererweckung nicht zufrieden gab, denn derartiges ist bekanntlich für Amateure. Stattdessen stattete er seine Geschöpfe mit dem Besten aus, was der gut sortierte Werkzeugschrank so hergab. Leiber mit viel Metall und noch mehr Waffen streifen durch die klaustrophobisch engen Gänge und machen Jagd auf die Eindringlinge. Frisches Baumaterial wird schließlich immer gebraucht.
Doch auch untereinander herrschen Spannungen, die durch die Extremsituation nur noch geschürt werden, bis Dimitri, nur mit seiner Kamera bewaffnet, sich plötzlich alleine in einem Strudel aus Körperteilen und Motoröl wiederfindet

Kritik

Wenn die Filmwelt von Heute eines ganz gewiss nicht braucht, ist es ein weiterer Found-Footage-Streifen. Nun sehen wir uns also das – offenbar gefundene – Material des Kameramannes Dimitri an und merken schnell, dass sich das Konzept mit seinem Authentizitätsanspruch selbst ad absurdum führt, weil die vermeintlich echten Aufnahmen andauernd mit atmosphärischer Hintergrundmusik untermalt sind. Auch sonst wirkt es so, als wäre die Wahl dieses Präsentationsstils keine dramaturgisch, sondern eine finanziell motivierte gewesen. Wirre Kameraführung und wahllose Schnitte sind dadurch entschuldigt. Aber trotzdem gelingt Frankenstein‘s Army genau das, woran die meisten Handkamerafilme kläglich scheitern: Es stellt sich ein starkes Mittendrin-Gefühl ein. Selbst die Laiendarsteller, die in mindestens zwei Fällen auch viel zu jung für ihre Rollen aussehen, verhindern nicht, dass man sich als Zuschauer direkt im Geschehen wähnt. Neben erwähnter Musik und den toll gewählten Schauplätzen, auch vor und auf dem Weg zu der Kirche, ist das vor allem vielen Schummeleien der Regie zu verdanken: Der filmende Hauptdarsteller neigt dazu, in den gefahrvollsten Situationen einfach tatenlos stehenzubleiben und seine Kamera zudem so zu drehen, wie man den Kopf drehen würde – nur viel, viel langsamer. Wenn aus drei von vier Gängen grässlich grunzende Abscheulichkeiten anstürmen und das Kameraauge zwar zittrig, aber trotzdem ohne Eile erst einmal in alle drei Gänge reinfilmt, bevor sich der gute Dimitri dann vielleicht mal entschließt, in den einzig freiliegenden Schacht zu türmen, nimmt man den Protagonisten mit seinen geistigen Kapazitäten und auch dessen Überlebenstrieb zwar nicht mehr für voll, kann die aufkeimende Panik aber auch sehr gut nachempfinden. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn die Waffenarme der Scheusale niedersausen und es wegen der Kameraperspektive so aussieht, als müssten sie das Würstchen von einem Helden eigentlich zweiteilen. Doch stattdessen gibt es noch ein paar weitere Hiebe ins vorgebliche Nichts und der ambitionierte Filmstudent setzt seinen Weg fort. Wie gesagt, Manipulation sehr hohen Grades, aber es funktioniert, wenn man sich drauf einlässt.
Und der Rest? Ein Haufen trunksüchtiger Schandmäuler, denen das Leben der Genossen wenig und das aller anderen gar nichts wert ist. Kriegsverbrechen sind keine Ausnahme. Ein sonderbares Protagonistenpack ist es, das Frankenstein’s Army uns da vorsetzt. Und da man auch nicht davor zurückschreckt, den eigenen Kameraden bei nächstbester Gelegenheit schamlos in den Rücken zu fallen, fällt eine Identifikation nicht leicht. Aber so ist der Krieg nun mal, möchte uns der Film der Niederländer uns wohl sagen. Vor allem in Russland. Liebgewinnen sollte man eh niemanden der Herrschaften, denn die Soldaten fallen den in den Schächten lauernden Wiedererweckten schneller zum Opfer als man ihre Namen auswendig kann. Und die wahren Hauptdarsteller sind auch gar nicht die nichtsahnenden Militärs oder Kameramann Dimitri, sondern die schaurigen Gestalten, deren Körper Waffe ist. Das Geld, das eigentlich für Schauspieler und Drehbuch ausgegeben wird, floss hier zur Gänze in Kreaturendesign und Maske. Was Frankenstein’s Army auszeichnet und zu dem Spaß macht, der der Film ist, ist die unglaubliche Liebe zum Detail. Über 30 Biester wurden erdacht und in Handarbeit zusammengeklebt, -geschraubt und -genäht. Und sämtlich sehen sie zu niederknien gut aus. Von der mordenden Tauchglocke und der Schnapp-Kopf-Ab-Falle auf den Schultern bis hin zum Propeller als Kopfersatz hat man nichts ausgelassen, um den Freund altmodischer Effekte selig zu stimmen. Und das mit enormem Erfolg: Die Kuriositätenschau scheint kein Ende zu nehmen, jedes neue Ungeheuer überrascht mit seiner einfallsreichen Aufmachung und jede kommende Idee ist noch ein wenig irrer und abgefahrener als die vorangegangene. Bis zum Kochtopf auf Beinen. Doch nicht nur hier, auch an allen anderen Stellen zeugt jede Einstellung von liebevoll entworfener Ausstattung. Es werden Räume durchquert, die man nur für wenige Sekunden zu Gesicht bekommt, an deren verschwenderischer Steampunk-Einrichtung man sich aber gar nicht sattsehen kann. Dabei nimmt sich der Film ernst genug, um oben erwähnte Intensität zu wahren, aber weißt auch immer, dass er eigentlich großen Unfug darstellt. Die Spitze dieses augenzwinkernden Eingeständnisses ist fraglos das herrlich dämliche Vorhaben des für die Misere verantwortlichen Doktors, den Konflikt zwischen Nazis und Kommunisten auf ewig beizulegen.
Im Großen und Ganzen spiegelt der Film auf seine eigene bizarre Weise ein wenig den Wahnsinn wider, der in einem fanatischen Dr. Frankenstein wüten könnte. Und das Ganze bezeichnenderweise in und unter einer Kirche. Welcher Ort könnte passender sein, um einem Menschen das Feld zu bieten, sich als Gott aufzuspielen?
Am Ende gibt es zur Abrundung noch eine fies-schöne Reminiszenz an Mary Shelleys Roman.

Fazit

Frankenstein’s Army wirkt wie ein schelmischer Abgesang auf das Zeitalter digitaler Effekte. Alles ist handgemacht und alles sieht superb aus. Wer sich damit arrangieren kann, dass nicht irgendwelche inneren Werte wie eine Story zählen, sondern das furiose Schaulaufen eines obskuren Monsterkabinetts des Filmes Herzstück darstellt, erlebt eine 84-minütige Geisterbahnfahrt, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Inklusive einem von Sinnen seienden Doktor, Bloßstellung von Naziideologie und herzhaftem Splatter.

Pacific Rim

Eigentlich sollte ein halbes Jahrzehnt nach dem Comicspaß Hellboy – Die goldene Armee das zweite Wolverine-Spin-Off von Guillermo del Toro inszeniert werden. Doch da ihm das alles zu viel Zeit in Anspruch nahm, beförderte er sich selbst von der Liste der Kandidaten und drehte stattdessen das Monster-gegen-Roboter-Spektakel Pacific Rim.


Where is my GODDAMN shoe?

Story

Bereits Ende 2013 klafft ein Dimensionstor im Pazifik auf, das in immer höherem Takt riesige Bestien ausspuckt, die direkt auf unsere Großstädte zuhalten, um sie dem Erdboden gleichzumachen. Kaijūs werden sie getauft. Als alle Waffen versagen, legen die Völker der Erde ihre Streitigkeiten bei und erschaffen in Gemeinschaftsarbeit die sogenannten Jaeger – humanoide Kampfroboter, die ihren echsenartigen Gegnern in Kraft und Größe in nichts nachstehen. Gesteuert werden diese von zwei Piloten, die mental erst miteinander und zu zweit dann mit dem Korpus des Jaegers verschmelzen. Menschen können etwas Fantastisches bekämpfen, weil sie selbst etwas Fantastisches geleistet haben: Die Aufweichung der Grenze zwischen Mensch und Maschine.
Raleigh und Diego sind Brüder und die weltweit fähigsten Jaeger-Piloten.
Doch eines Tages unterliegen sie einem der Ungetüme und Raleighs Bruder stirbt, während er selbst noch mit ihm verbunden ist. Da die Kampfmaschinen der immer größer werdenden Bedrohung der immer größer werdenden Kaijūs nicht gewachsen sind, wendet die Menschheit die Strategie an, die sie schon immer wählte, wenn sie einem Problem nicht gewachsen war: Sie baut eine große Mauer.
Das Jaeger-Projekt wirde eingestampft und wirkt fortan nun nur noch als selbstständige Widerstandsbewegung.
Als die Dämme brechen, wird 4 Jahre später Raleigh wieder ins Boot geholt, der seit dem miterlebten Tod seines Bruders keine Roboterkapsel mehr betreten hat.
Zusammen mit einem kleinen Team und den verbliebenen Jaegern bildet er die letzte Bastion der Menschheit.

Kritik

Ziemlich viel Storytext für einen Monsterfilm. Auch wenn die Geschichte nicht die innovativste ist, hat Pacific Rim aber auch überraschend viel Substanz für sein traditionell handlungsarmes Subgenre. Alles beginnt mit einem großartig zynischen Prolog mit großartigen Bildern, die ganz nebenbei die Großartigkeit der Promotionstrategie unterstreichen: Die allgegenwärtige Befürchtung, bereits alles durch die Trailer gesehen zu haben, erweist sich als nichtig. Was es zu sehen gab, stammt überwiegend aus den ersten Minuten, bevor der Film richtig startet.

Die Bilder strotzen vor liebevollen Details, die Dialoge sind schnittig und gewitzt, wenn auch manchmal nicht ganz von Redundanz befreit. Dafür werden sie von durchweg sympathischen, teils herrlich schrulligen Figuren verzapft – exemplarisch seien die verschrobenen Wissenschaftler Dr. Hermann und Dr. Newton genannt, zwischen denen eine feurige Nerd-Rivalität besteht, die sie dazu treibt, einander ständig wie streitlustige Kinder zu triezen. Klingt abgegriffen, funktioniert aber. Wer an comichafter Überzeichnung alle toppt, ist Ron-Hellboy-Perlman als Kaijū-Organhändler mit Metallschuhwerk und Klappmesser.

Nach etwa 20 Sekunden hat man jede Bay’sche Transformers-Variation bereits meilenweit hinter sich gelassen, weil man etwas schuf, dass die infantil-patriotische Spielzeugverfilmung niemals war und sein wird: Überlegtes Kino mit Seele.
Während Bay und auch die meisten Monsterfilme meist im Makrokosmos verharren, wodurch die Prügeleien der Kolosse folgenfrei bleiben, verschmelzen nicht nur auf Handlungs-, sondern auch auf Filmebene die einzelnen Menschen mit den gigantischen Schlägern. Das Resultat eines jeden verfehlten Schlags und jeden als Waffe zweckentfremdeten Objekts ist klar spür- und sichtbar. Das reicht von herabstürzenden Robotergliedern, die zwischen Menschen aufprallen, bis hin zur Problematik, was mit den Exkrementen der haushohen Tiefseealiens geschieht. Hier ist das Giganten-Konzept nicht nur eine Ausrede, um spektakuläre Materialschlachten zu filmen und das Auge zu beschwipsen, sondern tatsächlich durchdachte Idee mit ernstzunehmender Mythologie und berechtigtem Authentizitätsanspruch. Die Folge: Pacific Rim reduziert sich selbst nicht zur herzlosen Materialschlacht, bei der große Explosionen zählen, einem die Handelnden aber gleichgültig sind, sondern schafft von Anbeginn an warme Besorgnis um seine Figuren – ganz einfach deshalb, weil sie von der Geschichte ernstgenommen werden und in der Inszenierung nicht hinter Blechkameraden, Godzilla-Sippe untergehen.
Und das macht den Unterschied aus zwischen einem zweistündigen Spezialeffekt und einem guten Film.
Das alles soll nicht heißen, Pacific Rim wäre frei von Bombast, Schauwerten und knalliger Zerstörungsfreude, im Gegenteil: Die Kämpfe in Ozeanen und Häuserschluchten sehen ausnahmslos atemberaubend aus. Die Animationen sind mustergütig, die Ausführung berauschend und die Kreaturendesigns ehrfurchtgebietend. Die treibende Musik vervollkommnet die mitreißenden Bilder und ein preisverdächtigen Schnitt sorgt für die notwendige Rasanz. Auch, wenn das Treiben bisweilen etwas unübersichtlich wirkt. Zum Glück verharrt der Monsterfilm nie zu lange in seinen Schlachtenbildern, sodass sie auch beim finalen Schlag noch aufregend und frisch sind.
Dass der Film trotzdem eine gewöhnliche Geschichte mit ebenso gewöhnliche Struktur erzählt, verhindert zwar, dass er zum endgültigen Ausnahmestreifen wird, doch entscheidend ist wie so oft das „wie“. Dass das Drehbuch gelungen ist, der Plot aber ein paar ärgerliche Knicke hat, kommt außerdem hinzu, kann am hohen Unterhaltungsfaktor aber de facto nichts ändern.

Fazit

Guillermo, Schutzpatron des Fantastischen, gibt uns den Glauben an Ungetüme zurück. Und daran, dass Opulenz – speziell in der Science-Fiction – nicht gleichbedeuten sein muss mit hirnlosem Schund. Moderne Monsterfilme müssen sein wie Pacific Rim – und man kann nur hoffen, dass das geplante Sequel seinen Weg zur Produktion findet, denn mit ein wenig Mut lässt sich der Faden um die Mythologie der Kaijūs hervorragenden weiterspannen – vielleicht sogar direkt bis in ihre Heimatwelt hinein.

Wer noch die Gelegenheit dazu hat: Unbedingt im Kino erleben.

Grabbers

Ein Jahr nach der erfolgreichen Sci-Fi-Horror-Komödie-Milieustudie (oder so) Attack the Block von Joe Cornish fallen die Außerirdischen schon wieder über ein paar Underdogs in Europa her. Das große Zerstören von Großem kommt aus der Mode.
Jon Wright, Regisseur von Grabbers, konnte mit seinem Debutfilm Tormented den nötigen Zaster für die Produktion zusammenkratzen – und macht damit offensichtlich exakt das, worauf er Lust hat.

It’s the quiet places where all the mad shit happens.
Story

Ein Komet, strahlend schön wie ein Engel, plumpst in schräger Linie ins Meer. Direkt vor den Augen eines deckschrubbenden Fischers. Ehe man sich versieht, ist ein struppiger Komparse namens Roy nach den Worten „Ja!“, „Warte mal!“ und „Neeeein!“ auch schon vom Bord verschwunden und der Rest der dreiköpfigen Crew folgt ihm eilig.
Aliens suchen die Erde heim. Genauer gesagt das irische Fischerdörfchen Erin Island, offizielles Hauptquartier der Schnapsdrosseln und des Schmuddelwetters.
Gerade jetzt haben O’Shea und Lisa ihren ersten gemeinsamen Tag auf Streife und können sich nicht natürlich überhaupt nicht ausstehen. Er ein Schluckspecht, sie ein Workaholic.
Nach und nach kommen sie zusammen mit den anderen windschiefen Figuren des Eilands der extraterrestrischen Wahrheit auf die Spur, während sich die glibbrige Bedrohung immer weiter ausdehnt und sich durstig am Blut der Einheimischen gütlich tut.
Als der Abend der Entscheidung naht, sind die Bewohner von Erin Island auf sich allein gestellt, weil ein Sturm alle Wege zum Festland abschneidet.
Es muss ein Rettungsplan her, der eines Iren würdig ist.

Kritik

Grundidee und Ausgangslage gewinnen keine Innovationspreise. Sei’s drum. Dafür sieht man dem Film bereits in den ersten Szenen an, dass hier mit viel Liebe zum Film und Filmemachen zu Werk gegangen wurde. Grabbers besticht mit schönen, aber unaufdringlichen Landschaftsaufnahmen der urigen Schauplätze in überraschend satten Bildern. Kaum eine Kameraeinstellung erweckt den Anschein von Beliebigkeit. Die Schauspieler passen in ihre Rollen und das Zusammenspiel zwischen ihnen funktioniert gut. Das Drehbuch gibt genug kleine und große Reibungspunkte, an denen die beiden sich zanken und kennenlernen können, um dann irgendwann für den großen Kampf gerüstet zu sein. Zu allem gibt es eine latent zynisch übertriebene Musikuntermalung, die das Gesamtbild abrundet. Grabbers langweilt in keiner Minute, weil man ganz fraglos mit großer Überzeugung an dem Film gearbeitet hat.
Lange gibt es von den Aliens nichts zu sehen, obwohl der Berg der Opfer stetig wächst. Gestorben wird eine ganze Weile auf typische Slasher-Manier. Der Verdammte schreit, zappelt und wird von etwas, das außerhalb des Bildes ist, zermatscht, gemampft oder verschleppt – letztendlich aber alles drei. Und wenn man ein solches Ungeheuer dann zu Gesicht bekommt, darf man positiv überrascht sein, weil es sich von üblichen Creature-Designs abhebt, ohne dabei gleich zu abgehoben zu wirken. Man hält sich einfach an die älteste Regel der Menschheit: Je mehr Tentakeln, desto toller. Ganz besonders erfreulich ist, dass gezeigt wird, wie sich Tentakeldinger eigentlich am effizientesten bewegen. So naheliegend! Und doch ist noch niemand zuvor drauf gekommen. Cudos an die geniale Person mit diesem Einfall.

Der Humor ist unaufdringlich und trocken. Über weite Strecken ist der Film genaugenommen so gemütlich wie die Mentalität des verschlafenen Nests, das nicht ahnt, was ihm schwant. Grabbers könnte sich problemlos über seine Figuren lustig machen, haben sie doch allesamt mehr als genug Fehler hierfür, vermeidet dies aber von Anfang an. Stattdessen behandelt der Film sie mit Respekt und erzählt sogar ihre Ausrutscher mit zurückhaltender Sensibilität.
Selbst das Sterben ist nicht bedrohlich sondern vielmehr – und das mag womöglich das falsche Wort sein – nett, als würden die Unglücklichen ihr eigenes Ableben auch mit einem Augenzwinkern sehen.
Mit fortlaufender Dauer nimmt der Humor etwas an Tempo auf und wird ein wenig vorlauter, bleibt aber trotzdem meilenweit entfernt von aufdringlicher Albernheit, wie man sie in vielen anderen Horror- und Sci-Fi-Komödien erdulden muss. Im Gegenteil, Grabbers legt gerne mal falsche Fährten, lässt Befürchtungen aufkommen, wie sich in wenigen Momenten ein vorhersehbarer Witz aufbauen könnte, und lässt der Szene dann an ganz anderer Stelle den Druck ab.
Abgesehen davon zollt man der provinziellen Mentalität Tribut. Dabei zuzusehen, wie unprofessionell und sorglos mit den brandgefährlichen und außerirdischen Proben umgegangen wird, ringt mehr als nur einmal ein Schmunzeln ab und trotz ihrer abgeschiedenen Lage sind die Bewohner eigentlich allesamt sehr ausgeglichen und zufrieden mit ihrem Leben.
Eigentlich können nur zwei Sachen die Schaufreude ein wenig und auch nur kurzzeitig drosseln: Die Erkenntnis, dass auf einer so großen europäischen Insel keine 50 Leute zu wohnen scheinen. Und eine sich deutlich zu abnhängig an Genreklischees lehnende Hürde am Schluss, die beweist, dass alle Horrorfilm-Figuren letzten Endes doch eine ähnliche IQ-Stufe haben.
Das gesamte letzte Drittel ist dann eigentlich schon fast Finale. Und zwar eines, das sich sehen lassen kann. Evan Goldbergs und Seth Rogens kommende Apokalypsen-Party This is The End hat da eine gar nicht so niedrige Hürde zu nehmen.

Fazit

Ein durch und durch sympathisches und bodenständiges Plädoyer für Gelassenheit, das sich tarnt als Monsterfilmchen über blutsaugende, mit Tentakeln versehene Weltraumviecher.
Grabbers führt anschaulich vor, dass viele gute kleine Ideen besser sind als nur eine große und ist damit optimale Abendunterhaltung, ob alleine oder in der Gruppe.
Unbeschwert, very british und eine Ode an den Suff.

Man darf gespannt sein auf Jon Wrights dritten Film, der den vielsagenden Titel Our Robot Overlords tragen wird.

Shadow Creature

Zu fast allen Filmen kann man hier einiges schreiben. Beispielsweise über geschichtliche Relevanz, den Stellenwert in den Lebensläufen der Beteiligten oder die Rezeptionsgeschichte.
Shadow Creature macht es diesem ersten Absatz beileibe nicht ganz leicht. Man könnte etwas über misslungene Kunst im Allgemeinen zu Papier bringen. Aber das träfe nicht den eigentlichen Kern. Und daher bleibt nur eine nackte, nichtssagende Zahl, um diesen Textblock zu rechtfertigen. Grob 300.000 Dollar hat dieses Machwerk gekostet. So, so.


Und das Resultat ist, gelinde gesagt, negativ.

„Story“

Mitten in der Nacht wird ein Toter gefunden, der die Polizei vor ein Rätsel stellt. Muskel-Detective Brighton stürzt sich kopfüber in den Fall, obwohl sein Vorgesetzter nur kräftige Widerworte für ihn und seine Theorien übrighat. Seine Ermittlungen führen ihn auf die Spur eines höchst verdächtigen Unternehmens. Währenddessen häufen sich die Todesfälle und eine schleimige Kreatur faucht und kratzt und grunzt und killt.
Der aufgepumpte Cop, eine Forscherin, ein manischer, glatzköpfiger Bürgermeister, ein Mafiosi und ein Professor geraten allesamt auf mehr oder weniger, weniger, weniger (, weniger, weniger)  plausiblen Gründen in das Visier der unerbittlichen Bestie.
Und irgendwie hängt das mit dem Prototyp eines Haarwuchsmittels zusammen.
Gut, an dieser Stelle wird man vermutlich problemlos erraten können, wie dieser behauptete Zusammenhang aussieht.

Kritik

Der erste Satz der Inhaltsangabe spricht davon, dass die Polizei vor einem Rätsel stünde. Das ist ein Zustand, an dem der Zuschauer nicht teilnimmt, denn schon in Minute 3 sieht man das Monster – beziehungsweise ein Gummiding, das entfernt an etwas erinnert, das an ein Monster erinnern soll – durch einen Fluss paddeln. Ganz nebenbei wird das gezeigt, als sähe man nicht gerade den gottlosen Schandfleck der Schöpfung, sondern einen Baum, ein Haus oder ganz einfach nur ein Gewässer ohne Monster. Das ist der erste und vorerst letzte Auftritt der namensgebenden Kreatur, die dem Zuschauer übrigens eine Erklärung schuldig bleibt, was denn so schattig an ihr ist.
Anschließend wird erst einmal lange Zeit über kahle Schädel und halbnackte Polizisten erzählt, ehe das Viech wieder auftreten darf. Dessen Vorwegname als gefährlichen Spoiler zu bezeichnen, wäre der Pedanterie zu viel, schließlich wird der leiderprobte Zuschauer, der sich diesen Film zu Gemüte führt, schon im Vorfeld wissen, dass nicht ausschließlich menschliche Wesen vorkommen. Trotzdem ist es dramaturgisch etwas kauzig, Aussehen und Art des Monsters – und damit einen der entscheidendsten Knalleffekte des Genres – als völlig geschmacksneutrale Vorspeise zu aufzutischen.
Aber womöglich war Regisseur James P. Gribbins einfach nur ein bodenständiger Kerl, der sich einfach nicht der Illusion hingeben wollte, dass ein steifer Mann in einem wabbeligen Gummianzug für staunende Münder sorgen könnte, woraufhin er jede mögliche Erwartung direkt im Keim ersticken wollte. Und das gelingt hervorragend. Die ersten Minuten sind derart talentlos inszeniert, dass alles nachfolgende, was auch immer es sein mag, eigentlich nur begeistern kann.

Ebenfalls in der Inhaltsangabe steht geschrieben, dass Brightons Ermittlungen ihn zu etwas brächten. Das ist leider gelogen. Das Drehbuch ist es, was ihn von Hinweis zu Hinweis leitet, während seine Ermittlungsarbeit in erster Linie darin besteht, seinen blanken Oberkörper im Polizeipräsidium zur Schau zu stellen, grundlos Leute zu verhauen und Zeuginnen auf schockierend plumpe Weise bei der Befragung mit Streicheleinheiten nahezukommen. Dabei sieht Darsteller Shane Minor die ganze Zeit aus, als wäre er nur mal kurz vom benachbarten Set irgendeines Schmuddelfilmchens rüber geirrt, um sich das Geld für die Mittagspause zu verdienen.

Doch zum wichtigen Aspekt von Kritik und Film.
Shadow Creature ist unbedingt in deutscher Fassung zu schauen! Niemals zuvor, niemals danach wurde eine Synchronisation derart ungekonnt auf eine Filmrolle geschmiert. Aber nicht nur Kompetenz fehlte. Es fehlte auch der Wille, nur eine einzige Lippenbewegung korrekt zu vertonen. Das ganze Ensemble hört sich an, als hätte eine Klasse rumalbernder Schulkinder Helium geatmet und Murmeln geschluckt, um dann ein eigenes, improvisiertes, infantil-satirisches Hörspiel aufzunehmen.
Vor allem – doch keineswegs nur! – der Protagonist tönt unentwegt, als wäre er vollkommen eingeschnappt. Jede Bemerkung des pseudo-markigen Bullen kommt beleidigt und schmollend aus seinem Mund gequäkt. Plotwerkzeug Professor Melvin klingt wie ein ganz bestimmter Simpsons-Charakter und dem höchst seltsamen Polizeichef wurde ein absurd stark lispelnder Sprecher zugeteilt. Unabhängig von diesen Beispielen – die Liste ist beileibe nicht vollständig – sprechen alle nicht nur total überbetont, sondern auch schlicht und ergreifend im völlig falschen Rhythmus.
Was dem Synchro-Genuss die Krone aufsetzt ist aber, dass ganz generell auch die Übersetzung fehlerreich, genauer gesagt total willkürlich ausgefallen ist. Am laufenden Band werden Sätze gesprochen die überhaupt nichts mit der Situation zu tun haben und teils im Kontext, teils auch ganz allgemein überhaupt keinen Sinn ergeben.
Beispiele gefällig?

  1. „Tja, er unterrichtete Nekrophilie und war als Kapazität bekannt.“
  2. „Heilige Mutter Gottes und alle Heiligen.“
  3. Ganz oben auf der Skala befindet sich aber der unscheinbare Ausspruch, der an sich echtes Potenzial zum Klassiker hat: „Eine Chance ist mehr als genug.“

Danke. Danke, wer auch immer diesen Film synchronisiert hat. Ihr hattet sicher die Zeit eures Lebens.

Das eidechsenähnliche Monster sieht herzallerliebst aus. Nach dem jämmerlichen ersten Auftritt im Szene-1-Tümpel ist es fast nur noch in Nahaufnahme zu sehen. Das Kostüm ist zwar eindeutig ein ebensolches, doch hat man sich in Sachen Detailgrad und Mimik ziemliche Mühe gegeben. Die herzerwärmenden Grunzgeräusche der Bestie tragen das ihrige zum Charme bei, während der schwitzende Schauspieler im Inneren hektisch auf und ab springt. Generell muss zugegeben werden, dass die Effekte durchaus gelungen sind. Besonders die kleinen Bodyhorror-Einschübe sind bemerkenswert ansehnlich und rufen Erinnerungen an den einen oder anderen Klassiker wach. Da pulsieren Gliedmaßen, wieder andere fallen ab und am Ende der grausamen Transformation zum Gummilizard lachen sich die armen Infizierten die Seele aus dem Leib und springen in trübe Pfützen. Nicht sehr gruselig, aber ziemlich unterhaltsam.
Das trifft im auch auf die gesamte Geschichte zu.
Damit eben jene nicht ganz so flach wirkt, hat man es sich gestattet, den faulen Kniff anzuwenden, die anfänglichen Geschehnisse zu verschweigen und dies dafür in einer Rückblende ab der Filmmitte nachzuholen. Ein unfeines Stilmittel, aber in einem B-Werk wie diesem immerhin weit weniger schändlich als in so mancher Big-Budget-Produktion.
Logik liegt erwartungsgemäß brach. Weder, wie erwähnt, in den Dialogen, noch im Rest des Filmes ist Vernunft zu erkennen. Die Figuren handeln ausnahmslos sinnentleert, der Fortgang der Handlung geht selten aus dem bisher Geschehenen hervor und auch sonst erweckt vieles den Anschein von absurdem Theater. Nur dass man sich nie ganz sicher sein kann, ob das Witzige und Skurrile tatsächlich gewollt ist. Da ist man ganz offensichtlich im selben Raum mit dem Ungeheuer und überlegt sich prompt, dass man ja erst mal ins Dezernat fahren und einen Bericht schreiben könnte. Ein Verhör fließt völlig übergangs- und grundlos in Sex über, beim Schießen sind Mündungsfeuer, Bewegung und Schussgeräusch überhaupt nicht aufeinander abgestimmt und der Hörsaal einer Universität ist eine Theaterbühne!
Dass Shadow Creature durchaus komödiantische Absichten hat, ist irgendwann (wenn auch noch nicht zu Anfang) klar. Manche Wortwechsel sind unzweideutig humoristisch gemeint und wenn eine Figur eins auf die Zwölf bekommt, dann zwitschern auch schon mal ganz comicartig die Vögel. Doch die Grenze zwischen gewollt und ungewollt komisch verschwimmt hier total. Und wirklich witzig ist es meist dann, wenn der intendierte Humor einsetzt, weil dies fast immer so brachial nach hinten losgeht, dass man sich vor lauter Scham am Ende doch beim Lachen erwischt, so fassungslos lässt einen das Gezeigte zurück. Genau das macht den Film aber so unterhaltsam. Dank Synchro und dem Scherz von einem Drehbuch entpuppt sich Shadow Creature als unberechenbare Kuriositätenshow mit einer fast schon unheimlich burlesken Sogwirkung.

Fazit

Ein imdb-Rating von immerhin 3,8 und bei Amazon einen Sternedurchschnitt von 1. Zumindest letzteres sollte geändert werden. Denn vieles ist zum Stottern komisch. Und es wäre doch gelacht, wenn manches davon nicht sogar Absicht gewesen ist.
Ein unfassbarer Unsinn, der so blöd und quietschig ist, dass der Film beinahe schon hypnotische Wirkung entwickelt.
Auf eine gelungene Slapstick-Einlage kommen 20 Szenen, bei denen man nie sicher sein kann, ob sie ernst oder albern gemeint sind. Die ganze Geschichte ist so furchtbar schlecht, dass man sie nur anhimmeln kann, und sämtliche Darsteller praktizieren so konsequent Anti-Schauspiel, dass die präsentierte Welt einfach nur maßlos falsch, verstörend und sonderbar ist. In einer objektiven Welt käme Shadow Creature bestenfalls auf eine 2 vor der Kommastelle. Zum Glück leben wir nicht in einer solchen und ungeschminktes Unvermögen kann entsprechend gewürdigt werden.
Oder, um mit der Synchronisation des Filmes zu schließen: „Und ich rutschte aus und fiel in seine Gehirnmasse.“

Zu sehen ist der Film übrigens auch gratis und in seiner vollen Pracht auf Netzkino.de.

Alarm im Weltall

Shakespeares Der Sturm im 23. Jahrhundert. Die Insel wird ein Planet, Ariel wird zum Roboter, Prospero zum größenwahnsinnigen Wissenschaftler und der Protagonist wird von niemand geringerem als Leslie Nielsen in seiner ersten großen Rolle gespielt. Warum die gewagte Adaption eines der wichtigsten Sci-Fi-Werke überhaupt ist, dazu mehr im ausgelagerten Blogeintrag zur historischen Bedeutung von Forbidden Planet.


Quiet please. I am analyzing.

Story

Vor 20 Jahren landete das Raumschiff Bellerophon mit Kolonisten auf der Planetenoberfläche von Altair 4. Der Kontakt brach ab und irgendwann verfestigten sich die Befürchtungen, dass der Besatzung etwas zugestoßen sein muss.
Kapitän Adams hat den Auftrag, mit seinem Raumkreuzer auf Altair 4 zu landen und herauszufinden, wieso es nie wieder ein Lebenszeichen gab.
Als sie in den Orbit des Planeten kommen, können sie über Funk einen der Kolonisten erreichen. Er heißt Dr. Edward Morbius und rät dem Suchtrupp nachdrücklich davon ab, zur Landung anzusetzen. Doch da man die lange Reise nicht umsonst gemacht haben will, schlägt man die Warnung in den Wind.
Sie staunen nicht schlecht, als nach der reibungslosen Landung ein Roboter mitsamt Roboterauto angeflitzt kommt und den Kapitän und zwei seiner Besatzungsmitglieder zur Residenz von Dr. Morbius transportiert.
Dieser überrascht nicht nur mit seiner reizenden Tochter Altaira, sondern auch mit der Auskunft, dass die gesamte Besatzung der Bellerophon kurz nach der Landung von einer unbekannten Macht auf brutalste Weise getötet wurde. Nur er und seine mit Altaira schwangere Gattin, die jedoch weniger später eines natürlichen Todes starb, blieben verschont. Seither lebt er alleine auf dem Planeten und erforscht die technischen Relikte der ehemaligen Planetenbewohner: Die vor Jahrtausenden ausgestorbene hochentwickelte Alienrasse der Krell.
Da Morbius fürchtet, den Neuankömmlingen werde ein ähnlich grausames Ableben bevorstehen, wenn sie zu lange auf dem Planeten verweilen, drängt er sie, schnellstmöglich wieder abzuziehen.

Kritik

Eigentlich würde es genügen, den überwältigenden Vorspann zu zeigen, der viel besser wiedergeben kann, was dieser Film ist, als jede Rezension es vermag. Wabernde, bedrohliche und zugleich lockende elektronische Geräusche, die sich wie von alleine zum eigentümlichen Score des Filmes zusammenfügen. Währenddessen läuft der Vorspann in Star Wars-Gelb.
Nicht nur das Sounddesign, auch die Ausstattung und die fabelhaften Sets sorgen dafür, dass die Diegese perfekt sitzt. Altair 4 ist ohne Frage ein ziemlich wundersamer Planet. Er wirkt fremdartig, aber nicht bedrohlich, obwohl stets eine animalische Gefahr im Hintergrund zu spüren ist. Dafür sorgen auch die kontrastreich dargestellten semantischen Räume. Das Anwesen von Morbius und Tochter ist edel und prunkvoll und von einem beinahe paradiesisch anmutenden Garten umgeben. Der robotische Hausdiener Robby ist zugleich Butler und Freund. Der Rest des Planeten scheint dagegen aus einer gigantischen Wüste aus Sand und Fels zu bestehen. Die unbekannte Weite, in der Raumkreuzer C57D landete, bietet den Besuchern keinerlei Schutz vor den verborgenen Gefahren des Planeten.
Das Raumschiff selbst hat die Form eines klassischen UFOs und lässt keinen Zweifel daran, dass die Protagonisten in diesem Film die eigentlichen Invasoren sind und einen Einsiedler behelligen, der eigentlich nur in Frieden seinen Forschungen nachgehen möchte. Auch wenn am letztlich natürlich alles anders kommt und der geniale Dr. Morbius etwas Entscheidendes übersehen hat, was nur unsere Helden aufdecken können, bleibt am Ende die Frage offen, ob nicht alles deutlich besser verlaufen wäre, wenn das Raumschiff unter dem Kommando von Kapitän Adams nach den anfänglichen Warnungen einfach kehrtgemacht hätte.

Etwas absonderlich und trotzdem in gewisser Weise passend ist das obskure Verhalten der Figuren, wenn es um die Annährung von Mann und Frau geht. Als die drei Gesandten der Erde unerwartet auf die wimpernklimpernde Tochter des Doktors treffen, verfallen sie allesamt ohne Umschweife in den Balzmodus und übertreffen sich ständig gegenseitig in Sachen unverfrorene Anmache.
Überhaupt ist das Frauenbild in Alarm im Weltall ein eigenartiges. Altaira ist das unbekümmerte Naivchen ohne Scham und Ahnung, das ganz aus Versehen verführt wird. Ihr weltfremdes Verhalten – und somit ihre Figur –  wird aber dadurch gerechtfertigt, dass sie die Welt und die dortigen Gebräuche überhaupt nicht kennt und ihr Vater der einzige Mensch ist, den sie in ihrem Leben gesehen hat. In ihrer Unschuld erinnert sie etwas an die von Zivilisation abgeschotteten Naturvölker, auf die die Expeditionsteams in unzähligen Abenteuerfilmen vergangener Tage stoßen.
Abgesehen davon geben sowohl die Figuren als auch ihre Darsteller keinen Grund zur Klage.
Besonders sorgfältig ausgebaut ist der Doktor, der einerseits ungesund intensiv an seine neue Heimat gebunden ist, trotzdem aber schmerzhaft die Konversationen mit anderen Menschen vermisst.
Die Crew besteht nicht nur aus einem Haufen Raumfahrer, die ihr Leben der Wissenschaft verschrieben haben, sondern ist in erster Linie eine Meute von Männern, denen die Einsamkeit des Alls schwer zu schaffen macht.

Lange Zeit war es Gang und Gäbe, wirkliche Monster zwar zu erwähnen, sie aber nicht zu zeigen, sondern es der Fantasie des Publikums zu überlassen, sich die bestialischen Einzelheiten auszumalen. Zu groß war die Gefahr, dass das präsentierte Ungeheuer lächerlich wirkt und dieser Effekt ganze angezielte Stimmung des Filmes unter sich begräbt. Alarm im Weltall folgt dieser Devise und weicht trotzdem von ihr ab. Die außerirdischen Krell bekommt man kein einziges Mal zu Gesicht – nur die dreieckigen Türrahmen lassen vage Schlüsse auf ihre Anatomie zu und verführen den Zuschauer dadurch zu den waghalsigsten Spekulationen über das Erscheinungsbild der ausgelöschten Rasse. Die gegenwärtige Gefahr, nämlich das mysteriöse Monster, das die Crew später heimsucht, ist unsichtbar und anfangs geben nur die tiefen Fußabdrücke im Sand und das sich unter seinem Gewicht biegende Metall Aufschluss über die Beschaffenheit des Dings. Völlig überraschend wird es später aber doch gezeigt – und wirkt dank eines gerissenen technischen Kniffs tatsächlich so schauerlich, wie man es sich ausgemalt hat.

Nicht bloß die aufwendigen handgemachten Effekte unterhalten heute noch, ohne dass sie große Verschleißspuren aufweisen, auch die eigentliche Geschichte war damals so ideenreich und modern, dass sie dem Plot neuerer Werke in nichts nachsteht.

Fazit

Alarm im Weltall überzeugt sowohl im Detail als auch im Gesamtbild. Die beeindruckende Ausstattung, das Gleichgewicht zwischen Anspannung und lustigen Sprüchen, die interessante Geschichte und die unzähligen überraschenden Details sorgen dafür, dass der Sci-Fi-Klassiker nicht nur historisch interessant ist, sondern auch aus heutiger Sicht ein außerordentliches Filmerlebnis verspricht, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Und sei es nur, um das erstaunliche Experiment zu beobachten, in dem William Shakespeare, Siegmund Freud, Leslie Nielsen und Science-Fiction miteinander gekreuzt werden.