Titan A.E.

Beinahe 37 Millionen Dollar wendete 20th Century Fox für den Zeichentrickfilm Titan A.E. auf und scharrten große Stars wie Matt Damon, Bill Pullman, Drew Barrymore und Ron Perlman um sich, um den Figuren prominente Stimmen zu leihen.
Lohn er Mühen waren durchwachsene Kritiken und ein im Verhältnis lachhaftes Einspielergebnis. Fox zog die Konsequenzen und schob der Zeichentrickabteilung den Riegel vor. Zurecht?

My scanners are showing a veritable cornucopia of nothing.

Story

Im Jahre 3028 haben wir Streit. Den fiesen Energiewesen Drej missfällt, dass die Menschen sich im All tummeln, wie es ihnen passt. Also trommeln sie ein paar Raumschiffe herbei und verarbeiten die Erdenkugel kurzerhand zu Staub. Die rechtzeitige Flucht gelingt nur einer Handvoll.
Jahre später gilt die Spezies Mensch als gefährdet, die wenigen Verbliebenen sind zerschlagen, im Weltraum hoffnungslos verteilt.
Einer von Ihnen ist Cale Tucker, der am Unglückstag mit Kinderaugen beobachten musste, wie sein Vater Abschied nahm und in einem dicken Raumschiff auf ewig verschwand, während der kleine Sohnemann mit Fremden nur um Haaresbreite fliehen konnten.
Mittlerweile ist Cale in den frühen Zwanzigern, Heißsporn und rücksichtsloser Rüpel. Als ein Captain Joseph Korso auftaucht und ihm erzählt, dass er mit seinem Vater gedient habe, ist der Flegel wenig beeindruckt. Auch der Behauptung, dass ausgerechnet er eine Schlüsselfigur bei der Rettung der Menschheit darstellen soll, gewinnt er wenig ab.
Als die Drej auftauchen und nach Cales Leben trachten, bleibt ihm aber keine andere Wahl, als mit dem Fremden und seiner schlagfertige Begleiterin Akima zu reisen.

Kritik

Man muss Titan A.E. nicht lange schauen, um anzuerkennen, wie unverschämt toll der Sci-Fi-Film aussieht. Die Hintergründe sind prunkvoll ausgestattet, jedes Bild ist lebendig und das Auge mag sich an all vielen den kleinen Details kaum sattsehen. Ob nun das Feld aus Wasserstoffbäumen, die aussehen wie leuchtende Lampionblumen, die Weltraumrochen oder das alles reflektierende Kristallfeld mitten im All; all das sieht toll bis umwerfend aus und wirkt dazu plastischer als so mancher nachträglich zu 3D konvertierter Film. Eigentlich wäre Titan A.E. ein perfekter Kandidat für ein 3D-Update, denn unzählige Szenen wirken mit ihren geschickt platzierten Artefakten wie für den Effekt gemacht. Alles bewegt sich, die Kamera schwirrt umher und 3D-Modelle hasten immer wieder stolz durchs Bild. Ob der moderne Rock, der bei jeder Gelegenheit die Bilder unterlegt, passend oder störend ist, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Der Film neigt hin und wieder aber auch dazu, sich an seiner eigenen Technikperfektion zu ergötzen und läuft dann in Gefahr, auf sie reduziert zu werden. Denn so schön das alles auch anzusehen ist, relevant für die Geschichte ist es fast nie.
Die Figurengestaltung ist im Vergleich zu den üppig ausgestatteten Hintergründen mit ihrer einfarbigen Haut fast schon als schlicht zu bezeichnen, glänzt aber durch einen beeindruckend realistischen Schattenwurf und absolut geschmeidige Bewegungen.

Inhaltlich hält sich der Film dafür deutlich stärker zurück. Die Zerstörung der Erde ist ein wunderbar unorthodoxer Einstieg für einen Zeichentrick-Science-Fiction-Film, alles was anschließt, bleibt aber ängstlich auf altbekannten und völlig ausgetretenen Erzählpfaden. Wohin die Reise geht, wie und wo sie endet, ist schnell klar und damit die Geschichte nicht nach 15 Minuten zu Ende erzählt ist, bauten die Drehbuchautoren einfach ein paar unnötige Zwischenstationen ein, die in erster Linie dazu dienen, den Film noch besser aussehen zu lassen. Das führt dazu, dass der Streifen trotz seiner sehr simplen Geschichte grundlos hektisch nach vorne galoppiert und so durch ein merkwürdiges Ungleichgewicht zwischen Erzählung und Erzähltempo geprägt ist. So trifft auch auf das Finale zu, was eigentlich den ganzen Film hinreichend beschreibt: Hübsch, aber ein wenig einfallslos.
Protagonist Cale Tucker ist wütend auf seinen Vater, ansonsten bleibt der rebellische Heroe im Surfer-Look die meiste Zeit sehr blass und macht sich vor allem durch Sarkasmus bemerkbar. Die Geschichte halbwegs zu tragen, gelingt ihm nur deshalb, weil der Zuschauer um seine formgebende Vergangenheit weiß, was zumindest ansatzweise für Profil sorgt.
Noch weit schlimmer verhält es sich mit den Drej, die nie mehr als das gesichtslose Böse sind. Warum sie die Menschen als Bedrohung betrachten und alles daran setzen, ihre Wiederauferstehung zu vereiteln, bleibt gänzlich unbeleuchtet. Hier werden große Möglichkeiten verschenkt.

Die Begleiter Cales, mit denen er sich auf die Suche nach dem Vermächtnis seines Vaters macht, sind allesamt ein wenig komplexer und interessanter als die beiden großen Fronten der Geschichte, aber trotzdem nur Variationen von Stereotypen. Die illustre Auswahl namenhafter Synchronsprecher hat sich dafür sehr gelohnt. Besonders Bill Pullman und Drew Barrymore machen ihre Sache mit einer Freude, die man heraushört.

Das austauschbare Drehbuch verwundert vor allem deshalb, weil einer der vielen Autoren niemand geringeres als Joss Whedon (Firefly, Marvel’s The Avengers, Dollhouse) gewesen ist. Wenigstens eine ausführliche Liebesgeschichte wurde ausgespart.
Dass man an einigen Ecken über die Klischees typischer Abenteuergeschichten spöttelt, ist anfangs sehr erfrischend, doch wird schnell klar, dass der Spott auf den Film selbst zurückfällt, wenn er kurze Zeit später beginnt, die eben noch durch den Kakao gezogenen Klischees unreflektiert zu bedienen.

Der Charakter des Weltraums mit seinen fantastischen Plätzen, den märchenhaften Möglichkeit und nicht zuletzt einer der Chalmuns Cantina zum Verwechseln ähnlichen Bar entspricht eindeutig eher Star Wars als Star Trek.
Titan A.E. kann sich oftmals nicht so recht entscheiden, ob er nun auf kindgerechten Humor oder auf eine leicht düster-ernste Thematik setzen möchte und tut dann einfach beides. Wenn kreischende Slapstick-Aliens und zivile Opfer aufeinandertreffen, wirkt das im ersten Moment sehr befremdlich, macht das Gesamtwerk aber nach einer Weile auch sehr interessant.
Dazu trägt auch die etwas seltsame Entscheidung bei, die Aliens fast allesamt so aussehen zu lassen wie irdische Tiere.

Fazit

Titan A.E. bereitet durchaus Freude und lädt vor allem am Anfang zum Staunen ein. Im Laufe der Geschichte wird aber immer klarer, dass der Film so anders gar nicht ist, bis er ab der Anfang der zweiten Hälfte genau jenen Klischees erliegt, über die er sich lustig macht, und am Ende sogar kleine Längen aufweist.
Was durchgehend bleibt, ist der Reiz für die Sinne, denn das Weltraumabenteuer ist nach wie vor eine Massage für Augen und Ohren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert