Killjoys – Staffel 1

Parallel zu Dark Matter zäumte der SyFy-Channel noch ein zweites Serienpferd auf: Killjoys. Die Grundkonstellation ist in beiden Serien erst einmal recht ähnlich: Irgendwo zwischen Farscape, Firefly und irgendeiner Crime-/Fantasyserie siedeln sich die beiden Geschichten an. Doch macht Killjoys vieles deutlich besser als der Bruder Dark Matter.

Perfection is a process.

Story

Die abgebrühte Dutch und ihr Partner John Jaqobis sind Killjoys – Angehörige einer neutralen, aber von der Regierung gebilligten Kopfgeldjägerorganisation. Sie gelten als effizientes, eingespieltes Team, das im wendigen Schiff Lucy ihren Quadranten nach verschiedenen Klassen von Kriminellen durchforstet und es dabei selbst nicht so genau nimmt mit der Moral.
Als eines Tages D’avin Jaqobis, Johns Bruder, überraschend zu der kleinen Crew stößt, verändern sich die Dynamiken im Team.
Zugleich suchen Dutch düstere Schatten aus ihrer nebulösen Vergangenheit heim und Vorahnungen eines anstehenden Putschversuchs schweben wie stumme Vorzeichen über allem.
Zwischen Persönlichem, Politik, ambivalenter Moral und Fragen an und von Vergangenheit wie Zukunft muss sich das Trio in immer kritischeren Situationen behaupten, wächst zusammen, wird auf die Probe gestellt und erhält nach und nach den Überblick über ein erschreckendes Gesamtbild.

Kritik

Dark Matter ließ sich durchaus ein wenig Zeit, bis es ganz die Hüllen fallen lässt und klarmacht: „Ich bin Pulp! Trink ein Bier, wenn du mich schaust. Und sei nicht so aufmerksam, geh zwischendurch ruhig mal auf Klo!“, wodurch es sich einerseits in bester Tradition in die 90er-Jahre-Nachmittagsserien á la Stargate einreihte und sich andererseits abhob von all den High-Quality-TV-Auskopplungen des fluch- und segenreichen Netflix-Zeitalters. Und all das mit sämtlichen Vor- und Nachteilen.
Killjoys hat den Gürtel nicht so straff sitzen und zeigt schon ganz am Anfang, was es ist und wohin es will. Alles wirkt erst einmal eine Spur billig, eine Spur zu gewollt drei Spuren zu übertrieben, nimmt sich dabei aber nie so ganz ernst und bemüht sich vor allem ausreicheichend um Abwechslung.
Und, man mag es kaum fassen, der Vorspann ist noch mal eine Nummer liebenswert-schlechter als der von Dark Matter. Bescheuerte Bildaufteilungsspielereien zu völlig überholtem und ebenso lahmem Rock senden Grüße aus den 90ern zusammen mit den grimmig dreinschauenden, stur und steif umherlaufenden Protagonisten. Was ihn von nervigen Vorfahren abgrenzt, sind die wenigen Sekunden Laufzeit. Das ist der erste Eindruck, den Killjoys vermittelt, auch noch nach ein paar Folgen. Aber der Eindruck wandelt sich – zum Guten und immer Besserem.
Doch erst einmal kurz weiter mit den ersten Eindrücken: Das große Alleinstellungsmerkmal der Serie ist gewiss die Umkehrung der klassischen Geschlechterrollen, zumindest so ein bisschen. Chefin des Söldnertrios ist ein Actiongirl, das taffer, kampferprobter und gerissener ist als ihr männliches Beiwerk. Die Kleidung ist zwar immer noch eng und Schauspielerin Hannah John-Kamen (Game of Thrones) eindeutig viel zu klassisch sexy, andererseits kann man das auch als Zugeständnisse an das eigene Pulp-Herz sehen. Und an dieses Herz muss man auch glauben, wenn man der Serie etwas abgewinnen will. Zu jeder Action rüpelt irgendein (viel zu leise abgemischter) Metalsong vor sich hin. Und Action gibt es in klar definierten Abständen immer wieder. Barschlägerei, Lagehallenschießerei, Martial-Arts-Gekloppe. Dabei geht die Serie manchmal ein wenig zu verkrampft zu Werke, meist aber trifft sie den richtigen Ton und sorgt gekonnt für die Art von Unterhaltung, die sie bescheren will.
Was sie aber anders macht nicht nur als Dark Matter, sondern als viele andere aktuelle Serien, ist einfach: Sie wird besser von Folge zu Folge. Es wurde nicht in den ersten Episoden das magische Pulver zur Gänze verschossen, sondern alles wird passender, das Gesamtbild runder, die einzelnen Elemente umspielen sich stetig harmonischer, der Stil scheint sich immer stärker selbst zu finden und irgendwann muss man mitten in einer Episode in der ersten Staffelhälfte verblüfft auf Pause drücken und sich eingestehen, dass Killjoys überraschend einzigartig, überraschend charmant, überraschend gut ist – ehe man dann schnell wieder auf Play drückt, weil das Ganze nämlich auch überraschend spannend ist.

Die gewohnte Schere zwischen eher rückständischen Zuständen in Gesellschaft und am Boden und der Technik, die interplanetares Reisen zu einer Sache von gefühlten Minuten macht, ist in Killjoys besonders auffällig. Doch diese Schere verläuft nicht ins Nichts; die einzelnen Planeten bekommen Gesichter und ihre Kulturen beeinflussen die erzählten Geschichten. Der Start ist nicht so gut und dramatisch wie der von der Schwesterserie Dark Matter, dafür ist er aber ehrlicher. Hier köchelt alles lange auf kleiner Flamme, dafür aber beständiger und intensiver. Die großen, das Schicksal aller beeinflussenden Geheimnisse und Ranküne springen dem Zuschauer nicht sofort ins Gesicht. Dafür formt man die kleineren Konflikte mit größerer Intensität und größerem Geschick. Und das ist deutlich angenehmer.
Ebenfalls am Anfang könnte man glauben, dass die Figuren hier das Schwache Glied darstellen. Die Figur Dutch hat man schnell akzeptiert, da sie sich von den anderen beiden abhebt, viel Raum bekommt und lange Zeit als klares Serienzentrum markiert ist. Die Brüder John und D‘avin hingegen flachen im Vergleich erst einmal ab. John hat die typische Frauenrolle: Gut mit Maschinen, schwach im Kampf, sentimental, der insgeheime Schützling. Aaron Ashmore benötigt einfach ein paar Episoden, bis sich seine Figur etablieren und schätzenswert werden kann. D‘avin hingegen ist der archetypische Soldat mit geheimem Ziel und großem Trauma, der natürlich noch eine Rechnung zu begleichen hat und ansonsten fürs Grobe zuständig ist. Der Knackpunkt ist aber auch hier, dass alles für sich und zusammenwächst. Nach und nach offenbaren alle Figuren, inklusiver zahlreicher Nebencharaktere, markante, glaubwürdige, liebenswerte und spannende Eigenschaften, die sie plastischer und interessanter als erwartet werden lassen.
Darauf fußen zwischenmenschliche Entwicklungen und angedeutete Konflikte, die primär in den Psychen der Einzelnen und erst sekundär und deutlich seltener im Team ausgetragen werden. Überraschend ist, dass Killjoys vor allem hier unerwartet starke, gut abgestimmte Momente generiert, die einem die Figuren näher ans Herz bringen und aufregender machen. Und so wird die vermeintliche Pulp-Serie, die auf den ersten Blick nur für den schnellen Spaß zu haben ist, stückchenweise mehr als nur das. Sie wird eine tolle, bisweilen rührende, szenisch gut abgestimmte und vor allem überraschend clever geschriebene Serie, die man lieb gewinnt und deren Charme nicht aufgesetzt wirkt.
Die Drehbücher funktionieren, erzählen alle ihre relevante Geschichte und bringen jedes Mal neue Blickwinkel für das Team auf sein Schicksal und für den Zuschauer auf das Team. Und das Beste ist: Es sind nur drei Leute, nicht fünf, nicht sieben, nicht zwölf. Drei. Hier müssen nicht alle Eigenschaften auf eine große Gruppe verteilt werden, hier müssen nicht diverse Beziehungen ausgeleuchtet werden, auch auf dieser Ebene ist Killjoys eher klein. Und auch auf dieser Ebene ist das ein echter Glücksfall.
Insbesondere der sichere Stil und die – bisher – sauber geschriebenen Drehbücher machen einen großen Teil des Spaßes aus. Und dann gibt es immer mal wieder Momente, die beweisen, dass die Macher auch eine Hand fürs Poetische, Tragische, Schöne haben, wo andere gnadenlos in die Kitschfalle getreten wären.

Fazit

Das kommt unerwartet. Killjoys ist mitnichten ein weiterer Schnellschuss aus dem Standardgewehr des SyFy-Channels, sondern ein echtes Kleinod, das mit seinem rauen Charme ebenso zu begeistern weiß wie mit dem Worldbuilding und den glaubwürdigen Dynamiken.
Es ist lange her, dass einem ein Raumschiffteam ans Herz wachsen konnte. Und dann auch noch eines, das auf den ersten Blick gar nicht so besonders wirkt.

Staffel zwei ist gerade am Laufen. Und alsbald auch hier im Fokus.

These Final Hours

Australien ist nicht unbedingt ein polternd-lautes Filmland. Wenn es auf sich aufmerksam macht, dann meist mit Genreproduktionen hohen Wiedererkennungswertes. Auch in jüngster Zeit reicht die Skala illustrer Science-Fiction-Filme von Mad Max: Fury Road bis Predestination. Und Zak Hilditchs These Final Hours fügt sich ohne allzu große Mühe in diese Reihe besonderer Filme ein.


We have 12 hours people. That’s all.

Story

Das Ende lässt die Flügel rascheln, dann breitet es sie aus. Ein Komet geht auf die Erde nieder, setzt eine todbringende Feuerwalze frei, die sich unaufhaltsam über alle Kontinente und Meere hinweg ausbreitet. Einen gewissen Teil der Welt hat sie bereits verschluckt und Australien beginnt von 12 abwärts zu zählen. Und jeder zählt auf seine eigene Weise. Die meisten mit Rausch, Sex und Blut. Ein paar andere begegnen ihrer Angst erzwungenem Alltag, Einsamkeit oder hochgeschraubter Radikalität.
James gehört zur ersten Sorte. Eine letzte Nacht mit der Affäre, dann soll die Welt mit einem gewaltigen Rave verabschiedet werden. Doch dann läuft ihm das Mädchen Rose über den Weg und will nicht nur aus dem Fingern schlimmer Burschen gerettet, sondern auch noch zu ihrem Vater gebracht werden.

Kritik

These final Hours schöpft thematisch das Naheliegende ab, den Exzess, die Grenzerfahrung, die Verzweiflung, die Rage der Ausweglosigkeit, der Rückfall auf Hobbes‘ Elementarstrukturen wölfischer Zwischenmenschlichkeit.
Dabei wirkt der Film eingangs selbst wie auf Koks, wie eine Indieversion von Running Scared, in der es nur darauf ankommt, was schneller zuneige geht – der Adrenalinspiegel des Protagonisten oder die verbleibenden Stunden der Menschheit. Die Antwort kommt überraschend früh, wenn mit dem Finden des Mädchens Tempo raus genommen wird und der Film vom Endzeit-Thriller zum Endzeitdrama mutiert.
Das Wahnsinnstempo vom Anfang wird nicht gehalten. These final Hours startet an seinem Höhepunkt und flaut dann langsam ab. Das soll nicht bedeuten, dass der Film fad oder träge würde, schade ist es trotzdem, dass das bunteste Feuerwerk bereits gleich zu Beginn in den Himmel gejagt wurde. So gibt es einen tollen Einstieg und eine entsprechend rasante Charaktereinführung, die etwas verspricht, dass so richtig nicht eingelöst wird. Dass James‘ Situation sich beruhigt, sobald das kleine Mädchen aufkreuzt und ihn in den letzten Stunden seines Lebens in Verantwortung schult, hat natürlich System, doch dass mit dem Herabsinken des Tempos auch die zündenden Ideen in immer größeren Abständen auftauchen, ist schade.
Letztlich ist die Reise von James und Rose ein abklappern einzelner Stationen unterschiedlichen Risikogrades – und längst nicht alle gleich gut gelungen, auch wenn keine tatsächlich unnütz ist. Gerade die zentrale Etappe, die eigentlich ersehnte Weltuntergangs-Party im XXL-Format wartet mit einem ganzen Konfliktkaktus auf, der der Narration wie auch den Figuren mehr schadet als nützt.
Dass die Reise als solche fast überhaupt keine Bewandtnis für den Film hat, ist schade, ist These final Hours doch eigentlich ein Road Movie, das es verdient hätte, auch dem Weg die verdiente Tiefe zuzusprechen. Dafür hätte man zu den knapp 80 Minuten Laufzeit auch gerne 20 weitere hinzuaddieren dürfen. Das Spiel der beiden Hauptdarsteller hätte nämlich ohne Frage das Potenzial für weitere Charakterentwicklung gehabt. Sowohl der stämmige Nathan Phillips als in letzter Sekunde zu läuternder James als auch und insbesondere Angourie Rice als Rose, die von der Kinderschauspielerin mit einem preisverdächtigen Bewusstsein für den Spurwechsel von Einfühlsamkeit, Verletzbarkeit und Frechheit dargestellt wird und sich damit so überdeutlich für Großes empfiehlt, dass man dieses Zeichen hoffentlich nicht übersehen wird.

Die ersten Bilder lassen die Befürchtung aufkommen, dass These final Hours in Sachen Technik lahmt, denn die kurzen Impressionen des Kometen muten so hölzern an, wie das Budget es erahnen lässt. Doch abseits von Special Effects beeindruckt Zak Hilditchs Film mit messerscharfer Regie der gleichsam einschneidenden Bildern, die oftmals gelungen die Stimmung pointieren und auch in folgenden Szenen noch nachwirken, während die Tonebene immer wieder mit harschen Akzenten und stimmungsvollen Effekten aufwartet, dabei aber nicht aufdringlich oder stumpf klingt. Von kleinen Anschlussfehlern abgesehen, ist These final Hours sauber und gekonnt inszeniert und wirkt damit wie aus einem Guss.
Manchmal fühlen sich die lauteren und leiseren Momente an wie ein Sägeblatt auf der Haut, manchmal wie das Geräusch, wenn die eigenen Zähne sich quietschend berühren und man fast zu spüren meint, wie der Zahnschmelz sich verabschiedet, manchmal aber auch befreiend und umzingelt von seiner hoffnungslosen Prämisse traurig-schön. Damit gelingt dem Film das, was er ausdrücken will. Und damit ist dies, neben den sehr ähnlich angelegten Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt gelegt, der bessere Film.

Fazit

These final Hours ist ein straff inszeniertes und manchmal zu straff erzähltes Endzeitdrama, das nicht nur durch seine kohärente Stimmung, sondern vor allem mit den beiden Hauptdarstellern überzeugen kann. An sah schon lange nicht mehr ein derart gut funktionierendes Gespann von Mann und Mädchen auf dem Bildschirm. Ein weiteres Beispiel für feines Genrekino von Down Under.