Mad Max: Fury Road

Mad Max ist ein Film über einen Polizisten, der nicht nur angesichts des Kollapses der Gesellschaft, sondern auch seines persönlichen Lebens Ohnmacht empfindet. Mad Max – Der Vollstrecker erzählt die Geschichte eines Ritters, der in einer anarchisch geprägten Wüste die Vorstellung für immer etabliert, die wir heute vom Genre ‚Endzeitfilm‘ haben. Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel ist dann ein notwendiger Anhang aus Trash mit Tina Turner.
In Teil 1 war das „Mad“ Ausdruck der Verzweiflung. 36 Jahre später steht es nun endgültig für den in Film gegossenen vollkommenen Wahnsinn.

There’s no going back!

Story

Nach dem Verlust seiner Familie und dem anschließenden Verlust von Regeln und Welt ist aus dem ehemaligen Straßenpolizisten Max Rockatansky ein derangiertes Wrack geworden, das, gemartert von den Bildern der Vergangenheit, nur noch durch rohen Überlebenswillen mit seiner Umwelt interagiert.
Eines Tages entführen ihnen die Anhänger des Diktators Immortan Joe, der mit seinem Wasser-Monopol eine degenerierte Gesellschaft unterjocht und sich als Gottkaiser feiern lässt.
Max soll als mobiler Blutspender dafür sorgen, dass die kränklichen Krieger des Despoten fit bleiben, während sie mit ihren Buggys die Lande unsicher machen. Als Imperator Furiosa sich gegen Immortan Joe stellt und einen Tanklaster mit wichtiger Ladung samt Harem entführt, schließt sich der zerrüttete Straßenkrieger der kleinen unfreiwillig Gruppe an.

Kritik

Erst kam der Krieg dazwischen, dann stieg Mel Gibson aus. Als dann schließlich, nach ewigem Garen in der Hölle der Vorproduktion, die Dreharbeiten gestarteten werden sollten, verwandelten plötzliche Regenfälle Brocken Hill in einen zweiten Garten Eden. Erst 12 Jahre nach der Idee zu einem vierten Mad Max konnte diese 2011 in Namibia als Filmdreh verwirklicht werden. Und, Jesus, es ist ein Biest geworden.

Schon die vorfreudig brodelnde Entführungssequenz, bevor überhaupt die Titeleinblendung ihre Verheißung aussprechen kann, gibt eine Stoßrichtung vor, die so laut, durchchoreographiert, übertaktet und sich ständig aus sich selbst neu herausreißend ist, dass man nicht glauben möchte, dass der Film dies einlösen kann. Was folgt, ist in der Tat keine schlappe Einlösung, sondern ein gnadenloses Auftrumpfen von Mehr, Besser, Tiefer, Heißer.
Beschreiben lässt sich der Film in gewohntem Maße nur beschränkt. Man könnte sagen, er ist ein Tanz, eine Choreographie, bei der ein Höhepunkt den nächsten jagt, die keine Verschnaufpause lässt und mit immer Neuem das überbietet, was den Zuschauer zuvor noch mit offenem Mund und trockenen Augen staunen ließ. Man könnte aber auch sagen, Mad Max: Fury Road ist ein zweistündiges Finale Extravaganza, das unentwegt pulsiert und die Schleusen des Irrsinns weiter geöffnet hat, als es in dieser Form jemals jemand gewagt hat. Mad Max: Fury Road ist laufend am Explodieren und in seiner zelebrierten Verrücktheit grenzenlos kreativ; ein Film, der den Zeitraffer dort einsetzt, wo zur Zeitlupe griffen. Mad Max: Fury Road platzt 120 Minuten lang aus allen Nähten und ist dabei so besessen von Details, dass man beim Betrachten in diesem Sturm des Kinos jedes Gefühl für Zeit verliert. Mad Max: Fury Road ist ein artistisches Ungetüm, das in seinem Treiben völlig schamlos ist und jede gängige Erzählkonvention in seiner Rage ignoriert, ein Spiel mit Tabus, die dann gebrochen werden. Mad Max: Fury Road ist ein Walkürenritt und mit seinen glühenden Bildern und der hämmernden Symbolik das mit Abstand ästhetischste Erlebnis, das man im Kino für lange, lange Zeit haben können wird. Mad Max: Fury Road ist vor allem aber eine wortgetreue Umsetzung jedes einzelnen Wortes seines Titels.
Dass etwas so Unfassbares so unfassbar gut funktioniert, liegt zum einen natürlich an dem ineinandergreifenden Spiel zwischen seinen technischen Vermittlern. Der Film ist ein wahres Wunderwerk des Schnitts und hat ein atemberaubendes Gespür für Aufnahmen jeder Art – Nahaufnahmen wechseln sich mit Panorama Shots ab und münden dann in einer Totalen. Das ist auf der einen Seite eine perfekt getimte Bilddramaturgie, auf der anderen sind alle Einstellungen für sich aber bereits Gemälde, die vor präziser Wuchtigkeit nur so strotzen. Dann wäre da die Musik, die häufig nur kurz, aber absolut treffsicher angespielt wird, ehe sie wieder im Getöse des Hintergrunds verschwindet, sich über den Film hinweg aber immer weiter steigert, und zwischendurch auch nicht davor zurückscheut, in orchestraler Fiebrigkeit aus sämtlichen Boxen zu wummern. Vorhanden ist dieses Zusammenspiel in erster Linie, um das perfektionierte Endzeit-Design in Szene zu setzen, das seit Teil 2 und 3 seine absolute Mitte gefunden hat und selbstsicher das Kunststück meistert, kulturelles Flickwerk, abstoßende Krankhaftigkeit, Westernflair und planlose Improvisation auf einem Zentimeter zu vereinen, was in den wunderlichsten Selbstbauboliden und den abgedrehtesten Charakteren resultiert.
Die Action selbst ist in all ihrer verblüffenden Wahnhaftigkeit zugleich die ehrlichste, bodenständigste, die man in einem Spektakelfilm seit langem gesehen hat. Kaum CGI, so gut wie vollständig von Hand gestaltet. Ein gewaltiger Aufwand, der der Natur des Drehorts wohl auch einiges abverlangt hat, aber dafür auch ein Fest allererster Güte ist, das so ziemlich alles, was es tut, für den Rest der Welt neudefiniert.
Es gibt auch Augenblicke, in denen es der Koloss zu weit treibt. Nicht in der gnadenlosen Action, sondern wenn im letzten Drittel ein absehbarer Twist dazu führt, dass jemand in Platoon-Pose seiner Gram Ausdruck verleiht und ihn sämtliche filmischen Mittel dabei unterstützen. Von solchen Ausrutschern im Schlamm des Pathos gibt es nur sehr wenige und sie ändern nicht viel am Gesamtbild, erwähnt werden müssen sie aber.

Die wenigen Momente, in denen etwas Ruhe einkehrt, köcheln im Vergleich immer noch energischer, als die Finali vieler anderer Filme. Dennoch gelingt es, in ihnen viele Andeutungen über den Zustand der Welt, die Geschichte der Figuren und den Aufbau der Gesellschaft zu vermitteln. Dazu gehört auch das Wesen von Max, dessen Rolle fast überall als zu unterpräsent kritisiert wird. Doch ist gerade die Entscheidung, ihn als zurückhaltendes, innerlich zerfleischtes Tier zu zeigen, bei dem sich die Menschlichkeit verwundet soweit zurückgezogen hat, wie es nur möglich war, eine bemerkenswerte. Der Protagonist ist nicht mehr derselbe wie bei seinen ersten drei Auftritten, sondern deren Resultat. Ohne Glauben, ohne Hoffnung. Ein Sack aus Knochen, dem die Dämonen der Vergangenheit in jeder Zelle sitzen und von dort aus die versteckten Reste seines demontierten Wesens suchen. An einer so ikonischen Figur wie Mad Max die erschreckende Genese von Qual mit solcher Konsequenz aufzuzeigen und ihn damit folgerichtig zu einem Anderen werden zu lassen, ist ein Schritt, der großen Mut gekostet haben muss.
Aber auch sonst ist der Film unter der Oberfläche kein graues Gerippe, wie es den meisten Actionfilmen eigen ist.
Um nicht zu viel vorwegzunehmen, sei nur ein einziges Beispiel aus der oben schon kurz angerissenen Symbolik angerissen, mit der Mad Max: Fury Road unterschwellig spielt. Er hat die Filmreihe nun endgültig zu einer über Flüssigkeiten gemacht. Nach Wasser und Öl sind es nun Blut und Milch als liquide Träger von Hoffnung und Glauben, die als Symbol dafür sorgen, dass so etwas wie Zivilisation zumindest als Potenzial erhalten bleibt. Abhängig ist ihre Qualität nicht von ihrem Vorhandensein, denn das sind sie, sondern vom Umgang mit ihnen. Öl kann verbrennen, Wasser verdunsten, vereisen oder aber sinnlos in der Wüste versickern, Blut gerinnen und Milch, vielleicht die Königin der Flüssigkeiten, verderben – vor allem dann, wenn sie ohne Kühlung in einem Laster durch die Wüste kutschiert wird.

Fazit

Vor ein paar Tagen wurde George Miller 70 Jahre alt. Seinen Oscar erhielt er 2006 für den Animationsfilm Happy Feet. Nun hat er eine Formwerdung des Unfassbaren auf Leinwand gebannt. Mad Max: Fury Road ist eine einzige Choreographie, die in manchen Szenen sogar sehr offen an einen Tanz erinnert. Es ist ein Tanz, der Wahnsinn in bizarrer Formation zum Thema hat und mit seiner unglaublichen Energie, seiner Kreativität und Zügellosigkeit etwas geworden ist, an dem sich fortan alle Actionfilme messen lassen müssen.
Doch Mad Max: Fury Road ist vor allem auch eines: Ein Stück Filmgeschichte, das man sich auf gar keinen Fall im Kino entgehen lassen sollte. Denn dies ist sein angestammter Ort.

 

Prometheus – Dunkle Zeichen

1979: Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt. Science-Fiction und Horror finden in einmaliger Symbiose zueinander. H. R. Giger erlangte Unsterblichkeit, mehr durch Zufall wurde Ripley die erste Actionheldin der Filmgeschichte und Ridley Scott erlebte endgültig seinen Durchbruch, der es ihm erlaubte, nur drei Jahre später mit Blade Runner ein für alle Mal zur Legende des Sci-Fi-Genres zu werden.
Drei Fortsetzungen unter anderer Regie folgten, auf die vierte wird immer noch gewartet. Dann erstarrte die Hauptader des Franchises, während die namensgebende Kreatur für Scharmützel gegen den Predator und diverse Comicausflüge entliehen wurde.
Und schließlich paralysierte Ridley Scott mit der Nachricht, er werde ein Prequel drehen. Prometheus sollte kommen und die Welt schmückte sich, um ein Meisterwerk in Empfang zu nehmen.

Ein König regiert und dann stirbt er. Das ist unvermeidlich.

Story

Auf dem ganzen Erdball verstreute Höhlenmalereien bilden unabhängig voneinander eine bestimmte Planetenkonstellation ab. Die beiden Anthropologen Elizabeth Shaw und Charlie Holloway sind sich sicher, damit die Karte zur Wiege der Menschheit vor sich zu haben, die zugleich auch als Einladung gedacht ist.
Die Weyland-Corporation finanziert einen Trip in das weit entfernte System. Nach mehrjähriger Reise erreicht das Raumschiff Prometheus mit seiner schlummernden Besatzung das Ziel.
Es dauert nicht lange, da entdeckt man tatsächlich alte Architektur. Die Konstrukteure, wie sie von den Forschern genannt werden, waren tatsächlich hier, vielleicht sind sie es immer noch. Also schnell den Schlaf aus den Augen gerieben, in den Raumanzug geschlüpft und hinein in die Ruinen.
Tatsächlich findet man den uralten Leichnam eines Konstrukteurs. Als draußen ein tödlicher Sturm auszubrechen droht, die Gruppe getrennt wird, seltsame Biomasse auftaucht und auch die zwischenmenschlichen Spannungen ein kritisches Niveau erreichen, geht auf einen Schlag alles schief.

Kritik

Selbst nach Abzug aller Erwartungen, die das tonnenschwere Alien-Erbe mit sich bringt, ist Prometheus leider kein wirklich guter Film.
Ein großes Problem ist die Überraschungsarmut des ganzen Werkes. Die pompösen Trailer haben die Geschichte nicht angedeutet, sondern nahezu vollständig erzählt – und zwar deutlich besser als der Film selbst dies tut. Die gesamte erste Hälfte ist fraglos stimmungsvoll aufgebaut, vermittelt aber unentwegt das Gefühl, einem außerordentlich langen Prolog beizuwohnen. Nicht zuletzt wegen der Prequel-Natur ist von Beginn an nicht nur absolut klar, dass etwas schiefgehen wird, sondern im Grunde auch schon, in welcher Form dies zu passieren hat. Und Prometheus denkt nicht eine Sekunde daran, diesen vorgezeichneten Weg durch überraschende Abzweigungen aufzuwerten.
Hier müssten nun eigentlich die Charaktere einspringen und den Film auf anderer Ebene interessant machen. Markante Figuren waren immerhin seit jeher ein Markenzeichen der Alien-Saga. Doch hier wird auf ganzer Linie gepatzt. Charlize Theron als Wickers ist in keinem Augenblick mehr als eine engstirnige Ignorantin und bleibt trotz relativ viel Leinwandzeit eine unverständlich eindimensionale Persönlichkeit, der man nie die Kompetenz zutraut, die ihr Posten von ihr verlangt. Das Forscherpärchen wird nur wenig besser vom Drehbuch behandelt und der gesamte Rest der Crew besteht komplett aus austauschbaren Stereotypen, die im besten Fall als Stichwortgeber fungieren. Das gebündelte Schauspieltalent wird einfach so verheizt.
Es ist bezeichnend, dass die Mannschaft, die im Begriff ist, zum ersten Mal in Kontakt zu außerirdischen, vielleicht gottgleichen Wesen zu treten, mit einer Gefasstheit, die bisweilen an Teilnahmslosigkeit grenzt, ihr Abenteuer beginnt und dabei konstant unmenschlicher wirkt als der obligatorische Androide in ihren Reihen. Dieser von Michael Fassbender verkörperte David hat tatsächlich als einziger Charakter eine angemessene Plastizität verpasst bekommen – durch punktgenaues Mienenspiel und gute Dialogzeilen wird er für eine Weile zum doppelbödigen Fragezeichen in der ansonsten transparenten Schilderung. Die Ambivalenz von David rettet den Film in mancherlei Hinsicht.
Optisch ist Prometheus natürlich voll und ganz Ridley Scott. Schon die einleitenden Panoramen, die kurzzeitig geschickt der Frage ausweichen, ob die Erde oder ein anderer Planet gezeigt wird, lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, wer auf dem Regiestuhl hockte. Dies zieht sich in milderer Form auch durch den Rest des Filmes, doch immer dann, wenn die Weitläufigkeit verlassen und das Geschehen in Innenräume verlagert wird, kommt der Inszenierung die Souveränität ein wenig abhanden. Über die Effekte lässt sich kaum ein schlechtes Wort verlieren – menschliche Technologie der Zukunft, Mysterien der Konstrukteure und Alien-Glibber sehen tadellos aus. Gewürzt wird die fade Geschichte mit ein paar deftigen Schockeffekten, die es durchaus in sich haben und in einem Fall die Grenze des guten Geschmacks für so manchen Zuschauer überdeutlich hinter sich lassen dürften.
Der 3D-Effekt funktioniert in einigen Szenen gut, ist in den meisten vollkommen überflüssig und wirkt manchmal richtig störend und willkürlich eingesetzt.
Während die erste Halbzeit nur aus hübschem Vorgeplänkel besteht, bietet die zweite nur Action. Die Möglichkeit, das „nur“ aus beiden Teilen zu streichen und etwas Großes aus der Grundidee zu machen, bleibt über die volle Laufzeit ungenutzt.

Fazit

„Sind wir das Produkt von Außerirdischen?“ ist eine vielversprechende Prämisse, die Prometheus als Aufhänger nutzt und kaum weiterverfolgt. Der fast schon freche Verweis auf einen zweiten Teil, der vom Studio mittlerweile bestätigt wurde, lässt hoffen, dass es irgendwann interessanter wird.
Die lang erwartet Vorgeschichte zu Alien klärt zwar über die Herkunft des legendären Space Jockeys auf, hinterlässt ansonsten aber einen enttäuschenden Eindruck und erinnert daran, dass Ridley Scotts letzte bemerkenswerte Arbeit schon wieder einige Jahre zurückliegt.

Ein kleiner Sicherheitshinweis: Während die Kritik versucht, Spoiler zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Kommentare erst in Kenntnis des Filmes zu lesen.