Warm Bodies

Als 2010 das Buch Warm Bodies erschein, war der Hype um Untoten-Romanzen in vollem Gange. Umso überraschender, dass sowohl Buch als auch die Verfilmung nicht unrettbar in Kitsch und Klischee versinken, sondern gute und halbwegs eigenständige Unterhaltung liefern.

I wish the internet was working…

Story

„Die Welt hat ‘nen Abgang gemacht“, bringt Julie den Status quo der Filmwelt an einer Stelle ganz gut auf den Punkt. Die Zombieapokalypse brach herein, die Untoten füllen die Städte und der Mensch verschanzt sich hinter einer dicken Mauer und wartet auf Besserung oder sein Ende.
Doch ganz so hirn- und gefühlslos sind die taumelnden Hirnfesser gar nicht. Da wäre zum Beispiel ein Zombie namens R – so getauft, weil er auf die Frage, wie er heiße, nur diesen Buchstaben rauskriegt – der durchaus unter seinem Zustand leidet. Zusammen mit anderen Zombies fristet er ein schnödes Dasein auf einem Flughafen, das nur von gelegentlichen Treibjagden auf Menschlein aufgelockert wird. Auf einer solchen tut er sich am Denkapparat von Perry gütlich und partizipiert daraufhin kurz an dessen Erinnerungen und Emotionen – wie immer, wenn man ein Hirnchen schnabuliert hat. Dies  hat die ungeplante Nebenwirkung, dass R sich plötzlich in die Freundin des Verspeisten verliebt. Prompt rettet er Julie vor dem Rest der Meute und versteckt sie in einem Unterschlupf auf dem Flughafen. Und tatsächlich kommen sich die beiden näher.
Die wachsende Zuneigung hat es aber nicht leicht, denn neben den offensichtlichen Differenzen zwischen ihnen machen Julies zombiehassender Vater und sogenannte „Bonies“ ihnen das Leben schwer. Diese schwarzen, skelettartigen Vielfraße sind das, was aus jedem Zombie irgendwann einmal wird – eine gefühls- und gedankenlose Fressmaschine mit nichts als purer Bosheit.

Kritik

Selbstreflexive Zombos sind eine Seltenheit, aber nichts total Neues. Eigentlich ging der moderne, sein eigenes Andenken immer wieder beschmutzende George A. Romero bereits ähnliche Wege und erlaubte es seinen Untoten durch Evolution,  wieder ein wenig zurück zur Menschlichkeit zu kommen, sich selbst bewusst zu werden, in einer Gruppe organisieren und hierarchische Strukturen neu entdecken. All das nimmt Warm Bodies und formuliert es in seinem Sinne weiter aus.
R mag Musik, R mag Gespräche, auch wenn er sie nur mit sehr begrenzten Mitteln führen kann, und R mag vor allem das Gefühl, das ihn übermannt, wenn er Hirne kaut. Ein Hauch von Traum und Erinnerung legt sich dann für einen Augenblick über seine Wahrnehmungswelt. Etwas, das der Zombieexistenz zur Gänze fehlt, weil den schlurfenden Rudeljägern nicht einmal der Schlaf vergönnt ist.
Nicht nur Zombiefilme, auch Zombiekomödien gibt es heutzutage wie Sand am Meer. Eine solche zu drehen und auf das Gerüst einer Teenie-Romanze á la Twilight zu spannen, klingt im ersten Moment wenig mehr als quälend überflüssig.
Umso bemerkenswerter ist es, dass Jonathan Levine es tatsächlich meistert, aus Warm Bodies einen sehenswerten Film zu stricken, der mit angenehmer Erzählgeschwindigkeit und unverbrauchtem Witz punktet;  in den eng gesteckten Grenzen des Genres mittlerweile fast schon eine Meisterleistung.

Eine wirklich lobenswerte Idee ist es, einen Flughafen als Handlungsort auszuwählen. Dort, wo man eigentlich darauf wartet, weiterzukommen, den jetzigen Ort zu verlassen und ein Ziel zu erreichen, sitzen die Zombifizierten fest und warten und warten ohne Sinn und Verstand, weil es Ziele nicht mehr gibt. Irgendwann werden sie dann zu den dürren, furchteinflößenden Skeletten namens Bonies.
Denn der Zombie ist in Jonathan Levines Endzeitfabel kein klassischer Zombie. Dem sogenannten klassischen Zombie viel näher kommen  die Bonies, diese ölig-schwarzen Biester aus Zahn und Maul, während der Zombie vom Schlage eines R genaugenommen eine Zwischenstufe zwischen Mensch und gewissenloser Killermaschine darstellt. Er kann denken, fühlen und in begrenztem Rahmen sogar intentional Agieren.
Es fällt Außenstehenden nur schwer, das auch zu sehen. Schließlich torkelt so ein Ding in Schneckentempo hin und her und gibt nur ab und an ein heiseres Grunzen von sich.
Wenn man diese Neuauslegung der Zombie-Natur akzeptiert hat, dann funktioniert auch der Film. Weshalb gerade R die Liebe eines verspachtelten Opfers übernimmt und wieso ausgerechnet er über so viel Restintelligenz und die Fähigkeit zur Selbstkritik verfügt, verrät der Film nicht. Doch mag kann man sich  zumindest denken, dass ersteres vielleicht aus letzterem resultiert. Und dann hört man bestenfalls auf, darüber nachzusinnen, um sich den Film nicht kaputt zu machen.
Die klassische Romeo und Julia-Struktur funktioniert auch im düsteren Sci-Fi-Gewand der Apokalypse ganz anständig. Romantisierung der Zombiefizierung gab es in Ansätzen natürlich auch schon in anderen Filmen, man denke da zum Beispiel an den zelebrierten Toilettenkuss in Dance oft he Dead. So konsequent in den Mittelpunkt gestellt wurde die Liebesfähigkeit der untoten Rauner aber noch nie.
Während Teresa Palmer (I Am Number Four) grundsätzlich einen guten Job in der Rolle der Julie macht, aber immer ein wenig bemüht wirkt, überzeugt vor allem Nicholas Hoult (X-Men: First Class, Mad Max: Fury Road) als R, weil er die Gratwanderung zwischen Emotionslosigkeit und menschlichem Aufbegehren mimisch gut rüberbringt und auch den schleichenden Wandel seines Charakters überzeugend spielt.
Trotzdem rührt das Liebesstück zwischen den beiden nur am Rande, während die eher nebenbei thematisierte Männer-Zombie-Freundschaft zwischen R und seinem Flughafen-Kumpel M viel emotionaler daherkommt, was in erster Linie an Rob Corddrys leidendem Gesichtsausdruck liegt.
Wirklich unterhaltsam wird der Film durch seinen Humor, der sich von  den gestellten Konservenwitzen seiner Genregeschwister abhebt, für den einen oder anderen Lacher sorgt und vor allem ein Gefühl der Unbeschwertheit über den Film legt, das anhält, bis das dann leider etwas zu einfallslos ausfallende Finale einsetzt, das die Bonies klar als das enttarnt, was sie sind: in erster Linie Plotwerkzeuge.
Frei von Fehlern ist der Film somit nicht.So ist es beispielsweise unverständlich, wieso R und seine menschliche Angebetete nicht einfach mit dem Sportflitzer abhauen, mit dem sie sorglos über den Flugplatz brausen, und weshalb Julie es so leicht hinnimmt, dass R ihren Freund verpachtelt hat, wird auch nicht hinreichend begründet. Ein „Ich hab‘ eh schon immer irgendwie damit gerechnet.“ macht die Dame nicht nur unsympathisch, sondern lässt auch fragen, ob R sich nicht in die Falsche verliebt hat. Schafft man es aber, über solche Schönheitsfehler hinwegzusehen, kann man durchaus seinen Spaß mit dem Sci-Fi-Filmchen haben.

Fazit

Warm Bodes Versucht wenigstens, sich den gängigen Genrekonventionen nicht allzu sklavisch zu unterwerfen, schafft dies auch weitestgehend und verzichtet Gott sei Dank auf viel Schmalz.
Mit Liebe, Freundschaft und Zombos hat Warm Bodies eigentlich alles, was ein guter Film braucht. Dazu gesellen sich ungezwungener Humor, ein passables Darstellerpärchen und ein paar schönen Songs. Ein etwas anderes Date-Movie.

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