Rollerball

William Harrison schrieb 1973 die Kurzgeschichte Rollerball Murder, die im gleichen Jahr im Esquire-Magazin veröffentlicht wurde. Zwei Jahre darauf legte er ein auf ihr basierendes Drehbuch vor, das von Norman Jewison (Jesus Christ Superstar) produziert und verfilmt wurde. Gedreht wurde überwiegend im München und entstanden ist ein einflussreicher Klassiker des Science-Fiction-Films.

But comfort is freedom!

Story

Die Menschen fristen ein Leben in Scheinfreiheit und sind Konzernen zu striktem Dank verpflichtet. Jede Stadt wird von einem bestimmten Konzern regiert und verwaltet.
Gelebt wird von Bürgern der Entwurf, den die Entscheidungsträger vorgeben. In der Freizeit nimmt man Drogen und erfreut sich an oberflächlicher Exzentrik. Wenn sie sich die Herrschenden – die man als normaler Passant nie zu Gesicht bekommt – etwas wünschen, nehmen sie es sich. So verlor Jonathan E. seine Frau. Heute ist er erfolgreicher Rollerballspieler, seit 10 Jahren im Geschäft und der Beste seiner Zunft.
Völlig grundlos und an der Spitze seiner Laufbahn wird er vom für ihn zuständigen Konzern aus dem Team delegiert, und das ausgerechnet vor dem schwierigen Match gegen die für ihre brutale Art berüchtigten Tokioer; ohne Regeln und mit nur begrenzten Auswechslungen. An diesem Punkt fängt der Profispieler an, Fragen zu stellen und für seine Selbstbestimmung zu kämpfen. Doch der Feind ist größer und mächtiger als gedacht. Warum aber hat der Konzern offensichtlich solche Angst vor dem einfachen Sportler?

Kritik

Rollerball ist heutzutage beileibe kein unbekannter Titel und sein Erbe in der Popkultur ist unsterblich. Trotzdem wird der Film kaum noch geschaut, ganz im Gegensatz zu anderen Klassikern, die sich um seinen Jahrgang herum tummeln. Woran das liegt? Vielleicht an Erwartungen. Titel, Beschreibung, Trailer und auch DVD-Cover suggerieren ein trashiges Sportspektakel mit albern angezogenen Spielern und viel Quatsch.
Und ja, man fragt sich schon unwillkürlich, was zwischen Heute und Zukunft geschehen sein mag, dass Nationalhymnen plötzlich nur noch mit Orgel gespielt werden und Schlaghosen es irgendwie geschafft haben, wieder in Mode zu kommen. Aber manchmal geht die Zeit eben sonderbare Wege. Und dann auch noch eine Science-Fiction-Geschichte über Rollschuhfahrer. Stärker in der Vergangenheit verwurzelt kann ein Film über die Zukunft unmöglich sein.
Tatsächlich ist Rollerball aber ein spannender Einblick in Politik und Gesellschaft einer faszinierenden Zukunft. Die titelspendende Sportart ist dabei einerseits nur Randgeschehen und andererseits wider Erwarten ganz und gar nicht trashig und lächerlich in Szene gesetzt.
Da Zuschauer und Protagonist gleichwenig über die wirklich rätselhaften Vorgänge wissen, bleibt die Angelegenheit außerdem ziemlich spannend.

James Caan, kurz vorher durch seine Oscarnominierung für Der Pate bekannt geworden, damals Mitte 30 und heute immer noch im Filmgeschäft, spielt den Rollerballer Jonathan, der selbst Spielball eines viel größeren Spieles ist. Und das tut er ungemein sympathisch. Es ist schwer, den kernigen Sportler nicht zu  mögen. Der ganze Film mit seinem hie und da schon etwas angerostetem Gerüst lastet auf Caans Schultern und sein Spiel trägt dieses Gewicht souverän und scheinbar mühelos.

Die Zukunft selbst wird geschickt dargestellt, indem man es nicht übertrieb mit den futuristischen Auswüchsen. Ein wenig mehr Dekadenz, ein paar veränderte Routinegesten und Angewohnheiten und eben die von Grund auf umgegrabene Gesellschaftsstruktur unter Herrschaft und Schuhsohle raffgieriger Konglomerate. Vieles wird erzählt, aber nicht gezeigt und das hat dem Film beim edlen Altern geholfen. Die einfallsreichste Methode, genau die richtige Menge vom Zukunftsbild erahnen zu lassen, ist eine langsame Kamerafahrt mitten durch eine Partygesellschaft, sodass der Zuschauer bei jedem Personengrüppchen Gesprächsfetzen aufschnappt und Details über die veränderte Welt erfährt. Details, die die Fantasie anregen, ohne visuell verwirklicht werden zu müssen. Das macht die Pseudo-Utopie greifbar und durchaus erschreckend. Androidenverschwörungen, Intelligenzpillen und Operationen jenseits der Erde. All das schafft eine Aura, die für die Geschichte selbst kaum wichtig ist, aber eine dichte Atmosphäre strickt, die in manchem Punkt gar an die mulmige Stimmung eines Philip K. Dick erinnert.

Auch beeindruckt Rollerball mit ein paar hübschen Einfällen. Die Parallelmontage, in der Jonathan zum ersten Mal in die Offensive geht und zeitgleich eine Horde wildgewordener Oberschichtler aus Langeweile und Übermut anfangen, im Rudel durch die karge Natur zu streifen und mit einer Pistole Bäume in Brand zu setzen, ist beeindruckend. Besonders, weil sie zwei Geschehnisse zeigt, die gar nicht so weit voneinander entfernt stattfinden, weshalb das Licht im Verhandlungsraum mit jedem Schuss ein wenig apokalyptischer flackert. Eine tolle und gut umgesetzte Idee.
Dass diese Symbolik nicht unerträglich platt ist, liegt an der sehr stilsicheren, gemäßigten Regie. Und die kommt nicht nur in der Beispielszene zum Tragen, sondern von Anfang bis zum Ende. Ein Film über Rollschuhfahrer, die in ihrer Freizeit Schlaghosen tragen, ist aller offensichtlichen Logik zum Trotz mitreißend und besonders ausgeglichen inszeniert. Hier geht es nicht um das Spiel, sondern um einen einzigen Spieler. Trotzdem ist Rollerball eine Art Sportdrama, weil Jonathan  kaum etwas anderes in seinem Leben hat und sich ganz durch das martialische Spiel definiert. Er kämpft in erster Linie nicht um Wahrheit oder gar Gerechtigkeit, sondern um sich selbst.
Als dann nach etwas mehr als einer Stunde der Kampf gegen Tokio ansteht, verliert der Film leider etwas von seiner beeindruckenden Zeitlosigkeit. Die Darstellung der japanischen Spieler und Fans ist aus heutiger Sicht fragwürdig und auch der Einsatz der im Voraus drohend angekündigten Kampfkünste mutet eher komödiantisch an. Denn die drücken sich vornehmlich darin aus, den Gegner von hinten anzuspringen und sich an ihm festzukrallen. Auch hier siegen aber temporeiche Inszenierung und die mitreißende Stadionatmosphäre. Die mehr oder weniger ’sportlichen‘ Auseinandersetzungn sind nämlich wunderbar spannend und rasant umgesetzt, sodass die wilden Kämpfe trotz anachronistischer Unzulänglichkeiten keine Sekunde peinlich oder langatmig wirken, sondern wirklich mitzureißen wissen.
Kamera und Schnitt sind über jeden Zweifel erhaben und wissen jede Menge Geschwindigkeit in das seltsame Treiben zu bringen. Bei diesem ist es übrigens alles andere als leicht, überhaupt für jemanden zu sein, da beide Teams selbst vor Totschlag nicht zurückschrecken und sich auch sonst nicht gerade fair und freundlich verhalten. Aber das ist die harte Welt von Rollerball, in der Menschenleben nichts wert sind und jeder derart verzweifelt nach Unterhaltung sucht, dass alles andere in ihren Schatten fällt. Und besonders die letzten zwei von insgesamt drei Matches lassen diese menschenverachtende Mentalität der krankhaft hedonistischen Zukunftsgesellschaft auf eindringliche Weise zur Geltung kommen, ohne dass der Holzhammer ausgepackt wird. Vor allem dann, wenn man alt genug ist, um noch zu wissen, wie schwer Rollschuhe sind. Dabei offenbaren sich  zugleich deutlich Parallelen zu Sportveranstaltungen und den Zuständen während dieser in unserer Gegenwart. Auch hier schafft es die gekonnte Regie aber, das Ganze nicht aufgesetzt und billig erscheinen zu lassen. Jonathan ist einem zu diesem Zeitpunkt schon zu sehr ans Herz gewachsen und die Geschichte hat sich zu spannend entwickelt.
Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den Japanern wird es kurz übertrieben Kitschig – der einzige wirkliche ärgerliche Ausrutscher des Filmes. Rollerball scheint dies irgendwie zu wissen, denn in der Szene darauf macht er den Patzer mit Ralph Richardson in der Rolle eines großartig weltfremden Wissenschaftlers wieder wett, der unentwegt über das leider verschollene 13. Jahrhundert schwadroniert.
Was folgt, ist Finale. Und dieses hat ein Ende, das wirkt wie ein Schlag in die Magengrube.

Fazit

Rollerball ist auch heute noch ein überraschend zurückhaltendes und spannendes Filmchen über eine gleichsam interessante wie erschreckende Zukunftsversion. Der Sci-Fi-Film beeindruckt zuvorderst mit seiner ausgeglichenen Regie und dem guten Gleichgewicht zwischen rasant inszenierten Rollschuhkämpfen und der blind tastenden Sinnsuche des Protagonisten.
Nicht so gut wie zeitnah erschienene Klassiker wie Logan’s Run, Andromeda, Alarm im Weltall oder Der Omega-Mann aber trotzdem ein sehenswertes und kurzweiliges Stück Science-Fiction.
Nur über das würdelose 2002er Remake sollte der Mantel des Schweigens ausgebreitet bleiben, da dieser so beispiellos missraten ist, dass er nicht einmal als alberne Verballhornung des Originals durchgehen kann. Auch hierfür hatte William Harrison das Drehbuch geschrieben, weigerte sich nach Sichtung des Resultats jedoch, auch nur Ähnlichkeiten zwischen Film und Buch zu erkennen.

Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All

1969 schrieb Bestseller-Autor Michael Crichton (der auch als Cameo in Andromeda einmal zwischen Weißkitteln stehen darf) den ersten Roman unter eigenem Namen. Zwei Jahre darauf diente dieser als Vorlage für einen Film, der nicht nur als allererster „Bio-Katastrophenfilm“ gehandelt wird, sondern auch zum ersten Mal überhaupt richtige Computeranimationen auf die Leinwände brachte. Und das, obwohl es keine Monster oder ähnliches gibt.

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Story

In der Nähe eines kleinen Dorfes mitten in der Wüste stürzt eine Militärsonde ab. Eine Aufklärungseinheit berichtet von tot auf den Straßen liegenden Dorfbewohner, ehe auch zu ihr der Kontakt verloren wird.
Eilig wird im Geheimen ein Team aus Spezialisten zusammengestellt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen und eventuelle außerirdische Erreger sofort einzudämmen und so die gefürchtete Epidemie zu verhindern. Vorort stellen der Trupp jedoch fest, dass die Umstände noch deutlich komplizierter liegen, als man befürchtete. Das Blut in den Leichen ist vollkommen geronnen und ein 6 Monate altes Kind sowie ein 69 Jahre alter Mann haben überlebt.
Man sucht die strenggeheime Forschungsbasis Wildfire auf, um die geborgene Sonde mit den neusten Methoden der Wissenschaft zu untersuchen. Ein Rennen gegen die Zeit, da die tödliche Infektion jederzeit um sich greifen könnte.

Kritik

Der Film verdankt die Geschichte natürlich Chrichtons literarischer Vorlage. Doch ist es nicht die Story, die Andromeda zu einem Erlebnis macht, sondern die ausgezeichnete Regie unter Sci-Fi-Ikone Robert Wise, dem wir auch weitere Klassiker wie Der Tag, an dem die Erde stillstand, West Side Story, Bis das Blut gefriert und nicht zuletzt Star Trek: Der Film zu verdanken haben.
Seinen Status als exzellenter Filmemacher untermauert er in Andromeda mit einer Fülle spannender Regieeinfälle. Das beginnt ganz am Anfang mit der Entdeckung des ersten Toten, dem der Zuschauer nur mittels einer Beschreibung über Funk begegnet, während die Verunsicherung im Gesicht des Funkers abzulesen ist. Das ist weit beunruhigender als so manches Bild eines toten Körpers und dazu ein ungemein effektives Mittel, schon früh die Spannung anzukurbeln.
Fortgesetzt wird dies mit der straff inszenierten Zusammentreibung des Spezialistenteams, die gleichermaßen amüsant und ungeheuer spannend gehalten ist, weil niemand, der zu sehen ist, mit Sicherheit sagen kann, wie die Dinge liegen.
Zwischendurch wird man mit bedrückenden Aufnahmen der Verstorbenen konfrontiert, die mit vollen Einkaufsbeuteln, auf dem Friseurstuhl und am Tiefkühlregal zusammenbrachen. Gezeigt wird dies in einer Splitscreen-Szene, sodass die suchenden Erkunder und deren markerschütternden Funde auf eigene Weise gezeigt werden können. Diese clevere Art der Montage ist prägendes Stilmittel des Filmes. Immer wieder teilt sich das Bild auf und mehrere Impressionen erscheinen. Vor schwarzem Hintergrund spielen sich dann unterschiedliche Dinge ab, die aber ein Ganzes bebildern. Damit bringt der Sci-Fi-Film den enormen Zeitdruck, die Isolation der Hauptfiguren zugleich deren absolute Hilflosigkeit perfekt auf den Punkt.
Auch sonst steckt Andromeda voller guter Ideen, die das Gezeigte fortwährend interessant gestalten. Besonders die mit Überraschungen gespickte Wildfire-Zentrale strotzt vor bemerkenswerten Details. Obwohl die High-Tech-Elemente niemals so abgehoben sind, dass sie völlig aus der Luft gegriffen wirken, macht der unterirdische Stützpunkt oftmals fast den Eindruck eines verwunschenen Zauberschlosses – was sicherlich auch an den Fantasien der 70er-Jahre liegt.
Glücklicherweise belässt man es nicht dabei, den „tödlichen Staub“ – wie der Untertitel es plump auf den Punkt bringt – wie einen x-beliebigen Erreger zu behandeln, sondern sinniert immer mal wieder über mögliche Intentionen von Außerirdischen oder auch die Frage, ob es sich bei ihm um die Aliens selbst handelt, denen es fernlag, die Menschheit zu bedrohen, deren Erscheinungsform aber tragischerweise völlig inkompatibel mit dem menschlichen Organismus ist. So wird nie aus den Augen verloren, wie fremdartig und gefährlich das Objekt der Untersuchungen wirklich ist und auch der Science-Fiction-Hintergrund bleibt fortwährend präsent.

Das wirklich Besondere an Andromeda: Der Film spielt sich fast ausschließlich in dem unterirdischen Labor ab. Gute 90 Minuten beobachten wir die Wissenschaftler dabei, wie sie versuchen, den außerirdischen Fremdkörper zu analysieren. Und somit handelt es sich nicht nur um den ersten Bio-Katastrophenfilm, sondern auch um eines der seltenen Kammerspiele unter den Science-Fiction-Filmen. Die Action findet unter dem Mikroskop statt und trotzdem überschlagen sich die Ereignisse. Das funktioniert besonders deshalb, weil man sich mit den Figuren ebenso viel Mühe gemacht hat, wie mit dem Rest des Filmes. Die Hauptpersonen sind überraschend vielfältige und lebensechte Persönlichkeiten, die mit markanten Verhaltensweisen dafür sorgen, dass das Geschehen nie trocken wird.
Sogar für ein paar gelungene Witze ist der Film sich trotz ernsthafter Thematik nicht zu schade.
Und somit gibt es kaum etwas auszusetzen an Andromeda, außer vielleicht die Tatsache, dass eingangs ein paar Mal zu oft angesprochen wird, dass im Ernstfall eine Selbstzerstörungsfunktion der Anlage ihr atomares Grab schaufelt, weshalb dem Zuschauer viel zu früh und mehr als nur vorbereitet das Finale entlüftet wird. Jenes wird zudem von einigen automatischen Lasergewehren verschärft, die leider Gottes völliger Humbug und damit das einzige nicht durchdachte Element des Filmes sind, der sich ansonsten so abmüht, glaubwürdig zu wirken.
Die kleinen Kratzer können aber nicht verhindern, dass der Schluss ein ungeheuer intensives Finale bietet, das dazu in einen ungewöhnlichen Epilog mündet.

Fazit

Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All ist kein bisschen ergraut. Die zeitlose Regie macht den kammerspielartigen Science-Fiction-Film mittels ausgefeilter Kameratechnik, klaustrophobischem Sound und bemerkenswertem Schnitt zu einem wahren Nägelkauer, der die Neuverfilmung vom Science-Fiction Channel aus dem Jahre 2008 in ausnahmslos jeder Hinsicht übertrifft

Alarm im Weltall

Shakespeares Der Sturm im 23. Jahrhundert. Die Insel wird ein Planet, Ariel wird zum Roboter, Prospero zum größenwahnsinnigen Wissenschaftler und der Protagonist wird von niemand geringerem als Leslie Nielsen in seiner ersten großen Rolle gespielt. Warum die gewagte Adaption eines der wichtigsten Sci-Fi-Werke überhaupt ist, dazu mehr im ausgelagerten Blogeintrag zur historischen Bedeutung von Forbidden Planet.


Quiet please. I am analyzing.

Story

Vor 20 Jahren landete das Raumschiff Bellerophon mit Kolonisten auf der Planetenoberfläche von Altair 4. Der Kontakt brach ab und irgendwann verfestigten sich die Befürchtungen, dass der Besatzung etwas zugestoßen sein muss.
Kapitän Adams hat den Auftrag, mit seinem Raumkreuzer auf Altair 4 zu landen und herauszufinden, wieso es nie wieder ein Lebenszeichen gab.
Als sie in den Orbit des Planeten kommen, können sie über Funk einen der Kolonisten erreichen. Er heißt Dr. Edward Morbius und rät dem Suchtrupp nachdrücklich davon ab, zur Landung anzusetzen. Doch da man die lange Reise nicht umsonst gemacht haben will, schlägt man die Warnung in den Wind.
Sie staunen nicht schlecht, als nach der reibungslosen Landung ein Roboter mitsamt Roboterauto angeflitzt kommt und den Kapitän und zwei seiner Besatzungsmitglieder zur Residenz von Dr. Morbius transportiert.
Dieser überrascht nicht nur mit seiner reizenden Tochter Altaira, sondern auch mit der Auskunft, dass die gesamte Besatzung der Bellerophon kurz nach der Landung von einer unbekannten Macht auf brutalste Weise getötet wurde. Nur er und seine mit Altaira schwangere Gattin, die jedoch weniger später eines natürlichen Todes starb, blieben verschont. Seither lebt er alleine auf dem Planeten und erforscht die technischen Relikte der ehemaligen Planetenbewohner: Die vor Jahrtausenden ausgestorbene hochentwickelte Alienrasse der Krell.
Da Morbius fürchtet, den Neuankömmlingen werde ein ähnlich grausames Ableben bevorstehen, wenn sie zu lange auf dem Planeten verweilen, drängt er sie, schnellstmöglich wieder abzuziehen.

Kritik

Eigentlich würde es genügen, den überwältigenden Vorspann zu zeigen, der viel besser wiedergeben kann, was dieser Film ist, als jede Rezension es vermag. Wabernde, bedrohliche und zugleich lockende elektronische Geräusche, die sich wie von alleine zum eigentümlichen Score des Filmes zusammenfügen. Währenddessen läuft der Vorspann in Star Wars-Gelb.
Nicht nur das Sounddesign, auch die Ausstattung und die fabelhaften Sets sorgen dafür, dass die Diegese perfekt sitzt. Altair 4 ist ohne Frage ein ziemlich wundersamer Planet. Er wirkt fremdartig, aber nicht bedrohlich, obwohl stets eine animalische Gefahr im Hintergrund zu spüren ist. Dafür sorgen auch die kontrastreich dargestellten semantischen Räume. Das Anwesen von Morbius und Tochter ist edel und prunkvoll und von einem beinahe paradiesisch anmutenden Garten umgeben. Der robotische Hausdiener Robby ist zugleich Butler und Freund. Der Rest des Planeten scheint dagegen aus einer gigantischen Wüste aus Sand und Fels zu bestehen. Die unbekannte Weite, in der Raumkreuzer C57D landete, bietet den Besuchern keinerlei Schutz vor den verborgenen Gefahren des Planeten.
Das Raumschiff selbst hat die Form eines klassischen UFOs und lässt keinen Zweifel daran, dass die Protagonisten in diesem Film die eigentlichen Invasoren sind und einen Einsiedler behelligen, der eigentlich nur in Frieden seinen Forschungen nachgehen möchte. Auch wenn am letztlich natürlich alles anders kommt und der geniale Dr. Morbius etwas Entscheidendes übersehen hat, was nur unsere Helden aufdecken können, bleibt am Ende die Frage offen, ob nicht alles deutlich besser verlaufen wäre, wenn das Raumschiff unter dem Kommando von Kapitän Adams nach den anfänglichen Warnungen einfach kehrtgemacht hätte.

Etwas absonderlich und trotzdem in gewisser Weise passend ist das obskure Verhalten der Figuren, wenn es um die Annährung von Mann und Frau geht. Als die drei Gesandten der Erde unerwartet auf die wimpernklimpernde Tochter des Doktors treffen, verfallen sie allesamt ohne Umschweife in den Balzmodus und übertreffen sich ständig gegenseitig in Sachen unverfrorene Anmache.
Überhaupt ist das Frauenbild in Alarm im Weltall ein eigenartiges. Altaira ist das unbekümmerte Naivchen ohne Scham und Ahnung, das ganz aus Versehen verführt wird. Ihr weltfremdes Verhalten – und somit ihre Figur –  wird aber dadurch gerechtfertigt, dass sie die Welt und die dortigen Gebräuche überhaupt nicht kennt und ihr Vater der einzige Mensch ist, den sie in ihrem Leben gesehen hat. In ihrer Unschuld erinnert sie etwas an die von Zivilisation abgeschotteten Naturvölker, auf die die Expeditionsteams in unzähligen Abenteuerfilmen vergangener Tage stoßen.
Abgesehen davon geben sowohl die Figuren als auch ihre Darsteller keinen Grund zur Klage.
Besonders sorgfältig ausgebaut ist der Doktor, der einerseits ungesund intensiv an seine neue Heimat gebunden ist, trotzdem aber schmerzhaft die Konversationen mit anderen Menschen vermisst.
Die Crew besteht nicht nur aus einem Haufen Raumfahrer, die ihr Leben der Wissenschaft verschrieben haben, sondern ist in erster Linie eine Meute von Männern, denen die Einsamkeit des Alls schwer zu schaffen macht.

Lange Zeit war es Gang und Gäbe, wirkliche Monster zwar zu erwähnen, sie aber nicht zu zeigen, sondern es der Fantasie des Publikums zu überlassen, sich die bestialischen Einzelheiten auszumalen. Zu groß war die Gefahr, dass das präsentierte Ungeheuer lächerlich wirkt und dieser Effekt ganze angezielte Stimmung des Filmes unter sich begräbt. Alarm im Weltall folgt dieser Devise und weicht trotzdem von ihr ab. Die außerirdischen Krell bekommt man kein einziges Mal zu Gesicht – nur die dreieckigen Türrahmen lassen vage Schlüsse auf ihre Anatomie zu und verführen den Zuschauer dadurch zu den waghalsigsten Spekulationen über das Erscheinungsbild der ausgelöschten Rasse. Die gegenwärtige Gefahr, nämlich das mysteriöse Monster, das die Crew später heimsucht, ist unsichtbar und anfangs geben nur die tiefen Fußabdrücke im Sand und das sich unter seinem Gewicht biegende Metall Aufschluss über die Beschaffenheit des Dings. Völlig überraschend wird es später aber doch gezeigt – und wirkt dank eines gerissenen technischen Kniffs tatsächlich so schauerlich, wie man es sich ausgemalt hat.

Nicht bloß die aufwendigen handgemachten Effekte unterhalten heute noch, ohne dass sie große Verschleißspuren aufweisen, auch die eigentliche Geschichte war damals so ideenreich und modern, dass sie dem Plot neuerer Werke in nichts nachsteht.

Fazit

Alarm im Weltall überzeugt sowohl im Detail als auch im Gesamtbild. Die beeindruckende Ausstattung, das Gleichgewicht zwischen Anspannung und lustigen Sprüchen, die interessante Geschichte und die unzähligen überraschenden Details sorgen dafür, dass der Sci-Fi-Klassiker nicht nur historisch interessant ist, sondern auch aus heutiger Sicht ein außerordentliches Filmerlebnis verspricht, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Und sei es nur, um das erstaunliche Experiment zu beobachten, in dem William Shakespeare, Siegmund Freud, Leslie Nielsen und Science-Fiction miteinander gekreuzt werden.

„Alarm im Weltall“ und sein Verdienst an der Science-Fiction

Photographed in Eastman Color

Forbidden Planet, um wenigstens ein einziges Mal den Originaltitel des Filmes zu nennen, hat in einem solch enormen Maße dazu beigetragen, die Science-Fiction-Welt der letzten 60 Jahre zu konstituieren, dass ein paar diesbezügliche Randbemerkungen am Fuße der Kritik einfach nicht ausreichend wären.
Deshalb folgt der Versuch, ein paar der wichtigsten geschichtlichen Details zu komprimieren und ihre Wirkweise nachzuvollziehen, um dem Film auf diese Weise den Dank dafür auszusprechen, dem Science-Fiction-Genre so viele fantastische Neuerungen gebracht zu haben.

Bekanntlich waren die 50er die Zeit der UFO-Hysterie und bekanntlich kann es für Film nichts Schöneres geben, eine solche Hysterie möglichst intensiv zu bedienen. Jahre vor der bemannten Raumfahrt galt die allgemeine Annahme, dass interstellares Reisen in einer geräumigen Kapsel mit erdähnlichen Zuständen an Bord vonstattengehen würde. So auch hier. Neu war hingegen, dass nicht die grünen Männchen in ihren Fliegenden Untertassen invadieren, sondern dass die Menschen selbst in einer solchen Untertasse durchs All schwirren und fremde Planeten besiedeln. Auch, wenn das, was damals unter zum Staunen einladenden Ausstattung eines Raumschiffes verstanden wurde, für heutige Augen aussieht, wie die Innereien eines ausrangierten U-Boots.
Maßgeblich waren vor allem die erzählerischen Details (zum Beispiel gibt es genau genommen keinen wirklichen Antagonisten), die Innovation in die Vorstellung von der Zukunft brachten und die futuristische Vision von Alarm im Weltall gleichermaßen fantastisch und glaubwürdig gestalteten.

Robby der Roboter

Allem voran natürlich Robby der Roboter. Obwohl der Blechkamerad auf dem offiziellen Filmposter wie ein bösartiger, Jungfrauen entführender Unhold aussieht, handelt es sich eigentlich um einen servilen und treuen Kumpanen mit Gentlemen-Attitüde. Aus hunderten von Entwürfen wurde schließlich dieser eine gewählt. Für seine Herstellung wurde extra eine neue Art von Plastik entwickelt und Material, Technik und sogar Erbauer wurden modernster Luftfahrttechnik entliehen. Das Ergebnis war die perfekte Illusion eines Roboters, die auch heute noch funktioniert. Dass eigentlich ein Mensch in seinem Inneren sitzt und sich abmüht, das Konstrukt nicht zu Fall zu bringen, kommt einem auch über ein halbes Jahrhundert später nicht in den Sinn. Wenn seine mechanischen Funktionen am Rattern waren, verursachte er durch die unzähligen sich bewegenden Teile ein solches Getöse, dass die Filmcrew sich nur durch Brüllen und Gestikulieren verständigen konnte und sämtliche Szenen, in denen er auftauchte, anschließend nachsynchronisiert werden mussten. Seine Fähigkeit, Dinge in seiner Analyseschublade zu untersuchen und daraufhin zu reproduzieren (in Alarm im Weltall in erster Linie Schnaps), war eine gänzlich neuartige Idee und wurde danach unzählige Male aufgegriffen. Die bekanntesten Nachfahren dieser Technik dürften sicherlich die Replikatoren aus Star Trek sein.

Sogar Isaac Asimovs Robotergesetze, die 14 Jahre vor Filmentstehen niedergeschireben wurden und seitdem die Etikette eines jeden braven Roboters definieren, fanden ganz offensichtlich Beachtung, denn Robby ist es nicht erlaubt, menschlichen Wesen zu schaden und hat ein ernstliches Problem, wenn ein Befehl seines Meisters und Gesetz Nummer 1 nicht miteinander in Einklang zu bringen sind.

  1. Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen (wissentlich) Schaden zugefügt wird.
  2. Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.
  3. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, so lange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

Mit seinen Produktionskosten von 125.000 Dollar handelte es sich bei Robby um den kostspieligsten Spezialeffekt seiner Zeit. In der Zeit nach dem Kinostart wuchs der freundliche Roboter zum Kultstar heran und erhielt bereits ein Jahr nach Alarm im Weltall seinen eigenen Film namens The Invisible Boy (Kritik folgt). Auch wenn es sich hier vermutlich nicht im erster Linie um Fanservice handelte, sondern um den Versuch von Metro-Goldwyn-Mayer Pictures, mit dem Dollar verschlingenden Blechungeheuer wieder möglichst viel Geld reinzubekommen. In den darauffolgenden Jahrzehnten hatte er unzählige Gastauftritte in Shows, Filmen und Episoden namenhafter Serien. Heute kann man ihn nicht nur in einem Atemzug mit R2D2 und C3PO nennen, sondern muss im Bezug auf die beiden auch seine Vaterrolle anerkennen. Auch gewisse Ähnlichkeiten zu den Dalek aus Dr. Who sind nicht von der Hand zu weisen. Übrigens ist Alarm im Weltall außerdem der allererste Film, in dem ein Computer namentlich Erwähnung findet – es ist der geheimnisvolle Rechner der Krell.
Heute genießt Robby seinen Ruhestand in der Robot Hall of Fame an der Seite von weiteren Sci-Fi-Ikonen wie HAL 9000, Maria und dem T-800.

Direkter Einfluss auf die Großen: Star Trek und Star Wars

Und wenn schon von Vaterschaft, Star Trek und Star Wars die Rede ist. In Star Wars finden sich neben dem Androiden-Duo einige weitere Referenzen auf den Sci-Fi-Klassiker. Insbesondere das Innere Todessterns gleicht der atemberaubenden Maschinenhalle im Bauche des Planeten Altair 4 in bestimmten Details bis aufs Haar. Auch diese Dimensionen waren es, die damals für offene Münder sorgten. Die kilometertiefen Schächte in den Eingeweiden des Planeten, in denen sich Maschinen seit Jahrtausenden selbst warten und ununterbrochen am Laufen waren, während Generationen und Zivilisationen aus dem Staub erwuchsen und wieder zu Staub zerfielen, wurden dank gewiefter Tricktechnik simuliert, sodass die Illusion auch heute noch makellos funktioniert. Die Staubwolke am Horizont, die den ersten Auftritt von Robby ankündigt, gibt Aufschluss darüber, wie unfassbar groß das Set damals gewesen ist.
Außerdem nahm Alarm im Weltall bereits einen ganzen Kübel klassischer Star Trek-Elemente vorweg. Nicht nur die Analyse- und Reproduktionsfähigkeit Robbys, auch die Struktur der klassischen Enterprise-Außenbordmission, die Konstellation des Erkundungstrupps, die überlegene, aber verblichene außerirdische Zivilisation, die internationale Zusammenstellung der Crew (ein russischer Arzt!), die kurze Erwähnung der „vereinten Planeten“, welcher die Erde angehört, die unverwechselbaren Phaserwaffen und so weiter. Gerüchten zu Folge soll Gene Roddenberry anfangs sogar Pläne gehabt haben, eine Serie zu Alarm im Weltall zu entwerfen, als deren Pilot eben dieser Film fungieren sollte. Und genaugenommen hat er dies getan. Nur dass die Serie Star Trek/Raumschiff Enterprise genannt wurde.

Die Filmmusik

Schaut man heute Alarm im Weltall sorgen all die aufgezählten Elemente natürlich kaum für Erstaunen, weil das ehemals Neue nach und nach zu dem Standard wurde, der als Fundament für einige der bekanntesten Geschichten des vergangenen Jahrhunderts diente. Was nach wie vor auch ganz ohne diachronisch geschärften Blick beeindruckt, ist die phänomenale Musik.
Louis und Bebe Barron wurden eigentlich lediglich engagiert, um als Tontechniker ein paar ausgefallenen Soundeffekte beizusteuern. Nach den ersten Ergebnissen war man aber so begeistert, dass das Ehepaar prompt für die gesamte Musik des Filmes angeheuert wurde. Das Ergebnis ist eine der schrägsten und mitreißendsten Untermalungen, die einem Film – egal welchen Genres – je beschert wurden. Schon der Vorspann weiß dank der speziellen Musik sofort zu fesseln.
Es handelte sich um den ersten elektronischen Score in der Geschichte des Films. Und das in einer Zeit, in der Synthesizer in ihrer bekannten Form noch nicht existierten. Daher mussten alle Instrumente, um die einmaligen Soundlandschaften des Filmes zu kreieren, eigens entworfen und gebaut werden. In durchwachten Nächten wurde getüftelt und improvisiert, bis das Ergebnis stand, was gewissermaßen die Geburtsstunde elektronischer Musik darstellte.
Die Gewerkschaft der amerikanischen Filmmusiker sah das jedoch etwas anders. Da keine konventionellen Instrumente Verwendung fanden, wurde es dem Ehepaar gerichtlich verboten, ihr Werk mit „Filmmusik“ zu betiteln. Nicht Musik hätten die beiden geschaffen, sondern lediglich „elektronische Töne“.
In Folge wirkten die Künstler im Abspann des Filmes wie eine Randbemerkung und zu allem Übel blieb ihnen auch die wohlverdiente Oscar Nominierung verwehrt, weil sie sich nicht Komponisten nennen durften. Das Publik honorierte die Pionierarbeit von Louis und Bebe Barron dennoch mit einer Woge der Begeisterung.

Kosten und Erfolg

Ironischerweise sollte der Film trotz seines enormen Einflusses lange Zeit als Sargnagel für das Genre fungieren.
Das Studio wurde von der Preiswertigkeit des Filmes überzeugt, weil das außerirdische Ungetüm unsichtbar sein sollte. Als man sich dann dazu entschloss, es zumindest kurzzeitig doch zusätzlich zu animieren, wurde das Animationsstudio der Walt Disney Company konsultiert, woraufhin die Produktionskosten des Filmes in die Höhe schossen. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Vielleicht zum ersten Mal überhaupt war ein Monster in der Fantasie nicht beeindruckender und furchteinflößender als das Gezeigte. Obwohl die Konturen des Biests nur für einige Sekunden vage zu erkennen sind, bleibt der schauderhafte Eindruck, den die unförmige Masse hinterlässt, für den Rest des Filmes bestehen.
Die aufwändigen Sets wurden nicht nacheinander, sondern simultan aufgebaut. Dabei nahmen die begeisterten Filmemacher absichtlich keine Rücksicht auf das zur Verfügung gestellte Budget. Der finanzielle Rahmen war schon lange gesprengt und die Vorbereitungen waren noch lange nicht abgeschlossen. Angesichts der vielen halbfertigen Kulissen blieb dem Studio jedoch keine andere Wahl, als die Finanzen aufzustocken, weil die Arbeiten bis zu diesem Zeitpunkt schlicht zu viele Geldbündel verschlungen hatten, um dem Projekt nun einfach so einen Riegel vorzuschieben zu können.
Alarm im Weltall kam bei seinem Kinopublikum nicht schlecht an, war aber weit entfernt von dem Kassenschlager, der nicht nur erhofft, sondern auch gebraucht wurde, um die Kosten über 4.900.000 US-Dollar wieder einzuspielen. Erst über die Jahre sollte der Film die Achtung erfahren, die ihm gebührt, und nicht nur eine ganze Generation begeistern, sondern auch deren Ideen und Vorstellungen maßgeblich prägen.
Trotzdem sollte viel Zeit verstreichen, ehe man es erneut wagte, einen A-Science-Fiction-Film zu drehen.

Die unglaubliche Geschichte des Mister C.

Jack Arnold ist der Mann hinter einer Reihe von Klassikern. Dazu zählt die Arachnophobie-Fantasie Tarantula (übrigens mit Clint Eastwood in seiner ersten Rolle), der in vieler Hinsicht außergewöhnliche Sci-Fi-Klassiker Gefahr aus dem Weltall und manches mehr.
Die unglaubliche Geschichte des Mister C. wird gemeinhin besonders hoch gehandelt.


We’ll go back to the doctor tomorrow. I’m sure he’s got a pill for it.

Story

Vorzeigeehepaar Carey lässt sich während einer Bootstour die Sonne auf den Bauch scheinen, als plötzlich eine seltsame Nebelwand mit hoher Geschwindigkeit anrückt. Die unbescholtenen Durchschnittsamerikaner messen dem Vorfall keine Bedeutung bei, bis Ehemann Scott eines Tages mit Verwunderung feststellen muss, dass Hemd und Hose nicht mehr passen.
Was Gattin, Arzt und auch er selber nicht wahrhaben wollen, lässt sich bald nicht mehr leugnen: Scott schrumpft langsam aber unaufhaltsam.
Zuerst sorgt das Phänomen für Aufregung in Medizinerkreisen, mit Fortschreiten des Prozesses werden aber auch die sensationslüsternen Medien auf ihn Aufmerksam.
Mit jedem verlorenen Zentimeter wird Scott verbitterter. Hilfsmittel des Alltags werden zu Fallen und die niedliche Hauskatze zum kreischenden Monstrum, wenn man, groß wie eine Maus, die Welt so sieht, wie einst Gulliver im Lande Brobdingnag. Das wahre Abenteuer des Mr. Carey beginnt aber, als er – mittlerweile kaum größer als ein Fingerglied – durch einen Unfall im Keller landet. Während alle ihn für Tod halten, muss er in der widrigen Kellerwelt um sein Überleben kämpfen.

Kritik

Der Film ist porentief klassisch. Das fängt bereits an mit dem angenehm abstrakt aufgezogenen Vorspann an, der daran erinnert, was für ein Verlust der sich immer weiter etablierende Verzicht auf ebendiesen in unserer Zeit ist. Ebenso klassisch ist die Überblende auf das Meer, der entspannte Ich-Erzähler wie der erste goldige Special-Effect des Filmes, der in Minute 3 als sich rasch nähernde Wolke klarmacht, wieso das vormals so entspannte Wellenrauschen plötzlich von bedrohlicher Musik überlagert wird.
Die manchmal an gute Stummfilme erinnernde Musik ist klassisch. Der Aufbau ist klassisch. Sobald die gewiefte, aber im Grunde treu ergebene Ehefrau das Deck verlassen hat und der namensgebende Mister C. alleine ist, ist Platz für das Mysterium. Und ja, der letzte Satz nimmt es vorweg, auch die Geschlechterrollen sind klassisch. Die Frau führt das Ruder im Hause, der Mann auf dem Boot. Dennoch ist die Dame alles andere als passiv und durchaus schlagfertig.
Machen wir uns nichts vor, die ganze Geschichte ist ebenso klassisch.
Kunst ist ein Merkmal ihrer Zeit – und gerade ein technisch fundiertes Medium wie Film kriegt über die Dekaden rasch einige hässliche Falten, wird lahm, grau, langweilig und kramt die gleichen alten Kamellen wieder und wieder hervor. Dass Die unglaubliche Geschichte des Mister C. mehr als ein halbes Jahrhundert hinter sich hat, merkt man seinem Plot natürlich an. Die – von eben diesem Film losgetretene – Welle der Protagonisten, deren Körpern Seltsames widerfährt, hielt erstaunlich lange an, irgendwann hatte sich das Publikum aber auch daran sattgesehen. Im selben Jahr drehte B-Film-Fetischist Bert I. Gordon die Prämisse übrigens einfach um und ließ seinen Protagonisten in Der Koloß durch Radioaktivität zum Giganten werden.

Was den Science-Fiction-Oldie so zeitlos macht, sind die inneren Werte und die zackige Inszenierung. Man wundert sich nicht darüber, dass Mister C. eine unglaubliche Geschichte erlebt, sondern darüber, wie viel neues jede Szene besonders in der ersten Hälfte zu bieten hat und mit welch hohem Tempo sich die Veränderung des Protagonisten vollzieht. Fast schon atemlos ist der Film, obwohl der sich stets die nötige Zeit für die wichtigen Details nimmt. Die Kunst ist aber, dass Entwicklung und glaubwürdiges Detail sich nicht abwechseln, sondern dass sie simultan gezeigt werden. So flutschen die 81 Minuten über den heimischen Bildschirm und man fühlt sich die ganze Zeit über bestens unterhalten.
Dabei lässt sich der Film nicht dazu hinreißen, permanent große Objekte neben der kleinen Hauptperson aufzustapeln, um zu zeigen, wie überzeugend man doch tricksen kann. Stattdessen, werden psychischen Folgen des Prozesses beleuchtet. Scott ist frustriert und verzweifelt, da er ohne eigenes Verschulden diesem Prozess ausgesetzt wurde, auf den er nur mit Trotz und Wut reagieren kann. Beachtenswert ist nicht nur, wie notwendige Kleinigkeiten unverkrampft in die Handlung gelegt werden, sondern auch, wie geschickt und ökonomisch einem die Figuren nahegebracht werden. Wenn in Minute 20 die häusliche Krise in einem Weinkrampf von Ehefrau Lou endet, wirkt das authentisch und bedrückend. Schön auch, wie der Zuschauer die Welt nicht nur optisch, sondern auch akustisch wahrnimmt.
Der ungewohnt nachdenklicher Kommentar aus dem Off, der augenscheinlich seinen Memoiren entstammt, trägt sein Übriges dazu bei, neigt an einigen Stellen aber auch zu Redundanz – die typische Krankheit dieses Stilmittels. Unnötig ist es aber nicht, zum einen lockert es den langen Kelleraufenthalt auf, der gänzlich ohne Dialoge auskommen muss, zum anderen rückt das Ende den Ich-Kommentar in ein sehr interessantes Licht.
Wer möchte, kann aus Jack Arnolds Adaption natürlich eine politische Botschaft herauslesen, schließlich handelt es sich um einen Science-Fiction-Film der 50er, in dem Amerikas Angstneurose zwangsläufig Platz finden muss. Der radioaktive Nebel, der das makellose Pärchen auf einer idyllischen Bootstour überrascht und auf fantastische Weise mit einem Insektizid wechselwirkt, spricht eine Deutliche Sprache. Aber auch der unangenehme Medienrummel, der dem Protagonisten die Privatsphäre fast vollständig nimmt, ist purer Zeitgeist.

Obwohl die Größenrelationen nicht immer ganz stimmen und der Film ab und zu ein wenig schummelt – wenn Scott (bereits stark verkleinert) zum Beispiel in der Lage ist, eine große Lampe zu Fall zu bringen, aber nur mit Mühe einen Nagel heben kann – ist er doch sehr bemüht, alles richtig zu machen und die riesige Welt der Menschen authentisch darzustellen. Trotzdem verliert der Film merkwürdigerweise gerade dann etwas an Spannung, wenn Scott auf sich allein gestellt in der gefahrvollen Kellerwelt zurechtkommen muss. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Bilder zwangsläufig statischer sind, damit man den Däumling möglichst unauffällig hineinkopieren konnte. Andererseits passt die Art der Darstellung hervorragend zum Gemütszustand des Helden. Die Tatsache, dass die soziale Komponente und die damit einhergehenden Probleme wegfallen und dem reinen und einsamen Abenteuer weichen, ist aber auch nicht ganz unschuldig. Dieses ist weiterhin ausgezeichnet inszeniert, trotzdem wirkt der Film in seiner zweiten Hälfte an manchen Stellen beinahe wie ein Stummfilm.
Dem und dem etwas zu melodramatischen Monolog während der Präparierung zum Trotz hat der finale Kampf gegen das monströse Spinnenbiest aber in sich. Auch sonst kann man sich vor der technischen Leistung in fast allen Fällen auch heute noch verneigen. Das gelungene Spiel mit der Perspektive und die riesenhaften Requisiten schaffen eine Welt, die man dem Film nur zu gerne abnimmt. Und zu sehen, wie die Umgebung des Alltags plötzlich zur tödlichen Abenteuerlandschaft wird, ist damals wie heute faszinierend aufregend.
Das Ende kommt schnell, ist konsequent, für einen Film, der auf den ersten Blick von seinen Effekten von sich reden machen will, von ungewöhnlich philosophischer Färbung und wirkt vor allem nach. Hier macht sich am ehesten bemerkbar, dass es sich bei Die unglaubliche Geschichte des Mister C. um eine Literaturverfilmung handelt, für deren Drehbuch der Autor des Originalstoffes verantwortlich war.
Klassisch ist übrigens ebenfalls, dass die Darsteller auf einer Tafel im Abspann Erwähnung finden, nicht aber diejenigen, die sich für die Umsetzung des Ganzen verantwortlich zeichnen. Und weil es so schön ist: in bester klassischer Gesellschaft ist natürlich auch der ellenlange deutsche Titel des Filmes, der im Original The Incredible Shrinking Man genannt wird. Aber diese deutsche Eigenheit war war Jack Arnold dank Metaluna IV antwortet nicht ja schon gewohnt, wobei zugestanden werden muss, dass auch die englischen Originalnamen des Herren keine Sternstunden der Titelgebung waren.

Fazit

Die unglaubliche Geschichte des Mister C. wird nicht zu Unrecht von vielen als das wegweisende Werk von Jack Arnold gehandelt. Die Mischung aus Drama und fantastischen Elementen in der ersten Hälfte ist famos, der Abenteuerpart in der zweiten vielleicht ein wenig angestaubt, aber fraglos immer noch sehr sehenswert.
An der Kinokasse gescheitert, wurde die Geschichte vom werdenden Winzling nachträglich eine Berühmtheit und wer den Film heute sieht, der weiß auch warum.

Logan’s Run – Flucht ins 23. Jahrhundert

Nach der Vorlage von William F. Nolans und George Clayton Johnsons Roman Logan’s Run erschuf Regisseur Michael Anderson zusammen mit einer Heerschar von Technikern den letzten großen Science-Fiction-Film, bevor Star Wars das gesamte Genre umkrempelte.
Flucht ins 23. Jahrhundert, so der gleichermaßen sperrige wie unsinnige Titel, der Logan’s Run im Deutschen aufgezwungen wurde, bringt dabei all die Tugenden, aber auch die Laster seiner Ära auf den Punkt, als hätte er gewusst, dass er der letzte seiner Art sein würde.

 Story

In großen, miteinander verbundenen Kuppelstädten führt die Gesellschaft ein hedonistisches Leben. Von einem Computer geboren, erzogen und ihren Lebensaufgaben zugeteilt, gehen die Menschen zufrieden ihrem Tagwerk nach und erfreuen sich an Vergnügungen aller Art. Der Preis für dieses Dasein ist, dass jeder Einzelne mit Erreichen des dreißigsten Lebensjahres dem Tod übergeben wird, um eine Überbevölkerung zu vermeiden. Da die Überzeugung vorherrscht, dass auf das Ableben die Reinkarnation folgt, ergeben sich die Todgeweihten ihrem Schicksal und nehmen, wenn ihre Zeit gekommen ist, an einer zeremoniellen Prozedur teil, deren sakraler Höhepunkt ihre Auslöschung ist.
Logan 5 ist ein Sandmann. Als solcher ist er dafür zuständig, dass alle, die im Alter von 30 an ihrer nahenden Widergeburt zweifeln, umstandslos eliminiert werden. Ein Ausstieg aus dem System ist ebenso verboten wie das Hinterfragen desselbigen, jeder kritische Gedanke muss umgehend zur Anzeige gebracht werden.
Als der pflichttreue Logan einer Untergrundorganisaton von Runnern – so die Bezeichnung für die Flüchtigen – auf die Schliche kommt, erreicht ihn vom allwissenden Computer eine Order. Mit der bedrohlichsten Stimme seit HAL 9000 weist er ihn an, die Kuppel zu verlassen und die Zuflucht jener aufzuspüren, die bisher entkommen konnten. Dass Logan bislang davon ausging, dass kein Draußen existiere, ist nur die erste einer Reihe von Täuschungen, denen er in den kommenden 1 1/2 Filmstunden auf die Spur kommt.
Zusammen mit Jessica 6, die Verbindungen zur den Runnern zu haben scheint, beginnt die Flucht des Doppelagenten Logan. Doch sein ehemaliger Arbeitskollege und Freund ist den beiden dicht auf den Fersen.

Kritik

Was dem zeitgenössischen Betrachter zuerst ins Auge fällt, ist die leicht in die Jahre gekommene Tricktechnik. Angefangen bei den Kuppelstädten, die aus der Ferne leicht mit gestrandeten Quallen verwechselt werden können, über die meist mit Modelllandschaften umgesetzten Supertotalen bis hin zu den primären Effekten, die für Kämpfe aller Art gebraucht werden und sich häufig auf bunt leuchtende Feuerchen beschränken. Optisch ist Logan’s Run nicht unbedingt gut gealtert. Auch hat der Film mit dem Problem der meisten betagten SciFi-Filme zu kämpfen, die große Menschenmassen in futuristischer Umgebung zeigen wollen: Das Drumherum wirkt pappig, die Kostüme albern und die Kulisse wie aus Papier gestanzt. Auf der anderen Seite sind die Bilder der überwucherten Restzivilisation außerhalb der Kuppel auch heute noch ungemein beeindruckend.
Gerade die zeitliche Nähe zu Krieg der Sterne ist diesbezüglich frappierend, liegen hinsichtlich der technischen Umsetzung doch Welten zwischen den Filmen.

Den Film hierauf zu reduzieren, täte ihm jedoch Unrecht. Trotz der etwas angegrauten Verpackung entbehrt die Optik keineswegs eines gewissen Charmes. Und auch hier gilt die Faustregel: Selbst der simpelste handgemachte Trick hört irgendwann auf zu altern, während mittelmäßige Computereffekte schon kurze Zeit später bis zur Ungenießbarkeit verwelken.
Schlecht sieht Andersons Dystopie beileibe nicht aus und in einigen großen Szenen lässt sich gut nachempfinden, wieso der Film seinerzeit auch in technischer Hinsicht gepriesen wurde.
Vom Alter unberührt blieben die durchdachten Dialoge, der in jeder Szene schlummernde mystische Grundton und auch die tolle Arbeit von Kamera und Schnitt, die der Inszenierung ein perfektes Tempo verleihen. So haben zum Beispiel die Geschehnisse im Stadion, in welchem sich der zelebrierte Massenmord abspielt, nichts von ihrer massiven Eindringlichkeit verloren.
Dazu trägt auch die elektronische Musik bei, die ohne Frage ebenfalls leicht überholt wirkt, nichtsdestoweniger aber ihren Zweck erfüllt und im Gesamtbild der Montage schlichtweg funktioniert. Vorbildlich fällt die akustische Untermalung dagegen aus, wenn der elektronische Klang kurz Atem schöpft und von vortrefflich gewählter Klassik ersetzt wird.
Fernhalten sollte man sich wieder einmal vor der Synchronisation, die nur allzu oft den Sinn unterwegs verliert, gutes Timing durch Grobschlächtigkeit zerstört und den Figuren oftmals Dinge in den Mund legt, die sie laut Drehbuch nie sagen sollten. Gut geschriebene Dialoge werden bis zur Unkenntlichkeit simplifiziert und teils durch obskure Eigenkreationen der Übersetzer ersetzt. Dieses Werk in deutscher Sprache zu bewerten, würde es tatsächlich 1,5 Punkte kosten.
Auf die Spitze getrieben wird dieses Sakrileg ausgerechnet in der emotional kräftigsten Szene des Filmes, in der im Englischen schweigende Charaktere in der Synchronisation mit unangebrachter Fröhlichkeit zu schnattern beginnen.

Das erprobte Dystopie-Szenario, in dem ein System irgendwann so totalitär wurde, dass es nicht mehr den Menschen dient, sondern umgekehrt, funktioniert tadellos, was nicht zuletzt dem Drehbuch zu verdanken ist. Dieses musste damals zwar einiges an Kritik verkraften, diese bezog sich jedoch meist auf die Abänderungen der Buchvorlage gegenüber. Gerade diesen Variationen ist es indes zu verdanken, dass Logan’s Run ein solch aufregendes Science-Fiction-Abenteuer geworden ist.
Nur Logans ehemaligem Kollegen, der das fliehende Pärchen permanent verfolgt, wird zu wenig Raum gelassen, sodass man den Eindruck erhält, er hätte den Weg lediglich ins Script gefunden, damit es einen greifbaren Gegenspieler gibt. Ansonsten bleibt höchstens die Motivation von Jessica im Dunkeln. Im Zuge ihrer geschickten Einführung wirkt sie verzweifelt, lethargisch und abweisend – weshalb sie im Anschluss gerade dem Sandmann helfen und vertrauen sollte, mag zwar mit dem Totalschlagargument der Liebe holprig erklärbar sein, erschließt sich dem Betrachter aber nur schwer.
Der Umstand, dass der Zuschauer nie weiß, auf welcher Seite der Protagonist wirklich steht, fügt dem Film eine zusätzliche Ebene hinzu und verleiht auch der Beziehung zwischen Logan und Jessica die nötige Tiefe.

Fazit

Logan’s Run ist völlig zurecht ein Klassiker seines Genres. Die düstere Vision der Computerdiktatur wirkt nicht so glaubhaft wie in Lucas‘ THX 1138, erzeugt aber gerade aufgrund ihrer Absurdität ein Gefühl großer Bedrohung.
Obwohl der Film zum Ende etwas zu dick aufträgt, droht er nie, sich in Sentimentalitäten zu verstricken, überzeugt (im O-Ton) mit klugen Dialogen und bietet nicht zuletzt mit Michael York (Babylon 5), Jenny Agutter und Peter Ustinov eine sehenswerte Besetzung.
Ein großer Kritikpunkt ist zugleich wohl auch das schönste Kompliment für diesen Film: Nach annähernd zwei Stunden Laufzeit wünscht man sich, noch mehr über dise seltsame Zukunftswelt erfahren zu können.

Ein Remake ist übrigens in der Mache. Drive-Regisseur Nicolas Winding Refn soll die Regie übernehmen und sein neuer Stammschauspieler Ryan Gosling ist für die Rolle des Logan vorgesehen. Das Projekt steckt aber noch bis zum Hals in der Planungsphase, weshalb noch nicht mal das Erscheinungsjahr geschätzt werden kann.

Der Omega-Mann

Richard Mathersons Roman I Am Legend (im Deutschen: Ich bin Legende) kappte erstmals die okkult-mystischen Wurzeln des Vampirismus und stellte ihn als gewöhnliche Krankheit mit außergewöhnlichen Folgen dar. Ganze viermal wurde das Buch bis heute verfilmt. Zuerst 1964 unter dem Namen The Last Man on Earth mit Vincent Price in der Hauptrolle, das letzte (erwähnenswerte) Mal 2007 mit Will Smith als getriebener Wissenschaftler. Die wohl populärste Umsetzung des Stoffes aber dürfte Der Omega-Mann von Boris Sagal sein.

Story

Ein verheerender Krieg zwischen China und der UDSSR macht der Menschheit quasi ein Ende. Biologische Kampfstoffe haben die Mutation eines Bakterienstammes bewirkt, der beinahe alle hingerafft hat. Nur Robert Neville, ein ehemaliger Wissenschaftler im Militärdienst, überstand den großen Reset unbeschadet, da er sich rechtzeitig ein Antiserum injizierten konnte.
Alle weiteren Menschen, die nicht ihren Tod durch die Epidemie fanden, mutierten langsam zu lichtscheuen Wahnsinnigen, deren postzivilisatorische Gesellschaft nachts marodierend durch die Stadt zieht und die neue Weltordnung preist, während gebrandschatzt wird, was das Zeug hält. Die sektenartige Gruppierung, die sich selbst „Die Familie“ nennt, hegt tiefen Groll gegen sämtliche moderne Technik als Auslöser der Zeitenwende und hat den letzten Überlebenden als ihre Nemesis auserkiesen.
In den dunklen Stunden verschanzt sich Neville daher in seinem von Licht durchfluteten Appartement und gibt sich Mühe, nicht gelyncht zu werden.
Am Tage streift er ziellos durch die Stadt. Die meiste Zeit sitzt er in einer der vielen herrenlosen Luxuskarossen und braust mit Höchstgeschwindigkeit durch verwaiste Straßenschluchten. Er plündert, trinkt, schaut in leeren Kinos Filme, die er lange schon mitsprechen kann, und debattiert mit imaginierten Mitmenschen, um so etwas wie Alltag zu erschaffen. Der Überlebenskampf ist längst schon Routine und die größte Gefahr liegt in der Einsamkeit, die ihn langsam aber unaufhaltsam um den Verstand zu bringen scheint.

Kritik

Da die jüngste Interpretation mit Will Smith den meisten vermutlich am deutlichsten im Gedächtnis ist, bietet sich ein Vergleich natürlich an. Statt Smith, der seinerzeit mit entblößter Rückansicht für Furore sorgte, ist es nun der in die Jahre gekommene Charlton Heston, der weniger durch Coolness und mehr durch seinen abgeklärten Zynismus auffällt. Hestons Spiel ist ein wenig extrovertierter, was den in ihm keimenden Wahnsinn aufgrund der Desozialisation effektiv zur Geltung bringt.
Auch sind die nächtlichen Schrecken keine auf ihre Instinkte reduzierten Zombies, sondern weiterhin Menschen mit einer stark an Albinismus erinnernden Krankheit, die in erster Linie aufgrund ihrer kollektiven Psychose als Bedrohung wahrgenommen werden. Ihre Art, sich zu bewegen, und die Kutten, in die sie sich hüllen, erinnern aber recht schnell daran, dass es sich in der Vorlage um Vampire handelt. Ebenfalls wurde dem Buch der charismatische Anführer entliehen, der die ewig kichernde Meute der Mutierten koordiniert und von Lincoln Kilpatrick mit herrlich diabolischer Attitüde verkörpert wird.
Der größte Unterschied ist aber schlicht und ergreifend die Erzählweise selbst. Ist Francis Lawrences I Am Legend mehr Stimmungsbild und Momentaufnahme, so bemüht sich Der Omega-Mann, in seinen 98 Minuten neben der Charakterstudie Nevilles möglichst viel Geschichte unterzubringen. Eingestreute Medienberichte und Rückblenden klären den Zuschauer zudem über die Hintergründe und den Verlauf der Katastrophe auf und bringen ihm zugleich die Hauptperson näher.
Die verschiedenen Charaktere wurden passend besetzt und schaffen es auch in kurzen Szenen, durch ausdrucksstarkes, aber nie übertriebenes Spiel, das Notwendige zu vermitteln. Ein gesondertes Lob haben sich die sehr pointierten Dialoge verdient. Überhaupt gibt es handwerklich genauso wenig zu bemängeln wie auf inhaltlicher Seite. Wenige Schwenks und viele Zooms, insbesondere von Großaufnahmen zu Totalen, unterstreichen gerade am Anfang des Filmes die zersetzende Einsamkeit, die den Wissenschaftler Tag für Tag umgibt.

Einer der interessantesten Aspekte ist die musikalische Untermalung.
Seien es die verfremdeten Orgelklänge, die eine angenehm schaurig-morbide Atmosphäre kreieren, oder die treibenden, jedoch keineswegs aufdringlichen Synthesizermelodien, die eine ganz eigene Beschwingtheit hervorrufen, welche aber anstandslos mit dem apokalyptischen Bild harmoniert. Irgendwie rufen der gesamte Score und die von ihm verursachte Stimmung Erinnerungen an die Arbeit von Sergio Leones Stammkomponisten Ennio Morricone wach, der zuvorderst durch seine Arbeit an der unvergesslichen Dollar-Trilogie unsterblich wurde. Ron Grainer, der Komponist von Der Omega-Mann, stellte hier unter Beweis, welch außerordentliches Geschick und hervorragendes Gespür er dafür besitzt, den richtigen Ton zur richtigen Zeit erklingen zu lassen.

Fazit:

Der Omega-Mann ist die kurzweilige und äußerst stilsichere Geschichte einer Welt, die in den 1970ern ihr Ende fand. Dabei ist der Scifi-Film trotz Aktualität nicht vollends zeitlos, aber gerade wegen der spürbaren Verhaftung in seiner Ära absolut sehenswert.
Typisch für das Datum seiner Herstellung sind die sozialkritischen Kommentare, die steife Kameraführung und natürlich die Frisuren sowie die Tatsache, dass auch die schlimmsten Dinge mit der richtigen Musik groovy sein können. Dass der Film fraglos Kind seiner Zeit ist, kann und will er nicht verbergen. Dessen ungeachtet ist das Kultwerk ausgezeichnet gealtert und auch heute noch völlig beschwerdefrei zu genießen. Einzig die actionhaltigeren Abschnitte wirken aus heutiger Sicht ein klein wenig unbeholfen.