Samurai of the Dead

Japan-Filmfest Hamburg 2015 Special 3


It pups and you are gone.

Story

Die Edo-Zeit sieht ihrem Ende entgegen und das Leben in Kyoto verläuft in halbwegs beschaulichen Bahnen. Auch für Gesutaro Kuzuyama, der ganz in seiner frischen Liebe zu sich selbst und seiner neuen Angebeteten aufgeht, könnte das Leben schön sein, würde nicht ein Untoter, verkauft als Attraktion, von einem amerikanischen Geschäftsmann in die Gegend gebracht werden – und prompt ausbrechen.
Es dauert nicht lange und der Infizierte haut seine Zähne ins satte Fleisch des Samurais. Während man am rätseln ist, was zu tun sei und was überhaupt vor sich geht, erweist sich der Fremde Ryôma Sakamoto als hilfreich – denn wie der Zombie auch, spricht der Einzelgänger Englisch.

Kritik

Selbst der weichherzigste Genrefan hat angesichts der unkontrollierten Schwemme an Zombie VS […]-Filmen schon lange nicht nur den Überblick, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach die größte Lust verloren, sich an die x-te Variation des Themas heranzuwagen.
Umso schöner ist es, wenn einem eine Perle vom Kaliber eines Samurai of the Dead auf der Leinwand begegnet. Hier geht es nicht darum, dass sich eine Gruppe verschanzt und dann nach und nach verkleinert wird. Und es geht auch nicht darum, effektvoll die markantesten Markenzeichen der Gruppe gegen die Übermacht an untoten Stöhnschleichern im Einsatz zu sehen (was sich der Erfahrung nach binnen 3 Minuten erschöpft hat und in müder Wiederholung endet). Hier geht es nicht um Spektakel, hier geht es nicht um Trash. Hier geht es um ein überraschend gutes Drehbuch, in dem mehrere Figuren teils parallel, teils miteinander ein gemeinsames Abenteuer erleben und – hier haben wir im besten Sinne dann doch eine klassische Genre-Entsprechung – vorrangig miteinander auskommen müssen, bevor es dann den Wiedergängern an den Kragen geht.
Das Ganze ist im besten Sinne albern, wobei der Humor primär aus den Kontrasten zwischen den Figuren erwächst – und diese sind denkbar groß, prallen hier doch Eastern und Western aufeinander, während es der Film sich nicht nehmen lässt, beide Genres liebevoll durch den Kakao zu ziehen. Dass das Ganze von einem Funksoundtrack untermalt wird, der an klassische Agentenfilme erinnert, macht die Mischung perfekt. Der Zündstoff zwischen dem urkomischen Kuzuyama (gespielt von Comedy-Star Yûki Himura), der als so korpulenter wie selbstverliebter Draufgänger sowohl als Figur als auch in der Darstellung völlig überzogen ist – und ziemlich bald als eingesperrter Infizierter endet –, dem japanischen Westerner Ryôma, dessen anfängliche Coolness bald einer gutgläubigen Liebenswürdigkeit weicht, klassischen Samurai und einem skrupellosen Geschäftsmann aus dem teuflischen Amerika ist unablässig am knistern und gerät alle paar Meter zur Explosion.
Der gesellige Offtext-Sprecher, der das Geschehen unterlegt, verleiht dem Humor die nötige Trockenheit, während die Figuren sich in einem ständigen Tanz aus Vorsicht und Übervorteilung miteinander befinden, und der Spaß, den alle Beteiligten gehabt haben müssen, in jeder Minute spürbar ist. Auch handwerklich ist Samurai of the Dead nichts vorzuwerfen, wobei vor allem die Bildkomposition überzeugt. Die Maske der Zombies ist absichtlich etwas trashiger geworden – sie sind grün! –, spätestens, wenn sich herausstellt, dass dies keineswegs typische Vertreter ihrer Zunft sind, trägt aber auch dieses Stilmerkmal erfolgreich zur Stimmung bei.
Dass der Zombievirus von einem raffgierigen Kapitalisten aus Amerika ins reine Japan importiert wurde, ist natürlich ein nur schwer übersehbarer Seitenhieb auf die fortschreitende Verwestlichung des traditionsreichen Landes, die die Globalisierung zwangsläufig mit sich bringt. Machart und Inhalte des Filmes bezeugen aber ebenso, dass sich Regisseur und Autor Kazushi Watanabe (Als Schauspieler bekannt als Visitor in Miikes grandiosem Visitor Q, als Filmemacher seit 19 und Captain Tokio immer populärer) mit diesem Umstand sehr gut abgefunden hat.

Fazit

Dass Samurai of the Dead keineswegs eine der unzählbar gewordenen Filme ist, in denen Zombiehorden gegen eine literarisch beliebte Gruppe antreten, konnte man bei dem Regisseur vielleicht schon erwarten, doch ist man dieser Tage bei diesem Genre zurecht sehr vorsichtig.
Die Optimisten bestätigend, liefert der Film mit seinem bunten Figureninventar und der miltiverspektivischen Herangehensweise neben einer – nicht so ganz Romero-tauglichen – Erweiterung des Zombiemythos‘ viele zahlreiche gelungene Gags und One-Liner, während die überraschend komplex erzählte Geschichte mit ihren lediglich 72-Minuten wie im Fluge vergeht.

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension

The Adventures of Buckaroo Banzai Across the 8th Dimension, der Film, der tut, als sei er einem Comic entsprungen. Der Film, der eines der wunderlichsten Schauspieleraufgebote überhaupt hat. Der Film, der von einer überzeugten Gruppe frenetisch als Kult gefeiert wird.

The president’s calling.
The president of what?

Story

Buckaroo Banzai, Gehirnchirurg, Physiker, Kampfsportass, Debattiertalent, begnadeter Musiker, Besitzer eines Raketenautos, das es vermag, Dimensionsgrenzen zu durchbrechen, und zu alledem die zweifelsohne coolste Sau des ganzen Universums.
Mit seinem Rennschlitten gelingt es ihm erstmalig, die 8. Dimension zu betreten, mit der die Leere der Materie gefüllt ist. Eine fiebrige, sulzige Welt des Zwielichts, Heimat unheimlichster Monstrositäten, unbenennbarer Greuel und tiefster Mysterien.
Im Anschluss ist nichts mehr, wie es war. Der fiese Dr. Lizardo, der vor Jahrzehnten bei einem ähnlichen Experiment halb mit der 8. Dimension verschmolz und seither als Inhaber diverser Persönlichkeiten in einer Anstalt residiert, wittert seine zweite Chance und macht sich auf die Jagd nach Buckaroos Technik. Dieser hingegen ist plötzlich befähigt, die Ungetüme der sinistren Dimension auch in der unsrigen Welt wahrzunehmen – weil ihm ein paar schurkische Lectroiden vom Planet 10, die sich als Präsident ausgaben, via Telefon einen Blitz ins Ohr geschossen haben.
Verflixt und zugenäht, errette uns, Buckaroo Banzai!

Kritik

Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension ist einer dieser pulpigen Kultfilme, die mit der Zeit ein bisschen in Vergessenheit geraten sind, aber niemals ganz den Schlund der Zeit hinabrutschen werden.
Die Witze werden einem nicht mit Nachdruck ins Gesicht gepresst, sondern sie passieren einfach. Damit vermeidet Buckaroo Banzai jenes Grundproblem, mit dem Komödien seit jeher geschlagen sind. Damit beweist der Film aber auch, wie zeitlos Komödiantisches ist, wenn man es denn richtig rüberzubringen vermag. Entweder man erkennt und versteht, was da am Bildrand für abstruses Zeug vonstattengeht, oder eben nicht. Der Film traut dem Zuschauer zu, selbst zu begreifen, was ihn zum Lachen bringt, und kommt dadurch nie in die peinliche Situation, mit großem Radau auf einen Gag hingewiesen zu haben, der dann nicht zündete. Deswegen ist der Film heute noch genauso gut genießbar wie zu seiner Erscheinungszeit 1984: Humor ist zeitlos, Moderationsgepflogenheiten sind es nicht. Der Spaß des Sci-Fi-Abenteuers ist abgedreht, ohne albern zu sein, ergibt sich herrlich natürlich aus den einzelnen Szenen, ist in höflicher Weise völlig respektlos, in höchstem Maße exzentrisch und kann, zusammengenommen, auch heute noch mit seiner großen Einzigartigkeit prahlen.
Aber auch von seinen amüsantem Kern abgesehen ist Buckaroo Banzai heute ebenso guckbar wie damals. Die Effekte schwanken zwischen herzallerliebst und im bestgemeintesten Sinne solide, fügen sich vor allem aber anstandslos in die dargestellte Welt, ohne wie pappige Fremdkörper hervorzuragen. Sämtliche Schauspieler des wahrhaft ansehnlichen Casts legen große Spielfreude an den Tag und bringen das nötige Quäntchen Selbstironie mit, ohne dabei albern aus der Geschichte zu purzeln. Sei es ein Jeff Goldblum, der hier schon ein Jahr vor Kopfüber in die Nacht in seinem selbstverständlich getragenen Cowboy-Outfit komisch sein darf, sei es Christopher Lloyd, der ebenfalls ein Jahr vor Zurück in die Zukunft Wissenschaftler sein darf oder natürlich der über alles erhabene John Lithgow, der 22 Jahre vor Dexter extrovertierter Schurke sein darf. Es ist, als hätte W. D. Richter selbst eine interdimensionale Reise unternommen, um zu ergründen, welche Darstellerkombination aus zukünftiger Perspektive wohl die bemerkenswerteste wäre.
Einen Helden wie Buckaroo, diese verwegene Mischung aus Bruce Banner, Han Solo und James Bond, gab und gibt es kein zweites Mal. Er ist alles auf einmal und nie zu viel. Ständig lässig gelassen, aber nie zu unbekümmert, immer seriös und zugleich pulsierend vor Energie. Und ja, dazu noch verdammt sexy und in seinem vor Selbstsicherheit strotzdenden Auftreten geradezu hypnotisch.
Man kann zurecht der Meinung sein, Peter Weller wäre der perfekte RoboCop, aber man muss mit gleich viel Recht zugeben, dass er auch der perfekte Weltenretter, Rockstar, Chirurg, Gentleman Superagent et cetera ist – 3 Jahre vor RoboCop.

Ab der Hälfte, mal wieder zu dem Zeitpunkt, an dem die Geschichte eigentlich in Schwung kommt, geht dem Film leider ein wenig die Puste aus. Die Witze sind, wenn sie da sind, immer noch gut, tauchen aber seltener auf. Die Handlung, die stattdessen mit größerer Stringenz in den Vordergrund tritt, ist zwar immer noch mit permanentem Augenzwinkern beschäftigt, aber nicht halb so spritzig, wie der vergnügliche Anfangspart. Ab hier wird etwas steifer in der Hüfte. Sonderlich schlimm ist das nicht, denn kurz darauf nimmt der Irrsinn wieder mehr an Fahrt auf und ulkt sich durch einen 40-minütigen Endspurt. Hier erhält der großartige Dr. Lizardo auch endlich eine angemessene Screentime, alles darf sich noch mal kräftig überschlagen und am Ende stolziert die Riege der Helden tänzerisch männlich zu den Closing Credits der 80er, während eine Texttafel neckisch verkündet, dass unser Held wiederkehren wird – in Buckaroo Banzai versus the World Crime League. Ein Versprechen, das durchaus ernstgemeint war, bis heute aber uneingelöst blieb.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Das bekräftigt auch Regisseur W. D. Richter regelmäßig in Interviews, wenn das Gespräch zwangsläufig auf diesen einen der zwei von ihm gedrehten Filme zusteuert.
Dass jemand, der unter anderem Big Trouble In Little China, Dracula und Die Körperfresser kommen geschrieben hat, meist ausgerechnet über Buckaroo Banazai ausgefragt wird, spricht eigentlich für sich.

Fazit

Ein Humor, der so eigenständig und unbekümmert hinsichtlich jeder Konventionen ist, dass er kein einziges graues Haar aufweist. Ein Protagonist, der ironisch alles in sich vereint, was Helden ausmacht, eine zügellose Erzählweise und die Tatsache, dass man die Freude, die alle Beteiligten beim Dreh haben mussten, in jeder Szene selbst erfährt, machen Buckaroo Banzai – Die 8. Dimension zu einem immer wieder sehenswerten Spaß.