Fantasy Filmfest Special: Portrait of a Zombie

Fantasy Filmfest Special 5

Inmitten der Blütezeit des Found-footage-Films mag man fast schon instinktiv zusammenzucken, wenn man von einer neuen Mockumentary hört – besonders in Kombination mit Horror. Nicht ganz zu Unrecht fürchtet man mehr Handkamerageschüttel als in jedem Teil der Bourne Trilogie, viele schlecht gestellte Interviews und einen toten Kameramann, mit dem der Film sich am Ende feige aus der Affäre zieht.
Wenn nur 50.000 Dollar zur Verfügung stehen und man trotzdem das ausgelaugte Genre des Zombiefilmes am liebsten revolutionieren möchte, bietet sich die Wahl einer Fake-Doku aber durchaus an.


Jesus was not a zombie. And Billy is not Jesus.

Story

Dublin irgendwann während einer zukünftigen Zombieplage. Anstatt die Insel zu evakuieren, hat man sich dazu entschieden, das bisherige Leben so gut wie möglich weiterzuführen. Die Kneipen und Supermärkte sind gefüllt, die lokalen Banden Kleinkrimineller haben endlich ein ordentliches Feindbild und jeder versucht, Zombieinvasion und Alltag unter einen Hut zu kriegen. Die Epidemie ist letztlich auch nur eine Krise unter vielen.
Wer angekaut und somit angesteckt wird, gilt als verloren und trottet fortan als Hirngourmet durch die Straßen, sofern er nicht rechtzeitig erlöst wird.
Aber es gibt nicht nur Schwarz und Weiß in Irland. So wird eifrig debattiert, ob Zombies nicht auch Rechte haben sollten – oder ob man sie gar zu Vegetariern umerziehen könnte.
In einem solchen Graubereich liegt auch der Weg der Familie Murphy. Sohnemann Billy wurde infiziert, wird von den fürsorglichen Eltern aber weiter im Haus behalten und als vollwertiges Familienmitglied behandelt, während er ans Bett gekettet und mit einem Maulkorb versehen vor sich hin faucht, fault und frisst.
Der Film folgt einem Team junger Dokumentarfilmer, das sich des Familienschicksals annimmt.

Kritik

Schon in den ersten Minuten wird klar, dass Portrait of a Zombie nicht nur den Zombiefilm, sondern auch Mockumentaries kräftig durch den Kakao ziehen will. In Interviews wird herrlich manipulativ emotionalisierende Musik verwendet und bewegte Bilder aus der Zeit, in der Billy noch ein Bursche mit gesundem Appetit war, werden mit einem Farbfilter modifiziert, bis das eigentliche Motiv vor lauter Bildfehlern kaum noch identifizierbar ist.
Gerade in der ersten Hälfte sind Interviews in der Tat auch das prägende Stilmittel. Trotzdem entwickelt der Film hier nur wenige problematische Längen. Die naiven Eltern, die das Zombiedasein ihres Sohnes behandeln, als litte er lediglich an einer mittelschweren Grippe, während sie mit vor Liebe brüchiger Stimme davon berichten, wie schwer es ihrem Billy nun falle, neue Freunde zu finden, sind mit ihrer zwanghaft optimistischen Attitüde für einige Lacher gut, von denen manche durchaus im Halse steckenbleiben. Aufgrund der ungewohnten Perspektive drängen sich an wenigen Stellen sogar subtile Vergleiche mit We are what we are auf.
Auch die sonstigen Gestalten, die man vor die Kamera stellt, wissen Abwechslung ins Geschehen zu bringen und steigern die Absurdität der Situation streckenweise ganz beachtlich. So bringen die verängstigten Bürger, die das unvorsichtige Treiben von Familie Murphy aus Angst um ihre eigene Sicherheit nicht gutheißen können, das notwendige Konfliktpotenzial für den Anfang.
Man beschränkt sich dabei nicht ausschließlich auf die Aufnahmen des Teams, sondern liefert bei Bedarf – und das ist gar nicht so selten der Fall – auch Sequenzen einer stinknormalen extradiegetischen Kamera. Dass man Material der Filmcrew vorgesetzt bekommt, merkt man immer dann, wenn das Bild überdurchschnittlich stark hin und her springt. Die Kamera ist hier tatsächlich noch nervöser als in vielen anderen Vertretern mit ähnlicher Herangehensweise.

Während der Film sein kleines Budget häufig durch den gewollten Dokustil und einen meist gelungenen dichten Klangteppich verbergen kann, stellen die zahlreichen Untoten hier eindeutig die Achillesferse dar. Zwar hat man sich beim Makeup sichtlich Mühe gegeben, trotzdem bleibt man weit von der gewünschten Illusion entfernt, dass es sich nicht um eine Meute Statisten handelt, die mit jeder Menge Puder und klar erkennbaren Kontaktlinsen entsprechend hergerichtet wurde.

Nach der Halbzeit werden plötzlich zwei völlig unerwartet heftige Szenen geboten, die aufgrund ihrer rücksichtslosen Inszenierung und im ersten Fall außerdem wegen des eindeutigen Willens zur Kontroverse auch abgebrühte Genreveteranen ungläubig zucken lassen.
Dafür fehlt es im zweiten Teil und ganz besonders im gedehnten Finale klar an Ideen. Wenn die Figuren zu ratterndem Industrialgewitter völlig willkürlich das Zeitliche segnen und eine Sterbeszene amateurhafter als die andere wirkt, ist von der anfänglichen Unterhaltung keine Spur mehr vorhanden.

Fazit

Mit Portrait of a Zombie ist Bing Bailey ein grundsätzlich interessantes Erstlingswerk gelungen. Zu Anfang macht der Film nicht nur vieles anders, sondern überzeugt auch durch treffsicheren Humor. Im weiteren Verlauf erschöpft er sich aber immer mehr in seiner Ausgangsidee und weiß im letzten Akt sichtlich nicht, wie er zum Ende kommen soll.

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