Japan-Filmfest Special: June 6th

Japan-Filmfest Special 8

Noch ein asiatischer Episodenfilm. Mehrere Regisseure drehen je einen von sechs Beiträgen, die dann in Summe ein stimmiges Gesamtbild ergeben sollen. Das gelingt grundsätzlich, wenn auch nicht ganz so, wie es vermutlich geplant war.


Well, that sucks.

Story

In der Edo-Zeit sucht ein junger Samurai den Meuchler seines Bruders. Er trifft auf einen Schwertmeister und lässt sich von ihm unterrichten, bis sich herausstellt, dass eben dieser Lehrer der Gesuchte ist. Am 6. Juni, dem Todestag des Bruders treten beide gegeneinander an. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal, denn über die Zeit hinweg stoßen die beiden Seelen in verschiedenen Reinkarnationen immer wieder aufeinander, um gegeneinander anzutreten. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges, als irrer Gangster und Postbote der Gegenwart, als Geist und Gejagte, Widerstandskämpfer in der fernen Zukunft und wahnsinnige Raumpiloten.
Mit jeder Wiedergeburt wird etwas klarer, dass der Kampf miteinander kein reiner Selbstzweck ist, sondern sie auf etwas Großes, Entscheidendes vorbereiten soll.

Kritik

Verschiedene Regisseure drehen verschiedene Episoden, die später ein großes Ganzes ergeben sollen. Mit von der Partie soll so gut wie jedes Genre sein und da jeder Filmemacher dem Produkt seinen individuellen Stempel aufdrückt, kann eigentlich gar nichts schiefgehen. So in der Theorie.
In der Praxis ist an den meisten Episoden keine eigene Handschrift zu erkennen, dafür wirken sie stilistisch und vor allem qualitativ einfach zu identisch. Was aber vor allem auf der Strecke bleibt, ist der Spaß, den diese Idee der sich durch die Jahrhunderte bekämpfenden Rivalen verspricht.

Das erste Fragment ist in Schwarzweiß gehalten. Die Geschichte ist keine besondere, aber nett erzählt. Ein wenig ist der Spirit alter Samurai-Filme herauszulesen, vor denen man sich wohl verbeugen wollte. Schöner wäre es gewesen, wenn einer der Schwertkämpfer von jemanden gespielt worden wäre, der mit einem Schwert umgehen kann, denn das Klingengekreuze ist leider alles andere als spannend anzusehen. Trotzdem ein netter Start.
Diesem folgt sogleich der Tiefpunkt des ganzen Filmes. Der Ausflug in den Zweiten Weltkrieg hat eine Idee, die einfach nicht trägt, und belästigt mit klobiger Moral. Obendrein wird es durch omnipräsentes Klaviergestümper schrecklich sentimental. Langweilig und ärgerlich, dafür aber mit einem unbeabsichtigt witzigen Ende.
Der nachfolgende Part wirkt erst einmal vielversprechend und ist zudem etwas, das mit niedrigem Budget tatsächlich realisierbar ist: Ein Gruselfilmchen. Eine schräge, gut eingefangene Atmosphäre, wirksamer Klangteppich und simple, aber schräge Ideen läuten die Story ein und versprechen endlich Aufwind. Doch nach dem guten Anfang geht es einfältig weiter, der Spannung erzeugende Titel „11 Minutes left“ entpuppt sich als zusammenhangsloser Selbstzweck und die jagende Frau im Rüschenkleid nutzt sich rasch ab.
  
Episode vier tut so, als wäre sie etwas ganz anderes. Groovy und spaßig steigt sie ein und schafft es für ein paar Augenblicke, sich zu verstellen, bevor auch sie ins Belanglose taumelt. Vielleicht ist das nächtliche Treiben eines totalen Durchschnittstypen lustig gemeint, doch geht die Rechnung nicht auf. Eigentlich gibt es überhaupt keine Geschichte, was den Langweiler nicht schlechter als seine Vorgänger, aber noch sinnloser macht. Stattdessen wird noch einmal betont, wie verbissen und ausdauernd die beiden Seelen miteinander ringen, ehe auch dieser Teil endet – dieses Mal allerdings endlich mit etwas, das wirklich überrascht.
Von dieser Überraschung eingeleitet, beginnt Beitrag Nummer 5, der nun auch endlich im Sci-Fi-Segment angesiedelt ist. Eingeleitet mit einem kecken Splattereffekt wird ein ausschweifender Blick über die drohende Zukunft geworfen. Um die billigen Effekte netter aussehen zu lassen, hat man einen kräftigen blauen Farbfilter über den Film gelegt, der ihn so aussehen lässt, als spiele er sich unter Wasser in einem Schwimmbad ab. Es wird versucht, eine erwähnenswerte Geschichte zu erzählen, was aber ebenso konfus wie dilettantisch endet. Dass die Welt zwischenzeitlich global verwachsen ist, soll durch Amerikanisch sprechende Polizeikollegen mit nicht zu verbergenden japanischem Akzent veranschaulicht werden. Auch hier geht es zum Ende hin aber doch noch bergauf. Das Finale des vorletzten Ausflugs ist endlich so übertrieben trashig, wie der ganze Film es eigentlich sein müsste, um charmant zu wirken. Aus Köpfen donnernde Energiestrahlen, Echsenaugen und völlig missglückte Emotionalisierung des Zuschauers wissen zu erheitern.
Ein Zustand, der bei der – endlich – abschließenden Geschichte beibehalten wird, auch wenn diese mehr den Charakter eines Epilogs besitzt. Das letzte Sechstel hat endlich die goldene Mitte im Weltall des Scheiterns gefunden und der unangebrachte Ernst der bisherigen Begegnungen weicht vollkommen losgelöster Blödelei. Es scheint, als würde der Film sein eigenes Misslingen anerkennen und nun als Zeichen der Selbstaufgabe alle Vorsätze über Bord schleudern. Die Protagonisten hören auf die Namen Tequila und Vodka, kurven in einem pappigen Raumschiff durchs All und werfen sich quatschige Sprüche zu. Einer von beiden hat ein Handtuch um den Kopf gewickelt. Irre im Weltraum, die sich anbrüllen. Ganz große Kunst. June 6th liefert zum Ende hin etwas mit voller Absicht Schlechtes – und kann dabei endlich reüssieren. Später gibt’s als Kirsche große Roboter und ein groteskes Finale auf der verlassenen Erde.

So etwas wie eine Rahmenhandlung hat June 6th übrigens auch. Zwei Kinder gehen in ein Haus und lesen Bücher. Das ist aber nicht nur uninteressant und vollkommen zweckfrei, sondern endet absurderweise auch in der Mitte des Filmes, als hätte sie keine Lust mehr auf den ganzen Unfug. Die Kinder verlassen nach Geschichte drei einfach das Haus und finden nie wieder Erwähnung, wodurch der „Rahmen“ in „Rahmenhandlung“ scheppernd zerfällt.

Fazit

Die letzte Episode ist gelungener, durchaus witziger Weltraum-Trash und stellt damit die definitive Spitze des Omnibusfilmes dar. Ansonsten ist June 6th, von seltenen Lichtblicken abgesehen, ein Flickwerk aus fehlender Qualität.
Mit mehr Geld, richtigen Ideen und vor allem völlig anderen Regisseuren hätte aus dem launigen Konzept eine stimmige Komposition werden können. So schaffen es sogar die knappen Einzelgeschichten nach kurzer Zeit zu langweilen. Ein gewisser Unterhaltungswert ist dem Werk allerdings nicht ganz abzusprechen, da trotz allem für Abwechslung gesorgt ist.