Andromeda – Staffel 1

Genesis II ist der Titel einer Serienschöpfung von Star Trek-Erfinder Gene Roddenberry, die es nie über ihren Pilotfilm von 1973 hinausschaffte. Fast 30 Jahre später und 9 Jahre nach dem Tod von Roddenberry kam Andromeda, um das Konzept erneut aufzugreifen und dieses Mal erfolgreicher zu werden. Die Serie brachte es auf 5 Staffeln.

Are you sure about that? I think that making pie is a lot harder than cake.

Story

Der Krieg ist geschlichtet, die bekannten Spezies des Universums fast gänzlich friedlich vereint unter dem sanft regulierenden Commonwealth. Dylan Hunt ist hochrangiges Mitglied der Ehrengarde von eben diesem und  Captain der Andromeda Ascendant, ein Schiff mit künstlicher Intelligenz und eigener Persönlichkeit, die sich (anfangs nur als Hologramm, später ganz körperlich) sogar manifestieren kann.
Als er und seine Crew zu einem Einsatz beordert werden, sehen sie sich nicht nur einer Übermacht der Nietzscheaner – die einzigen wirklichen verbliebenen Streithähne – sondern auch einer Meuterei ausgesetzt. Der Fluchtversuch endet am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches, wo die Andromeda samt Besatzung quasi in der Zeit einfriert. Erst als 300 Jahre später ein Bergungsschiff ihre Position verändert, kehrt das Schiff wieder in den normalen Ereignisverlauf zurück.
Der einzige Überlebende ist Dylan, welcher das bunt durchmischte Bergungsgrüppchen kurzerhand rekrutiert, als er feststellen muss, dass in den vergangenen drei Jahrhunderten so einiges passiert ist, das Commonwealth zerschlagen wurde und die Galaxis wieder in ihr zerstrittenes Chaos zurückstürzte.
Sein erklärtes Ziel ist der Wiederaufbau des Commonwealth, indem jede einzelne Spezies von dessen Wichtigkeit überzeugt wird und schlussendlich den bindenden Vertrag unterzeichnet.

Kritik

Mit der alten Serienkrankheit, dass es nach einem überdurchschnittlichen Beginnt steil bergab geht, ist auch Gene Roddenberry’s Andromeda infiziert. Der Einstig ist spannend, rasant und besticht durch verschiedene Tempi und Abwechslung, wodurch Erwartungen geweckt werden, die die Serie nicht halten kann und offenbar auch gar nicht will. Nach dem interessanten, über mehrere Episoden andauernden Anstieg, folgt repetitive Fleißarbeit für Crew und Zuschauer. Die einzelnen Völker werden abgegrast und von der famosen Idee des Commonwealth überzeugt, wobei natürlich an jeder Ecke ein durchschnittliches Weltraum-Abenteuer lauert. Dabei wird vorrangig das halbe Repertoire der Space-Opera-Mottenkiste hervorgekramt, ohne auch nur eine eigene, wirklich überraschende Idee zutage zu fördern. Das ist durchaus legitim und wird auch von z.B. Farscape nicht großartig anders praktiziert, doch fehlen Andromeda auch die wirklich interessanten Figuren und Rahmenbedingungen.  Cyborgs, Hologramme, TRON-artige Computerwelten, Nanobots , eine Maschinenintelligenz aus Schrott, die aussieht wie ein Borg, der R2D2-Geräusche plagiiert, und Zeitreisen sind nur ein paar der üblichen Handlungsschemata, die keineswegs nicht lieblos, aber häufig zu uninspiriert und voneinander gänzlich unbeeinflusst durchlaufen werden.
Bei der bunt durchmengten Interspezis-Crew sind Geschichten, in denen die verschiedenen Interessen aufeinanderprallen, natürlich an der Tagesordnung. Der Krieger will Zoff, der besonnene Captain jedes Schiffsmanöver mehrmals durchdenken und alle anderen siedeln ihre Interessen irgendwo im breiten Spektrum dazwischen an. Zugutehalten muss man hier, dass es tatsächlich gelingt, die Konflikte so einzufädeln, dass der Zuschauer nicht bereits vom der ersten Minute an weiß, wie das Ende aussehen wird. Wenn Crewmitglieder zweifeln, zweifelt meistens auch der Mensch vor der Mattscheibe; zumindest ein wenig. Die Figuren sind nicht sonderlich gut geschrieben, einige Drehbücher aber immerhin gut genug, um ihre Motive im entscheidenden Moment für ein Weilchen unter Verschluss zu halten.

Jeder Charakter hat mindestens eine Folge, die sich ganz ihm und seiner Vergangenheit widmet. Im Anschluss sieht man die Crew ein wenig anders, ist etwas vertrauter mit ihr. Das übliche Prozedere eben. Herauszuheben ist einerseits ein mythisches Zeug faselnder Magog, der ein wenig an eine Kreuzung aus Space-Ork und Alf mit Warzen erinnert, und wohl in erster Linie an Bord ist, weil jede Sci-Fi-Serie einen Repräsentanten einer Spezies braucht, die im ganzen Universum als gefürchtete Kriegergemeinschaft angesehen wird und nur an Deck des Serienschiffes ihr einziges friedliebendes Exemplar der ganzen Galaxie hat. Und andererseits ein Langhaariger mit Lederhose und Kettenhemd, der dem Bodybuildervölkchen der aus dem Zusammenhang zitierenden Nietzscheaner angehört.
Wirklich überdurchschnittlich ist keiner der Mannschaft, aber die knallbunte Mischung hat ihren Charme, sowie man auch der ganzen Serie eine Grundsympathie nicht verwehren kann. Die Crew als Meta-Charakter hat tatsächlich genügend Persönlichkeit, um dem Zuschauer alles andere als gleichgültig zu sein. Dazu stimmen die Geschichten einigermaßen – es ist erkennbar, dass man sich viele Gedanken über die Hintergründe des Universums gemacht hat. Und das spielt man auch aus.
Die Frage um die Loyalität des Einzelnen der Gruppe gegenüber ist häufig das Kernthema der Sci-Fi-Serie und findet hier natürlich keine auch nur im Ansatz überraschende Beantwortung, aber immerhin ein paar nette Zwischentöne in der Formulierung.

Schauspielerisch wird unteres Mittelmaß kredenzt. Kevin Sorbo zum Beispiel scheint seit Hercules in den 90ern noch deutlich weniger Talent zu besitzen. Vor allem ist er als gerissener Kampfveteran einfach kolossal fehlbesetzt, da jede Bewegung von ihm falsch und unbeholfen wirkt. Erschwerend kommt hinzu, dass der von ihm gespielte Saubermann-Captain in seiner süffisanten Arroganz zeitweise kaum auszuhalten ist. Das von Rush komponierte Titelthema trägt mit seiner überschwappenden Dramatik seinen Part dazu bei.
Raumschlachten kriegt man öfter, aber immer nur sehr kurz zu Gesicht. Das, was gezeigt wird, sieht aber cool aus. Die Welten und Kreaturen sind leider bei weitem nicht so exotisch und erinnernswert, wie es hätte sein können. An zu Spezielles hat man sich nicht getraut, zumindest sind die Kostüme alle handgemacht. Auch wenn das ein paar Mal zu oft bedeutet, dass ein Statist einfach in einen brauen Teppich gerollt wurde oder ein paar Klumpen Maskenbildnerrmatsch ins Gesicht geklebt bekommen hat. Ausgefallener sind die Schiffsmodelle, ohne dabei  übertrieben zu wirken, und so manches Waffendesign ist wirklich kreativ umgesetzt und offenbart eine sanfte Neigung zu Gothic und Cyberpunk, ohne je in schmierige Lexx-Regionen zu geraten. Auch als Thema ist der Kampf immer wieder geschickt angeführt. Abgesehen vom konfliktverliebten Nietzscheaner Tyr Anasazi,  dreht sich in Folge 4 zum Beispiel sich alles um eine einzige, permanente Auseinandersetzung – und das ist unerwartet spannend. Ebenso ist die letzte Folge genaugenommen kaum mehr als eine große Prügelei.
Wenn wir schon bei ‚Letzte Folge‘ sind: Wenigstens, so möchte man glauben, ein anständiges Finale wird geboten werden, die Serie jedenfalls kurzfristig zur Größe erster Folgen zurückkehren lassen und endlich mal den überfälligen Schritt Richtung überspannende Geschichte wagen, anstatt immer nur mit folgenlosen Einzelepisoden auf der Stelle zu treten. Doch der einzig richtige Unterschied zu den 20 Folgen im Vorlauf ist ein Cliffhanger. Für sich genommen ist das Finale zwar psychologisch interessant und eine wirklich gute Einzelfolge, einen starken Ansporn zum Weiterschauen bietet es aber nicht. Stattdessen tritt lediglich kurz mal ein Feind auf, bei dem nur überrascht, dass er es erst in Aktion tritt, während es in erster Linie zum x-ten Mal darum geht, dass ein Besatzungsmitglied verändert wird und unter fremdem Einfluss Unberechenbares tut, was alle in Gefahr bringt.
Andromeda hat ein vergleichsweise gesundes Gespür für Humor. Neben flachen Witzen, die aus keiner Folge ganz ausgegrenzt werden können, gibt es immer wieder ein paar flotte Sprüche, die unweigerlich zum Schmunzeln einladen, auch wenn diese stark in der Unterzahl sind.

Das, was möglicherweise der größte Fürsprecher der Serie ist, ist das Talent der Macher, Einzelgeschichten wenigstens manchmal mit dem serienübergreifenden Storykomplex zu verdrahten. Diese Rechnung geht jedenfalls bis grob zur Halbzeit von Staffel 1 auf. Obwohl Folge für Folge eine eigene Geschichte erzählt wird, zieht sich der rote Faden klar erkennbar durch die ganze Staffel. Permanente Charakterentwicklung und das intensive Weiterspinnen der Mythologie sorgen dafür, dass der Staffelanfang niemals zu sehr zerfasert. Trotzdem wirkt die Ordnung der Folgen paradoxerweise beliebig und ab der Mitte machen sich deutliche Ermüdungserscheinungen dieser Sonntagnachmittag-Serie bemerkbar.

Fazit

Die Dialoge sind nicht gut (auch wenn man ab und an ein bisschen aufgesetztes Technik-Fachgesimpel einbringt), die Effekte sind nicht gut und die Mann-zu-Mann-Kämpfe geradezu peinlich, trotzdem ist das Gesamtbild einigermaßen stimmig.
Dass manche Effekte ein wenig zu sehr nach Neujahrsfeuerwerk aussehen und die ein oder andere darstellerische Leistung etwas amateurhaft wirkt, gehört dazu und ist zu verkraften.
Die Stärken der Drehbücher abzüglich ihrer Schwächen in einer Geschichte mit besseren Charakteren, dann wäre aus Andromeda etwas viel Größeres geworden. Aber auch so ist es eine charmante Sci-Fi-Serie mit eigenen Ambitionen und Unterhaltungswert, die in Staffel 1 nur leider viel zu wenig wagt.