Gun Woman

15. Japan-Filmfest Special 1

Kurando Mitsutake, vorrangig bekannt aufgrund von Samurai Avenger: The Blind Wolf, versucht mit Gun Woman einen Film in bester Grindhouse-Tradition auf die Leinwand zu bringen. Die beliebte Asami (Robo Geisha, The Machine Girl) bekleidet die einiges an Körpereinsatz fordernde Hauptrolle.

Du fühlst dich betrunken oder als wärst du i einem schlechten Traum.

Story

Ein gelangweilter Killer erzählt einem anderen gelangweilten Killer auf einer Autofahrt, wie eine bemitleidenswerte Frau zu einer Killerin wird.
Tief in der Wüste, mitten in einem Gelände für Atomtests steht eine weiße Halle. Dort, versteckt vor den Augen der Welt, werden tote Schönheiten hingebracht, um die Gelüste der Reichen zu befriedigen, die ihren nekrophilen und kannibalistischen Neigungen sonst nicht nachgehen könnten.

Als die Frau eines aufstrebenden Wissenschaftlers vor seinen Augen misshandelt und getötet wird, sinnt er auf Rache. Viele Jahre später kauft er sich die süchtige Prostituierte Mayumi. Er befreit sie von ihrer Sucht, behält sie aber in Gefangenschaft, um aus ihr ein tödliches Werkzeug zu machen. Nach ihrer Ausbildung soll sie in das Gebäude in der Wüste eingeschleust werden und den Mörder zur Strecke bringen. Die Belohnung ist ein Neuanfang für Mayumi.

Kritik

Anfangs wirkt Gun Woman auf eine eigentlich kaum zu erklärende Weise wie ein früher Brian de Palma-Film. Auch aufgrund seiner Vorliebe, andere Filme zu zitieren – so zum Beispiel Psycho, bei dem, wie es auch de Palma zu tun pflegt, die Referenz aber in wichtigen Punkten abgeändert wird.-Zitat – in rabiat und ohne einen Schnitt.
Doch dieser Eindruck schwindet und es drängt sich ein anderes Vorbild in den Vordergrund. Gun Woman möchte sein wie ein Robert Rodriguez-Werk neuesten Datums – im Stile von Planet Terror oder Machete. Um ein wenig Fazit vorwegzunehmen: Während Rodriguez‘ Filme mit kleineren Tempoproblemen zu kämpfen haben, gelingt es Mitsutake mit seinem Film durchweg gut zu unterhalten.
Von den Figuren bis zur Durchführung ist Gun Woman durch und durch Comic und darüber hinaus darauf fixiert, viel Abstoßendes und Gewalthaltiges in diesem Kessel aus trashigem Schmutz an die Oberfläche zu rühren.
      

Gun Woman ist sensationsgeil, weiß diese wenig rühmliche Eigenschaft aber ironisch zu brechen. Gun Woman ist billig, aber gibt sich viel Mühe, trotzdem einen eigenen, unverwechselbaren Stil aufzubauen. Es hapert oftmals an der Montage, es scheppert im Drehbuch und auch die Regie wird keine Preise auf prestigereichen Festivals einheimsen, aber trotzdem, dieses Übermaß an kindlichem Ausdrucksfanatismus und vor allem am übergroßen Ego dieses Filmes, bei dem aber nie das nötige Bisschen Augenzwinkern fehlt, sorgen unterm Strich schlicht für eine großartige Unterhaltung. Diese entsteht dabei weniger aufgrund formaler Qualitäten, sondern einfach, weil jede Menge in kurzer Abfolge passiert. Zwischen Orgelmusik, sich überlappenden Blenden und eine Helden-Genese im Zeitraffer siedelt sich schlichtweg jede Menge Kurzweil an. Auch die Darsteller sind allesamt angemessen fähig und wissen es, dazu beizutragen, dass alles in einem leicht übertriebenen Ölfilm glänzt. Dieses überzogene Objekt ist rostig, stinkt und es wurden ziemlich eindeutig mit Absicht ein paar Beulen reingefahren, damit es wilder wirkt, aber es verfügt auch über einen ganz eigenen Charme.
Dazu gibt es Urin, Erbrochenes und Übertreibung in jeglichem Sinne. So unfassbar geschmacklos, wie das alles klingt, ist der Film nicht, weil er eben doch weiß, wann Schluss ist und deswegen nie zum Exzess ausartet. Stattdessen erfreut er sich viel mehr an der Absurdität seiner eigenen Geschichte, kann mit ein paar hübsch abgedrehten Ideen aufwarten. Über allem dröhnt übersteuerte Rockballaden, instrumentale, kitschige Größe beschreiende. Wie alles, nicht im klassischen Sinne gut, in gar keinem Sinne wertvoll und in seinem Handwerk zwar in sich stimmig, eigentlich aber oft noch an der Grenze zum Amateurhaften – in der vollen und bewussten Übertreibung ist diese Welt, in der alle Männer grausame Tyrannen sind und jede Frau ein wunderschönes Opfer, aber einfach schrecklich unterhaltsam.
Es ist, als würde jemand, der noch nie gelaufen ist, plötzlich auf Kokain sprinten. Es wirkt unbeholfen, zeitweise sogar besorgniserregend, aber doch kommt der Läufer auf seine wenig nachahmungswerte Weise als einer der Ersten ins Ziel.

Fazit

Gun Woman wäre unterm Strich gerne einfach nur ein wüster Rodriguez-Streifen. Der Film setzt diese Vorgabe mit einer Dreistigkeit und Beklopptheit um, dass man am Ende auch nicht mehr weiß, was man noch sagen soll.
Dass das Ganze nanu eine dumme Fleischbeschauung für trashverliebte Gaffer ist, muss nicht extra erwähnt werden. Wäre da nicht die Ironie und der überambitionierte Charme des sich seiner wahren Qualitäten bewussten Machwerks, könnte man das kritisieren. So könnte Gun Woman aber durchaus zu einem kalkulierten Semi-Kult als Guilty-Pleasure avancieren.
So bleibt am Ende eigentlich nur seufzen: Oh, Japan.

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