Fantasy Filmfest Special: Thale

Fantasy Filmfest Special 4

Mit seinem neuen Film schickt uns Aleksander Nordaas in die Sagenwelt seines Heimatlandes Norwegen. Gerade mal zwei Jahre nach Trollhunter ist Thale schon der zweite Versuch, der sich an dieser schwierigen Thematik versucht.
Und tatsächlich liegt hier eine dieser unscheinbaren Überraschungen vor, um derentwillen man das das Fantasy Filmfestes Jahr um Jahr besucht.


In a cellar, dark and deep, I lay my dearest down to sleep; A secret they would like to keep.

Story

Leo und Elvis sind Freunde, zusammengeschweißt durch ihren ungewöhnlichen Job. Ihre Aufgabe ist es, Tatorte von all dem zu reinigen, was ein normaler Bürger nicht sehen möchte.
Und obwohl die beiden ihren Broterwerb mit Humor nehmen, könnte ihr Umgang damit unterschiedlicher kaum sein. Elvis‘ Magen steht immer kurz vor der Explosion, sodass er bei jedem Stück Mensch, das darauf wartet, entsorgt zu werden, mit dem Brechreiz kämpfen muss. Leo hingegen begegnet dem unappetitlichen Alltag mit gelassenem Gleichmut.
Eines Tages stoßen sie an einem Tatort auf ein ungepflegtes Kellerloch, in dem neben Konserven mit seit Jahrzehnten verdorbenem Inhalt auch merkwürdige Gerätschaften zu finden sind. Anstatt nach Vorschrift auf die Kavallerie zu warten, startet das Zweierteam mit mulmigem Gefühl die Erkundung.
Was sie finden, ist ein nacktes Mädchen, das nicht sprechen kann, dafür aber neben seltsamen Fähigkeiten auch noch ein höchst brisantes Geheimnis bereithält.

Kritik

Zwar ist Thale das schmächtige Budget ein wenig anzusehen, das den Norwegern zur Verfügung gestanden hat, doch weiß der kleine Film aus dem hohen Norden diesen Umstand gut zu kaschieren. Anders als der Trailer suggeriert – um den man wegen des hohen Spoiler-Gehalts sowieso einen Bogen machen sollte – spielt sich das Geschehen um die beiden Reinigungskräfte und das sonderbare Wesen aus der Wanne nämlich fast ausschließlich in genanntem Kellergewölbe ab. Die kurzen Ausflüge in das umliegende Gehölz dürften die Kosten aber auch nicht in die Höhe getrieben haben.
In den modrigen Räumlichkeiten sorgen clevere Kameraperspektiven und die gelungene Sounduntermalung eines morsch, aber stets harmonisch klingenden Celli dafür, dass Protagonisten und Zuschauer auf Trab gehalten werden. Überhaupt sind die 76 Minuten gut gefüllt. Ohne Umschweife wird die Handlung auf die Figuren losgelassen und die dichte Stimmung, die man in manchen Szene fast schneiden kann, bleibt konstant in der Höhe.
Aufgelockert wird das Ganze durch die skurril-stoische Art der Protagonisten, die selbst die unerwartetste Verrücktheit mit einer kaltschnäuzigen Abgeklärtheit hinnehmen, die sich gewaschen hat. Die kruden Witzchen sind aber niemals Stimmungsgift, da sie mit Bedacht eingesetzt werden und die Erzählung nur sympathischer machen, ohne dabei ihre Bedrohlichkeit zu nehmen.
Lange Zeit funktioniert der Film hervorragend, weil er sich an eine uralte Horror-Regel hält: Halte die Bedrohung im Verborgenen und überlasse es der Fantasie des Betrachters, sich ein Bild zu machen.
Leider hält sich Thale im späteren Verlauf nicht mehr an diesen Grundsatz. Die mäßig animierten Wesen, die der Wald aussendet, strahlen nur noch einen Bruchteil der Gefährlichkeit aus, die sie vermittelt hatten, als sie bloß durch unheilvolle Geräusche und Andeutungen am Bildrand zu erahnen waren.
Das nimmt dem Film die urtümliche Kraft, die ihn bis dahin getrieben hatte, weshalb er auf den letzten Metern nicht mehr ganz so speziell und intensiv wirkt – gut und interessant bleibt das Gezeigte aber auch hier.
Wirklich unnötig ist hingegen die auf Biegen und Brechen in die Geschichte eingebrachte Erkrankung eines der Protagonisten, deren Folgen Thale am Ende wohl abrunden sollen, aber gerade auf dem organischen Rest der Geschichte viel zu konstruiert wirken, um sich reibungslos ins Gesamtbild zu fügen.

Fazit

Mit Thale ist dem norwegischen Newcomer Aleksander Nordaas ein intensiver Trip gelungen, der sich bald zum Geheimtipp gemausert haben dürfte. Die tolle Mischung aus Horror, Märchen und schwarzer Komödie, die sich auf engstem Raum abspielt, schafft eine urige Atmosphäre, der auch die kleinen Fehler am Schluss wenig anhaben können.