Space Battleship Yamato

Die Science-Fiction-Serie Uchū Senkan Yamato, besser bekannt unter dem Namen Space Battleship Yamato, zeigte dem Westen mit einem überzeugenden Schlag, dass Anime existiert und bewies zudem, wie harmonisch Science-Fiction und aufwendige Charakterarbeit im Gleichschritt funktionieren können. Plötzlich wurden weltweit Anime-Fanclubs gegründet und auch im Herkunftsland betrachtete man die eigene Zeichentrick-Kunstform plötzlich mit ganz anderen Augen. Das war 1974 und zwischendurch ist eine Menge geschehen.
Viele Adaptionen in unterschiedlichen Medien und 36 Jahre später kam der Realfilm aus Japan und flitzte sofort an die Spitze der Charts.

Sag jetzt kein Wort mehr.

Story

Wir schreiben das Jahr 2199, die Erde ist ein verstrahltes Loch, die Überlebenden warten unter der Erde auf ihr Ende und zu allem Überfluss klopft ein fremder Feind ohne Unterlass mit Meteoritenbomben ans Erdentor. Schiff um Schiff der tapferen Widerständler geht verloren und der Untergang Menschheit scheint nur noch eine Frage von Monaten.
Das ehemalige Kampf-Ass Susumo Kodai ist mittlerweile desillusionierter Schrottsammler. Eines unschönen Tages rast eine unbekannte Sonde auf die Erde zu und prallt direkt neben ihm auf den verpesteten Boden.
Eine kurze Analyse später verkündet die japanische Regierung, dass jene Sonde die letzte Hoffnung der Menschheit berge. Die in ihr gespeicherten Koordinaten führen in weite Ferne, zu dem Planeten Iscandar, wo ein Werkzeug warten soll, dass Strahlung neutralisiert und die Erde wieder bewohnbar machen kann.
Der geborgene und zu einem Raumschiff modellierte Weltkriegs-Kampfpott Yamato wird als einzig taugliches Gefährt für das risikoreiche Vorhaben angesehen. Man heuert Freiwillige an, um diese Mission zu bestreiten. Unter ihnen befinden sich Susumo Kodai und viele aus dessen alter Crew. Leiter der Operation ist Veteran Naoto Ogata, unter dessen Führung einst Susumo Bruder sein Leben verlor.

Kritik

All die politischen Aufarbeitungsversuche und Intentionen hinter dem Gedanken, ein legendäres Schlachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg weltraumtauglich zu machen und den Konflikt in der Zukunft nachzuspielen, außen vor gelassen, mutet es in erster Linie seltsam an, dass in der Zukunft offenbar nur noch Japaner existieren. Kein Vertreter einer anderen Nationalität ist auf dem blauen respektive mittlerweile braunen Planeten oder im Weltraum zu finden. Doch sei’s drum. Fremde auf der Yamato rumlaufen zu lassen, würde vermutlich an Hochverrat grenzen. Trotzdem ist die Idee, das Wassergefährt nur leicht modifiziert ins All und zwischen unzählige High-Tech-Raumschiffe zu setzen, sehr reizvoll und optisch auch gar nicht so unappetitlich umgesetzt.
Leider bleibt dieser Einfall das einzige wirklich herausstechende Merkmal der Anime-Adaption. Das muss im Grunde nichts wirklcih Schlechtes sein. Hübsch sind die Schiffsmodelle der Alienstreitmacht geworden, die schön fremdartig und pompös im All schweben und manchmal ihre Form verändern. Überhaupt scheinen die interplanetarischen Transportmittel der Zukunft sehr mobil und variabel. Das sorgt dafür, dass die an sich sehr netten Schlachten einen weiteren Spritzer Dynamik erhalten. Nett sind die Auseinandersetzungen in erster Linie, weil man viele farbenfrohe Schüsse durchs Bild zischen lässt, während die wendigen Jäger umher sausen und ab und an ein halsbrecherisches Manöver fliegen. Die optische Seite ist der große Pluspunkt von Space Battleship Yamato. Allerdings sehen gerade die Computereffekte auf der Erde manchmal so falsch aus wie der Käpt’n-Iglo-Gedächtnisbart von Kommandant Okita. Im All fällt die digitale Herkunft aber deutlich weniger auf und wird zudem durch die schiere Masse an umherfliegendem Zeug wettgemacht. Doch konzentriert man sich viel zu wenig auf optische Verführung und versucht stattdessen, die Stärken wieder aufleben zu lassen, die die Sci-Fi-Serie einst so besonders gemacht haben. Und das scheitert in großem Stil, weil es den Charakteren in etwas über 2 Stunden einfach nicht gelingen kann, die Wandlungen glaubhaft durchzumachen, die einst in 77 Folgen stattfanden.

Den Gesprächen fehlt es oft an Sinn und Logik. So wird zum Beispiel eine Pressekonferenz über die letzte Chance der Menschheit einberufen, zu der nur eine Handvoll Journalisten (natürlich alle japanisch) erscheinen und auf der den Verkündenden dann die Zeit fehlt, Fragen zu beantworten. Dann hätte man auch gleich einen kurzen Fernsehbeitrag draus machen können.
Auch der Umstand, dass für die letzte und einzige Mission, die der Erde Rettung verspricht, kein Eliteteam zusammengestellt wird, sondern man tatsächlich über die Medien nach Freiwilligen ruft, mutet in Anbetracht der Brisanz ein wenig, nun ja, verwirrt an. Später wird versucht, dies zu begründen, doch macht die löchrige Erklärung die Sache nur noch peinlicher. Für die Mission selbst qualifiziert man sich, indem man sich von einer hysterischen Ärztin in den Mund gucken lässt. Die Menschheit kann aufatmen, ihr Retter hat gesundes Zahnfleisch.
Aber auch kleinere Wunderlichkeiten verblüffen regelmäßig. So der Umstand, dass es zum ersten Mal überhaupt gelingt, einen feindlichen außerirdischen Jäger abzufangen, man ihn im Bauch des einzigen Schiffes verwahrt, das etwas auszurichten vermag – und dann einfach vergisst, das Ding zu beobachten.
Ähnlich verhält es sich mit den schauspielerischen Fähigkeiten. Der stocksteife Kapitän Ogata steht und spricht wie eine Wachsfigur, damit ihm der angeklebte Bart nicht abfällt, und Protagonist Susumo, der dank seiner wallenden Popstar-Mähne kaum ernst zu nehmen ist, changiert gleichmäßig zwischen Durchschnittlichkeit und Overacting. Das ist aber nichts im Vergleich zu den Reaktionen auf der Kommandobrücke, wenn den entsandten Jägern etwas gelingt. Dann wirken die Würdenträger in der Zentrale wie betrunkene Fans während einer Sportveranstaltung.

Dazu schüttet ein Orchester epische Symphonien mit unüberhörbarem Star Wars-Einschlag über die Bilder, damit auch der allerletzte versteht, wie unfassbar dramatisch das alles doch ist. Gefechte sind ergreifend, Konversationen sind ergreifend, Reiswein trinken ist doppelt ergreifend und die Füllminuten, die dazwischen liegen, sowieso. Traurige, pompöse und nachdenkliche Streicher allüberall.

Space Battleship Yamato ist unentwegt ernst bei der Sache. In den 131 Minuten ist keine Zeit für Ironie. Schließlich geht es um das Überleben der Japaner, äh, Menschheit. Das ist sicher auch ganz gut so, denn in Anbetracht der allgemeinen Dialogqualität hätten die Witze sicherlich nicht ihr Ziel erreicht. Die wenigen Sekunden, in denen man sich doch ein wenig Spaß gönnt, bekräftigen den Verdacht. So bereitet der strenge Ernst mit der überzeichneten Dramatik ein paar ungewollte humoristische Szenen, die besser funktionieren als jeder intendierte Witz es getan hätte. Trotzdem gehört schon eine gehörige Portion an inszenatorischer Selbstüberschätzung dazu, einen alten Kahn ohne jedwedes Augenzwinkern durchs All gleiten zu lassen.
Die überdramatisierten Ereignisse folgen Schlag auf Schlag. Zwar verursachen sie keine wirkliche Spannung, vermögen es aber trotzdem, auf schlichte Weise zu unterhalten. Und auch sonst ist beileibe nicht alles verpatzt. Denn die Atmosphäre stimmt auf unbegreifliche Weise. Der Flug ins Unbekannte wirkt tatsächlich mit Geheimnissen aufgeladen. Die Frage, was am mysteriösen Zielort der Yamato in den Untiefen des Alls wartet, kümmert auch den Zuschauer. Deswegen interessiert die Geschichte, obwohl Charaktere und Plot jederzeit flach bleiben. Für eine beachtliche Weile reißt das richtige Erzähltempo den Film immer wieder raus. In Anbetracht der Tiefe, aus der meist gerissen werden muss, eine zu honorierende Leistung. Dass die Antworten auf die offenen Fragen erwartet belanglos ausfallen, ist wie erwartet schade, trübt das Seherlebnis aber nur geringfügig.

Zum Ende hin wächst das Pathos bei gleichzeitig abnehmenden Ideen. Deswegen gibt es in den letzten 30 Minuten eigentlich auch nichts mehr lobenswertes. Theatralische-lächerliche Tode, die den Zuschauer völlig ungerührt lassen, und kalkulierte Abschiedstränen. Das geht so weit, dass sogar die Mähne des Hauptdarstellers an Bord eines Schiffes (!) im Weltraum (!) im Wind (?) zu wehen beginnt. Ausgerechnet um die obligatorische Endschlacht wird man aber betrogen. Und damit verzichtet der Sci-Fi-Film auf das einzige, was wirklich für ihn spricht.
Am Ende schmettert Steven Tyler von Aerosmith eine  Ballade zum Abspann und das war’s.

Fazit

Einerseits hat Space Battleship Yamato abseits der schicken Gefechte, die außerdem viel zu sehr vernachlässigt werden, wenig zu bieten. Die Charaktere sind abgeschmackt, die Handlung gradlinig und ohne Überraschungen und die Inszenierung trägt viel zu dick auf. Andererseits bleibt man dem Konzept des Animes aus den 70ern treu und schämt sich nicht für die eigenen Wurzeln.
Abgesehen davon stimmt das Erzähltempo für lange Zeit und sorgt dafür, dass die Sci-Fi-Oper erst zum Ende hin wirklich schwer erträglich wird.