The Day of the Doctor – Kritik eines Unwürdigen

Aufmerksamen Lesern des Blogs ist vermutlich bekannt, dass dieses Doctor Who nicht ganz die Sache die Sache des Betreibers dieser Seite ist. Diesem Kreis von Leuten wird ebenso geläufig sein, dass dieses Urteil ein vielleicht verfrühtes ist, da hier bisher lediglich Staffel 1 des „neuen Stranges“ rezensiert wurde. Diese hatte mich so verschreckt, dass ich Stafel 2 nie beendet habe. Das ist die traurige Geschichte von Doctor Who und mir.

Unnötiges Vorgeplänkel

Richtig, ich hab Staffel 1 gesehen und mich gelangweilt. Wenn wir ehrlich sind, bekam sie sogar ein paar Pünktchen mehr, als ich ihr eigentlich gegeben hätte. Ich sah durchaus, welche Hebel von ihr wie umgelegt werden sollten – aber bei mir hat’s einfach nicht geklappt. Die Witze zu vorhersehbar, die Figuren zu dumpf, vor allem aber sind mir die Geschichten viel zu uninspiriert und langweilig gewesen, während eine Art übergeordnetes Storygerüst mir immer nur auf der Behauptungsebene zu existieren schien.

Jetzt mal Im Ernst, es ist ‘ne Serie über einen Kerl, der in einer Telefonzelle durch Raum und Zeit zuckelt und zwischendurch Bedrohungen von galaktischem Ausmaß abwehrt. Aufgezogen ist das Ganze als liebevoller Trash. Macht es abgedreht, macht es freaky, spacig, schräg, konfus und in höchstem Maße skurril! Verwirrt den Zuschauer; führt ihn vor; treibt Schabernack mit ihm und bezirzt ihn dazu, gemeinsam mit euch zu lachen. Schallend zu lachen! Vor allem aber möchte ich in einer Serie mit dieser Thematik und einem Potenzial, das zwangsläufig mit Zeitreisen daherkommt, dass dieses gefälligst auch ausgeschöpft wird. Zeitparadoxa, Zeitschleifen, neu eröffnete Zeitlinien, die sich kreuzen, miteinander verknoten oder gegen die Wand fahren, wo sie sich zerfasern und schließlich in Flammen aufgehen.
Was ich hingegen nicht will, sind blöde, unendlich zähe Geistergeschichten mit verlorenen Pointen in einem Erzählrhythmus, das derart holprig ist, dass man Gelenkschmerzen bekommt.
Auch die Trash-Masche zog bei mir nicht, das wirkte alles zu aufgesetzt und kalt. Aber viel wichtiger sind die ganz grundsätzlichen Erzählprobleme, das Was und das Wie.

Deswegen folgte nie eine weitere Kritik zu einer Doctor Who-Staffel. Außerdem hatten die DVDs keine gescheiten Untertitel.

Und nun wird dieses komisches Phänomen 50 Jahre alt. Keine andere Science-Fiction-Serie ist derart langlebig, nicht einmal Star Trek. Und da das Franchise seit der Wiederaufnahme von BBC zum erfolgreichsten und prestigeträchtigsten Exportgut des englischen Königreichs avancierte, ließ man sich natürlich nicht lumpen und machte ein Riesenevent aus der Sache. Weltweit wurde am Jubiläumstag in ausgewählten Kinos The Day of the Doctor ausgestrahlt. In 3D. Und obwohl mein Erstkontakt mit der Kultserie ein gescheiterter war und mein Interesse daher eigentlich nicht vorhanden, führte mich eine seltsame Schicksalsfügung ins Kino.

Unqualifizierte Kritik

Da sitze ich also, am Geburtstag eines Fremden auf einer Party, deren Regeln ich nicht verstehe, und fühle mich wie jemand, der nicht eingeladen wurde, weil er ein Spielverderber ist und aus Bosheit trotzdem kam. 16 Euro für knapp 80 Minuten, drei Vorstellungen an diesem Tag und der Saal ist voll. Überall sitzen Leute in Kostümen, deren Referenzobjekte ich meist nicht kenne. Bei einigen war ich mir auch gar nicht sicher, ob es sich nun Verkleidung oder exzentrische Alltagstracht handelte. Ein ganzer Saal angefüllt mit Fans, die gierig mitsummen, wenn ein x-beliebiges Thema im Film angespielt wird, bedächtig raunen, wenn vielsagende Gesichter aufblitzen, und ausgelassen kichernd die Witze aufsaugen. In etwa so muss sich ein Pfarrer auf einer LAN-Party fühlen.

Die anfängliche Skepsis schien sich zu bestätigen. Da ist einer dieser späteren Doktoren, der feixend ins Bild stolpert und erzählt, dass nun ein 12D-Film folgen würde. Ach nein, oh je, haha, da hat er sich vertan, doch nur 3D, falsches Jahr. Immer diese Zeitreisen! Dieser schusselige, liebenswerte Doktor schon wieder. Zustimmendes Glucksen im Saal und meine vorurteilsinfizierten Befürchtungen beginnen sich zu manifestieren.
In erster Linie geschah aber genau das, was ich erwartet habe – ich kriege jede Menge Kram zu sehen, den ich nicht verstehe. Was erwartet man auch, wenn man als Unkundiger Fanservice in Spielfilmlänge konsumiert. Jesses.

Ein paar Dinge waren mir ja aber doch bekannt. Da ist dieser Timelord, der in seiner großgeschriebenen TARDIS, ein Akronym, durch Raum und Zeit düst. Wenn er stirbt, dann kommt die nächste Reinkarnation und ähnlich häufig werden seine menschlichen Begleiter ausgetauscht. Denn er mag Menschen. Und dann gibt es da diese sinistren Küchenroboter namens Daleks und den folgenschweren Timewar, der in der Vergangenheit gegen sie geführt wurde. Irgendeine Sache mit einem Bad Wolf war da außerdem und das ein oder andere Spezialdetail ist mir auch bekannt, obwohl ich ja nur diese eine läppische Staffel geschaut habe.

Vom Inhalt des Filmes wusste ich im Vorfeld nur, dass wohl drei Doktoren auf einmal auftreten, was gewiss allerhand Scherze und Verstrickungen verspricht. Nämlich Doktor Nummer 10, Doktor Nummer 11 und John  Hurt als „War Doctor“. Wieso Nummer 9 ausgespart bleibt, hab ich nicht verstanden und verstehe ich immer noch nicht. Ein Fan murrte als Antwort nur, dass Christopher Eccleston wohl die unbeliebteste Verkörperung dargestellt haben soll. Finde ich glaubwürdig, nur den hab ich ja auch so richtig kennengelernt. Dafür gibt’s ja John Hurt als eine Art Spezial-Doktor und das macht mich glücklich.

Und siehe da, der britische Gentleman ist beileibe nicht der einzige Punkt, der mir am Film gefällt. Im Gegenteil. Rose Tyler, die ich als furchtbar enervierende Dumpfbacken-Begleiterin in Erinnerung behalten habe, ist plötzlich eine Art esoterischer Mad Max in weiblich. Nicht nur, dass sie nicht stört, es scheint auch so, als hätte Billie Piper zu spielen gelernt. Ihre kesse Rolle macht Spaß, wirkt glaubwürdig und bereichert den Film ungemein. Okay, so ganz Rose ist diese Rose wohl nicht, aber es versöhnt mich doch sehr mit dieser Figur. Ich verstehe nicht, was da passiert ist, aber mir gefällt es.
Auch die beiden Doktoren (nur Nummer 10 habe ich kurz mitbekommen) funktionieren bei mir. Das Zusammenspiel der Reinkarnationen ist charmant und heiter geworden, vom pseudo-melancholischen Fantastic!-Gealbere des neunten Doktors kaum keine Spur.
 
Viel wichtiger aber: Es gibt Zeitreisen en masse! Da wird hin und her gesprungen, ständig rutschen Gegenstände durch Verbindungen zwischen den Epochen und sogar ein wenig Konfusion ist dabei. Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft bedingen einander und wirken gemeinsam und durch ein bisschen Schummelei wird sogar der Zuschauer an der Nase herumgeführt. Nun gut, ein ordentliches Paradoxon bleibt uns weiterhin erspart, aber trotzdem, es geht doch!
Die Geschichte rast durch die knappe Spielzeit und hat trotz der epischen Breite, die so ein 50-Jahre-Jubiliäum wohl haben muss, immer den Schalk im Nacken. Der Trash ist zeitgemäß, korrekt dosiert und bewusst einpflegt, sodass alles wie aus einem Guss wirkt. Verschwunden ist die trottende Langeweile, die Staffel 1 dominiert hat.
Am Ende gibt’s dann noch einen rührselgien Cameo-Auftritt, der den Fans die Tränen in die Augen treibt, und alle sind glücklich.

Unfundiertes Resümee

Sicher, nicht alles ist perfekt, das Kalauer-Niveau vom 12D-Gag des Vorspanns wird zum Glück aber kein weiteres Mal angepeilt und alles andere ist liebevoll durchzuwinken. Da ist’s dann auch nicht weiter schlimm, dass die Geschichte nicht logisch aus sich heraus beendet wird, sondern auf eine große, ziemlich beliebig wirkende Deus ex machina-Lösung zurückgegriffen wird. Wirklich erschlossen hat sich mir auch nicht, was die Wiederkehr der zum letzten Mal in den 70ern aufgetauchten Formwandler-Monstrositäten eigentlich mit der Geschichte zu tun hatte. Ich vermute, das lässt sich auch gar gar nicht erschließen. Aber Mensch, was soll’s.
Die Fans waren selig und auch wenn ich überzeugt bin, nur einen Bruchteil von dem verstanden zu haben, was es zu verstehen gibt, weil mir sicherlich hunderte von Anspielungen einfach entgangen sind, hat mich allein das Gefühl glücklich gemacht, dass eine Serie da etwas Tolles und ungemein Dankbares für ihre Fans ins Kino bringt. Okay, für 16 Euro ins Kino bringt. Aber immerhin. Und 3D gab’s ja auch. Zu dem 3D kann ich übrigens nichts sagen, weil ich 3D nicht sehen kann. Aber das bleibt ein Geheimnis zwischen Dir und mir, werter Leser, da mich dieser Umstand natürlich dafür disqualifiziert, über viele andere Filme und ihren Effekt zu urteilen, was mich nicht davon abhält, es regelmäßig zu tun.

Unterm Strich bin ich nicht nur prächtig unterhalten und rundum zufrieden, sondern muss mir zwangsläufig auch die Frage stellen, ob ich Doctor Who nicht deutlich zu früh abgeschrieben habe. Irrational und sowieso gänzlicher Unfug ist dieser Text, der sich langnäsig mit „Kritik“ schmückt, weil all die Sympathie, die ich dem Film entgegenbringe, hauptsächlich von Annahmen rührt, die ich aufgrund meiner Serien-Unkenntnis gar nicht verifizieren kann. Aber ich lasse mich in dem Glauben und muss am Ende enttäuscht ermitteln: Ich mag ihn irgendwie doch, den Doktor.

2 Replies to “The Day of the Doctor – Kritik eines Unwürdigen”

  1. Nur zur Info: 3D-Kino ist der letzte Dreck. Du verpasst also nix (im Kino). Ich verfluche das hirnlose Dummvolk, dass dies nicht begreift und dafür sorgt, dass es kein Ende nimmt.

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