World War Z

Zwischen Schmalz, ungeschönten Tragödien, simplizistischem Existenzialismus, einer enttäuschenden James Bond-Episode und Gerard Butler als Action-Christ ist es nicht ganz einfach, den deutsch-schweizerischen Filmemacher Marc Forster eindeutig zu verorten.
Sein neustes Werk, die sehr freie Buchadaption World War Z, hat nicht nur Stapelzombies und einen Brad Pitt mit schulterlanger Mähne, sondern stellt auch eine Art Rehabilitierung für Ein Quantum Trost dar, der ähnlich verunglückte, wie die Übersetzung seines Titels.

Most people don’t believe something can happen until it already has.

Story

Gerry Lane hat seinen riskanten Job bei der UN schon lange an den Nagel gehängt und ist voll und ganz Familienmensch geworden, der mit Vorliebe den Abwasch erledigt und „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit seinem Nachwuchs spielt.
Als eines schönen Tages jedoch die weltweite Zombieapokalypse ausbricht und die Familie nur in letzter Sekunde durch einen alten Freund Gerry evakuiert werden kann, muss dieser sich damit abfinden, dass seine speziellen Dienste für die UN noch einmal reaktiviert werden müssen. Frau und Kinder sind nur so lange in Sicherheit, wie er sich als Virusjäger und Improvisationstalent betätigt.
Kurzerhand steigt Gerry mit einer Handvoll Soldaten in den nächsten Flieger und beginnt mit einer gefahrvollen Suche nach dem Ursprung des um sich greifenden Zombie-Virus.

Kritik

Die Nachrichten-Collage zu Beginn, die gerafft und durch die Lupe der Massenmedien die Genese der Epidemie erzählt, ist keine brandneue Idee, doch selten wurden einzelne Nachrichtenfragmente  zwischen verharmlosender und reißerischer Boulevardberichterstattung, Interviews und desorientierte Tatsachenberichte so gelungen aneinander montiert.  Das Ergebnis ist weniger informativ, sondern in erster Linie stimmungsgebend und beängstigen. Fortan haben Gerry Lane und mit ihm die Menschheit die Zeit im Nacken sitzen. Eine Zeit mit spitzen Zähnen, deren Bisse einen zum sprintenden Leichnam  werden lässt. Denn genau wie z.B. Danny Boyles  28 Days Later-Zombies trottet die untote Plage nicht stöhnend und schnaufend durch die Gasse, sondern bewegt sich im Eiltempo voran und bedient damit eine ganz andere Art von Furcht.
Einige Szenen mit den durch Häuserschluchten rollenden Zombiewellen sind unfassbar intensiv und beängstigend zugleich geworden. Diese Untoten kommen tatsächlich in Schwärmen wie eine Plage Gottes. Besonders die zahlreichen Bedrohungsszenen sind hervorragend eingefangen und sorgen für stete Anspannung, denn dankenswerterweise ist Gerry kein vollständiger Übermensch, sondern einfach nur ein wenig auf Zack. Da kann es auch vorkommen, dass er in einer panischen Affektreaktion etwas sehr Unüberlegtes in einem Flugzeug über den Wolken veranstaltet, ganz einfach deshalb, weil er trotz seiner Überdurchschnittlichkeit immer noch ein normaler Mensch in einer Extremsituation ist.
Während man sich im parallel laufenden Man of Steel nur mit großer Willenskraft für das Schicksal der Menschheit erwärmen kann, kaut man hier tatsächlich Nägel, während Stadt um Stadt der Plage anheimfällt.
Wer nach den Trailern mit der Angst zu kämpfen hatte, der Film zeige Brad Pitts Figur, die nichts anderes macht, als ihre Familie zu beschützen, darf die Waffen niederlegen. Frau und Kinder lässt er nämlich schon früh bei ein paar Aufpassern und bestreitet den Weg alleine.

In World War Z gibt es keine Blut-Springbrunnen und niemand wird mit den Eingeweiden eines andere Erdrosselt, ja. Trotzdem funktioniert der Film als Zombiefilm ausgezeichnet, so wie ein Horrorfilm eben ausgezeichnet funktioniert, wenn man nicht alles mit voyeuristischer Explizitheit präsentiert bekommt, sondern dem es dem eigenen Vorstellungsvermögen überlassen bleibt, die ungezeigten Leerstellen mit passendem Inhalt zu besetzen. Splatter befriedigt niedere Instinkte und macht – abhängig vom Realitätsgrad seiner Darstellung – Spaß. World War Z will aber nicht diese Art von Spaß machen. Niedere Instinkte werden hingegen auch hier befriedigt, nur dass es andere sind. Die Angst vor der Übermacht, die Furcht vor Schwarmintelligenzen, die Hilflosigkeit, einem Feind gegenüberzustehen, der für Rationalität keinen Sinn mehr hat und nur noch aus Wut und Fressdrang besteht. Nicht die Angst vor einer bestimmten Todesart, sondern davor, als Individuum einfach zu verschwinden.

Die globale Schnitzeljagt ist also gut gelungen und vor allem genau das, was World War Z sein und erreichen möchte. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich manche Ungereimtheiten und Schönheitsfehler.
Forster scheint sich immer noch zu seinem Wackelkamera-Laster hingezogen zu fühlen. Einige Handgemenge sind dadurch kaum mehr als das Flackern verschiedener Farben zu treibender Musik, aber auch das hat natürlich seine eigene stimmungsgebende Note.
Zur Schonung aller der, die während der Vorführung mal kurz den Saal verlassen müssen, wirft der Film wichtigen Informationen mehrmals ein. Einmal früh und dann noch mal, wenn der Zuschauer daran erinnert werden soll, weil es nun wichtig wird. Das lässt schnell ein Gefühl der Redundanz aufkommen. Außerdem ist die letztendliche Lösung des Ganzen sicherlich befriedigend, doch muss man sich schon fragen, wieso dieser entscheidende Punkt nicht schon viel früher irgendwem aufgefallen ist, denn so verborgen, wie der Science-Fiction-Film es weismachen möchte, ist die zu findende Schwachstelle des Virus keineswegs. Vor allem dann nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass die Problematik eine weltweite ist. Klar wird auch nicht, wieso denn ausgerechnet Hauptperson Gerry so essenziell für diese Operation ist. Er hat keine lange Leitung, aber macht ihn das zum absoluten Virus-Experten und zur letzten Hoffnung der Menschheit?
Neben der Inszenierung hapert’s hie und da mit Dialogen und der eigentlichen Geschichte, aber unterm Strich ist das Tempo des Filmes ist einfach zu gelungen, als dass irgendeiner von den Punkten der Sache ihren Spaß nehmen könnte.

Im Finale gibt es sogar zünftiges Resident Evil-Feeling, wenn die beiden Actionhelden (Pitt bekommt nämlich relativ früh einen Sidekick an die Seite gestellt) durch Labore pirschen. Man merkt jedoch, dass der Schlusspart eilig neugedreht wurde, um den für den Verleih zu grausamen Originalschluss zu ersetzen. Die Geschichte selbst wirkt nahtlos zu Ende erzählt bzw. bis zu dem Punkt gebracht, wo sie vorerst stoppen soll.
Der Rest des Abschlusses ist hingegen sehr abrupt, vor allem, weil ein im letzten Drittel als sehr essenziell eingestuftes Problem sich einfach von alleine löst. Da merkt man deutlich, wo die Schere angesetzt wurde. Aber für so etwas und die anderen offenen Fragen gibt es dann die vollständige BluRay-Version – sogar mit ein paar Blutspringbrunnen, so wird gemunkelt.

Fazit

Marc Forsters World War Z ist eine mordsmäßig spannende Hatz rund um den Planeten geworden. Story und Action halten sich die Waage und die Inszenierung ist, von kleinen Wackelkamera-Aussetzern abgesehen, vollends gelungen. Brad Pitt als Normalsterblicher ist eine wohltuende Abwechslung und die Spannungsschraube permanent fest angezogen.
Stören tun nur Kleinigkeiten – und der unpassende Schluss, der sich nicht nur sehr nach Versatzstück anfühlt, sondern den Zuschauer darüber hinaus um die Lösung eines zuvor etablierten Problems betrügt.

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