Fantasy-Filmfest-Special: The Philosophers

John Huddles letzter und zweiter Film liegt stolze 15 Jahre zurück. The Philosophers ist, wie schon seine ersten beiden Werke, ein Film geworden, bei dem Gespräche eine wichtige Rolle spielen. In diesem Fall ist es die Visualisierung eines Gesprächs – und das ist auch schon das Grundproblem.


And you became happy members oft he post-industrial society.

Story

Mr. Zimit ist Philosophielehrer an einer Schule in Jakarte. Seine 20 Schüler stehen kurz vor dem Abschluss, doch anstatt den letzten Tag traditionell vertrödelnd abzusitzen, stellt der Lehrer eine letzte große Aufgabe.
Ein Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, das Ende der Menschheit wird nuklear eingeläutet. Übrig sind die 20 Schüler und vor ihnen ein Bunker. Die Schüler sind sie selbst zuzüglich eines zufällig vergebenen Talents, repräsentiert durch einen Beruf. Der Bunker kann der atomaren Katastrophe inklusive der Folgen lang genug standhalten, fasst aber nur 10 der 20 Schüler. Unter Zeitdruck müssen die Jugendlichen entscheiden, wer Rettung verdient und wer dem Tod überlassen wird. Wiegt das Leben einer Ärztin mehr als das einer Modedesignerin?
Doch wie es die Gruppe auch angeht, das Experiment endet immer mit dem Tod aller und somit auch mit dem Untergang der Menschheit.

Kritik

Mit der praktischen Philosophie ist das so eine Sache. Damit, Philosophie als Lehrfach in einem Film zu thematisieren, ohne die philosophisch Ungebildeten zu vergraulen, ist es ebenfalls so eine Sache. Daher geht der Film auch doppelt auf Nummer sicher. 1. Wird etwas aus der Philosophiegeschichte angesprochen, wird es auf dem simpelsten Weg erläutert und ist für die Handlung trotzdem weitestgehend irrelevant. 2. Philosophisch ist an diesem Philosophieunterricht eigentlich gar nichts. Schuld daran ist, dass The Philosophers seine eigene Prämisse nicht ernst nimmt. Die Strategie des Lehrers ist es, immer klüger zu sein, als seine Schüler, indem er die Dinge mindestens einmal mehr durchdacht hat und ihnen logisch und rational stets einen Schritt voraus ist. Nur machen die Schüler eigentlich gar keine Fehler. Sie scheitern an Dingen, die sich nicht voraussehen lassen. Der schiere Zufall respektive die boshafte Willkür des Lehrers, der in diesem Szenario gleichzeitig Figur und allmächtiges Erzählerweisen ist, macht den Überlebenden einen Strich durch die Weiterleben-Rechnung. Besonders peinlich ist es zudem, wenn der Film sich selbst einige Logikpatzer leistet. Wieso vergehen die Menschen draußen, während Hunde unbeschadet an Leichen kauen? Wieso überhaupt reicht ein lächerliches Jahr, um aus der verseuchten Erde wieder Lebensraum zu machen?
Kneift man zwei bis drei Augen zu, kann The Philosophers aber über weite Strecken gut unterhalten. Ein wenig Humor, eine gesunde Portion Zynismus, Figuren, die psychologisch nicht unbedingt sehr tief sind, aber ihren Zweck erfüllen und ein funktionierender Erzählfluss machen das Geschehen zwar nicht lehrreich, aber immerhin ganz interessant.
In den ersten Zweidritteln scheint der Film auch die richtige Richtung zu halten. Das Scheitern ist unabwendbar, der Mensch immer Opfer einer Schicksalsbosheit oder seiner eigenen moralischen Grenzen. Doch anstatt zum finalen Schlag auszuholen und dem Szenario in Anlauf Nummer drei noch einmal kräftig die Sporen zu geben, wird urplötzlich hektisch zurückgerudert. Was mutig beginnt und mutig hätte enden können, wird zu einem unnötigen Happy End mit Besserwisser-Moral und naiver Message verbogen, das dem Film als Ganzes gehörig an Biss nimmt. Durch das eigentliche Ende der Klassenzimmer-Rahmenhandlung lässt sich die feige anmutende Entscheidung der Macher zwar schlüssig erklären und zu gewissen Teilen relativieren, aber damit würde man es The Philosophers zu einfach machen.
Durchgehend bemerkenswert ist allerdings die Art und Weise, wie das Schüler-Lehrer-Verhältnis dargestellt wird, welches alles andere als konventionell ist und zum Ende hin zum Glück auch nicht zusammen mit dem Rest auf Nummer sicher geht und einlenkt. Zu verdanken ist das unter anderem auch Darsteller James D’Arcy (Cloud Atlas), der die schwierige Figur mit seiner ambivalenten Mimik grandios verkörpert.

Fazit

Nett anzusehen ja, jedoch bei weitem nicht so clever, wie man gerne wäre. Zufall statt Logik und Zahmheit statt Konsequenz verhindern, dass der Film nicht nur seichte Unterhaltung, sondern ein spannendes Lehrstück wird. Dennoch ist das Werk allein wegen des ungewöhnlichen Konzepts einen Blick wert. Und es muss ja schließlich nicht alles klug sein, solange es ein wenig Freude bereitet.

Ja man kann sagen, fast überall, wo es Glück gibt, gibt es Freude am Unsinn. Und mit einem solchen Nietzsche würden der Herr Lehrer, die Schüler und der Rezensent wohl irgendwie alle zu einem Konsens gelangen.

5 Replies to “Fantasy-Filmfest-Special: The Philosophers”

  1. Cooool 🙂 Ich freue mich gerade zu Tode, habe schon eine halbe Ewigkeit nach dem Titel des Films gesucht, da ich irgendwann mal nur einen kleinen Ausschnitt des Trailers gesehen und sonst keine Infos über den Film hatte. Super – Wiedergefunden und direkt mal gekauft 🙂 Ich danke dir

  2. Ich habe mir den Film eben mal angesehen und bin noch voller Fragen…

    1. Warum sehen die alle so hübsch aus?
    2. Warum haben die im 1. Gedankenexperiment nicht einfach mal angefangen alle Zahlenkombinationen durchzutesten? Da hätte zumindest die Chance bestanden, dass sie die richtige Zahl gefunden hätten ;). Und mit den ganzen Skills hätten sie sicherlich auch die Elektronik austricksen können…
    3. Wieso kann man Wissen, das man in einem Gedankenexperiment erlangt hat, plötzlich auf ein anderes übertragen? (Exit Code)

    Am Ende konnte man sehen, dass die Augenbrauen von Petra & dem Lehrer nicht ganz symmetrisch waren. Es ist schön zu wissen, dass auch andere Menschen mit einer hohen und einer tiefer liegenden Augenbraue kämpfen müssen. Yeah!

    Ich hätte es spannender gefunden, wenn sich herausgestellt hätte, dass der Lehrer nicht nur der Bunkerbauer, sondern auch ein Ex-Krimineller oder sowas gewesen wäre. Das hätte doch viel mehr Diskussionspotential ermöglicht. Und da die Schüler auch Eigenschaften aus ihrem echten Leben übernommen haben (wie z.B. die sexuelle Orientierung), hätte eine der Schülerinnen einfach gestehen können, dass sie schwanger ist. Das hätte auch zu diesem eigenartigen Ende gepasst, der nochmal versucht hat etwas Witz hinein zu bringen… >_> (trololololol….)

    (Neben dem Hund ist auch die Tatsache, dass sie ewig unter der Dusche stehen verwunderlich. Wo haben die diese Unmengen an Wasservorräten her?)

    Nun ja. Immerhin wissen wir jetzt, dass Arzt-sein wohl am besten ist, um in den Bunker einkehren zu dürfen.

    1. Du solltest definitiv mehr Gastkritiken schreiben.
      Oder einen eigenen Filmblog gründen, auf dem ich dann Gastkritiken schreibe. Du bist verdammt noch mal dafür geboren!

      1. Mit dieser Nettigkeit hast du dir ein Ticket in den Bunker verdient!
        Aber ich schaue zu selten Filme und so gut schreiben wie du kann ich auch nicht ;).
        Außerdem fehlen bei mir am Ende immer Kommas und deshalb bleibe ich lieber beim Kommentar-kommentieren.

        1. Ach, ich setze ans Ende nie ein Komma und jeder Deiner Kommentare ist ja eine halbe Gastkritik.
          Aber tatsächlich wollte ich mir nur ein Bunkerticket erschleichen. Nun kann ich in Frieden verdursten, während sich die Welt vom Kahlschlag erholt.

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